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Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i: Hautnah erlebt von seinem Privatsekretär Justus und dessen Intimfreund
Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i: Hautnah erlebt von seinem Privatsekretär Justus und dessen Intimfreund
Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i: Hautnah erlebt von seinem Privatsekretär Justus und dessen Intimfreund
eBook218 Seiten2 Stunden

Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i: Hautnah erlebt von seinem Privatsekretär Justus und dessen Intimfreund

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Über dieses E-Book

Wer ist dieser Piccolo? Dem Zunamen nach Italiener. Erfolgreicher Enkel des ersten Einwanderers aus Sizilien. Fritz statt Federico zeigt, er hat sich gut integriert. Ein i im Namen wie abertausend andere. Mit einem Punkt darüber, sonst hieße er nicht Piccolo. Der einzige Buchstabe im Alphabet mit einem Punkt muss ihn fasziniert haben, denn alle seine Produkte haben ein i im Namen. Sie scheinen unauffällig, überraschen den Käufer in der täglichen Praxis.
Der 1,52 m kleine Mann hat Visionen und Einmaliges im Sinn, das er noch geheim hält. Bundeskanzler Schmidt hätte ihn zum Arzt geschickt. Fritz Piccolo aber ist ein ganz besonderer Visionär. Hätte Schmidt ihn persönlich gekannt, wäre er Psychotherapeut geworden statt Politiker, um Piccolo sein Geheimnis zu entlocken.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Juli 2020
ISBN9783347099340
Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i: Hautnah erlebt von seinem Privatsekretär Justus und dessen Intimfreund
Autor

Otto W. Bringer

Otto W. Bringer, 89, vielseitig begabter Autor. Malt, bildhauert, fotografiert, spielt Klavier und schreibt, schreibt. War im Brotberuf Inhaber einer Agentur für Kommunikation. Dozierte an der Akademie für Marketing-Kommunikation in Köln. Freie Stunden genutzt, das Leben in Verse zu gießen. Mit 80 pensioniert und begonnen, Prosa zu schreiben. Sein Schreibstil ist narrativ, "ich erzähle", sagt er. Seine Themen sind die Liebe, alles Schöne dieser Welt. Aber auch der Tod seiner Frau. Bruderkrieg in Palästina. Werteverfall in der Gesellschaft. Die Vergänglichkeit aller Dinge, die wir lieben. Die zwei Seelen in seiner Brust.

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    Buchvorschau

    Visionen des Fritz Piccolo und der Punkt über dem i - Otto W. Bringer

    Zum Verständnis.

    Justus ist mein Freund. Auch, und das ist wichtig, Privat-Sekretär des Fritz Piccolo. Der muss ein Tausendsassa sein. Justus erzählte, er habe in den Firmenakten gelesen, dass sein Vater ihn auf Exzellens-Universitäten der ganzen Welt geschickt hat, damit er der Beste aller Piccolos werde. Als Sohn eines Einwanderers habe er sonst keine Chancen. Als er endlich die Deutsche Staatsangehörigkeit besaß, ließ er den Vornamen seines Sohnes Federico in Fritz umschreiben. Justus meinte, er habe dabei den großen Preußenkönig Friedrich II. im Kopf gehabt. Den man im Volk den Alten Fritz nennt. Klein von Gestalt, aber ein großer König. Sein Sohn sollte ihn an Einfallsreichtum übertreffen. Und eines Tages so berühmt werden wie sein Namensvetter.

    Fritz selber, nicht auf den Kopf gefallen, studierte nicht nur Physik, Chemie, Biologie in Bologna, auch Romanistik an der Sorbonne in Paris. Theologie in Barcellona und Futurologie am Institut für außerirdische Phänomene in Lausanne. Jetzt ist er der Chef eines großen Unternehmens, das aus Stahlrohr alles nur Denkbare produziert. Die bekanntesten Artikel sind der Taschenschirm «Knirps», der Servierwagen «Dinett», den Beistelltisch «Variett». Außerdem noch Krankenhausbetten, Ladeneinrichtungen. Alle Nase lang ein neues Patent.

    Gut, dass Justus das Vertrauen seines Chefs besitzt.

    Bei allen Konferenzen dabei, das Resultat der Gespräche aufzuschreiben. Piccolo verlangte von einem der Teilnehmer am Schluss, es auf den Punkt zu bringen. Punkte seien seine Leidenschaft. Das Minimum vom Maximum, seine ständige Formel. Vielleicht kriegt Justus auch heraus, was er für Zukunfts-Pläne hat. Es würde mich sehr interessieren. Jedes noch so Geheimes wäre bei mir gut aufgehoben. Sind wir doch Blutsbrüder. Justus und ich hatten schon mit vierzehn Jahren beschlossen, Blutsbrüder zu werden. Nachdem wir in der Quarta die zweite Fremdsprache Französisch gelernt. Mark Twains Buch «Les Adventures de Tom Sawyers» im Original verschlungen.

    So schnell, wie der Daumen der linken Hand das Wörterbuch blättern konnte. Spannende Abenteuer, aber auch dramatische Situationen mit und ohne seinen Jugendfreund Huckleberry Finn erlebt. Bis der von seinem Vater auf eine einsame Insel im Mississippi entführt wurde. Um an dessen Vermögen zu kommen, das ihm eine dankbare Witwe geschenkt. Traurig endete das Buch, als beide auf dem Mississippi aneinander vorbei fuhren, ohne es zu wissen. Huck auf dem Floß, Tom auf einem Dampfer. Sie sahen sich nie mehr wieder. Da haben wir mit einer Rasierklinge eine Vene am Unterarm aufgeschlitzt und das Blut des anderen abgesaugt. Und beschlossen, aufeinander besser aufzupassen als Huck und Tom. Und uns nie zu trennen.

    Montag, 4. Februar 1986.

    „Justus, holen Sie mir die rote Mappe aus meinem Tresor. Wilhelmstraße 1. Erste Etage links. Dritte Tür rechts. Hier ist der Generalschlüssel. Mit dem kommen Sie ins Haus, die Wohnung, den Tresor und öffnen die Mappe." Letzeres sagt er, um Justus, seinen Privatsekretär, auf die Probe zu stellen.

    „Zuerst die Null tippen und mit dem Generalschlüssel den Tresor öffnen. Sie wundern sich über meine Geheimnummer? Ganz einfach. Alle Leute zermartern sich das Gehirn, eine möglichst komplizierte Nummernfolge auszudenken. Ich bin, wie Sie wissen, versessen auf einfache Lösungen. Schwören Sie, dass Sie diese Nummer niemandem weitersagen. Die Mappe mir ungeöffnet übergeben. Sonst werden Sie Ihres Lebens nicht mehr froh. Winkt mit der Hand – „nun gehen Sie schon, ich muss nachdenken.

    Freund Justus erzählte es mir am selben Abend noch. Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Als Blutsbrüder auch geschworen, Dinge, die uns direkt oder indirekt betreffen, niemandem zu verraten. Die rote Mappe, die er aus dem Tresor in der Wohnung des Fritz Piccolo holte, sollte die erste Gelegenheit sein.

    Von Justus weiß ich einiges über ihn und seine Firma. Fritz Piccolo ist der Chef eines Unternehmens, in dem seit über hundert Jahren die Familie Piccolo die Mehrheit besitzt. Ehefrau und Kinder Teilhaber. Fertigen nahtlose Rohre aus Stahl aller Durchmesser. Für Gas- und Wasserleitungen in Häusern. Daneben werden Schirme hergestellt. Im regnerischen Rheinland unentbehrliches Requisit. Fritz heißt nicht nur Piccolo. Piccolo, das Kleinste ist seine Passion. Piccolissimo schwärmen Italiener, schmecken sie einen Tropfen reines Olivenöl auf der Zunge. Ein Tröpflein Limone, das fehlt an der Meerbarbe. Hier aber hielte man es für eine Untertreibung.

    Für Fritz ist es Maxime: Größtmöglich zu denken, kleinstmöglich zu produzieren. Gedanken auf das substantielle Minimum zurückführen. Und alle Möglichkeinen ausschöpfen. Stahlrohre z. B. auf zwei Millimeter reduzieren. Und solche, die zwei Zehntel Millimeter größer sind im Durchmesser. Damit man die dünneren teleskopartig hindurchschieben kann. Für Konstruktionen, die es bisher nicht gab. Alternativ auch aus chrom-Nickel-Stahl oder Messing.

    Fritz Piccolo beschäftigt 3021 Mitarbeiter. Dreitausend wären genug gewesen. Aber die einundzwanzig mussten sein. Mit Einundzwanzig wurde Fritz volljährig und zum stellvertretenden Generaldirektor bestimmt. Vom Aufsichtsrat, der nur aus Mitgliedern der Familie bestand. Über ihm nur ein alter Onkel, der Sohn des Firmengründers im 19. Jahrhundert. Präzise am 13. Februar 1872. Ein Jahr nach der Reichsgründung durch Bismarck. Alle euphorisch ob der Einheit aller Deutschen. Und diese Euphorie wirkte sich aus auf den Unternehmergeist. Eisenhütten entstanden, Stahlwerke, um Gewehre zu produzieren, Kanonen zu gießen. Groß musste alles sein und vaterländisch konnotiert.

    Von Justus wusste ich, dass es Piccolo juckte, das Gegenteil zu tun. Kleines, scheinbar Unbedeutendes zu produzieren. Normale Bürger, vor allem Frauen erkannten sofort den Gebrauchswert und kauften. Schenkten es ihren Freunden und waren glücklich wie lange nicht. Schirme gab es schon immer, aber die waren groß und schwer. Klappten bei heftigen Winden nach hinten und man war im Nu bis auf die Haut durchnässt.

    Piccolos Schirme waren kleiner, sodass sie in eine normale Damen-Handtasche passten. Nicht viel dicker als ein Stock. Das Gestell stabil und elastisch gleichzeitig. Auf den roten Knopf am Griff gedrückt und schon springt das Schirmdach auf. Diagonale dünne Stahlrohre arretieren und verhindern, dass es umklappt.

    Als Fritz Piccolo die Alleinherrschaft übernahm, begann ein neues Zeitalter. Der Onkel tot, Geschwister, Cousins und Cousinen abgefunden. Er installierte eine Abteilung für Forschung und Entwicklung. Ihr Chef ein promovierter Physiker, Chemiker oder Mathematiker, jeweils nacheinander. Nicht lange danach auch einen Philosophen. Dann einen Theologen, in andere Richtungen denken zu lassen. Seine Idee, alles, was Menschen Geist ersinnen und erfinden kann, nacheinander zu testen. Für seine Zwecke zu nutzen, um der Größte zu werden und zu bleiben.

    In der ganzen Welt haben Piccolos, also kleine Leute, das Bedürfnis, größer zu sein als sie sind. Fritz keine Ausnahme dieser Regel. Da er aber geradezu fanatisch besessen war, das Äußerste zu wagen, riskierte er das genaue Gegenteil. Dachte groß und produzierte klein. Anders als andere Industriezwerge dachten und Riesen produzierten. Kühlschränke, die die seit Generationen gewohnte Sitzecke in Küchen verdrängten. Fleischmesser, die in keine Schublade mehr passten. Autos in keine Garage, wie in Amerika. Piccolo verzichtete darauf, in der Uniform seines italienischen Großvaters als Vizeadmiral aufzutreten. Sich strecken zu lassen. Neueste Medizintechnik war in der Lage, bis zu 3 % eines menschlichen Körpers zu strecken. Ebenso Überlängen um dieselbe Prozentzahl zu drücken.

    Fritz Piccolo wollt klein sein und bleiben. Umso größer zu erscheinen. «Mehr sein als scheinen». Das Motto des Generals Alfred Graf von Schlieffen ist seines. Fühlt sich aber Friedrich II., dem Sohn des Soldatenkönigs Friedrich I. eher verwandt. Weil man ihn den Alten Fritz nannte. Ein Fritz überrascht die Welt, gemäß dem Leitspruch: «Suum cuique». Jedem das Seine, das er auf sich bezog: Mir steht zu, was mir zusteht. Veranstaltete einmal im Jahr wie der Preuße ein Tabakkolleg in einem Schloss. Das erste in Schloss Auel bei Köln. Im Jahr darauf Schloss Hugenpoet nahe der Ruhrmetropole Essen. In der kurfürstlichen Residenz Würzburg, Schloss Herrenchiemsee in Bayern. Im letzten Jahr sogar genehmigte die Verwaltung des Schlosses Sanssouci in Potsdam die Veranstaltung. Lebte Voltaire noch, hätte er ihn eingeladen, mit ihm zu philosophieren. Seitdem nennen ihn die Mitarbeiter «Monsieur Fritz»."

    Freund Justus kennt die Firma aus dem ff. Seinen Chef Fritz Piccolo und dessen Gewohnheiten. Sprach aber nie darüber. Schließlich ist er sein Privatsekretär. In viele Geheimnisse eingeweiht, aber kein Alleswisser. Folglich interessiert ihn brennend, was sich in der roten Mappe versteckt. Die rote Mappe in seinen Händen zittert ein wenig: „Wüsste ich zum Beispiel von einer Liebschaft meines Chefs, einem geheimen Geldtransfer, könnte es mir eines Tages vielleicht nutzen. Er aber hat mir verboten, die Tasche zu öffnen. Ich würde meines Lebens nicht mehr froh. Aber es reizt mich, juckt in den Fingern, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Zu wissen, was ich nicht wissen darf."

    Justus weiß, dass auch ich ebenso an deren Inhalt interessiert bin. Weil wir beide Blutsbrüder sind, geschworen haben, nichts zu verraten, könnte er mir doch einen Einblick gewähren. Wahrscheinlich sind es Papiere mit brisanten Themen. Die für Monsieur Piccolo gefährlich werden könnten, kommen sie ans Licht der Öffentlichkeit. Ob es eine Liebschaft, ein geheimer Geldtransfer ist, weiß keiner von uns beiden. Was aber ist wirklich drin? Justus spielt den Gönnerhaften:

    „Hör zu, bevor ich die rote Mappe meinem Chef gebe, gestatte ich Dir, einen Blick hineinzuwerfen. Schauen kannst Du, das ein und andere lesen. Damit Du weißt, um was es geht. Und mir weitersagen, solltest Du meinen, ich müsste es wissen. Aber keine Fotokopien machen. Sie könnten entwendet werden und andere, uneingeweihte Dritte den Nutzen daraus ziehen. Sollte Fritz Piccolo davon erfahren, wäre ich meines Lebens nicht mehr froh. Den Job los, verklagt wegen Verrats von Firmengeheimnissen. Zu einer hohen Geldstrafe oder gar mit Gefängnis bestraft. Die Radikale Rechte in der Regierung wollte immer schon das Gesetz ändern, die Todesstrafe wieder einführen. Nachdem die Versöhnungspartei sie vor 12 Jahren aufgehoben hat. Der Polizeioberkommandierende ließ schon eine Kopie der französischen Guillotine von 1789 anfertigen. Angeblich, um sie in Heidelberg auszustellen, Studenten zu warnen. Aber lehr mich Uniformierte kennen. Ich will nicht einen Kopf kürzer gemacht werden. Schwöre, Du wirst mir keine Probleme machen."

    „Ich schwöre! Nun gib mir die rote Mappe, mein Freund, ich kann kaum erwarten, einen Blick hineinzuwerfen." Noch hält er sie fest mit beiden Händen. Dieses aufreizend rote Etwas aus festem Leder. Wahrscheinlich muss man nur das Schloss in der Lasche öffnen, sie öffnen und sehen, was drin ist. Der Schlüssel müsste passen, den Justus in der Hand hat.

    Ich will sie ihm aus den Händen reißen, doch er hält sie fest. Als hätte er es sich plötzlich anders überlegt: „Immer langsam mit den wilden Pferden. Ich habe sie aus dem Tresor geholt und will riskieren, einen Blick hineinzuwerfen. Nicht, weil ich Dir misstraue, aber als Privatsekretär habe ich das Privileg, als erster das Geheimnis meines Chefs zu lüften. Falls ich es überlebe. Keiner von uns weiß, ob nicht ein Sprengsatz losgeht, steckt man den Schlüssel rein. Oder eine Sirene heult los. Und alle in den Keller stürzen, die den letzten Bombenkrieg noch in den Knochen haben."

    „À propos Krieg fällt mir ein, was sein Intimus, Professor Dr. habil. Psychotherapeuticus mir erzählte. Mich schwören ließ, es niemandem weiterzusagen: Fritz Piccolo hat den Krieg überlebt, weil er nicht Soldat werden musste. Sondern freigestellt, die Produktion von kriegswichtigen Rohren zu sichern. Rohre für Gewehre und Maschinenpistolen. Ein gut bezahlter Kader kümmerte sich darum. Er selber nutzte die Nächte und stieg aufs Dach seiner Firma. Beobachtete feindliche Bomber, wenn sie im Fadenkreuz von zwei oder drei Scheinwerfern hell leuchteten wie Mücken im Licht. Fernes Brummen im Ohr.

    Die Vision im Kopf: ihre Bomben schon in der Luft zur Explosion zu bringen. Bevor ihre tödliche Last Häuser in Schutt und Asche legten, tausende Menschen ums Leben kommen. Befahl seinem Cheftechniker Dr. Luftikus, schleunigst einen Teleskopmast aus Stahlrohren zu entwickeln. Die bis zu zweitausend Meter ausgefahren werden können. Und mit elektrischen Impulsen die Bomben in der Luft explodieren lassen. Bevor sie auf der Erde Tod und Zerstörung anrichten. Hermann Göring, Reichsluftfahrtminister, wird begeistert sein. Und die Herstellung aus dem Staatsfond finanzieren.

    Angst hatte Monsieur Fritz keine auf dem Dach. Auch nicht, als die ersten Brandbomben das flache Teerdach eines seiner Gebäude entzündeten. Rannte zum Löschzug, fuhr zur Brandstelle, schraubte den Schlauch an die Wasserleitung. Und spritzte, was das Zeug hielt. Der Staat verlieh Fritz Piccolo für seinen beispielgebenden Einsatz an der Heimatfront das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse. Er soll es vor der Presse heruntergespielt haben: „Lieber allein den Geruch brennender Teerdächer in der Nase als im Gedränge eines Luftschutzkellers ersticken. Den Orden ließ er auf dem nächsten Betriebsfest als Rarität versteigern. Den Erlös spendete er Mitarbeiterinnen, deren Männer an der Front ihr Leben lassen mussten.

    Sein Chef scheint ein toller Hecht zu sein. Justus: Der Krieg zum Glück über zwei Jahrzehnte vorbei. Aber Bomben oder Raketen in der Luft zur Explosion zu bringen hilft heute wie gestern, Tote auf der Erde zu vermeiden. Man könnte sie im Golfkrieg einsetzen. Oder Ronald Reagan verkaufen, dem amerikanischen Präsidenten, und hundert Millionen Dollar kassieren. „Hör mal Justus, vielleicht ist die Formel für diese Konstruktion in der roten Mappe. Mach sie schon auf, damit wir wissen, was drin ist. Schüttele sie mal kräftig, sonst mach ich es. Eine Bombe kann man hören, auch wenn sie nicht explodiert."

    Justus zögert. Reiße ihm die rote Mappe aus den Händen. Schüttele sie mit aller Gewalt, rechts, links, rauf und runter. Werfe sie auf den Boden: Nichts rührt sich. „Gib mir den Schlüssel." Hinein gesteckt und umgedreht. Warte eine Sekunde. Keine Sirene heult. Lege die Lasche um, will die Mappe aufschlagen. Dieses lederne, rote Etwas, das jetzt bald sein Geheimnis offenbaren wird.

    Aber es geht nicht. Erblicke an zwei Seiten einen Reißverschluss mit einem Zipp. Ritsch, ratsch und aufgeklappt. Ein Umschlag zeigt sich, in einem tieferen Rot als die äußere Mappe. Nichts sonst. DIN C 4 groß. Kein Hinweis, kein Faden der Ariadne, an dem ich mich entlang hangeln könnte. Das heiß ersehnte Unikum zu erblicken.

    Öffne den Umschlag, er ist zum Glück nicht zugeklebt. Finde wieder einen Umschlag, der mich brombeerrot anlacht. Obwohl er kleiner ist, geschätzt DIN B 5. Lauter Rotes, als hätte Rot eine große Bedeutung. Für Monsieur Fritz, Berater und Mitarbeiter . Mitarbeiterinnen hatte er nicht wenige, sogar in der Fertigung, erzählte Justus. Alles war automatisiert bei Monsieur. Die Arbeit leicht, sie von Frauen erledigen zu lassen. Nannte sie «Mes chère Madames» hielt er eine Ansprache. Mit einer Pariserin glücklich verheiratet und trotzdem oder gerade deswegen liebte er Frauen. Schenkte jeder Arbeiterin eine rote Rose an ihrem Geburtstag. Interne Kommunikation war ihm ebenso wichtig wie externe. Rot also des Rätsels Lösung? Rot für Liebe?

    Meine Neugier steigert sich, während Justus gelassen zuschaut. Beruhigt offensichtlich, dass nichts explodierte, keine Sirene aufheulte, um nie mehr aufzuhören.

    Fingere aus dem brombeerroten einen weiteren, wiederum kleineren Umschlag heraus. Schätze DIN C 6. Farbe nicht schwer zu erraten: Erdbeerrot. Warmes, leckeres Rot zum Reinbeißen. Ob es der Letzte Hüter des Geheimnisses ist? Lüpfe die Klappe, schau hinein und siehe da: wieder ein Umschlag. So winzig, dass DIN

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