Verdacht auf Liebe
Von Michelle Major
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Über dieses E-Book
Schlimm genug, dass Liam ihr vor Jahren in der Highschool das Herz gebrochen hat. Jetzt wirft er Natalie allen Ernstes vor, sie würde seine geliebte Ziehmutter betrügen! Aber wenn Liam Natalie wirklich für schuldig hält – warum küsst er sie dann so zärtlich?
Michelle Major
Die USA-Today-Bestsellerautorin Michelle Major liebt Geschichten über Neuanfänge, zweite Chancen - und natürlich mit Happy End. Als passionierte Bergsteigerin lebt sie im Schatten der Rocky Mountains, zusammen mit ihrem Mann, zwei Teenagern und einer bunten Mischung an verwöhnten Haustieren. Mehr über Michelle Major auf www.michellemajor.com.
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Buchvorschau
Verdacht auf Liebe - Michelle Major
IMPRESSUM
Verdacht auf Liebe erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2015 by Michelle Major
Originaltitel: „A Very Crimson Christmas"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 38
Übersetzung: Meike Stewen
Umschlagsmotive: GettyImages_Merlas
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2021
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751507219
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
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1. KAPITEL
Natalie Holt blinzelte. Sie schlug gegen den Radiowecker, aus dem laute Heavy-Metal-Klänge dröhnten. Hier in den Bergen hörte man normalerweise andere Musik, aber Natalie bekam gerade eben noch einen College-Sender herein – aus einer Stadt, die nicht allzu weit von Crimson, Colorado, entfernt lag.
Das war zwar nicht ihre Lieblingsmusik, aber bei allen anderen Stilrichtungen schlief sie einfach weiter: ob Klassik, Country oder Nachrichten. Wahrscheinlich deswegen, weil sie nachts im Schnitt bloß vier Stunden Schlaf bekam.
Gestern Nacht waren es sogar nur drei Stunden gewesen, weil sie noch in der Seniorenresidenz die monatlichen Rechnungen an die Krankenkassen schreiben musste. Für ihre Teilzeitstelle dort war sie sehr dankbar. Sie hatte noch zwei weitere Jobs, denn sie brauchte das Geld. Noch mehr Zeit konnte sie allerdings nicht opfern, sonst käme ihr neunjähriger Sohn Austin zu kurz.
Austin war das Beste, was Natalie je passiert war. Für ihn würde sie alles tun, auch wenn sie das die letzte Kraft kostete.
Aber noch fühlte sie sich einigermaßen lebendig. Also quälte sie sich aus dem Bett und streifte sich ein Sweatshirt und eine Yogahose über, in der sie schon jahrelang keine Yogaübungen mehr durchgeführt hatte. Es war Samstagmorgen. Hoffentlich schlief Austin noch. Seine Tür stand allerdings offen, und in seinem Zimmer war er nicht.
In dem alten Farmhaus, in dem sie seit einigen Monaten wohnten, war es still. Natalie ging die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Gerade wollte sie zum Hauptschlafzimmer weitergehen, da fiel ihr Blick durchs Fenster. Sie stutzte, öffnete die Vordertür und ging auf die Veranda, um sich das Ganze genauer anzuschauen.
Instinktiv schlang sie die Arme um den Oberkörper, denn es war ziemlich kalt geworden. Die Luft fühlte sich eisig an, und die Verandafliesen waren mit einer dünnen Schicht Puderschnee überzogen.
Vor ihr in der Auffahrt stand ein riesiger schwarzer Geländewagen. Der Anblick jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Wem gehörte das Auto? Warum kam schon so früh am Morgen jemand bei Ruth Keller vorbei, der alten Dame, der das Haus gehörte? Und wo war eigentlich Austin?
Natalie ging zurück ins Haus. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Erst als sie ihren Sohn bei Ruth im Bett entdeckte, beruhigte sie sich wieder. Dort lag er und hatte sein liebstes Abenteuerbuch aufgeschlagen. „Hi, Mom! Ich lese Ruth gerade etwas vor, damit sie nicht so allein ist." Er grinste.
Ruth lächelte. „Guten Morgen, meine Liebe. Du hast dir hoffentlich keine Sorgen um Austin gemacht?"
„Überhaupt nicht, log Natalie. „Sag mir nächstes Mal aber Bescheid, bevor du nach unten gehst, okay?
, wandte sie sich an ihren Sohn.
„Geht klar, Mom."
„Und komm lieber aus dem Bett raus. Ruth braucht Platz. Ihre Hüfte muss weiter verheilen."
Austin wollte schon aufstehen, aber Ruth legte ihm eine Hand auf den Arm. „Nein, bleib bitte hier, ich finde das schön so."
Typisch Ruth Keller. Sie hatte ihren eigenen Kopf, auch noch mit Mitte achtzig. Und weil sie gern weiterhin unabhängig bleiben und in ihrem eigenen Haus wohnen wollte, hatte sie Natalie eingestellt.
Natalie erledigte für die alte Dame alle Einkäufe, fuhr sie zum Arzt und kümmerte sich um den Haushalt. Im Gegenzug durften sie und ihr Sohn kostenfrei in den oberen beiden Gästezimmern wohnen. Außerdem hatte Ruth darauf bestanden, ihr ein kleines Gehalt zu zahlen. Vor einigen Wochen war Ruth gestürzt und hatte sich die Hüfte geprellt, dadurch hatte Natalie sich umso intensiver um sie kümmern müssen.
Ruth hatte eine Heidenangst davor, dass sie irgendwann in die Seniorenresidenz musste. Ein Zimmer war dort bereits für sie angemietet. Aber Natalie hatte ihr versprochen, sie tatkräftig zu unterstützen, damit sie noch so lange wie möglich hier im Farmhaus wohnen konnte. Manchmal kam auch eine zweite Pflegerin vorbei, um Natalie zu entlasten.
„Wie sieht’s denn mit Frühstück aus?", erkundigte sie sich jetzt bei Austin und Ruth.
„Das macht schon dieser Mann", informierte Austin sie und las weiter aus seinem Buch vor.
„Hey, du hast da was übersprungen", sagte Ruth und tippte auf eine Seite.
„Welcher Mann?" Natalie ging einen Schritt aufs Bett zu. In diesem Moment fiel ihr der teure Geländewagen in der Auffahrt wieder ein, und sie bekam eine Gänsehaut.
„Ach, das hatte ich dir ja noch gar nicht erzählt … Ruth strich die Decke glatt und vermied es, Natalie ins Gesicht zu sehen. „Und jetzt will ich wissen, was als Nächstes passiert, Austin. Finden Jack und Annie den Ninja?
„Was hast du mir noch nicht erzählt?, hakte Natalie nach und umfasste den Bettpfosten. „Wer ist dieser Mann?
„Hallo, Natalie", begrüßte eine tiefe Stimme sie vom Türrahmen aus.
Es war eine Stimme, die sie schon lange nicht mehr gehört hatte. Sie umklammerte den Pfosten so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Liam Donovan kennst du noch, oder?, sagte Ruth fröhlich, wich aber weiterhin Natalies Blick aus. „Ihr seid doch zusammen zur Highschool gegangen.
Normalerweise atmete der Mensch unbewusst und ganz von selbst. Aber in diesem Moment kam es Natalie vor, als wüsste sie nicht mehr richtig, wie das Atmen überhaupt funktionierte. Angestrengt konzentrierte sie sich darauf, ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen … und die Luft wieder auszuatmen.
Langsam drehte sie sich zur Tür um und bemühte sich dabei, keine Miene zu verziehen, als sie direkt in Liams graue Augen blickte. „Hallo, Liam. Das ist ja eine nette Überraschung. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen."
Das entsprach immerhin zum Teil der Wahrheit: Einerseits hatten sie wirklich seit mehr als zehn Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Andererseits beschrieb „nett nun wirklich nicht das emotionale Chaos, das sich gerade in ihr abspielte. Ihre Gefühle Liam gegenüber waren noch nie einfach „nett
gewesen. Ihr war schwindlig, und sie fühlte sich gleichzeitig energiegeladen, unendlich traurig und voller Reue.
Liam zog einen Mundwinkel nach oben, als fände er ihre Lüge ganz amüsant. Sein Blick wurde jedoch immer kühler. „Ich wollte mal nachsehen, wie es Ruth inzwischen geht. Sie ist ja vor Kurzem gestürzt, erklärte er. „Außerdem frage ich mich, warum ich jeden Monat Miete für ihr Zimmer in der Seniorenresidenz zahle, wenn sie immer noch hier im Haus wohnt.
Ruth war früher Liams Kindermädchen gewesen, liebte den Jungen aber wie ihren eigenen Sohn.
„Der Sturz ist inzwischen zwei Wochen her. Inzwischen ist sie fast völlig wiederhergestellt. Natalie bemühte sich gar nicht erst um einen freundlichen Tonfall. „Die Sache mit ihrem Zimmer hat Ruth ausführlich mit dem Heimleiter besprochen. Ansonsten ist sie hier gut versorgt. Ich habe alles im Griff.
Er blickte zu Austin, der schon wieder die Nase ins Buch gesteckt hatte. „Ja, das sehe ich."
Heute sah Liam ganz anders aus als der Junge von damals, ihre erste große Liebe auf der Highschool. Der Mann, der jetzt vor ihr stand, kam ihr viel größer und beeindruckender vor, sowohl körperlich als auch von seiner Ausstrahlung her. Schon damals war Liam sehr attraktiv gewesen, aber jetzt wirkte er auch noch unheimlich verwegen und männlich. Das Haar trug er heute kürzer; den Schnitt hatte ihm offenbar ein teurer Friseur verpasst. Inzwischen war es fast schwarz, hatte aber immer noch einen leichten kastanienbraunen Schimmer.
Damals hatte sie ihm immer so gern das Haar zerzaust … und auch jetzt hätte sie es am liebsten getan. Einfach, damit sie sicher sein konnte, dass er auch wirklich hier war und nicht nur ein Traumbild.
Stattdessen strich sie sich selbst durchs Haar, das sie schon längst hätte schneiden lassen müssen, und richtete sich auf. Aber bevor sie etwas zu ihm sagen konnte, sprang Austin vom Bett und stellte sich neben sie. „Meine Mom kümmert sich um Ruth, erklärte er und reckte das Kinn vor. „Und das macht sie richtig gut. Ruth braucht uns nämlich.
Ob gut oder schlecht – Austin war genauso stolz und störrisch wie Natalie. Und auf seine Mutter ließ er nichts kommen. Der große fremde Mann, der ihn gerade prüfend musterte, schien ihn nicht weiter einzuschüchtern. Dabei konnte Natalie sich gut vorstellen, dass er sich mit diesem Blick selbst bei erwachsenen Männern Respekt verschaffen konnte.
Sie legte Austin eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft. „Austin, lies doch mit Ruth die Geschichte zu Ende, und inzwischen machen Liam und ich Frühstück. Okay?"
„Das hört sich gut an, meldete sich Ruth zu Wort. „Bei so schönen Überraschungen kriege ich immer Hunger.
Die alte Frau zwinkerte ihr zu.
Austin wirkte zwar nicht besonders begeistert, seine Mutter mit dem fremden Mann allein zu lassen, kletterte aber schließlich doch zurück ins Bett.
Während Natalie neben Liam den Flur entlangging, versuchte sie so lange wie möglich die Luft anzuhalten … und trotzdem atmete sie seinen Duft ein.
„Einen netten Jungen hast du da", bemerkte er, als sie an ihm vorbei durch die Küchentür ging.
Sofort war sie wieder ganz da. „Austin ist der beste Junge, den man sich vorstellen kann, betonte sie. „Und wir zwei sind ein tolles Team.
„Was ist denn mit Brad?", hakte er nach.
Natalie zuckte zusammen, als sie den Namen ihres Exmannes hörte. „Er hat in Austins Leben nichts mehr zu suchen. Irgendwann ist er aus Crimson verschwunden und hat sich seitdem nicht mehr blicken lassen. Das stimmte zwar nicht ganz, aber mehr brauchte Liam Donovan nicht zu wissen. „Tja, so wirke ich wohl auf Männer
, fügte sie bedeutungsschwer hinzu. „Früher oder später hauen sie alle ab."