Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Porcus das charakterlose Schwein: Fast ein Krimi
Porcus das charakterlose Schwein: Fast ein Krimi
Porcus das charakterlose Schwein: Fast ein Krimi
eBook191 Seiten2 Stunden

Porcus das charakterlose Schwein: Fast ein Krimi

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Auf einem Latein-Gymnasium bildeten sie einen Club: Fünf Jungen, die ihre Namen auf Lateinisch riefen, lange noch nach dem Abitur. Einer von ihnen, Porcus - lateinisch das Schwein -, war schon in der Quarta der Bösewicht, verpetzte sie beim Klassenlehrer, wenn sie unerlaubterweise mit den Mädchen des nahen Lyzeums schmusten. Schlimmer kam es, als sie erwachsen waren. Seine Aggression wurde immer größer; auch gegen den Klassenkamerad Portandus, der eine Frau streichelte, die er selber gerne gestreichelt hätte. Er versuchte ihn zu töten. Sein Schuss mit dem Pfeil verwundete ihn. Ab da sahen alle sich bedroht, trafen sich mit ihren Frauen und diskutierten. Porcus gab immer wieder einen neuen Anlass, zum Beispiel durch einen Einbruch in Portandus´ Haus, bei dem er Wertsachen mitgenommen hat. Ihr Alltag kreist um eine einzige Frage: Wann schlägt er wieder zu? Gespräche über Kunst, Philosophie und Religion werden allesamt von Porcus überschattet - bis er in Argentinien geschnappt und nach Köln überführt wird. Es kommt zum Prozess, er wird eingesperrt, flieht, überfällt eine Bank, wird geschnappt, landet in der Psychiatrie. Bei einem Freigang überfällt er eine Frau. Daraufhin kommt er in eine geschlossene Anstalt. Nach Jahren wird er entlassen. Ob aus dem Teufel ein Engel wurde? Lesen Sie selbst.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Nov. 2016
ISBN9783741861680
Porcus das charakterlose Schwein: Fast ein Krimi
Autor

Otto W. Bringer

Otto W. Bringer, 89, vielseitig begabter Autor. Malt, bildhauert, fotografiert, spielt Klavier und schreibt, schreibt. War im Brotberuf Inhaber einer Agentur für Kommunikation. Dozierte an der Akademie für Marketing-Kommunikation in Köln. Freie Stunden genutzt, das Leben in Verse zu gießen. Mit 80 pensioniert und begonnen, Prosa zu schreiben. Sein Schreibstil ist narrativ, "ich erzähle", sagt er. Seine Themen sind die Liebe, alles Schöne dieser Welt. Aber auch der Tod seiner Frau. Bruderkrieg in Palästina. Werteverfall in der Gesellschaft. Die Vergänglichkeit aller Dinge, die wir lieben. Die zwei Seelen in seiner Brust.

Mehr von Otto W. Bringer lesen

Ähnlich wie Porcus das charakterlose Schwein

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Porcus das charakterlose Schwein

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Porcus das charakterlose Schwein - Otto W. Bringer

    Otto W. Bringer

    Porcus

    das charakterlose

    Schwein

    Fast ein Krimi

    Imprint

    Porcus das charakterlose Schwein

    Otto W. Bringer

    Titelgestaltung vom Autor

    E-Book Konvertierung:

    sabine abels | www.e-book-erstellung.de

    „Z wei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust", stöhnte schon Faust in Goethes Drama. Jeder von uns ist zwiegespalten. In Gut und Böse. Helligkeit und Dunkel. Gott und Teufel. Wie sich diese Tatsache auswirkt, hängt von den Umständen ab. Die sind so unterschiedlich wie Menschen verschieden sind. Ihre Lebensbedingungen, Einflüsse von außen, Emotionen von innen und Schicksalen. Den puren Gutmenschen gibt es nicht. Den Bösen hin und wieder. Mensch ist des anderen Wolf, schreibt der römische Dichter Plautus. Ein Raubaffe, sagt Friedrich Dürrenmatt. Es muss etwas daran sein.

    S chon in der Schule fiel Porkus unangenehm auf. Nicht ohne Grund gaben seine Mitschüler Fritz Schwein den lateinischen Namen Porcus . Klingt schon wie ausgekotzt. Eine neue Mode kam ihnen gerade recht, sich lateinisch anzureden. Also Porcus statt Schwein. Wie kann man nur Schwein heißen? Fragte sich mancher. Väter haben es versäumt, die Namensänderung zu beantragen. Oder wohnten seine Vorfahren in einem Lande, in dem es keine Schweine gab? Hätten aber gerne welche gehabt. Sollen lecker schmecken.

    Heinrich Kleinebley nannte man ParvumPlumbum. Kurt Vogel Avis. Karl Otto Bauer Agricola. Franz Müller Molerus. Den Autor dieses Buches Portandus. Von portare bringen. Gerundium, der Bringende, wörtlich übersetzt. Alle fühlten sich mächtig stolz als gebildete Lateinschüler. Lateiner waren eine besondere Klasse Jugendlicher. Ein Club der Auserwählten gewissermaßen.

    Vorspel oder Lünekichelsdorf dagegen waren die Dummen. Für sie gab es keine lateinische Vokabel. Hätten ihre Eltern gewusst, dass es eine so große Rolle spielt, hätten sie sie aufs Naturwissenschaftliche geschickt. Das Altsprachliche aber hatte einen sehr guten Ruf. Und der war wichtiger als die Marotte einiger Schüler.

    Nur wenige von ihnen kamen über die Drei in Latein hinaus. Aber bei ihren lateinischen Namen blieb der Club konsequent bis zum Abitur. Noch bei ihren späteren Jahrestreffen begrüßten sie sich: „Hallo ParvumPlumbum. „Hallo Avis.

    Porcus petzte. Hinterrücks. Sie hätten ihn verprügelt, hätten sie es gewusst. Rätselten, wer wohl ihre geheimen Treffen mit den Mädchen des Lyceums einmal die Woche verraten hat? Sie mussten zur Strafe hundertmal schreiben: Du sollst keine kleinen Mädchen verführen. Als wäre es das elfte Gebot und sie der Beelzebub persönlich. Mädchen waren damals noch eine geschützte Kathegorie der Gattung Mensch. Im verschlossenen Schulgebäude eingekerkert. Bewacht von feuerspeienden Drachen, Studienrätinnen ihres Zeichens.

    Erst in der Obersekunda erfuhren sie von Porcus´ Verrat. Die heutige Freundin Portandus´ hatte ihn damals gesehen, als er vom Ast einer Kastanie auf der Königsallee Jungen und Mädchen in einem Hauseingang beobachtete, die sich umarmten. Damals dachte sie sich nichts dabei. Als Portandus es ihr erzählte, erinnerte sie sich.

    Was sollten sie tun nach so langer Zeit? Porcus verprügeln? Zur Rede stellen? Der inzwischen ein Schwergewicht mit 70 Kilo. Und Muskeln wie ein Ringer. Trainierte seit einem Jahr zweimal die Woche, als wollte er Weltmeister werden. Gegen einen solchen Kraftprotz hatten sie keine Chance. Außerdem gab es andere Probleme. Untersekunda und Obersekunda schaffen. Das Abitur vor der Nase. Da passierte wieder eine sehr schreckliche Sache.

    In der Pause marschierten drei finster blickende Männer in Ledermänteln über den Schulhof. Direkt auf zwei Jungen zu, von denen alle wussten, sie waren Juden. Der Direktor hatte sie bis dahin schützen können. Schenkte ihnen neutrale Pullover ohne den gelben Judenstern. Für den Aufenthalt in der Schule. Juden waren sogenannten Ariern immer schon verdächtig, wusste der Direktor, ein Historiker. Die Geheime Staatspolizei Hitlers hatte davon Wind bekommen. Porcus das Schwein?

    Sie sahen ihn in der braunen Uniform der Hitlerjugend auf die Polizei zugehen, die rechte Hand heben zum Hitlergruß, hörten ihn lauthals schreien, dass es alle hörten: „Juda verrecke!"

    Niemand sonst trug in der Schule diese Uniform. Nur bei den wöchentlichen Diensten. Man hatte sie dazu verpflichtet. Sich weigern bedeutete vier Wochenenden Umerziehung in einem Hitlerjugendheim und peinlichste Verhöre der Eltern. Porcus petzte. Der Schulhof hatte plötzlich große Ohren.

    Es verstand sich von selbst, dass alle sich von Porcus distanzierten. Niemand hatte Lust, seine Eltern und sich selbst zu gefährden. Wegen einer leichtsinnig geäußerten Kritik an Hitler oder einem seiner Parteigenossen. Dem Angeber Baldur von Schirach z.B., Reichsjugendführer. Oder dem Fettwanst Robert Ley, Arbeiterführer. Es schien nur noch Führer zu geben. Wo war das Volk? Der zweite Weltkrieg war im Gange. Sirenen heulten fast jeden Abend. Luftschmutzübung nannten sie es.

    Abends, wenn alle Arbeiter zuhause beim Bier saßen, Zeitung lasen oder Radio hörten, die Lehrer sich von ihren Frauen zur Belohnung für ihre harte Arbeit umarmen und küssen ließen, kam für die Jungens die Stunde der Freiheit.

    Karl Otto Bauer, der Agricola, besaß Schallplatten. Eine ganze Sammlung dieser schwarzen Scheiben. In deren Ritzen geheimnisvollerweise die ganze Welt zuhause war. Italien mit Benjamino Gigli, dem ewig liebeskranken Tenor. Deutschland mit Richard Tauber, dem lyrischen Tenor, der Franz Lehars Operetten zu den meistgespielten Bühnenstücken machte. Bis er als Jude ausgeschaltet wurde. Dann Amerika mit Louis Armstrong, dem Jazz-Trompeter aus New Orleans. Eine Offenbarung.

    Alle die Lateiner rutschten von den Stühlen auf die Knie. Sprangen wieder auf und schwangen ihre Arme und Hüften. Schlossen ihre Augen und genossen den ihnen noch unbekannten Rhythmus wie eine Reise in unbekannte Fernen. KO Bauer wusste mehr von seinen Eltern, die Jazz-Fan waren, wie er erzählte. Schon zweimal den Mardi Gras in New Orleans gefeiert. Mit den Schwarzen durch die Straßen gezogen, die ihre Trompeten bliesen, als wäre es ihr letztes Lied. Sehnsucht ist die Grundstimmung des Jazz. Sehnsucht der ausgewanderten Afrikaner nach Irgendwohin. Ihre Heimat?

    Wenn sie einmal die Woche bei Agricola Jazz hörten, kroch eine unbestimmbare Sehnsucht ins Gedärm. Von dort übers Herz, das zu zittern begann. Bis in die Ganglien ihres Gehirns. Wo sie ankerte. Und nicht mehr losließ, solange sie lebten. Jazz, ein alter Menschheitsgesang. Der Heimat verspricht. Heimat, die es nicht gibt.

    D rei schwere Luftangriffe hatten sie hinter sich. Spannend. Theater, das nichts kostet, meinten die meisten der Klasse. Liefen hinaus ins Freie, wenn sie nicht die Angst fesselte ans scheinbar sichere Gemäuer eines Kellers. Die dröhnenden Geschwader am Himmel zu sehen. In den gekreuzten Fängen der Scheinwerfer waren sie gut zu erkennen. Wie Motten im Licht. Warfen Christbäume ab, die Stadt unter ihnen zu erhellen. Die Ziele, die sie treffen wollten. Bis es orgelte, pfiff und explodierte. Häuser einstürzten oder in Brand gerieten. Ängstlich hockten Eltern und Großeltern in den Kellern, Zitterten. Und hörten nicht auf zu zittern, als es längst vorbei war.

    Sie waren noch nicht siebzehn, als sie das Vaterland zum Krieg rief gegen eine ganze feindlich gesonnene Welt. Im Osten den Bolschewismus, im Westen den Kapitalismus. Deutschlands Städte vor englischen und amerikanischen Fliegern zu schützen. Genauer vor ihren Bomben. Mit denen sie die Rüstungsindustrie lahm legen und wichtige Verkehrswege zerstören wollten. Dabei in Kauf nahmen die Zivilbevölkerung zu treffen. Ihre Häuser, Kirchen und Denkmäler zu zertrümmern. Unschuldige Menschen zu töten, hunderttausende bis zum endlichen Schluss. Angst hörte nicht auf. Die Pfarrer hatten viel zu tun. Mehr als jemals wieder danach.

    Wie in Trance das Volk, ein Reich, ein Führer entschlossen, auszuhalten bis zum Endsieg. 18. Februar 1943, gut zwei Jahre vor der Kapitulation im Berliner Sportpalast: „Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können? Nun Volk, brich auf und Sturm brich los." Schrie Propagandaminister Josef Goebbels ins Mikofon. Die Stimme des Jesuitenschülers überschlug sich fast. Ist es typisch für die Natur des Menschen, Engel zu sein und Teufel in einer Person?

    Und alle im Saal brüllten Heil, Heil Heil Hitler! sangen „Deutschland, Deutschland über alles. Über alles in der Welt. Als glaubten sie es. Das Publikum nur eingeladene Parteigenossen. Die nichts anderes konnten als lauthals brüllen. Wenn sie ihre komfortable Stellung behalten wollten. Ja sagen zu was auch immer. Als wäre ihr eigener Wille ausgeschaltet. Nachdenken könnte für sie Folgen haben. Den Kopf kosten. „Goldfasane" nannte Portandus´ Vater diese Sorte Parteigenossen. Weil sie mit goldenen Schnüren, glitzernden Epauletten auf ihren braungelben Jackets und hohem Salair geadelt waren. Für jedermann Warnung oder Respekt. Je nachdem.

    Stalingrad fiel. Auf allen Schlachtfeldern starben Millionen Soldaten. In Konzentrationslagern sieben Millionen Juden, Roma, Zindis, Kriegsgefangene. Weil das Gewissen in Wächtern offensichtlich ausgeschaltet war. Schlummerte, als es wach sein sollte. „Der Untertan", Heinrich Manns berühmtes Buch charakterisiert diese deutsche Mentalität. Ob Kaiser oder Führer? Hauptsache einer befiehlt. Wir folgen. Letzter Grund für die großen Kriege des letzten Jahrhunderts.

    Die Kindersoldaten bekamen eine Uniform in der Farbe der Luftwaffe, blaugrau. Bridgesähnliche Hose, Bluse mit Schulterklappen, Stiefel, Käppi und Stahlhelm. Zu sonntäglicher Heimfahrt oder Bummel auf der Kö eine Schirmmütze. Einen Tornister mit Kochgeschirr. Tabletten gegen ungewollte Versteifung des Gliedes. Sie nannten es „Hängolin. Führers „Mein Kampf. Fertig war der Flakhelfer. Ein fast perfekter Soldat.

    Flak auf Deutsch Flugabwehrkanone. Sie sollten helfen, Granaten in die Rohre zu schieben. Die leeren Hülsen nach dem Schuss wieder in Bunkern zu lagern. Besser waren die dran, die am Messtisch arbeiteten. Oder am Horchgerät. Beide unentbehrlich, feindliche Flieger auszuspähen, ihren Standort zu bestimmen. Damit die Schüsse aus den vier Rohren der Batterie sie trafen. Wieviel blind in die Luft geballert wurden, hat niemand gezählt. Kanoniere machten ihrem Herzen Luft aus Pflichtgefühl gemischt mit Angst.

    Geplant war täglicher Unterricht in der Stellung. Schule sollte nicht zu kurz kommen bei allem Militärischen. Ihr Klassenlehrer Dr. Battes kam zum Unterricht in die Baracke drei. Deutsch und Geschichte. Professor Wernke, ihnen den Logarithmus beizubringen. Pater Johannes Kleine-Natrop das Wort Gottes. Sie lernten und lernten und bereiteten sich aufs Notabitur vor. Aber der Stress des Alltags machte keinen Spaß.

    Unteroffiziere ärgerten sie mit läppischen Befehlen. Leutnant Ypsilon durch seine arrogante Art. Ordnete an, ihn jederzeit zu grüßen. Stramm zu stehen, wenn er vorbei ging. Mit an die Schläfe gelegter Hand zu grüßen. Wehe, einer machte es zu lässig. Hatte die Hacken nicht knallen lassen beim Strammstehen. Zwanzig Kniebeugen waren die geringste Strafe. Draußen, ob es regnete oder die Sonne vom Himmel brannte wie Feuer.

    Eines Tages waren sie es leid. Beschwerten sich bei Dr. Battes. Sie wussten, er war Hauptmann im ersten Weltkrieg. Der, auf Seiten seiner Schüler, kam am folgenden Morgen in voller Uniform. An seiner Brust prangte der Pour le Mérite, am Hals das Eiserne Kreuz erster Klasse. Und sonst noch, was sie nicht kannten.

    Als der Leutnant, nichts ahnend die Baracke betrat, der Unterricht müsste beendet sein, sah er den Klassenlehrer Dr. Battes. Erschrocken riss er die Hacken zusammen, dass sie knallten. Hand an die Mütze: „Heil Hitler Herr Hauptmann!" „Guten Morgen Herr Leutnant. Das reichte. Ab da benahm er sich freundlicher. Ständig die Furcht im Nacken, angepfiffen zu werden von seinem Vorgesetzten Generalleutnant Übler, wegen falsch verstandener Kameradschaft. Da kann man mal sehen, wozu Uniformen gut sind.

    Zweimal feierten sie Weihnachten in einer Flak-Batterie. Das erste in Düsseldorf-Hamm, nahe der gefährdeten Eisenbahnbrücke über den Rhein. Ziel vieler Bombenangriffe. Das zweite in Düsseldorf-Kalkum, den zwischen Kaiserswerth und Lohausen liegenden Flughafen zu verteidigen. Ganz in der Nähe des Diakonissen-Mutterhauses. Ebenso nur ein Katzensprung zu Tante Mathilde und Onkel Willi. Vetter zweiten Grades von Portandus´ Mutter. Er war Aufpasser eines Gaskessels. Die Tante verwöhnte Portandus mit Aprikosenkuchen.

    Weihnachten 1943 in Kappeshamm, so nannten sie den ländlichen Vorort. Das Zentrum des Kohlanbaus. Major Oebel ordnete an, eine Zehnmetertanne aufzustellen. Er besaß in seinem Zivilleben eine Brotfabrik in Köln. Gut katholisch, nahe liegend. Als es langsam dunkelte, war die ganze Batterie angetreten, rund um die Tanne. Die mit vielen elektrischen Kerzen illuminiert in den schwarzen Himmel strahlte. Allen Verdunkelungsvorschriften zum Trotz.

    Generalleutnant Uebler, der ranghöchste in dieser Runde hob an: „Hohe Nacht der klaren Sterne." Neumodisches Weihnachtslied der nationalsozialistischen Jugendbewegung. Kaum einer sang mit. Sie kannten das Lied von ihren nächtlichen Fahrten, aber die Texte nicht bis zur letzten Strophe.

    In die relative Stille nach der letzten Strophe tönte die markige Stimme des Brotbäckers Major Oebel: „Stille Nacht, Heilige Nacht." Uebler verstummte, verkrümelte sich. Junge und ältere Soldaten aber sangen aus voller Brust das schönste Lied der Christenheit. Vom kräftigen Bariton des Brotbäckers Oebel angeführt.

    „Da wird einem öbel und übler" frotzelten sie nicht lange danach. Erzählten es immer wieder, wenn sie sich trafen, Jahre später und Jahrzehnte noch.

    I n der Kommandatur ihrer Stellung waren auch Mädels beschäftigt. Luftwaffenhelferinnen genannt. In eine besonders hübsche verguckte sich Portandus, Helene Schuwerak. Lenchen genannt. Kein Problem miteinander ins Gespräch zu kommen. Bereits am dritten freien Samstag gingen sie ins Apollotheater. „Quax der Bruchpilot" mit Heinz Rühmann gucken. Es gab einiges zu lachen, anderes zu fürchten. Ende gut, alles gut.

    Zum ersten Mal mit einer Frau allein. Sein siebzehnjähriges Herz aufgeregt. In seinem Kopf die kühnsten Fantasien. Seine Hand auf ihrem Knie nicht abgewehrt. Portandus machte sich Hoffnung. Nicht vergebens, wie es den Anschein hatte. „Du

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1