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Ein Herz für Lord Luzifer
Ein Herz für Lord Luzifer
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eBook280 Seiten3 Stunden

Ein Herz für Lord Luzifer

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Über dieses E-Book

"Lord Luzifer" nennt man Baron Lucius Daventry wegen der unheimlichen Maske, die er seit einer schweren Kriegsverletzung trägt. Die junge Angela überläuft ein eiskalter Schauer, als er sie unvermittelt aufsucht: Sie soll sich mit ihm verloben? Will er sie wie sein teuflischer Namensvetter ins Verderben reißen?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum21. Apr. 2021
ISBN9783751506458
Ein Herz für Lord Luzifer
Autor

Deborah Hale

Deborah Hale konnte es nie richtig glauben, wenn ihre Eltern erzählten, sie hätte schon mit sieben Monaten zu sprechen begonnen. Aber wie auch immer, eines ist sicher: Deborah liebt es, Geschichten zu erzählen, seit sie denken kann. In ihrer Jugend las sie unendlich viele Romane über das Meer und schrieb auch mit einer Freundin zusammen ein Buch über Piraten, als sie beide dreizehn Jahre alt waren. Auf den Geschmack gekommen, schrieben beide einzeln weiter und lasen ihre Werke gegenseitig, nur um sich zu bestätigen, welch brilliante Autorinnen sie beide seien. Nun, damals war das ganz sicher noch nicht so. Ein großes Steckenpferd von Deborah war Familiengeschichte; zehn Jahre lang dauerte es, bis sie alles lückenlos beisammen hatte und wusste, dass ihre Vorfahren im 18. Jahrhundert aus Britannien nach Kanada ausgewandert waren. Dieses interessante Hobby von Deborah Hale brachte ihr nützliches Wissen über die Gesellschaft der damaligen Zeit. Dieses Wissen konnte sie ab 1992 besonders intensiv nutzen, als sie ihren ersten historischen Liebesroman schrieb. Diesen überarbeitete sie zwei Jahre später noch einmal, als sie von der Organisation der Romance Writers of America erfuhr. Aber ihre Bemühungen wurden nicht sofort mit Erfolg gekrönt. Erst als weitere unzählige Verbesserungen und Kritiken das Werk geformt hatten, war es soweit: Deborah Hale gewann 1997 den Golden Hearts Award der Romance Writers of America für die beste historische Romance. Dadurch war sie in die Topliga ihrer großen Vorbilder aufgestiegen und überglücklich. Außerdem bedeutete der Preis ein riesen Sprungbrett für ihre Karriere; sie wurde von einer Agentur unter Vertrag genommen und begann, für Harlequin Enterprises Canada zu schreiben. Sie bekam endlich die große Unterstützung, auf die sie die ganze Zeit gehofft hatte. Deborah Hale ist seit siebzehn Jahren verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Nova Scotia – zwischen der geschichtsträchtigen ehemaligen Garnisonsstadt Halifax und dem romantischen Annapolis Valley.

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    Buchvorschau

    Ein Herz für Lord Luzifer - Deborah Hale

    IMPRESSUM

    Ein Herz für Lord Luzifer erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

    © 2003 by Deborah M. Hale

    Originaltitel: „Beauty And The Baron"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON

    Band 56 - 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Svenja Tengs

    Umschlagsmotive: Veronika Oliinyk/bradtzou/GettyImages

    Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783751506458

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Northamptonshire, England, 1818

    Wer hat an so einem schönen Tag die Vorhänge zugezogen? Eilig ging Angela Lacewood, die Haube auf ihrem Kopf zurückgezogen und in einer Hand ein paar dicke Handschuhe, in den Salon von Netherstowe. „Hier ist es wie in einem Grab!

    Sie hatte im Garten gearbeitet und den strahlenden Sonnenschein des Spätfrühlings genossen, als der Butler sie gerufen hatte, um einen unerwarteten Gast zu begrüßen. Angela konnte sich keinen Reim darauf machen, warum sie jemand in Netherstowe besuchen wollte, während ihre Familie im Ausland verreist war. Im Grunde war es ihr jedoch nicht besonders wichtig.

    Sie würde die Person so schnell wie möglich abwimmeln, um sich wieder in ihre Welt zurückzuziehen.

    Als sie durch den verdunkelten Raum schritt, um die Vorhänge zu öffnen, hatten sich ihre Augen noch nicht an das Halbdunkel innerhalb des Hauses gewöhnt. Aus den Schatten ertönte eine tiefe männliche Stimme, die so klang, als wollte sie jemand in Angst und Schrecken versetzen.

    „Lassen Sie die Vorhänge geschlossen! Ich habe sie zugezogen, und so soll es auch bleiben, bis ich wieder gehe."

    Überrascht von der brüsken Anweisung ließ Angela ihre Handschuhe fallen und stolperte über den Lieblingsschemel ihrer Tante. Beinahe wäre sie gestürzt, wenn sie in der Dunkelheit nicht von ein paar kräftigen Armen aufgefangen worden wäre.

    „Ich bitte um Verzeihung. Ich wollte Sie nicht erschrecken." Die Stimme gehörte zweifellos zu derselben Person, die sie festgehalten hatte, denn sie flüsterte so nah an ihrem linken Ohr, dass es sich fast wie ein Kuss anfühlte. Aber konnte diese sanfte, volle und verführerische Stimme dieselbe sein wie jene schroffe, wegen der sie soeben schmachvoll gestolpert war?

    Vielleicht stammen sie doch von ein und derselben Person, dachte Angela. Beide brachten ihr Herz und ihren Atem zum Rasen … aus sehr unterschiedlichen Gründen.

    „W…Wer sind Sie, Sir? Und warum sind Sie nach Netherstowe gekommen?" Die Fragen waren ihr gerade über die Lippen geschlüpft, als sie auch schon die Antwort auf die erste Frage erriet. Ihr Puls ging noch schneller – jedoch aus Angst … oder etwas anderem. Sie war sich nicht sicher.

    Bevor der Besucher sie wieder freigab, spürte sie die warme Liebkosung seines Atems an ihrem bloßen Hals. Einen Moment glaubte sie, seinen Widerwillen wahrzunehmen, so als wollte er sie eigentlich gar nicht loslassen. Oder vielleicht war es ihr eigener Unmut, sich aus der Umarmung zu lösen, war es doch das erste Mal, dass sie in den Armen eines Mannes lag.

    Selbst wenn dieser Mann der Teufel in Person war.

    „Lord Lucius Daventry, Miss Lacewood. Er verbeugte sich steif über ihrer Hand. „Zu Ihren Diensten.

    Vielleicht nicht der Teufel persönlich, aber jemand, der ihm in der verschlafenen Landschaft von Northamptonshire wohl am nächsten kam. Trotz des abgeschiedenen Lebens, das sie von der Londoner Gesellschaft führte, wusste Angela, dass ihr Gast von den Witzbolden des ton „Lord Luzifer" genannt wurde. In letzter Zeit hatten auch die Leute im Dorf angefangen, diesen Namen zu verwenden – allerdings nie in Gegenwart Seiner Lordschaft.

    „Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie erschreckt und mir die Freiheit genommen habe, mich in Ihre häuslichen Angelegenheiten einzumischen. Er deutete auf das Fenster. „Meine Augen reagieren empfindlich auf helles Licht.

    War das vielleicht der Grund, weshalb er tagsüber nur selten zu sehen war? Gerüchten zufolge gab es allerdings wesentlich verruchtere Motive für die nächtlichen Umtriebe Seiner Lordschaft.

    Ihre Augen hatten sich nun so an das Halbdunkel im Raum gewöhnt, dass Angela die scharfen Konturen einer merkwürdigen Maske erkennen konnte, die Lucius Daventry ein diabolisches, seinem Ruf entsprechendes Aussehen verlieh. Ein großer Lederlappen bedeckte seine linke obere Gesichtshälfte vom Wangenknochen bis zur Schläfe. Unter einem schmalen Schlitz war sein linkes Auge zu sehen.

    Ist es nur sein Auge, das kein Licht mehr vertragen kann? fragte sich Angela. Oder war es auch sein Stolz? Vor Waterloo galt Seine Lordschaft als der bestaussehende Junggeselle Großbritanniens. Auch wenn Angela über wenig Erfahrung verfügte, um Vergleiche anzustellen, hatte sie immer gedacht, dass dieser Ruf ihm kaum gerecht wurde.

    „Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs, Sir? Lord und Lady Bulwick und meine Cousinen sind vor zwei Wochen zu einer Reise auf den Kontinent aufgebrochen. Ich erwarte sie erst in einigen Monaten zurück."

    So sehr sie auch versuchte, die Freude darüber in ihrer Stimme zu unterdrücken, wollte es ihr nicht gelingen. In diesem Frühling und Sommer hatte sie das ganze Haus Woche um Woche für sich allein, und niemand würde sie kritisieren oder bevormunden. Diese Aussicht war das Paradies auf Erden.

    „Mein Bruder ist im Internat", beeilte sie sich hinzuzufügen.

    Für gewöhnlich war Miles immer der Erste, an den sie dachte, doch heute hatte sie ihre Gedanken absichtlich in andere Richtungen gelenkt. Es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, sich um die Zukunft ihres Bruders zu sorgen, wenn sie keine Mittel hatte, um ihm zu helfen.

    Lord Daventry schüttelte den Kopf. „Ich bin gekommen, um Sie zu sehen, Miss Lacewood."

    „Mich? Warum?" Zu spät schlug sich Angela die Hand vor den Mund, um sich an der ungebührlichen Frage zu hindern. Andererseits hatte sie den Mann bereits zweimal nach dem Grund seines Besuchs gefragt. Genauso oft hatte er es unterlassen, sie aufzuklären.

    Was er auch jetzt nicht tat.

    „Könnten wir uns setzen?", fragte er stattdessen.

    „Natürlich. Als Angela auf dem Lieblingssessel ihrer Tante Platz nahm, besann sie sich ihrer Manieren. „Möchten Sie gerne etwas trinken, Mylord? Bitte entschuldigen Sie, dass ich so eine schlechte Gastgeberin bin. Ich habe mich noch nie allein um Besuch gekümmert.

    „Nein, danke. Seine Lordschaft wählte einen Sessel, der in einiger Entfernung zu ihr und tiefer im Schatten lag. „Das hier ist genau genommen kein gewöhnlicher Besuch.

    Der Mann fing an, ihre Geduld zu strapazieren. Zuerst hatte er ihren erquicklichen Nachmittag im Garten gestört, sie dann erschreckt und schließlich alle möglichen verwirrenden Gefühle in ihr heraufbeschworen, die sie gar nicht empfinden wollte.

    „Wenn es kein gewöhnlicher Besuch ist, was ist es dann, Sir?"

    Tante Hester hätte vor Wut geschäumt, wenn sie gehört hätte, dass Angela in diesem Ton mit einem vermögenden und Ehrenmann mit Titel sprach, doch Lord Daventry ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

    „Alles zu seiner Zeit, Miss Lacewood. Wenn Sie so freundlich wären, sich noch etwas zu gedulden. Um meines Großvaters willen", meinte er in einem Ton, der mehr Gefühle verriet, als er seit seiner Anweisung, die Vorhänge geschlossen zu halten, gezeigt hatte.

    „Ihr Großvater? Angela schoss von ihrem Sessel hoch. „Ist dem Earl etwas zugestoßen?

    Ihr Gast bedeutete ihr, wieder Platz zu nehmen. „Sie beide sind in den vergangenen Jahren gute Freunde geworden, nicht wahr?"

    Dieser Mann antwortet offenbar nie auf eine Frage, die ihm direkt gestellt wird, dachte Angela.

    „Ich kann nicht für Ihren Großvater sprechen, aber er ist mir teurer als sonst irgendwer … abgesehen von meinem Bruder."

    Der liebe Earl of Welland gab Angela immer das Gefühl, klug, anmutig und begabt zu sein. Dabei hatte sie die Hoffnung längst aufgegeben gehabt, diese Eigenschaften jemals zu besitzen.

    „Ich kann Ihnen versichern, Miss Lacewood, dass mein Großvater ebenfalls die größte Achtung vor Ihnen hat. Es war sehr freundlich von Ihnen, ihn so oft zu besuchen, als ich … abwesend war."

    Auf dem Kontinent, wo er unter dem verehrten Duke of Wellington gekämpft hatte. Ob Lord Daventry wusste, wie viel sie von seinem Dienst in der Kavallerie wusste? Seine Briefe hatte sie dem Earl vorgelesen und über die Abenteuer gestaunt, von denen er mit trockenem, bescheidenem Witz berichtet hatte.

    „Mir gefiel die Vorstellung nicht, dass er in diesem großen Haus allein ist. Ganz ohne Gesellschaft – abgesehen von den Dienern."

    „Mein Großvater ist so etwas wie eine Lieblingsbeschäftigung von Ihnen, nicht wahr? Soviel ich weiß, gibt es noch ein paar andere solcher Personen in der Gemeinde, denen Sie Ihre Zeit widmen."

    Obwohl ihr Besucher weder seine wohlklingende Stimme hob, noch in scharfem Ton sprach, vermutete Angela eine subtile Spitze in seiner Bemerkung. Fühlte er sich von ihr kritisiert, weil er seinen Dienst für den König und das Land vor seine familiären Pflichten gegenüber dem Großvater, der ihn aufgezogen hatte, gestellt hatte?

    „Neben Ihrem Großvater gibt es noch andere, die ein bisschen Aufmunterung vertragen können, Sir. Ich tue mein Bestes, ihnen dabei zu helfen, da ich nicht über die Mittel verfüge, sie anderweitig zu unterstützen. Wie schon oft, bedauerte Angela diesen Missstand auch jetzt. „Einsamkeit macht weder vor Rang noch Wohlstand halt. Entgegen ihrer Absicht wurde ihr Ton bissiger. „Doch falls Sie mit ‚Lieblingsbeschäftigung‘ andeuten wollen, dass ich auf meine Freunde herabsehe oder mich wegen meiner kleinen Dienste an ihnen für etwas Besseres halte, dann täuschen Sie sich."

    Warum bemühte sie sich überhaupt, diesem überheblichen Menschen ihre Beweggründe zu erklären? Die Familie verlachte seit Langem ihre Neigung, sich um notleidende Menschen zu kümmern. Tante Hester bezeichnete diese Menschen immer als „Angelas verlorene Schafe". Sogar sie selbst verstand nicht ganz, was sie dazu veranlasste, sich um Menschen zu sorgen, für die sich sonst niemand interessierte.

    Ob es damit zusammenhing, dass sich nie jemand für sie interessiert hatte und sie daher eine gewisse Seelenverwandtschaft mit den Vernachlässigten empfand?

    Der breite Mund Seiner Lordschaft ließ für einen Moment den Hauch eines Lächelns erahnen. „Ich bitte Sie, Miss Lacewood. Sie sind ja so kratzbürstig wie ein Igel. Nichts liegt mir ferner, als Ihre Gutmütigkeit anzuzweifeln. Sie haben viel mehr das Recht dazu, gut über sich selbst zu denken als diejenigen, die sich nur mit dem glücklichen Zufall ihrer Geburt oder Schönheit rühmen können, jedoch nichts dafür getan haben."

    Es war ein nüchternes Kompliment – weder ausgeschmückt noch poetisch. Angela nahm an, dass er sich damit indirekt selbst getadelt hatte. Dennoch gefiel ihr irgendwie die bescheidene Art seines Lobs. Wenn es etwas großspuriger ausgefallen wäre, hätte sie wahrscheinlich befürchtet, er wolle sich über sie lustig machen.

    „Wenn ich kratzbürstig erscheine, Sir, dann, weil ich mich mit Situationen wie dieser nicht auskenne. Sie versuchte, die Bänder ihrer Haube zu lösen. „Sie sind wie aus dem Nichts aufgetaucht, um mich zu besuchen. Dabei empfange ich sonst nie Gäste. Sie sagen, dies sei kein gewöhnlicher Besuch, doch anstatt mir Ihr Anliegen zu nennen, stellen Sie meine Freundschaft zu Ihrem Großvater infrage. Es kommt mir so vor, als würde ich Blindekuh mit Ihnen spielen.

    Lord Daventry faltete seine großen Hände und legte sie unter sein Kinn. „Für manche ist Blindekuh ein unterhaltsamer Zeitvertreib, Miss Lacewood."

    „Nicht für diejenigen, die immer die Blinde Kuh sein müssen." Das wusste sie nur zu gut.

    Zu ihrem Erstaunen lachte Seine Lordschaft.

    „Touché, Miss Lacewood! Ich beginne zu verstehen, warum Großvater Ihre Bekanntschaft so hoch schätzt."

    Hoch schätzt. Natürlich hatte Angela diese Wendung schon einmal gehört und zu wissen gemeint, was es bedeutete. Als sie es jedoch aus dem Mund von Lord Daventry hörte – geformt von seiner Zunge und seinen Lippen –, war es ihr, als würde ihr zum ersten Mal seine eigentliche Bedeutung bewusst.

    Eine kühle Vorahnung ergriff von ihr Besitz, die sie einerseits mit Furcht, andererseits mit Widerwille erfüllte, denn plötzlich erahnte sie den Grund für Lord Luzifers Besuch. Wie sein Namensvetter es über die Jahrhunderte mit anderen Sterblichen getan hatte, war er gekommen, um ihr einen Handel zu unterbreiten.

    Und ihre Seele zu stehlen.

    Er war dabei, es gründlich zu verpfuschen.

    Dieser Umstand ärgerte Lucius Daventry, auch wenn er sich dafür beglückwünschte, diese Tatsache vor Miss Lacewood zu verbergen – so wie er die meisten seiner Gefühle verbarg. Es gab nur wenige Dinge, die ihn so wütend machten wie das schlechte Abschneiden bei einer Aufgabe, die er sich selbst gesetzt hatte. Insbesondere bei dieser, denn sehr viel hing ab, dass er sie erfolgreich erfüllte.

    Die junge Dame wollte wissen, warum er gekommen war. Je länger er mit seiner Antwort wartete, desto unwahrscheinlicher war es, dass sie seiner Bitte nachkam. Doch er musste unbedingt ihre Einwilligung erzielen.

    Wenn er sich nur seiner eigenen Haltung sicher gewesen wäre!

    Lucius Daventry war nicht daran gewöhnt, in Bezug auf irgendetwas gespalten zu sein. Er war immer stolz darauf gewesen, sich hohe Ziele zu setzen und dann all seine Energie darauf zu verwenden, diese zu erreichen … Bis heute.

    Das Problem war Miss Lacewood. Auf der Fahrt nach Netherstowe hatte er angenommen, dass aus dem armen, pausbäckigen Wildfang aus seiner Erinnerung eine untersetzte, unelegante Frau geworden wäre. So jemand hätte sein Angebot sicherlich bereitwillig angenommen, ohne dass er sein Herz in Gefahr gebracht hätte.

    Stattdessen hatte sich die kleine pummelige Raupe in einen anmutigen, modisch gekleideten Schmetterling verwandelt. Als Miss Lacewood ihm in die Arme gefallen war, hatte er daran denken müssen, wie lange es her war, dass er eine so zarte und wohlduftende Frau in den Armen gehalten hatte. Ihre betörende Schönheit und ihre Gutherzigkeit stellten eine große Gefahr für den hart erkämpften Frieden in ihm dar. Auch wenn Lucius es sich nur schwer eingestehen konnte, jagte ihm die Dame einen größeren Schrecken ein, als es eine kampfbereite Einheit der französischen Kavallerie getan hätte.

    Seinem Großvater zuliebe war Lucius bereit, sich mit seinen schlimmsten Ängsten zu konfrontieren, doch vielleicht müsste er das gar nicht …

    „Zweifellos gibt es Gentlemen, die weitaus jünger als mein Großvater sind und ebenfalls Wert auf Ihre Bekanntschaft legen, Miss Lacewood. Ich hoffe, Sie verzeihen mir meine Neugier, aber dürfte ich fragen, ob es jemanden Bestimmtes gibt, der Ihnen den Hof macht?"

    Einen Moment erwiderte sie nichts. Lucius fragte sich, ob er zu weit gegangen war.

    Als sie schließlich antwortete, deutete nichts in ihrer Stimme auf die erwartete Empörung hin. Stattdessen sprach Miss Lacewood in einem Ton sanften Tadels, der seine Verteidigungsmauern zum Einstürzen brachte.

    „Müssen Sie sich über mich lustig machen, Sir?"

    „Das tue ich gewiss nicht! Lucius sprang auf, um sich in den dunkelsten Schatten des Salons zurückzuziehen. „Warum gehen Sie davon aus, dass ich mich über Sie lustig mache?

    „Warum nehmen Sie an, dass ich einen Verehrer hätte?"

    Miss Lacewood zog sich die Haube vom Kopf und legte sie auf den Schemel, über den sie zuvor in seine Arme gestolpert war. Dann stand sie auf und ging zur anderen Seite des Raums hinüber, wo ein paar Sonnenstrahlen durch schmale Spalten der geschlossenen Vorhänge fielen. Einer schien wie der Zauberstab einer guten Fee auf ihren Kopf zu zielen und tauchte ihren blonden Lockenkopf in goldenes Licht.

    Die Antwort auf ihre Frage war so offenkundig, dass Lucius nicht einfach nur wie ein Narr dastehen und sie anstarren konnte.

    Wenn er ihre Erscheinung mit einem einzigen Wort hätte beschreiben müssen, hätte er edel gesagt. Ihre großen, strahlenden Augen waren von dem warmen Braun eines jungen Rehkitzes mit goldenen Sprenkeln. Ihre Lippen waren so voll, dass sie förmlich danach verlangten, geküsst zu werden. Ihre weichen, runden Gesichtszüge erinnerten ihn an pflückreife Pfirsiche.

    Ihre Schönheit betörte ihn und wiegte seinen inneren Wärter, der streng über jede seiner Gedanken und Regungen wachte, in einen tiefen Schlaf.

    Ohne darüber nachzudenken, sprach er aus, was ihm durch den Kopf schoss. „Ich wundere mich nur darüber, dass Sie nicht einhundert Verehrer haben."

    „Ich würde sagen, dass Sie mir schmeicheln wollen, Sir, aber ich glaube nicht, dass Sie viel für Schmeicheleien übrig haben. Es sei denn, Sie wollen etwas Bestimmtes von mir."

    Ihre Worte bewegten ihn. Eine verheißungsvolle Stimme flüsterte ihm zu, dass sie ihm ähnlich war, doch Lucius wusste, dass er diesen Verheißungen nicht trauen konnte.

    „Ich will tatsächlich etwas Bestimmtes von Ihnen, Miss Lacewood."

    Er hatte seinen inneren schlummernden Wächter wachgerüttelt, denn ihm sollten keine weitere Worte, Töne, Gesten oder Blicke entweichen, die nicht von ihm beabsichtigt waren. Nur er allein sollte um die Gedanken wissen, die kalt und erbarmungslos in seinen Geist drangen, und um die Gefühle, die sein Herz erfassten.

    „Ich möchte etwas und ich bin gewillt, Sie großzügig dafür zu entschädigen."

    „Tatsächlich? Sie spannte sich an. „So etwas habe ich mir schon gedacht. Was wünschen Sie?

    Es war offensichtlich, dass sie Angst hatte, sosehr sie es auch zu verhehlen versuchte. Sie konnte sich noch so sehr hinter ihrer Maske der Tapferkeit verstecken – er wusste, dass sie sich vor ihm fürchtete.

    Welche Frau würde das nicht tun?

    Besser Angst als Mitleid. Seit Waterloo war das zu Lord Daventrys Motto geworden.

    „Lassen Sie uns zuerst darüber sprechen, was ich Ihnen als Gegenleistung anbiete."

    „Wie Sie wünschen. Miss Lacewood trat näher ans Fenster. Vielleicht plante sie, ihn zu blenden und die Vorhänge aufzureißen, falls er sie bedrohen sollte. „Ich muss Sie jedoch warnen. Meine Situation ist vielleicht bescheiden, aber ich habe nur wenige Bedürfnisse. Ich bezweifele, dass Sie mir etwas anbieten können, das mich in Versuchung bringen würde.

    Ich wünschte, ich könnte dasselbe von Ihnen sagen. Die Wörter prickelten ihm auf der Zunge wie Zitronensaft und wollten ausgesprochen werden. All seine Willenskraft zusammennehmend, konnte sich Lucius daran hindern, doch sie hinterließen einen verführerisch süßen Nachgeschmack.

    „Beurteilen Sie es selbst, meine Liebe. Das letzte Wort klang ebenfalls köstlich in seinen Ohren. „Ich glaube, Ihr Bruder hätte gern einen Offiziersposten in der Kavallerie.

    Angela Lacewood wurde von einem Zittern erfasst, wie Lucius es bei Soldaten gesehen hatte, die den kalten Stahl einer Klinge im Bauch spürten. Dennoch gelang es ihr, mit fester Stimme zu antworten, was er bewunderte.

    „Ihre Information ist korrekt, Sir. Schon als kleiner Junge wollte Miles als Offizier in das alte Regiment unseres Vaters in Indien eintreten."

    „Offizierspatente sind nicht gerade günstig. Lucius lehnte sich gegen einen Sessel. „Dasselbe gilt für eine angemessene Ausstattung für einen Offizier in Indien.

    „Das habe ich ebenfalls festgestellt, Sir."

    „Lord Bulwick ist nicht bereit, die Ambitionen Ihre Bruders zu unterstützen?" Lucius kannte die Antwort bereits. Er fragte lediglich, um den Wert seines Angebots in Miss Lacewoods Augen in die Höhe zu treiben.

    „Seine Lordschaft ist lediglich ein angeheirateter Verwandter." Offenbar wiederholte Miss Lacewood die Antwort, die sie als Reaktion auf ihr Flehen von ihrem Onkel erhalten hatte. „Er ist der Meinung, seine Pflichten erfüllt zu haben, da er meinen Bruder und mich nach dem Tod unserer Eltern bei sich aufgenommen hat.

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