An den Falschen geraten...: Dr. Norden 28 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Wellenlehre und Quantenphysik, Elektrophorese, Stochastik, zentrale Aspekte der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Ist ja alles schön und gut. Das seh ich ja ein, dass das zur Allgemeinbildung gehört«, lamentierte Dési Norden, als sie an diesem Abend im Esszimmer über ihrer Deutsch-Hausaufgabe saß. »Aber wozu braucht ein Mensch eine strukturierte Textanalyse?« Sie überflog die paar Sätze, die sie in einstündiger Schwerstarbeit auf den Bildschirm ihres Laptops gebracht hatte. »Die Beschäftigung mit einem mehr oder minder anspruchsvollen Text schult das Textverständnis und die Auffassungsgabe«, rief ihr Zwillingsbruder Janni, der gemeinsam mit seinen Eltern im Wohnzimmer saß und es sich gut gehen ließ. »Damit scheint es bei dir ja auch nicht weit her zu sein. Sonst hättest du nicht neulich in Deutsch eine Fünf geschrieben«, schnaubte Dési und drückte zwei Tasten. Wie von Zauberhand verschwand der Text vom Bildschirm. Mit einer entschiedenen Handbewegung klappte Dési den Laptop zu und gesellte sich zum Rest ihrer Familie, die von der stolzen Zahl sieben auf meist nur noch vier Mitglieder geschrumpft war. Daniel schickte seinem jüngsten Sohn einen befremdeten Blick. »Eine Fünf? Weiß ich davon?« In diese Frage hinein klingelte es an der Tür. Erleichtert über die willkommene Unterbrechung sprang Jan auf. »Klar. Hab ich dir erzählt.
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Dr. Norden – Retro Edition
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An den Falschen geraten... - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 28 –
An den Falschen geraten...
Dieser Mann ist eine Gefahr für dich
Patricia Vandenberg
»Wellenlehre und Quantenphysik, Elektrophorese, Stochastik, zentrale Aspekte der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Ist ja alles schön und gut. Das seh ich ja ein, dass das zur Allgemeinbildung gehört«, lamentierte Dési Norden, als sie an diesem Abend im Esszimmer über ihrer Deutsch-Hausaufgabe saß. »Aber wozu braucht ein Mensch eine strukturierte Textanalyse?« Sie überflog die paar Sätze, die sie in einstündiger Schwerstarbeit auf den Bildschirm ihres Laptops gebracht hatte.
»Die Beschäftigung mit einem mehr oder minder anspruchsvollen Text schult das Textverständnis und die Auffassungsgabe«, rief ihr Zwillingsbruder Janni, der gemeinsam mit seinen Eltern im Wohnzimmer saß und es sich gut gehen ließ.
»Damit scheint es bei dir ja auch nicht weit her zu sein. Sonst hättest du nicht neulich in Deutsch eine Fünf geschrieben«, schnaubte Dési und drückte zwei Tasten.
Wie von Zauberhand verschwand der Text vom Bildschirm. Mit einer entschiedenen Handbewegung klappte Dési den Laptop zu und gesellte sich zum Rest ihrer Familie, die von der stolzen Zahl sieben auf meist nur noch vier Mitglieder geschrumpft war.
Daniel schickte seinem jüngsten Sohn einen befremdeten Blick.
»Eine Fünf? Weiß ich davon?« In diese Frage hinein klingelte es an der Tür.
Erleichtert über die willkommene Unterbrechung sprang Jan auf.
»Klar. Hab ich dir erzählt. Aber du warst so mit einem Fall beschäftigt, dass du mir kaum zugehört hast.« Angriff ist bekanntlich immer die beste Verteidigung.
Felicitas sah ihrem Sohn kopfschüttelnd nach.
»Komisch. Ich könnte schwören, dass ich auch nichts davon weiß«, murmelte sie.
Unterdessen hatte Jan die Tür geöffnet. Eine junge Frau mit wirrem, braunen Haar und unwiderstehlichem Lächeln stand im Lichtschein der Hauslampe. Obwohl es draußen kalt war, trug sie nur ein Männerjackett über einer dünnen Haremshose. Grob gestrickte Handschuhe mit abgeschnittenen Fingern waren die einzigen Kleidungsstücke, die den Temperaturen wenigstens halbwegs gerecht wurden.
»Ich glaub’s nicht. April! Wo kommst du denn her?«
Die junge Frau grinste schief.
»Hey, Computerfreak. Neugierige Fragen beantworte ich später. Darf ich rein? Ist arschkalt hier draußen.«
Jan machte einen Schritt zur Seite und deutete eine Verbeugung an.
»Immer hereinspaziert, die Dame.«
»Dame? Du willst mich wohl hochschießen, was?«, kicherte April. Sie trat in den warmen Flur. Während sie sich umsah, rieb sie die kalten Hände aneinander. »Gefällt mir noch genauso gut wie früher.«
»Was heißt hier früher?« Zuvorkommend nahm Janni ihr den Rucksack ab und stellte ihn in eine Ecke. »Ist ja kaum drei Monate her, dass du das letzte Mal hier warst. Ganz schön schwer, das Ding.«
»Vorsicht. Da ist alles drin, was ich hab«, warnte April mit vor Vergnügen blitzenden Augen. »Echt? Erst drei Monate?«, ging sie dann auf seine Bemerkung ein. »Mir kommt’s vor wie drei Jahre.«
»War’s so schlimm bei deiner Cousine im österreichischen Hotel?«
»Schlimm ist gar kein Ausdruck. So ein Spießerverein!« April verdrehte die Augen. »Das geht auf keine Kuhhaut. Und von denen gibt’s da genügend. Und Hornochsen obendrein.«
Janni lachte über das Mädchen, das sich nach einer Silvesterfeier in den Wagen seines Bruders Felix geschmuggelt und einfach mit ihm nach München gekommen war. Ihre Manieren waren ebenso schlecht wie ihre Ausstrahlung natürlich. Diese Mischung machte sie nicht nur für Felix unwiderstehlich. Im Handrumdrehen hatte das liebenswerte Mädchen die Herzen der Nordens erobert und nach ihrer Abreise nach Österreich eine regelrechte Lücke hinterlassen.
»Bist du deshalb wieder zurückgekommen?«, fragte er neugierig.
April legte den Kopf schief und sah ihn an.
»Natürlich nicht.« Ehe es sich Jan versah, landete ihre flache Hand auf seinem Po. »Nur wegen dir, du kleiner Knackarsch.«
»Aua!« Er hüpfte zur Seite und machte ein so erschrockenes Gesicht, dass April in lautes Lachen ausbrach, das nicht recht zu einem Mädchen passen wollte.
Es lockte Daniel, Fee und Dési an.
»Wusste ich es doch, dass ich diese Lache kenne.« Fee strahlte von einem Ohr bis zum anderen. Sie schloss die junge Frau in die Arme. »Was für eine schöne Überraschung.«
Als April sie sah, schossen ihr schlagartig Tränen in die Augen. In der Familie Norden hatte sie zum ersten Mal erfahren, was Nestwärme bedeutete. Daran würde sie sich den Rest ihres Lebens erinnern und immer dankbar sein.
»Frau Mama-Doktor!«, hauchte sie in Fees Ohr.
»Bekomm ich auch eine Umarmung?«, scherzte Daniel gut gelaunt und schnappte gleich darauf nach Luft, so fest umklammerte April seinen Hals. »Du hast abgenommen«, stellte er fest, als er sie wieder losließ.
Sie ließ die Arme fallen und sah an sich hinab.
»Kein Wunder. Bei meiner Cousine hatte ich null Zeit zum Essen. Schuften von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Danach bin ich todmüde in die Federn gefallen und hab geschlafen wie ein Stein.«
»Klingt nach moderner Sklaverei«, stellte Fee besorgt fest. »Dann komm erst mal rein und mach es dir im Wohnzimmer gemütlich. Vom Abendessen ist genug übrig. Davon bekommen wir noch eine ganze Kompanie satt.«
Das ließ sich April nicht zwei Mal sagen. Auf Socken lief sie hinüber ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. Dabei seufzte sie, als wäre sie nach einer langen Reise endlich wieder zu Hause angekommen.
*
»Stell dir vor, was Tiago heute gebracht hat.« Mit leuchtenden Augen saß Anneka Norden bei ihrem Freund Noah am Tisch und berichtete von ihrem Arbeitsalltag im Hort. »Er ist zu mir gekommen und hat mir die zwei Pflaster auf seinem Knie gezeigt.«
»Ist er zwei Mal hingefallen?«, erkundigte sich Noah und schob eine große Gabel Nudeln in den Mund.
»Dasselbe hab ich auch gefragt. Und weißt du, was er gesagt hat?« Anneka wischte sich den Mund an der Serviette ab und trank einen Schluck Wasser. »Das zweite ist für später!«
Noah lachte mit seiner Freundin.
»Schlaues Kerlchen.«
»Finde ich auch. Weißt du, die Arbeit mit den kleinen Kindern im Kindergarten war ja sehr schön. Aber mit den Größeren macht es fast noch mehr Spaß. Man kann sich richtig mit ihnen unterhalten und über die unmöglichsten Dinge diskutieren. Manchmal bringen sie mich mit ihren Fragen sogar in Schwierigkeiten.«
»Das schaffen meine Patienten auch«, grinste Noah und wickelte die letzten Nudeln auf die Gabel. »Allerdings nur, wenn sie bei Bewusstsein sind.« Der junge Mann hatte seine Ausbildung zum Rettungsassistenten bei der Behnisch-Klinik absolviert und die Prüfung mit Bravour bestanden. Seitdem gehörte er zum