Wie grausam ihr seid!: Fürstenkinder 89 – Adelsroman
Von Jutta von Kampen
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
»Ich glaube euch kein Wort! Kein Wort!« schrie Arnim Erbprinz von Sonnenfels. Sein schönes Gesicht war bleich vor Kummer und Zorn, in den tiefschwarzen Augen loderte die Verzweiflung. Er zitterte heftig am ganzen Körper, und seine schmalen eleganten Hände öffneten und schlossen sich dann wieder zu Fäusten. Seine Mutter, Fürstin Camilla, bekam es mit der Angst. Der Junge drehte ja völlig durch! Sie sah besorgt zu ihrem Gemahl, dem Fürsten Gregor Sonnenfels, hin. Auch er war ein auffallend gut aussehender Mann, doch seine klassischen Züge waren härter als die des Sohnes. »Ihr lügt!« schrie Arnim, und seine Stimme brach in einem Schluchzen. »Jetzt reiß dich zusammen! So benimmt sich kein erwachsener Mann!« fuhr sein Vater ihn gereizt an. »Was hast du von einem Mädchen aus diesen – hm – schlichten Kreisen erwartet?« Arnim ließ sich in einen der Sessel fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen. »Ihr lügt!« flüsterte er mit brechender Stimme. »Nathalie würde niemals so handeln! Sie…, sie ist ganz anders…«
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Wie grausam ihr seid! - Jutta von Kampen
Fürstenkinder
– 89 –
Wie grausam ihr seid!
Unveröffentlichter Roman
Jutta von Kampen
»Ich glaube euch kein Wort! Kein Wort!« schrie Arnim Erbprinz von Sonnenfels. Sein schönes Gesicht war bleich vor Kummer und Zorn, in den tiefschwarzen Augen loderte die Verzweiflung. Er zitterte heftig am ganzen Körper, und seine schmalen eleganten Hände öffneten und schlossen sich dann wieder zu Fäusten.
Seine Mutter, Fürstin Camilla, bekam es mit der Angst. Der Junge drehte ja völlig durch! Sie sah besorgt zu ihrem Gemahl, dem Fürsten Gregor Sonnenfels, hin. Auch er war ein auffallend gut aussehender Mann, doch seine klassischen Züge waren härter als die des Sohnes.
»Ihr lügt!« schrie Arnim, und seine Stimme brach in einem Schluchzen.
»Jetzt reiß dich zusammen! So benimmt sich kein erwachsener Mann!« fuhr sein Vater ihn gereizt an. »Was hast du von einem Mädchen aus diesen – hm – schlichten Kreisen erwartet?«
Arnim ließ sich in einen der Sessel fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen.
»Ihr lügt!« flüsterte er mit brechender Stimme. »Nathalie würde niemals so handeln! Sie…, sie ist ganz anders…«
»Ach du liebe Zeit!« Seine Mutter lachte ungeduldig auf.
»Du benimmst dich wie ein gewöhnliches Weib!« sagte der Fürst verächtlich.
»Gregor!« mahnte die Fürstin. »Er ist doch gerade erst zwanzig!«
»Er ist ein Sonnenfels! Das bringt nicht nur Vorteile, das bringt vor allem auch Verpflichtungen!« stellte der Fürst hart fest.
Arnim hob den Kopf und sah seine Eltern an. Er sah in seinem Unglück bleich und hager und gleichzeitig alt und erbarmungswürdig jung aus.
»Ich kenne unseren Wahlspruch: Wir sollen unser Wappenschild stets rein halten, nie etwas tun, was unsere Ehre und unser Ansehen vor Gott und den Menschen befleckt.«
»Sehr richtig!« stimmte Gregor Sonnenfels zu, »und dazu gehört auch, daß man sich nicht an ein bürgerliches Mädchen wegwirft!«
»Ich habe mich nicht weggeworfen!« empörte sich Arnim. »Es wäre eine Ehre für das Haus Sonnenfels gewesen.«
»Papperlapapp! Sei nicht lächerlich!« Sein Vater lachte böse. »Als wir davon sprachen, daß du im Falle einer Mesalliance enterbt würdest, hat sie sofort eingewilligt, gegen eine, für jemanden wie sie, beträchtliche Summe aus deinem Leben zu verschwinden.«
»Nein.« Arnim schüttelte den Kopf. »Ich glaube euch nicht! Und ich will nichts weiter hören!«
»Liebling, sei doch vernünftig!« bat seine Mutter bekümmert. Nie hätte sie für möglich gehalten, daß er sich wegen eines kleinen Bürgermädchens so aufregte!
Zugegeben, Nathalie Hofer war bildschön. Entzückend. Sie sah auch – man mußte es sich eingestehen – sehr fein aus mit ihrem zarten hellhäutigen Gesicht, den rotblonden Haaren, den großen schwarzblauen Augen mit den dichten, dunklen Wimpern, der feinen Nase und dem wunderschönen, ausdrucksvollen Mund. Der Fürstin war klar, daß es weder in ihrem engeren noch in ihrem weiteren Bekannten- und Verwandtenkreis ein ähnlich schönes Mädchen gab.
Aber, du lieber Himmel! Die Mädchen, die für Arnim in Frage kamen, waren Prinzessinnen, Gräfinnen oder aus vornehmstem Uradel. Barone, die sich geweigert hatten, sich vom Kaiser in den Grafen- oder Fürstenstand heben zu lassen, weil ihr eigener Name älter und besser war als der manchen Trägers eines höheren Titels. Und natürlich hatten diese Mädchen Geld zu erwarten. Oder Besitz. Oder beides.
Und davon konnte man schließlich nie genug haben, wenn man ein großes Schloß wie Sonnenfels standesgemäß bewohnen und erhalten wollte.
Eine Weile herrschte Schweigen in dem eindrucksvollen Arbeitszimmer des Fürsten. Es war ein Renaissancesaal mit kunstvoll geschnitzter Kassettendecke aus Zedernholz. An den hohen Wänden waren zwischen den bleiverglasten, schmalen Fenstern Bücherregale voll wertvoller, alter Folianten, in geprägtes Leder gebunden oder in weißes vergilbtes Pergament. Erstausgaben schon aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Darüber waren prächtige Fresken, welche die Göttin der Weisheit, Pallas Athene, Apoll und die neun Musen zeigten. Der Boden bestand aus meterbreiten Eichendielen, auf denen wertvolle kaukasische Teppiche lagen, deren Farben durch die Patina des Alters noch herrlicher und leuchtender geworden waren. Ein riesiger, spanischer Refektoriumstisch stand in der Mitte des Raumes, um den sich schöne, alte und ziemlich unbequem wirkende Sessel gruppierten.
Die Fürstin saß in einem wie auf einem Thron, Arnim lag halb in einem anderen, und Fürst Gregor ging zornig im Saal auf und ab, verächtlich auf seinen Schwächling von Sohn blickend.
»Wo – ist sie jetzt?« fragte Arnim nach einigen Minuten leise.
»Wir wissen es nicht!« beeilte der Fürst sich zu sagen.
»Ich will mit ihr reden! Ich will von ihr selbst hören, für wieviel sie meine Liebe verkauft hat!«
»Sei nicht so dramatisch!« Der Fürst lachte gereizt. »Wir wissen es wirklich nicht. Und wir wollten es auch nicht wissen.«
»Ich muß sie sprechen!« wiederholte Arnim.
»Sie würde nur alles abstreiten – und versuchen, dich zu dem Geld, das wir ihr gaben, dazu zu vereinnahmen.«
Arnim zuckte bei dem häßlichen Wort zusammen.
»Das hätte sie nicht nötig«, flüsterte er unglücklich. »Ich gehöre ihr bereits!«
Fürst Gregor warf seiner Gemahlin einen angewiderten Blick zu. Wie komme ich zu so einem Sohn? sollte das heißen.
»Er ist doch noch so jung!« wiederholte die Fürstin in einem schwachen Versuch, beiden gerecht zu werden. »In einigen Jahren wird alles ganz anders aussehen!«
Arnim sprang auf.
»Nein! Das wird es nicht! Ihr täuscht euch! Ich werde nie heiraten, nur um Kinder und Erben zu haben. Wenn ich heirate – dann nur aus Liebe! Und so wie ich Nathalie liebe, kann ich nie wieder ein anderes Mädchen, eine andere Frau lieben!«
»Ich komme mir vor wie im Theater!« rief sein Vater zornig.
»Armer Papa, hast du nie die wirkliche Liebe kennengelernt?«
»Werde nicht unverschämt!« brauste der Fürst auf. »Ich liebe deine Mutter. Heute genauso wie früher! Man muß deshalb nicht so melodramatisch werden!«
»Ich werde sie suchen!« erklärte Arnim.
Der Fürst zuckte mit den Achseln.
»Wenn du meinst. Aber du wirst sie nicht finden! Sie weiß, daß sie dann ihr Geld verliert!«
»Ich suche sie trotzdem!« gab Arnim verstockt zur Antwort.
»Bitte. Das bleibt dir überlassen!« war die kalte Antwort.
Einen Moment blieb Arnim mitten im Raum stehen, sah von seinem Vater zu seiner Mutter und wieder zurück. Nein, die beiden konnten ihn nicht verstehen! Sie hatten kein Herz.
»Ihr – tut mir leid!« sagte er leise, dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Saal.
»Mein Gott, Gregor – hätten wir nicht doch versuchen sollen, es anders zu regeln?« Die Fürstin litt mit ihrem einzigen Kind, auch wenn sie felsenfest davon überzeugt war, das Richtige getan zu haben.
»Niemals!« beharrte der Fürst auf seiner Entscheidung. »Sie erwartet ein Kind! Stell dir vor – ein Fürst Sonnenfels mit einer bürgerlichen Mutter!«
»Auch Bismarck…«, wagte die Fürstin einzuwerfen.
»Was willst du mit diesem Krautjunker!« unterbrach er sie sichtbar ärgerlich.
»Nun, wahrscheinlich hast du recht«, gab die Fürstin nach einem weiteren Schweigen zu. »Er ist so jung. Er wird darüber hinwegkommen. Und es gibt in unseren Kreisen ja auch sehr liebenswerte und hübsche Mädchen.«
»So ist es, meine Teure!« Der Fürst trat zu ihr und hob ihre Hand an seine Lippen. »Du warst ein solches Mädchen!«
»Ach, Gregor«, murmelte sie bekümmert.
»Ich verstehe ja, daß du dich um unseren einzigen sorgst.