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Höllenkind: Roman
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eBook118 Seiten1 Stunde

Höllenkind: Roman

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Über dieses E-Book

Die Hölle in einem katholischen
Kinderheim - Höllenkind?!
Schon als Kind fand ich das dauernd gepredigte Hohe und Reine langweilig und das angeblich Niedrige und Schmutzige spannend. Wie öde war zum Beispiel ein sauberer Engel da oben im Vergleich zur unsauberen Kati Gottenbusch hier unten. Ich nannte sie Kati Gottimbusch. Sie hatte zwar keinen Gott im Busch, aber eine Fingernische in der Wollstrumpfhose.
So fängt der Roman an, der die Geschichte eines anfangs fünfjährigen Jungen in einem katholischen Kinderheim schildert. Die Geschichten aus der Bibel und dem Märchenbuch werden in seiner lebhaften Phantasie zu einer eigenwilligen, ganz persönlichen Mythologie umgewandelt.
SpracheDeutsch
HerausgeberTrotz Verlag
Erscheinungsdatum14. Feb. 2020
ISBN9783966862349
Höllenkind: Roman

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    Buchvorschau

    Höllenkind - Reinhard Knoppka

    Titelbild

    Reinhard Knoppka:

    „Höllenkind"

    Roman

    Für Walter!

    Verlag & Vertrieb:

    www.trotz.medien-vvg.org

    trotz@medien-vvg.org

    ISBN eBuch: 978-3-96686-234-9

    9783966862349

    © Trotz Verlag

    Köln 2012

    Alle Rechte vorbehalten

    Erstes Kapitel

    Zweites Kapitel

    Drittes Kapitel

    Viertes Kapitel

    Fünftes Kapitel

    Sechstes Kapitel

    Siebtes Kapitel

    Achtes Kapitel

    Neuntes Kapitel

    Zehntes Kapitel

    Erstes Kapitel

    Schon als Kind fand ich das dauernd gepredigte Hohe und Reine langweilig und das angeblich Niedrige und Schmutzige spannend. Wie öde war zum Beispiel ein sauberer Engel da oben im Vergleich zur unsauberen Kati Gottenbusch hier unten. Ich nannte sie Kati Gottimbusch. Sie hatte zwar keinen Gott im Busch, aber eine Fingernische in der Wollstrumpfhose. Meine Finger durften nicht zu weit rein. Sonst quiekte sie, und Tante Maria wäre mit dem Besenstiel gekommen, um uns herauszupulen. Wir saßen nämlich selber in der dunklen Nische unter der Eckbank, während meine Fingerspitzen die noch dunklere Nische von Kati Gottimbusch abtasteten. Die hielt sich den Mund zu, damit er nicht losprustete. Ich dachte an den ungläubigen Thomas: dem hatte der Heiland erlaubt, die Finger in seine Brustwunde zu legen. Ob sich das auch so toll angefühlt hatte wie bei Kati Gottimbusch?

    Wenn wir mit so vielen Jahren, wie wir Finger an einer Hand hatten, auch noch ziemlich dumm waren, so wußten wir doch schon, daß wir meine Fingereien geheimhalten mußten. Das war selbst unter der Eckbank fast unmöglich, denn ständig kam einer angerutscht und wollte wissen, was wir da machten. Darum verkrochen wir uns draußen im dichtesten Ginsterbusch. Der sah mit seinen gelben Blüten aus wie der brennende Dornbusch, als welcher Gott dem Moses erschienen war. Mir war, als brenne der Ginsterbusch, wenn Kati Gottimbusch meinen Schniepel zum Hampelmann erklärte und solange daran zog, bis er Hatschi machte – ohne daß ihm allerdings die Nase lief. Dann war er plötzlich so kitzelig, daß er ihr Gezupfe nicht mehr aushielt, und ich bog ihr einen Finger um, weil sie das Spielzeug nicht freiwillig losließ. Das ließ ich dann hinterm Latz verschwinden, und sie versuchte, durch die kurzen Lederhosenbeine wieder dranzukommen, doch ich zog die Beine wie eine Fallbrücke hoch. Da ratschten ihre Fingernägel über meinen Schenkel und hinterließen Kratzer, die erst weiß wie die Kondensstreifen am Himmel waren, sich dann aber rot färbten und Rubine weinten. Ich haute Kati Gottimbusch – sie weinte Diamanten: jetzt waren wir quitt, und wir hatten viele Edelsteine, doch sie machten nicht glücklich.

    Reichtum mache nicht glücklich, hatte Schwester Magdalena gesagt. Sie hieß wie Maria Magdalena, die dem Herrn die Füße gewaschen und mit ihren langen Haaren abgetrocknet hatte, aber unsere Schwester Magdalena hatte keine Haare, dafür einen Schleier: wie ein Krähenflügel flatterte er um ihren Kopf, und der war in einer hufeisenförmigen Rüsche wie in einem Schraubstock eingeklemmt. Dagegen hatte Kati Gottimbusch so schöne Haare, daß ich ihr vorschlug, Jesus und Maria Magdalena zu spielen: war das eine Gotteslästerung? Ihre Nische war ja auch verboten, aber Gott, der angeblich alles sah, hatte nichts dagegen unternommen: war er kurzsichtig, so daß er doch nicht alles sah? Oder hatte er sein Dreiecksauge zugedrückt, und war er gar nicht so streng, wie Tante Maria, unsere Erzieherin, behauptet hatte? Die wollte uns bestimmt bloß in Angst und Schrecken halten und war deswegen eine Schreckschraube.

    Ich zog Schuhe und Strümpfe aus und streckte Kati Gottimbusch meinen Barfuß entgegen. Sie spuckte zwar darauf, wollte ihn aber nicht mit ihren Haaren wieder trocken wischen – da putzte ich ihre Spucke mit Tritten an ihr ab, und sie war eingeschnappt und schnappte meine Finger bei sich weg. Ich bot ihr an, an meinem Hampelmann zu ziehen: der war für sie auf einmal „Igitt!", und sie ging zurück zum Haus. Jetzt war sie fast wie Schwester Magdalena: fehlte nur noch ein Schleier statt der langen Haare, und so ein Hufeisen, das ihr rundes Gesicht einklemmte. Das konnte sie haben: ich rannte ihr nach und klemmte sie in den Schwitzkasten.

    Au – der Knüppel aus dem Sack kam ihr zu Hilfe! Nein, es war Tante Marias Handfeger, der auf meinem Rücken tanzte, und sie zog mir so sehr die Ohren lang, daß ich schon glaubte, ein Esel zu sein. Ich schrie auch „Iiih! und „Aaah!, als sie mich zum Versohlen in den Waschraum zerrte, doch sie versohlte nicht etwa meine Schuhe oder wenigstens den Hosenboden: den riß sie mir vielmehr herunter, und sie gerbte meine nackte Haut. Die Striemen waren wie die Kratzer am Schenkel ein Andenken an Kati Gottimbusch im Ginsterbusch, der aussah wie Gott als brennender Dornbusch – und jetzt brannte auch mein Allerwertester!

    Tante Maria war garstig wie die Stiefmutter im Märchen, obwohl sie wie die Gottesmutter hieß – die das aber bestimmt nicht gut fand. Genausowenig konnte Maria Magdalena darüber erfreut sein, daß ihre Namensvetterin, Schwester Magdalena, Jesus als Gekreuzigten und nicht als Auferstandenen an einem Band um ihren Hals trug. Wie hatte Maria Magdalena gejubelt, als sie das leere Grab mit den geblendeten Wachen davor gesehen hatte, und wie betrübt mußte sie über Jesus am Kreuz auf Schwester Magdalenas Brust sein! Aber der gefiel Jesus im Lendenschurz vielleicht besser als im langen Gewand. Übrigens war sie mit ihm verheiratet und hatte zum Beweis einen silbernen Ring am extra dafür vorgesehenen Ringfinger – außerdem nannte sie sich „Braut Christi".

    Der Ring erinnerte sie an ihre drei Gelöbnisse. Armut war das erste – ich wäre lieber reich gewesen und hätte den Armen geholfen. Die halbverhungerten Negerkinder waren arm dran – ich auch, wenn ich kein Essen bekam, weil ich beim Beten gepopelt oder das Kreuzzeichen mal wieder falsch gemacht hatte. Was Keuschheit war, wußte ich nicht genau: niemand hatte es uns erklärt, obwohl Keuschsein von uns erwartet wurde – sonst gab’s was auf die Finger. So hatte Unkeuschsein wohl was mit meinen Fingereien zu tun, und wehe, ich ließ mich dabei erwischen! Und Demut? Demütig neigte Maria – nicht Tante Maria: die neigte höchstens mich über ihr Knie, um den Handfeger tanzen zu lassen – demütig also neigte die Jungfrau Maria ihr Haupt und sprach: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinen Worten."

    Ich wäre auch gern die Magd des Herrn geworden, um Gottes Mutter zu werden, denn der war der Stärkste, und darauf kam es an: das hatte ich schon früh begriffen. Fiffi zum Beispiel war stärker als ich, was ziemlich weh tun konnte, wenn ich nicht demütig war, und ich war’s, nachdem er einen Wutanfall gehabt hatte, so wie ich es auch Tante Maria gegenüber war, obwohl ich sie am liebsten wie die Hexe in den Backofen gestoßen hätte. Doch es gab keinen Backofen, und ich hätte sie auch nicht hinein gekriegt. So blieb mir nichts anderes übrig, als demütig zu sein, aber selbst dann war ich nicht sicher vor einer Strafe für meine Sünden, auch wenn ich nicht wußte, was ich eigentlich getan hatte. Denn wir waren sündig, weil wir die Sünde ja geerbt hatten: wegen Adam, der so blöd gewesen war, sich von Eva beschwatzen zu lassen, vom Apfelbaum zu essen. Wären es wenigstens Birnen gewesen: die sind süßer – aber nein, es war ein Apfel, und nach der Prügel zu urteilen, die Tante Maria mir verabreichte, mußte er unheimlich sauer gewesen sein!

    Ihren Handfeger, der besser Prügelfeger geheißen hätte, habe ich ins Feuer geschmissen: wir gingen zum Osterfeuer auf die Apfelwiese, und heimlich zog ich den Feger aus meiner langen Lederhose: husch, flog er in die Flammen, und hui, loderte er auf und versuchte mich in Sternschnuppensprache zu verpetzen, doch Tante Maria war mit der Erbsünde von Fiffi beschäftigt, der hinterher ein richtiges Backpfeifengesicht hatte, worüber ich mich schadenfroh freute. Aber ich bedauerte ihn scheinheilig, wie ich auch bedauerte, daß der Feger verschwunden war. Der bekam bald einen Nachfolger: ebenso grausam und hassenswert – doch das nächste Osterfeuer war weit weg, und bis dahin floß noch viel Schmerzenswasser durch die Tränenkanäle.

    Ja, hier unten war das Tal der Tränen, und Tante Maria tat alles, um dem irdischen Jammertal gerecht zu werden, denn wir kamen nur durch Leiden in den Himmel. Schwester Magdalena, schwarz wie die Pechmarie, mußte so lange beten, bis sie wieder weiß geworden war und auch in den Himmel kam. Wenn sie dann aber zur Rechten des Vaters saß und Tante Maria zur Linken, wollte ich lieber zu den nichtgetauften Babies kommen – natürlich zusammen  mit Kati Gottimbusch: ihre Fingernische war zwar kein Himmel für geläuterte Seelen, aber für Laß-das!, wie ich später, beim Hexe-Kaukakau-Spiel, plötzlich ahnte, doch als ich ausprobieren wollte, ob das auch stimmte, kam der Racheengel über uns, und ich wurde aus dem Marienhaus vertrieben!

    Fiffi war ein Held, denn er hieß eigentlich Siegfried, der auch einer gewesen war, bis der böse Hagen ihm den Speer von hinten in den Rücken geschmissen hatte, daß er vorne wieder rausguckte. Bei Fiffi guckte auch vorne was raus, aber weiter unten: es war genauso hart wie eine Speerspitze oder wie mein Hampelmann, wenn Kati Gottimbusch daran gezogen hatte. Ich sollte bei Fiffi daran ziehen, und da er mir beigebracht hatte, demütig zu sein, machte ich es, wenn auch nicht so gerne: ich hatte ja kein Hatschi dabei, und außerdem war’s eine Todsünde, obwohl wir hinterher nicht tot umfielen, aber auf eine mehr oder weniger kam es bei den vielen geerbten Sünden sowieso nicht mehr an.

    Fiffi zeigte mir, wie man auf Bäume klettert, was natürlich strengstens verboten war – aber es hätte mich auch gewundert, wenn mal was erlaubt gewesen wäre. Also bestiegen wir einen Baum, der Eiche hieß und ganz knorrig war,

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