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Der Unfall am herault: Gefahr im Atomkraftwerk
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Der Unfall am herault: Gefahr im Atomkraftwerk
eBook252 Seiten3 Stunden

Der Unfall am herault: Gefahr im Atomkraftwerk

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Über dieses E-Book

Arabische Terroristen erpressen Giscard Méritant, Ingenieur in einem Atomkraftwerk, der bei einem Unfall einen Menschen getötet und Fahrerflucht begangen hat.
Seine Freundin Nathalie unterstützt ihn durch seelische Zuwendung und rät ihm, sich bei seinem Chef zu offenbaren, der sofort die Polizei einschaltet.
Die Terroristen entführen Giscard und bekommen dadurch Zugang in das Kraftwerk, wo sie eine Bombe installieren. Die Gefahr einer Kernschmelze mit weiträumiger Kontamination der Umgebung kann nicht ausgeschlossen werden.
Durch Giscards Offenbarung kann die Polizei jedoch die Terroristen festnehmen und die Bombe rechtzeitig unschädlich machen. Giscard und Nathalie leisten dabei wertvolle Hilfe.
Die anfangs nur harmlose Liebesbeziehung zwischen den beiden entwickelt sich vor der Entführung und erst recht während eines kurzen Erholungsurlaubs danach zu einer intensiven heißen Liebe, die im Roman offen beschrieben wird.
Die übrigen Mitglieder der Terrorbande wollen sich an Giscard rächen und verletzen ihn bei einem Überfall lebensgefährlich. Nathalie bewahrt ihn vor dem Tod.
Ihr Vertrauen und ihre tiefe Liebe zeigen ihm eine Perspektive, seine Schuld zu akzeptieren und vor Gott Vergebung zu gewinnen. Nach seiner Heilung heiraten die beiden.
Kurz danach wird Nathalie entführt, doch sie kann der Polizei den Ort ihrer Entführung kundtun und damit die ganze Bande unschädlich machen.
Wie schon in den früheren Romanen des Autors spielt neben dem spannenden Kriminalfall auch hier die Liebe eine wesentliche Rolle, wobei wieder eine starke und selbstbewusste Frau durch ihre einfühlsame Klugheit das Geschehen entscheidend bestimmt.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum17. Aug. 2014
ISBN9783737504942
Der Unfall am herault: Gefahr im Atomkraftwerk
Autor

Ernst-Günther Tietze

Dipl.-Ing. Ernst-Günther Tietze, hat in seiner beruflichen Tätigkeit die zentrale Führung und Überwachung von Versorgungsnetzen durch zahlreiche Veröffentlichungen maßgeblich beeinflusst. Zur Belletristik ist er erst im Ruhestand gekommen. Seit 2000 hat er mehrere Romane geschrieben und veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Der Unfall am herault - Ernst-Günther Tietze

    Prolog

    Ein sonst sehr verantwortungsvoller Ingenieur in einem

    Kernkraftwerk tötet leichtsinnig einen Menschen.

    Daraus entsteht eine Reihe krimineller Ereignisse,

    in denen das Kraftwerk gefährdet wird

    und er nur knapp dem Tode entgeht.

    Das Vertrauen und die tiefe Liebe einer Frau helfen ihm,

    diese Gefahren zu bestehen und weisen ihm den Weg,

    mit seiner Schuld zu leben.

    Denn nur wahre, innige Liebe macht fast alles möglich,

    sie versetzt Berge und bewirkt Wunder.

    Ich widme dieses Buch meiner Frau Rosemarie,

    die mir nach Tod und Trauer eine neue Liebe geschenkt hat.

    Unfall

    „Ich habe einen Menschen getötet!"

    Immer wieder drängte sich jener verhängnisvolle Augenblick vor zwei Stunden ins Bewusstsein von Giscard Méritant. Mühsam rief er sich den bis dahin so schönen Tag ins Gedächtnis, um zu begreifen, welche Katastrophe dann am Abend geschehen war:

    Nachdem er drei Wochen beim Naturistenstrand von Cap d’Agde gezeltet hatte, wollte er heute Vormittag nach Hause fahren, um Montag ausgeschlafen seine Schicht im Kraftwerk Tricastin zu beginnen. Doch er wollte auch die Frau noch einmal sehen, die ihn fasziniert hatte. Kurz entschlossen parkte er den Wagen am Straßenrand und ging am Strand zu der Stelle, wo die Frau schlafend auf ihrem Handtuch lag. Sie war wohl Anfang dreißig, schlank und etwa 1,70 m groß. Ihr hübsches Gesicht mit dem vollen Mund wurde von langen dunkelbraunen Haaren eingerahmt und sie hatte eine tolle Figur.

    Nathalie fühlte im Halbschlaf, dass sie betrachtet wurde und öffnete die Augen einen Spalt. Was sie sah, gefiel ihr: ein schlanker Mann, kaum älter und etwas größer als sie, mit einem gepflegten Backenbart und dichten dunklen Haaren auf Brust und Bauch. Da er nur wenig von ihr entfernt stand, hatte er wohl großes Interesse an ihr. Sie erinnerte sich, ihn schon gestern gesehen zu haben und er hatte ihr gefallen. Sie öffnete die Augen vollkommen und sagte lachend: „Na, wie ich gut erkennen kann, sind Sie zufrieden mit meiner Begutachtung."

    Giscard schämte sich seiner Aufdringlichkeit. Doch sie lud ihn mit einer Handbewegung ein, sich neben sie zu legen und sagte leichthin: „Sie sind mir schon gestern aufgefallen. Unter den vielen Männern, die mich mit den Augen verschlungen haben, waren Sie der einzige akzeptable. Übrigens, ich heiße Nathalie. Giscard wusste nicht, wie ihm geschah, doch schließlich stotterte er seinen Namen heraus und legte sein Handtuch in einigem Abstand neben sie. „Sie brauchen keine Angst zu haben, ich beiße nicht, lachte Nathalie und zog das Handtuch dicht zu sich heran, bevor er sich darauf legen konnte. „Und nun stehen Sie nicht so dumm in der Gegend herum." Sie wunderte sich, ein derart zurückhaltender und schamhafter Mann war hier eine Seltenheit.

    Als Giscard sich endlich neben Nathalie legte, beugte sie sich über sein Gesicht und küsste ihn auf die Nasenspitze. Er empfand diese Art Begrüßung als angenehm, wenn auch ungewöhnlich. Es war ein Zeichen von Nähe und Sympathie und erinnerte ihn an das Nasenreiben der Eskimos. Nathalie wehrte sich nicht, als er ihren Kopf hinab zog, bis er ihre Lippen warm auf den seinen spürte. Als er den Mund öffnete, fühlte er ihre weiche Zungenspitze, die vorwitzig eindrang und seinen Gaumen kitzelte, bis er diesen Gruß erwiderte. Nathalie strich ihm sanft über Kopf und Oberkörper, dann legte sie sich zurück und sagte leise: „Es ist schön mit dir."

    Giscard hatte Nathalies zärtliche Finger und den Kuss als sehr beglückend empfunden. Gerne würde er diese Zärtlichkeit zurückgeben. Doch obwohl sie ihn so nett zu sich gebeten und lieb gestreichelt hatte, hielt ihn seine natürliche Scheu zurück, ihr zu näher zu treten. Sie kannten sich doch gar nicht, noch fehlte ihm die Vertrautheit, die er für intime Kontakte einfach brauchte. Andererseits fühlte er sich unwahrscheinlich zu dieser schönen jungen Frau hin gezogen. Er war fürchterlich aufgeregt und das Herz schlug ihm bis in den Hals wie einem Sechzehnjährigen, der zum ersten Mal ein Mädchen berührt. Nathalie verstand sein Zögern, es rührte sie. „Er ist ja ein richtig anständiger Kerl, dachte sie erfreut und überlegte, wie sie seine Scheu überwinden könnte, denn sie wollte ihn für sich gewinnen, zumindest hier und heute. Sein leichter Körpergeruch war ihr angenehm. Sie nahm seine Hand, küsste die Innenseite und legte sie auf ihre Brust. Sie war ja schon lange mit keinem Mann zusammen gewesen und dieser schien in seiner zurückhaltenden Art ein guter Partner zu sein. „Komm mit in mein Zelt, da sind wir unter uns, flüsterte sie, als er begann, die Brustspitzen zu liebkosen. Giscard war von ihrer Zärtlichkeit und sichtbaren Zuneigung so angerührt, dass er sich gerne einladen ließ. Unter einer Freiluftdusche wuschen sie sich gegenseitig den Sand ab. Beide empfanden es als angenehm, die Hände des andern an ihrem Körper zu spüren.

    Nathalie hatte ein recht großes Zelt mit einer bequemen Schaumstoffmatte und einer Decke darüber. Sie wies Giscard, sich auf das Lager zu setzen und holte eine Flasche Rotwein mit zwei Gläsern aus einem Campingschrank. Giscard sah mit einem kurzen Blick auf das Etikett, dass es ein hervorragender VSOP aus der Umgebung war, den er auch gerne trank. Dann schenkte sie den Wein ein und stieß mit ihm an. „Wo zeltest du, oder bist du in der Ferienanlage?, fragte sie. Giscard erzählte ihr, dass er sein Zelt im Sirenencamp schon abgebrochen hatte, weil er morgen wieder arbeiten müsse. Wo er denn her komme, wollte sie wissen. Da erzählte Giscard ihr, dass er in Pierrelatte wohne und Schichtführer im Kraftwerk Tricastin sei. „Ah, deshalb bist du so aufgeladen, lachte Nathalie, „dann lass uns schnell etwas essen und danach die Zeit nutzen, damit du noch früh genug weg kommst. Giscard stimmte gerne zu, denn er hatte Hunger bekommen. Nathalie zündete den Gaskocher an, öffnete eine Dose Ravioli mit Tomatensoße und stellte sie auf die Flamme. „Normalerweise esse ich solch Zeug nicht, es ist nur meine eiserne Reserve, falls die Zeit mal knapp ist, meinte sie etwas verlegen. „Macht nichts, der Hunger treibt’s rein, tröstete Giscard sie und fragte: „Wo kommst du eigentlich her? „Ich habe eine Boutique in Lyon, antwortete sie kurz. „Und hast du einen Mann? Für einen Moment blitzte Nathalie ihn böse an, doch dann überzog ein Lachen ihr Gesicht. „Du hast wohl Angst vor Prügeln, sagte sie schelmisch. „Nein, ich lebe alleine. Aber wie ist es denn bei dir? „Auch ich bin nicht gebunden, sagte Giscard ernst und schaute ihr ins Gesicht. Noch scheute er sich, von Madeleine zu erzählen. „Der Schichtdienst ist nicht günstig für eine dauerhafte Beziehung.

    Das Essen war fertig und schmeckte mit dem guten Wein ausgezeichnet in der Zweisamkeit, die zwar noch jung, aber schon sehr intensiv geworden war. Als Nathalie danach noch Café und Calvados kredenzte, war Giscard rundum zufrieden. Sie räumte nur schnell das Geschirr in die Ecke, dann überlegte sie, wie es jetzt zwischen ihnen weiter gehen könne. Sie sehnte sich danach, seinen Körper zu fühlen, aber mehr wollte sie jetzt noch nicht, trotz der Zuneigung, die sie von Anfang an für diesen Mann empfunden hatte. Wie konnte sie ihm das zeigen, ohne ihn zu verletzen? Schließlich hatte sie eine Idee und zog ihn aufs Bett. Giscard war überrascht, wollte sie etwa mit ihm schlafen? Sie kannten sich doch kaum. Nathalie drückte sich an ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Während ihre Zungen miteinander spielten, fühlte sie seine zunehmende Erregung und streichelte sie ganz behutsam, bis er immer schwerer atmete und schließlich stöhnend explodierte. Das bei einem Mann zu erleben, war schon immer unwahrscheinlich schön für sie gewesen. Danach lagen sie eng umschlungen beieinander und waren glücklich. Nathalie dachte, dass selten ein Mann derart feinfühlig auf sie eingegangen war. Auch Giscard war bewegt und flüsterte: „Es ist wunderschön mit dir, danke." Diese Frau hatte ihn von Anfang an beeindruckt.

    Eigentlich wollte er schon längst auf dem Heimweg sein, doch ihm war klar, dass er Nathalie jetzt nicht einfach verlassen konnte. Sie musste wohl etwas Ähnliches fühlen, denn sie sagte: „Komm, lass uns schwimmen gehen, damit wir uns erfrischen." Hand in Hand gingen sie die 400 Meter durch das flache Wasser bis zur Sandbank. Einige spielten hier Ball und andere Paare nutzten eng umschlungen die Gelegenheit zur innigen Begegnung. Sie schwammen weit über die Bojenreihe hinaus, bespritzten sich, tauchten untereinander durch und umarmten sich schließlich wassertretend. Erfreut stellten sie fest, dass sie beide Wasserratten waren.

    Von dem langen Bad war ihnen kalt geworden. Um trocken und wieder warm zu werden, liefen sie den Strand entlang bis zur Einfahrt in den kleinen Hafen Port Ambonne, wo der Naturistenstrand endet. Familien mit Kindern waren hier am Strand, die Kinder bauten Burgen und planschten im Wasser. Langsam rollte die Sonne zu den Betonburgen der Ferienanlage am Cap d’Agde hinunter und der Strand leerte sich. Giscard dachte traurig an seine Heimfahrt, zu der er noch gar keine Lust hatte. Zu sehr hatte ihn diese Frau in ihren Bann geschlagen. Als wenn Nathalie seine Gedanken gelesen hätte, meinte sie: „Wenn du jetzt fährst, kommst du genau in den Rückreisestau hinein. Du solltest später fahren. So weit kann es doch gar nicht bis Pierrelatte sein. „Nein, es sind nur 150 Kilometer und du hast Recht. Ich sollte zwar morgen ausgeschlafen zur Arbeit kommen, aber etwas Zeit habe ich noch. „Dann lass‘ uns etwas essen, meinte Nathalie, „ich kann für uns noch mal kochen. Doch Giscard meinte, nach dem provisorischen Mittag sollten sie ordentlich essen. Nathalie schlug daraufhin Cap d’Agde vor. „Das ist ungünstig für mich, gab Giscard zurück, „denn ich muss mir etwas anziehen und mein Wagen steht am Marseillan Plage. Lass uns ins Charlemagne gehen. Dort kann man sehr ordentlich essen und für dich ist es nicht so weit zurück zum Zelt. Nathalie kannte es nicht, hatte aber schon davon gehört. „Dann willst du also nach dem Essen gleich fahren?, fragte sie etwas traurig. „Ich muss, antwortete Giscard. „Von meiner Aufmerksamkeit hängt der sichere Betrieb des Kernkraftwerkes ab. Dafür muss ich noch ein paar Stunden schlafen." Auch er war traurig und diese Antwort fiel ihm gar nicht leicht.

    Es dämmerte schon, als sie den Weg durch die Dünen nach Marseillan Plage nahmen. Bei Giscards Wagen stoppten sie und er zog sich an. Bis zum Charlemagne waren es nur noch wenige Schritte und sie fanden einen Tisch, der gerade frei wurde. Giscard bestellte einen Salade de chèvre chaude und Fischsuppe, Nathalie auch den Salat und ein Entrecote. Vorweg tranken sie Pastis und zum Essen eine Flasche Cote du Rhone. Giscard genoss das Essen neben dieser attraktiven und erotischen Frau, die er leider viel zu spät kennen gelernt hatte. Bisher hatte er meist alleine gegessen. „Ich würde dich gerne wieder sehen, sagte er nach der Vorspeise und bemühte sich, nicht zu drängend zu klingen. Ein Schalk blitzte in Nathalies Augen auf: „Wenn es denn unbedingt sein muss, kannst du mir ja mal eine E-Mail schicken, aber ich bin erst in einer Woche wieder zu Hause, meinte sie lächelnd und nannte ihre Mailadresse, die er auf der Serviette notierte. Etwas von ihm zu notieren, hielt sie nicht für notwendig. Nach einer Mousse au chocolat und dem obligaten Café zahlte Giscard für sie beide. „Du hast mich heute Mittag verpflegt, jetzt bin ich dran, sagte er, als sie protestieren wollte. Es war kurz nach 22:30. Eng umschlungen gingen sie zu seinem Wagen zurück. „Soll ich dich noch zum Zelt bringen, fragte Giscard besorgt. Doch lachend antwortete sie, das sei absolut nicht nötig, sie sei ja eine erwachsene Frau. Sie schlang die Arme um ihn, küsste ihn leidenschaftlich und war plötzlich im Dunkeln verschwunden. Verzweifelt sah Giscard sich nach allen Richtungen um, doch nichts war mehr von ihr zu sehen. Nur ihr Duft hing noch in der Luft. Traurig startete er seinen Wagen und machte sich auf den Weg. Dass er zu viel getrunken hatte, kam ihm gar nicht in den Sinn.

    Nathalie verbarg sich am Eingang des Euro Camp hinter dem Pförtnerhaus. Sie konnte jetzt keine lange Abschiedsszene ertragen. Die Begegnung mit Giscard hatte sie völlig durcheinander gebracht und immer wieder fragte sie sich, was wohl an diesem Mann sei, dass sie ihm so hemmungslos ihre Gefühle gezeigt hatte. Das war ihr nur einmal in ihrer Jugend passiert, seitdem hatte sie sie immer unter Kontrolle gehabt. Aber solch einen zärtlichen und auf die Partnerin bedachten Mann hatte sie noch nie erlebt, diese Verbindung wollte sie sich auf jeden Fall bewahren. Schnell merkte sie sich noch sein Autokennzeichen, bevor er los fuhr. Falls er nichts von sich hören ließ, was sie nicht glaubte, konnte sie so den Kontakt mit ihm aufnehmen.

    Als Giscard den Wagen startete, schaltete sich das Radio ein, das wie immer auf France Culture eingestellt war. Das zweite Klavierkonzert von Chopin wurde gespielt. Eigentlich mochte er diesen Komponisten nicht so sehr, aber die Musik war ruhig und passte zu seiner Stimmung. Er kreuzte die Hauptstraße am Kreisel und kam schnell nach Marseillan hinein. Nach einigem Suchen fand er die D 28 zur Autoroute de Soleil. Irgendwie hatte er das Gefühl, in leichtem Nebel zu fahren, doch immer wieder übermannte ihn ein unwahrscheinliches Glücksgefühl, wenn er an den Tag mit Nathalie dachte. Drei Wochen war er am Strand gewesen und hatte nichts Besonderes erlebt, und nun am letzten Tag, an dem er eigentlich schon fort sein wollte, war er dieser fantastischen Frau begegnet. Wie war es nur möglich, dass sie beide, die sich kaum kannten, in so kurzer Zeit so unwahrscheinlich vertraut miteinander geworden waren? Das konnte nicht nur der Körperkontakt gewesen sein, nein, da musste mehr dahinter stecken.

    Als Ingenieur glaubte Giscard nicht an übernatürliche Phänomene, aber hier musste zwischen ihnen eine besondere Schwingung wirksam geworden sein, die er sich nicht erklären konnte. Und Nathalie war kein Dummchen, sondern durchaus ein kultivierter Mensch, vielleicht nur etwas schnell in der Wahl ihrer Partner. Ein warmer Strahl durchfuhr ihn bei dem Gedanken, dass er die Verbindung mit ihr auf keinen Fall abreißen lassen würde, schließlich hatte er ja ihre Mailadresse. Unwillkürlich trat er das Gaspedal durch und drückte für einen Augenblick den Kopf rückwärts in die Kopfstütze.

    Als Giscard die Augen wieder auf der Fahrbahn hatte, sah er ein paar Meter vor sich einen dunkel gekleideten Körper in den Lichtkegel seiner Scheinwerfer torkeln. Es dauerte einen Moment, bis der Fuß vom Gas auf die Bremse kam und der Wagen den Lenkausschlag nach links annahm, da fühlte er auch schon den Aufprall des Körpers auf den Kühler, dann flog die Person nach rechts in den Graben. Giscard bremste wie verrückt, doch es dauerte noch eine ganze Weile, ehe der Wagen stand. Er nahm die Taschenlampe und lief zurück. Im Graben lag ein älterer Mann, Blut lief ihm aus dem Mund, der Kopf war weit nach hinten gebogen. Atem oder Herzschlag waren nicht mehr feststellbar, die Augen des Opfers blickten ihn starr an. Zweifellos war der Mann tot.

    Giscard war jetzt hell wach. „Du bist ja betrunken!", schoss es ihm durch den Kopf. Er überschlug, dass er etwa 1 Promille im Blut haben musste. In Verbindung mit dem Toten bedeutete das mit Sicherheit Gefängnis und Ende seiner Karriere. Er lief zurück zum Wagen. Nur der Kühlergrill hatte eine winzige Delle, sonst war kein Schaden zu erkennen, vor allem war das Glas heil, keine Scherben oder andere Teile lagen herum. Dem Toten war nicht mehr zu helfen und kein Mensch hatte etwas gesehen. Doch er durfte ihn nicht neben der Straße liegen lassen. Fünf Meter entfernt floss der Hérault, dort an die Böschung wollte er den Toten legen, vielleicht würde man dann keinen Autounfall vermuten. Giscard zog seine Arbeitshandschuhe an, schleifte den Toten die wenigen Meter zur Böschung und legte ihn dort an den Rand. Doch als er ihn auf den Rücken drehen wollte, rutschte der tote Körper ihm aus den Händen und hinab in den Fluss. Giscard atmete tief auf, vielleicht war das sogar noch besser. Dann deckte er die Blutflecke mit Blättern ab. Niemand würde ihm jetzt etwas nachweisen können.

    Er startete den Wagen. Chopin ging ihm jetzt auf die Nerven, deshalb schaltete er das Radio aus. Mit einem Mal schoss ihm durch den Kopf, dass er genau das getan hatte, was er dem Fahrer, der Madeleine getötet hatte, bisher nicht verzeihen konnte. Nun war er selbst ein betrunkener Mörder. Diese Erkenntnis traf ihn mit derartiger Schärfe, dass er nicht gleich fahren konnte. Doch dann war sein Verstand wieder da. Hier an der Unfallstelle durfte er auf keinen Fall bleiben. Zitternd fuhr er los, zog das Ticket aus dem Automaten an der Autobahnauffahrt und achtete darauf, die vorgeschriebene Geschwindigkeit strikt einzuhalten. Nach anderthalb Stunden verließ er die Autobahn, zahlte jedoch nicht wie sonst mit der Kreditkarte, sondern bar. Er wollte keinerlei Spur hinterlassen. Zu Hause setzte er den Wagen in die Garage, was er sonst aus Bequemlichkeit selten tat.

    Trotz der späten Stunde setzte Giscard sich noch für einen Moment auf die Couch und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Seine Blicke schweiften im Wohnzimmer umher, das Madeleine mit sicherem Geschmack eingerichtet hatte, nachdem sie das Haus gekauft hatten. Sonst dachte er immer wieder gerne an sie, doch heute kam ihm nur mit aller Wucht das Geschehene in den Sinn. Er hatte einen Menschen getötet! Nach einer halben Stunde war er noch kein bisschen zur Ruhe gekommen und ging ins Bett.

    Als am Montag um 5:30 die Musik aus dem Radiowecker klang, glaubte Giscards zunächst, wirr geträumt zu haben. Zeitweise hatte er Nathalie in den Armen, doch abrupt wechselte ihr Gesicht in das des toten alten Mannes. Schlagartig wurde ihm klar, dass er überhaupt nichts von ihr wusste, außer ihrer E-Mail-Adresse und dass sie eine Boutique in Lyon hatte. Einmal war er von fürchterlichen Kopfschmerzen aufgewacht, hatte halb verschlafen zwei Tabletten genommen und fühlte sich jetzt noch ziemlich benommen. Hatte er den Unfall wirklich verursacht oder das nur geträumt? Noch im Morgenmantel lief er zu seinem Wagen. Ja, die kleine Delle im Kühlergrill war da, aber kaum erkennbar. Dann hatte er also wirklich ein Menschenleben auf dem Gewissen! Bedrückt kaute er am Croissant herum, doch bald stand er auf und fuhr zur Arbeit. Hoffentlich war er klar genug, um die Schichtübergabe mit den Ereignissen der letzten drei Wochen zu begreifen. In einer derart langen Zeit hatte sich meist eine ganze Menge verändert.

    „Hey, Giscard, ich hoffe, du hast dich gut erholt, begrüßte ihn um 6:50 der Kollege von der Nachtschicht im Kontrollraum. Keine Störung stand an, der Reaktor fuhr Volllast, wie Giscard mit einem raschen Rundblick feststellte. „Es sieht zwar ruhig aus, aber wir haben ein Problem: Die Kühlwasserpumpe 2 von Block 1 hat anscheinend einen Lagerschaden, man hört Geräusche. Zu 7:30 ist die Wartung bestellt, die sollen das Lager aufmachen. Der Chef hat die Arbeit genehmigt, wir haben ja noch die Pumpen 1 und 3. Sonst liegt heute nichts Besonderes an. Mich siehst du erst in drei Wochen wieder. Ich fahre in die Bretagne zum Fischen. Viel Spaß bei der Arbeit! „ Moment noch, hielt Giscard den Kollegen zurück. „Wie steht es mit der Notbereitstellungszeit? „Ja, das ist ein Problem: mindestens vier Stunden, wenn das Lager offen ist. Aber auch das hat der Chef genehmigt. Er hat wohl an die Bombe im Flugzeug gedacht. „Na denn einen schönen Urlaub, antwortete Giscard zerstreut. Natürlich kannte er den blöden Witz: „Wie kann man beim Fliegen sicher gehen, dass kein anderer Passagier eine Bombe dabei hat? Selber eine mitnehmen, denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass zwei Bomben in einem Flugzeug sind."

    Giscard nahm sich das Betriebstagebuch an und sah, dass während seines Urlaubs nichts Wesentliches geschehen war. Der Reaktor war die ganze Zeit über mit Volllast gefahren, Die einzige Unregelmäßigkeit waren die gestern festgestellten Geräusche an der Pumpe 2. Daraufhin war die in Reserve stehende Pumpe 3 ein- und die schadhafte Pumpe ausgeschaltet worden. Wenn nichts weiter dazwischen kam, würde er einen ruhigen Tag haben. So miserabel, wie er sich fühlte, war ihm das gerade Recht. Denn immer wieder sah er den Fußgänger auf der Straße vor sich, duckte sich instinktiv, als der Körper zur Seite flog und blickte dann in

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