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Reisebriefe eines Artisten
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eBook127 Seiten49 Minuten

Reisebriefe eines Artisten

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Über dieses E-Book

Mit dieser Gedichtsammlung begibt sich Ringelnatz auf das Feld der literarischen Reisen. Ursprünglich für die satirische Wochenzeitschrift Simplicissimus verfasst, nimmt der Lyriker seine Leser mit an die verschiedensten Orte. Beginnend in Breslau, macht er dabei unter anderem Station in Hamburg, Finnland und Berlin und rückt dabei die Perspektive des Artisten in den Vordergrund.-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum23. Dez. 2021
ISBN9788728015766
Reisebriefe eines Artisten
Autor

Joachim Ringelnatz

Joachim Ringelnatz (* 7. August 1883 in Wurzen als Hans Gustav Bötticher; † 17. November 1934 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für humoristische Gedichte um die Kunstfigur Kuttel Daddeldu bekannt ist. Er war bekannt zur Zeit der Weimarer Republik und zählte Schauspieler wie Asta Nielsen und Paul Wegener zu seinen engen Freunden und Weggefährten. Sein teils skurril, expressionistisch, witzig und geistreich geprägtes Werk ist noch heute bekannt. (Wikipedia)

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    Buchvorschau

    Reisebriefe eines Artisten - Joachim Ringelnatz

    Joachim Ringelnatz

    Reisebriefe eines Artisten

    Saga

    Reisebriefe eines Artisten

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 1927, 2021 SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788728015766

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

    www.sagaegmont.com

    Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

    Dem Peter Scher und seiner Lene

    Eisenach

    (An den liebsten Freund)

    Edelster Freund, ich gedenke dein

    Abends vorm Fusse der Wartburg sitzend,

    Bleisoldaten aus Baumrinde schnitzend

    Und beseelt von dem Wunsche, dir gleich, ein Dichter zu sein.

    In der Drachenschlucht morgens gewesend,

    Mittags den Simplizissimus

    Und die Geschichte der Thüringer Landgrafen lesend,

    Türmt sich — wie Schollen — Genuss auf Genuss.

    Was ich hier schaue, erfüllt mich mit Liebe und Dank.

    Du, mein Dichter — nein Mensch — du wirst mich verstehn.

    Welch ein Unterschied zwischen den lieblichen Triften

    Und jener bitteren und doch süssen Anklagebank,

    Wo wir uns fanden eintausendneunhundertundzehn

    Wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften.

    Ist mir’s nicht eben, als hörte ich Raubritter streiten,

    Hier, wo einst Luther den Teufel mit Tinte beschmiert?

    Seh ich nicht dort weiland Kaiser Wilhelm den Zweiten,

    Wie er persönlich die alte Burg renoviert?

    Hat nicht der Riegel geknarrt?

    Naht nicht Fritz Reuter sich dort?

    Doch ich muss leider jetzt fort.

    Landgraf, ach werden Sie hart!

    Über Ewigkeit möcht ich jetzt plaudern

    Mit dir, doch (He, Kellner, noch ein Glas! He!)

    Doch aus dem Tale vernehm ich mit Schaudern

    Ruf meiner Pflicht: Komm ins Varieté!

    Liebster, adieu!

    Was ich jetzt fühle und was meinen trunkenen Blicken

    Schönes sich bietet, das möcht ich zum Postpaket

    Falten und packen, um dir es zu schicken,

    Sei’s nur dies abendvergoldete Gartenstaket.

    Aber nun werde (weil muss) ich hinuntersteigen

    In das äusserlich gut beleuchtete Eisenach,

    Werde mich zeigen, arbeiten, verneigen. — —

    Aber mit irgendwem kriege ich hinterher Krach.

    Betrachtungen in einer Bahnhofswartehalle

    Wie seine eigne Spucke schmeckt,

    Das weiss man nicht.

    Wenn man in seinen Spiegel leckt,

    Kriegt man die Spucke zu Gesicht.

    Das muss durchaus kein Spiegel sein.

    Man kann aufs Sofa, auf die Hand,

    Man kann auf jeden Gegenstand,

    Wenn man nur richtig hintrifft, spein.

    Jedoch: Tut wohl ein Gent,

    Der etwas von Bazillen

    Weiss und die Folgen kennt,

    Bazillen das zu Willen??

    Man spuckt von Bord ins Meer bei Sturm.

    Man spuckt diskret vom Eiffelturm

    (Bis unten sechs Sekunden).

    Man spuckt an einen Litfasszaun,

    Doch nie in Gegenwart von Fraun

    Und stets in stillen Stunden.

    Weh dem, der sie verliert!

    Weh dem, der sie vergeudet,

    Die Spucke! Sie bedeutet

    Viel, wenn man raucht und priemt, frankiert,

    Umblättert, löscht, aquarelliert.

    Die eigne Spucke, Mimikry,

    Verdirbt den Appetit uns nie.

    Ich bin nicht ihr Entdecker.

    Ich bin kein Speichellecker,

    Bin kein Feinschmecker,

    Doch ich liebe sie.

    Ich liebe nur die meinige.

    Ausnahmen sind exzeptionell

    Und — frei gesagt — dann sexuell;

    Obwohl ich solche Leute niemals steinige.

    Manches soll man verschlucken.

    Jetzt naht mein Zug. Die Zeit vergeht.

    Ich weiss, in jedem Wagen steht:

    „Nicht auf den Boden spucken."

    Kassel

    (Die Karpfen in der Wilhelmstrasse 15)

    Man hat sie in den Laden

    In ein intimes Bassin gesetzt.

    Dort dürfen sie baden.

    Äusserlich etwas ausgefranst, abgewetzt —

    Scheinen sie inwendig

    Doch recht lebendig.

    Sie murmeln Formeln wie die Zauberer,

    Als würde dadurch ihr Wasser sauberer.

    Sie kauen Mayonnaise stumm im Rüssel

    Und träumen sich gegen den Strich rasiert,

    Sodann geläutert, getötet, erwärmt und garniert

    Auf eine silberne Schüssel.

    Sie enden in Kommerzienräten,

    Senden die witzigste von ihren Gräten

    In eine falsche Kehle.

    Und ich denke mir ihre Seele

    Wie eine Kellerassel,

    Die Kniebeuge übt. — — —

    Ja und sonst hat mich in Kassel

    Nichts weiter erregt oder betrübt.

    Hanau

    Es war nur nebenbei — nur eine Frage.

    Ich weiss, wie mich mein Gastwirt liebt.

    Ob ich mich auf die siebzehn Meter hohe Leiter wage?

    Ja! Was es hohe Birnenbäume gibt.

    Dem hab’ ich nun an einem Tage

    Zirka zwei Zentner saftiger, gelber

    Birnen

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