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Katzenjammer: Zu viel genossen, gewollt und vor allem zu viel geliebt
Katzenjammer: Zu viel genossen, gewollt und vor allem zu viel geliebt
Katzenjammer: Zu viel genossen, gewollt und vor allem zu viel geliebt
eBook148 Seiten1 Stunde

Katzenjammer: Zu viel genossen, gewollt und vor allem zu viel geliebt

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Über dieses E-Book

Den Katzenjammer oder Kater kennt jeder, der über den Durst getrunken. Am Morgen danach geschworen: Nie wieder. Nicht viel anders der alles verändernde Schmerz, verliert man durch Tod oder Unfall einen geliebten Menschen. Nicht selten auch ein Ding, das mehr als einen Zweck erfüllte. Ein Haus, das man verkaufen muss, alt und krank geworden. Die Heimat verlieren und fliehen, das Leben zu retten.
Der Autor dieses Buches trennte sich nach 72 Jahren Autofahren von seinem Jaguar. Eine Sekunde nicht aufgepasst, den heiß geliebten zu Schrott gefahren. Frau und Tochter durch Krankheit verloren. Sein Haus verkaufen müssen. Allein mit 95 Jahren in einem Seniorenstift. Motiviert, sein Leben kritisch zu hinterfragen. Zuviel genossen? Zuviel gewollt? Zu viel geliebt?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum14. Sept. 2022
ISBN9783347726239
Katzenjammer: Zu viel genossen, gewollt und vor allem zu viel geliebt
Autor

Otto W. Bringer

Otto W. Bringer, 89, vielseitig begabter Autor. Malt, bildhauert, fotografiert, spielt Klavier und schreibt, schreibt. War im Brotberuf Inhaber einer Agentur für Kommunikation. Dozierte an der Akademie für Marketing-Kommunikation in Köln. Freie Stunden genutzt, das Leben in Verse zu gießen. Mit 80 pensioniert und begonnen, Prosa zu schreiben. Sein Schreibstil ist narrativ, "ich erzähle", sagt er. Seine Themen sind die Liebe, alles Schöne dieser Welt. Aber auch der Tod seiner Frau. Bruderkrieg in Palästina. Werteverfall in der Gesellschaft. Die Vergänglichkeit aller Dinge, die wir lieben. Die zwei Seelen in seiner Brust.

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    Buchvorschau

    Katzenjammer - Otto W. Bringer

    1.

    Katzen jammern „miau, miau. Obwohl sie keinen Grund zum Jammern haben. Im Gegensatz zu Menschen, die zu viel Alkohol genossen. Oder sonst wie gesündigt wider besseres Wissen. Übel war mir, gezwungen, mich zu übergeben, hinlegen am liebsten. Irgendwas aber hielt mich davon ab. Keine Lust, zu denken, Nichts tun müssen, außer kotzen. Im Kopf drehte sich alles, als wäre mein Gehirn ein Karussell. Fühlte mich verlassen von aller Welt soll ich am folgenden Morgen erinnert haben, gejammert und gestottert. Mir den Schlaf aus den Augen gerieben und wohl oder übel zugegeben: „Als die Nachricht kam, wir hätten die Präsentation einer Werbe-Kampagne für KNIRPS, den weltweit bekannten Taschenschirm, gewonnen, blieb uns nichts anderes zu tun, als die Nacht durchzufeiern.

    Katzenjammer nennt man das. Frauen, auch die soll es geben. Nach durchsoffener Nacht wieder nüchtern: „Mich hat ein Kater, Sie wissen schon." Obwohl sie den Abend allein verbracht, kein Mann sie besucht, mit ihr getrunken. Ja, Kater spricht man von männlichen Katzen. Katze von weiblichen. Aber nur solange, bis ein Kater sie umschleicht, hoch erhobenen Schwanzes. Und zwei Monate später aus einer Katze drei süße Kätzchen die Welt erblicken.

    Kätzchen verwöhnt mit «Kitekat» oder klein gehackter Kalbsleber. Von Menschen, die sie mehr als irgendeinen Menschen lieben. Ein Napf frisch gemolkener Kuhmilch stets verfügbar. Ein Kind, das sie streichelt, des Nachbarn Hund sie verbellt. Sie aber husch, sitzt auf dem höchsten Platz im Raum. Bücherregal, Schrank oder Gardinenstange Miau mio.

    Doch diesmal bin ich es, der miaut, miot. So herzerweichend, dass ich mir selber schon leidtue. Folgenreich und nachhaltig, so sagt man heute, wie niemals zuvor. Meine wilde Katze, den heiß geliebten «Jaguar S-Type» nach zwanzig schmusigen Jahren abgeben müssen. Zwanzig Jahre am Volant dieses Automobils. Weil, ja muss es zugeben, weil ich eine Millisekunde nicht aufgepasst. Und schon krachte es auf der rechten Seite. Spiegel unsichtbar. Geparkt, ausgestiegen und das Malheur als Realität zur Kenntnis nehmen müssen. Der Spiegel baumelte am seidenen Faden, Kotflügel und beide Türen aufgeschlitzt. Herumgeguckt, was hat mich derart massakriert? Der Lastwagen auf der ParkSpur zeigt Eisenstangen wie Zähne, scheint zu grinsen. Als freute er sich. Mich für einen Anfänger hält, ohne mich zu kennen. Und niemand auf der Straße regte sich auf.

    Nur ich rege mich derart auf, Crash und SOS im Kopf, sodass ich automatisch den Weg zur Werkstatt finde. Inständig hoffend, kein Verkehrspolizist hält mich an. Was soll ich ihm sagen, wenn er mich fragt, wen ich beschädigt habe? Verlangt von mir, mit ihm zum Unfallort zu fahren. Und der Lastwagen offensichtlich unbeschädigt. Mich für einen Lügner halten, mit zum Revier nehmen. Und andere mich in die Zange nehmen. Alle Reviere auffordern, ein um diese Zeit beschädigtes Fahrzeug zu melden. Zum Glück keiner Polizei begegnet. Nicht einen einzigen mitleidigen Blick eines Fußgängers bemerkt, als die Ampel rot gezeigt. Nur der Werkstattleiter: „Tut mir leid, Ihr Jaguar ist schrottreif."

    Ausgestiegen, den Schaden noch einmal ansehen müssen, Tränenden Auges. Elegante Linie, die mich vor zwanzig Jahren zum Kauf animierte. Kleiner als der XJ, den ich vorher fuhr. Schöner noch mit seinen vier Augen wie mein Idol: «Jaguar Mark 2». Mittelklasse-Limousine, ab 1959 mehrfach Sieger der Tour de France. Noch von Designern gestylt, nicht wie heute im Windkanal, alle einander ähnlichsehen. Soll ich, muss ich ihn wirklich abgeben? Ihn zu reparieren koste sieben bis achttausend Euro. Ging in mich. Per Pedes zur Straßenbahn. Und kam zu keinem Schluss.

    2.

    Es war wie mit einer Frau: diesen Jaguar sehen und sofort verliebt. In Gedanken schon gestreichelt. Ja, Lust verspürt, ihn in Besitz zu nehmen. Mit ihm die Welt erobern. Nicht lange und Frankreich lag uns zu Füßen. Lange nach Mitternacht sieben Kilometer Achterbahn vom Restaurant bis zum Nachtquartier, «Moulin de l ’ Abbaye» im Tal der Dordogne. Fois Gras, Boeuf Bourguignon, Crème Caramel, eine Flasche Rotwein et un grande verre de Cognac Hennessy nicht ohne Wirkung geblieben. Kopf, Arme und Beine schlapper als schlapp. Madame sehr ungehalten. Mein Jaguar aber wohlbehalten im Stall. Sah mich aus seinen großen Augen an, als wollte er mir sagen: „Ich habe mich nicht geweigert, weiterzufahren, Als du wie ein Irrer gekurvt, geschlendert, geschleudert. Links, rechts die weißen Linien überfahren. Ein Glück, dass deine Frau wie Du gegessen und getrunken. Sonst hätte sie dir ins Lenkrad gegriffen und alle, auch ich mausetot."

    In Paul de Vence einen Hut aus gelbem Reisstroh für meine Frau gekauft. Weil in der engen Gasse vor der Ladentür parken nur für Kunden erlaubt. Mein Jaguar froh, im Schatten des Daches abzukühlen. Habe ihn gerne an Stellen fotografiert, die seine Extravaganz unterstrichen. Mal mit Hut, mal unter einer Palme, dem Dach eines Waschbrunnens. Neben einem Camargue-Pferd. Des Kontrastes wegen. Auf der Fähre von Barcellona nach Palma de Mallorca. Zu beweisen, mein Jaguar ist nicht wasserscheu. Vor der Kathedrale San Seu, ich bin fromm, wenn es sein muss. Am abendrot brennenden Abgrund der Tramuntana ein Überlebenskünstler. Hoffnungslos verliebt in ein geformtes Stück Blech. Aus Westminsterblue sehen vier Augen in meine zwei: „Liebe mich oder fahr mich zu Schrott. Kann ohne dich nicht leben." Ich ohne dich auch nicht, gedacht und versprochen.

    Mein Jaguar in Italien bella donna, ja, was sonst? Schönes auf Schönes getroffen. Blech mit Marmor versucht zu versöhnen. Zugeben müssen: Designt verblasst vor Gekonnt. Flüchtig das Heute, verglichen mit mehr als achthundert Jahren. Ins Wasser gebaut und doch standhaft und schön wie am ersten Tag. Hoffte, mein Jaguar lebt solange ich gesund, alle Sinne bei einander habe. Ließ ihn im Parkhaus Venedigs eine Woche ausruhen. In schattiger Kühle wird er die Nähe entfernter Verwandter in Kauf nehmen. Während wir in blauen Gondeln an weißen Palästen entlang das Weite suchten, Näher als nah uns kamen, nach Crespelle con Salmone und Wein aus Trentino. Fleisch zu Fleisch gedrängt in der Nacht. Gestöhnt vor Verlangen und Lust auf mehr. Als die Tauben schon munter auf dem Markusplatz. Seit denkbaren Zeiten alles Marmorne, Bronzene Lieblingsplatz und Austragungsort für alles, was Spaß macht. Mich motivierte zu einem Gedicht:

    Wer lieh dem Löwen das Gesicht? – die Stirn mit der zornigen Falte? – den Blick, der bis Jerusalem reicht? – das Maul, das Litaneien gesungen – und hundert Sklaven verschlungen – aus den herabgelassenen Lippen tropft Regen – und die Tauben machen mit ihm, was sie wollen.

    Mein Jaguar auch der meiner Frau. Besonders auf langen Fahrten, nach Amalfi am liebsten, südlich von Neapel. Abgewechselt am Steuer alle zwei Stunden. Übernachtet in Mittenwald, Stadt der Geigenbauer, aber auch der Sachbeschädiger. Neonazis kratzten ein Hakenkreuz in die Motorhaube meines Jaguar, den rechten Spiegel abgerissen. Mit Leukoplast provisorisch befestigt, bis eine Werkstatt in Amalfi den Schaden binnen drei Tagen beseitigte. Mein Jaguar wieder der alte. Westminsterblue wieder makelloses Westminsterblue. Das Herz gesund, bereit zu lieben, die ihn lieben.

    Drei Wochen gewohnt im Hotel «Luna Convento", einem ehemaligen Kloster hoch oben auf einem Thron aus millionenaltem Gestein. Das Meer vor der Tür. Mein Jaguar in der Garage, während wir den Fröschen nacheiferten. Den Kontrast zwischen Nass und trocken, 20° C Wasser und 33°C Luft genossen. Hinauf nach «Ravello» in die Berge. Sommerlichen Freiluft-Konzerten gelauscht. Umarmt von allen Seiten. Blauweiß über, Zitronengelbgrün unter uns. Im Garten der «Villa Cimbrone» Wagners Idee von Klingsors Garten für seine Oper Parsifal nachvollziehen können. Im Duomo Santa Maria Assunta nach «Mistlav Rostropowitch» gespielten Cello-Sonaten Johann Sebastian Bachs nur noch Gefühl. Als hätte ich Musik statt Blut in den Adern. Getanzt, gejauchzt, gedröhnt und geweint. Mal lauter, mal leiser. mal nur hingehaucht. Atemlos und kraftvoll zugleich. Das Ende in Sicht. Aufwärts von den Niederungen bis hoch ins Gewölbe. Durch ein zufällig offen gebliebenes Fenster in die Nacht. Sterne zählen, die Summe zu ahnen. Maß für Unendlichkeit des nachtdunklen, Sterne funkelnden Universums über uns. Ein Benediktiner, Astronom aus Leidenschaft, hat errechnet, eine E-mail zum Mars und zurück dauert dreieinhalb irdische Jahre.

    Im Museo Florenz Michelangelos unsterblichen «David» gegrüßt wie einen alten Bekannten. Meine Hand erhoben, damit er mich im dichten Gedränge bemerkte. Sah seinen Arm schon erhoben, auf der linken Schulter ruhend. In seiner Hand die Schleuder mit dem Stein, mich etwa zu töten? Bevor er es tat, floh ich die Accademia del arte, um Frau und meinen Jaguar nach Apulien zu jagen. Dort das «Castel del Monte» unseres Lieblingskaisers, des Staufers «Friedrich II.» Imperatore Federico Secondo. Von Zeitgenossen: stupor mundi et imutator mirabilis – genannt. Das Staunen der Welt und ihren wunderbaren Verwandler. Einer, der Frauen liebte wie ich. Aber auch mächtig, die Welt zu verbessern, so wie ich es heute nie könnte.

    Die Approbation von Ärzten und Apothekern gesetzlich verordnet. Die Reinerhaltung von Gewässern. Muslime ins Land geholt, ihre Weisheit, Bau- und Handwerkskunst für sein Volk zu nutzen. Mit dem Sultan von Jerusalem zehn Jahre Frieden vereinbart. Muslime ihrer Arbeit nachgehen, Christen die Heiligen Stätten besuchen und bleiben konnten, solange sie wollten. Statt am Kreuzzug teilzunehmen, wie von «Papst Innozenz IV.» befohlen.

    Erbost setzte er Friedrich als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab. Froh, einen Anlass zu haben, diesen mächtigen Potentaten loszuwerden. Er wird als einer von Päpsten genannt, die auch als weltliche Herrscher Macht und Einfluss haben wollten. Nicht nur der Stellvertreter Christi auf Erden, sondern Generalissimus aller gekrönten Häupter.

    Hätte ich damals gelebt und damals schon den Jaguar gegeben, ja was hätte ich gedacht, getan? Das Papamobil aus Versehen, wirklich versehentlich, in den Tiber geschubst. Und den Notarzt gerufen. Gewollt, hätte ich damals gelebt. Heute in Rom zum letzten Mal die Sixtina besucht. Nach aberhundert Reisen in ganz Europa. Kühlen, heißen, milden zu allen Jahreszeiten. Französisch, Spanisch oder Italienisch gestottert. In Römischen Arenen antike Tragödien gesehen. Tempel und unzählige römische Säulen des damaligen Weltreiches. Jeder Stil hat uns erkennen lassen: Nichts bleibt, damit Raum für Neues ist. Von der frühen Antike bis Frank Lloyd Wrights «Kulturforum» in Berlin. Früh-Romanik mir die liebste Bauperiode, weil ihre Halbkreisbögen das Universum umfassen.

    In «Les-Saintes-Mariesdela-Mer» an der Zigeunerprozession teilgenommen. Bis Meeres und der Liebe Wellen unsere heiß gelaufenen Füße abgekühlt. Gebete himmelwärts flogen. In der Camargue versucht, wie Flamingos

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