Licht und Schatten
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Auch jedes Leben kennt Licht und Schatten, das sind Freude und Trauer, Gesundheit und Krankheit, Erfolg und Misserfolg, Liebe und Hass. Das Licht zu genießen und mit dem Schatten umzugehen ist die wahre Lebenskunst. Jede Gemeinschaft kennt Licht und Schatten: Zuwendung, Rücksicht und Achtung erfüllen sie mit Licht, Untreue, Verrat oder die Missachtung der Persönlichkeit des Partners werfen einen schweren Schatten und zerstören das gegenseitige Vertrauen, ohne das keine Gemeinschaft lebensfähig ist.
Aber "Liebende leben von der Vergebung" heißt ein Roman von Manfred Hausmann und das Vaterunser sagt: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Wenn trotz eines Schattens über der Gemeinschaft noch ein wenig Liebe vorhanden ist, sollte diese zum Nachdenken führen, ob Vergebung möglich ist. Natürlich braucht es Überwindung, um dem Partner eine Schuld zu vergeben, aber Stolz und gekränkt sein waren schon immer schlechte Ratgeber. Kein Mensch ist ein unfehlbarer Heiliger, wie Jesus sagt: "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."
In dieser Geschichte führt der kurze Fehltritt des Partners zunächst zu gekränkter Abwendung seiner Frau und auch sein Beweis ungebrochener Liebe zu ihr kann sie nicht zurück gewinnen. Erst eine Reihe schwerwiegender Ereignisse bringt die Frau dazu, die eigene verschüttete Liebe auszugraben und den gekränkten Stolz zu überwinden, bis sie feststellen muss, dass sie auch fehlbar ist. Überrascht begreifen beide Partner, dass diese Turbulenzen ihre liebevolle Gemeinschaft gefestigt haben, so dass sie sich für die neuen Anforderungen gewappnet fühlen, die auf sie zukommen.
Ernst-Günther Tietze
Dipl.-Ing. Ernst-Günther Tietze, hat in seiner beruflichen Tätigkeit die zentrale Führung und Überwachung von Versorgungsnetzen durch zahlreiche Veröffentlichungen maßgeblich beeinflusst. Zur Belletristik ist er erst im Ruhestand gekommen. Seit 2000 hat er mehrere Romane geschrieben und veröffentlicht.
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Buchvorschau
Licht und Schatten - Ernst-Günther Tietze
Personenverzeichnis
Timo Clausen Ingenieur
Evamaria Clausen-Molar seine Frau, Modedesignerin
Marcus Clausen beider Sohn
Götz Clausen Timos Vater
Susanne Clausen Timos Mutter
Saskia Clausen Timos Schwester
Moritz Molar Evamarias Vater
Theresa Bellmann Evamarias Mutter
Manuel Bellmann Theresas zweiter Mann
Uta Vogel Timos kurze Affäre
Melitta Malter Patientin
Jonas Pavelchik Agent
Ronja Blazejewski Marcus‘ Schulfreundin
Hakan Koçak Deutschtürkischer Facharbeiter
Nursel Koçak seine Frau
Karsten Niemetz Headhunter
Dr. Friedrich CIO von FEM
Mr. Thorsten Augsburger Chef von FEM
Silvia Gottlieb Inhaberin eines Modelabels
Prolog
Licht und Schatten gibt es überall auf der Welt. In den Wüsten ist das Licht mörderisch und Schatten gibt es nur nachts. Demgegenüber sieht man an den Polen fast ein halbes Jahr so gut wie kein Licht.
Auch jedes Leben kennt Licht und Schatten, das sind Freude und Trauer, Gesundheit und Krankheit, Erfolg und Misserfolg, Liebe und Hass. Das Licht zu genießen und mit dem Schatten umzugehen ist die wahre Lebenskunst. Jede Gemeinschaft kennt Licht und Schatten: Zuwendung, Rücksicht und Achtung erfüllen sie mit Licht; Untreue, Verrat oder die Missachtung der Persönlichkeit des Partners werfen einen schweren Schatten und zerstören das gegenseitige Vertrauen, ohne das keine Gemeinschaft lebensfähig ist.
Aber „Liebende leben von der Vergebung heißt ein Roman von Manfred Hausmann und das Vaterunser sagt: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Wenn trotz eines Schattens über der Gemeinschaft noch ein wenig Liebe vorhanden ist, sollte diese zum Nachdenken führen, ob Vergebung möglich ist. Natürlich braucht es Überwindung, um dem Partner eine Schuld zu vergeben, aber Stolz und gekränkt sein waren schon immer schlechte Ratgeber. Kein Mensch ist ein unfehlbarer Heiliger, wie Jesus sagt: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."
In dieser Geschichte führt der kurze Fehltritt des Partners zunächst zu gekränkter Abwendung seiner Frau und auch sein Beweis ungebrochener Liebe zu ihr kann sie nicht zurückgewinnen. Erst eine Reihe schwerwiegender Ereignisse bringt die Frau dazu, die eigene verschüttete Liebe auszugraben und den gekränkten Stolz zu überwinden, bis sie feststellen muss, dass sie auch fehlbar ist. Überrascht begreifen beide Partner, dass diese Turbulenzen ihre liebevolle Gemeinschaft gefestigt haben, so dass sie sich für die neuen Anforderungen gewappnet fühlen, die auf sie zukommen.
Fehltritt
„Ich will bei Papi bleiben! schrie der sechsjährige Marcus seine Mutter an und trampelte mit den Füßen auf den Boden, als der Vater ihn am Sonntagabend wieder zu ihr brachte. „Bei Papi ist es viel schöner, wir gehen ins Kino und essen Eis. Abends darf ich länger aufbleiben und wir spielen schöne Spiele miteinander, dann liest er mir noch eine Geschichte vor. Zum Frühstück kriege ich Nutellabrötchen statt des blöden Müsli. Und Papi ist soo lieb zu mir und schimpft nie. Warum kann er nicht wieder bei uns wohnen?
Bei diesen Worten schossen ihm die Tränen aus den Augen und er klammerte sich fest an seinen Vater, der ihm verlegen über die Haare strich.
„Timo, was hast du mit dem Jungen gemacht, hast du ihn gegen mich aufgehetzt? fragte Evamaria erbost, „du weißt ganz genau, dass wir ihn mir zugeordnet haben. Du hast ja in der Woche gar keine Zeit, dich um ihn zu kümmern.
„Entschuldige bitte, Evemie, ich habe ihn in keiner Weise gegen dich aufgehetzt und weiß ganz genau, dass er zu dir gehört, wenn es mir auch jedes Mal in der Seele wehtut, ihn abgeben zu müssen. Vor allem achte ich seine sich immer weiter ausbildende Persönlichkeit mehr als du es wohl tust, das ist nötig, damit er ein selbstbewusster Mensch wird. Und ich versuche, ihm die Zeit bei mir so schön wie möglich zu machen; ich liebe ihn doch auch schon von seiner Geburt an. „Ja, ich erinnere mich genau, wie du ihn immer verwöhnt hast, statt ihn zu einem ordentlichen Menschen zu erziehen. Ich bin froh, dass diese Zeit vorbei ist und ich die Zügel wieder in der Hand habe. Du hast dir ja die Suppe mit deinem Seitensprung selbst eingebrockt. Das hättest du bestimmt nicht getan, wenn du Marcus so geliebt hättest, wie du jetzt vorgibst. Und nun mach‘ ihm klar, dass er hierbleiben muss und troll dich dann!
„Vielleicht solltest du unserem Sohn öfter mal zeigen, dass du ihn auch liebst, statt ihn nur zu erziehen. Ich sage es noch einmal: Mit keinem Wort habe ich etwas gegen dich gesagt, sondern ihm nur meine Liebe gezeigt. Und weil ich ihn über alles liebe, will ich jetzt versuchen, ihn seelisch zu dir zurückzubringen, doch du musst mir dabei helfen. Mach‘ ihm liebevoll klar, wie sehr du ihn vermisst hast und zeige ihm deine Freude, dass er zu dir zurückkommt."
Nach diesen Worten wandte der Vater sich zu seinem Sohn, der ihn noch immer umarmte: „Sieh‘ mal Marcus, Mama hat dich doch auch lieb, sie zeigt es nur nicht so deutlich. Vielleicht zeigst du ihr erst mal, dass du sie lieb hast, dann wird sie dich auch anders ansehen. Mama und ich haben nun mal vereinbart, dass du bei ihr lebst und jedes zweite Wochenende zu mir kommst. Ich muss ja die Woche über arbeiten, da kann ich mich nicht um dich kümmern. Nun gib Mami einen Kuss zur Begrüßung, das hast du nämlich bisher vergessen. Wirklich löste der Junge sich vom Vater und küsste seine Mutter leicht auf die Wange, die ihn erfreut in die Arme nahm. „Wollen wir es noch mal miteinander versuchen?
, fragte sie freundlich, worauf der Junge nickte. Doch dann drehte er sich zum Vater um und fragte: „Was war das für ein Sprung, von dem Mami eben gesprochen hat? Wohin bist du gesprungen? „Auf eine andere Frau
, schoss es aus der Mutter heraus, doch Timo antwortete ruhig: „Er hat mich doch gefragt, da habe ich auch das Recht zu antworten, dann wandte er sich zu seinem Sohn: „Ja, ich war mit einer anderen Frau lieb, das hätte ich nicht tun dürfen, denn ich habe Mama ja auch geliebt. Und weil Mama das nicht verwinden kann, hat sie sich von mir getrennt und wir haben vereinbart, dass du hauptsächlich bei ihr lebst.
„Hast du diese Frau auch richtig liebgehabt wie Mama?, setzte Marcus das Verhör fort. „Nein, ich war zwar mit ihr zusammen, aber geliebt habe ich sie nicht. Mama habe ich immer am meisten liebgehabt, doch sie glaubt es nicht mehr. Die andere Frau war ja nur ein kurzer Irrtum, ich habe sie danach nie mehr beachtet.
„Warum hast du das denn getan, wenn du Mama liebt gehabt hast? „Weil ich verblendet war und glaubte, Mama hätte mich nicht mehr so lieb wie früher. Und jetzt hat sie mich wirklich nicht mehr lieb, aber daran bin ich selbst schuld. Nun muss ich euch verlassen und freue mich auf deinen nächsten Besuch in zwei Wochen. Mach’s gut und sei lieb zu Mama.
Mit diesen Worten gab er dem Jungen einen Kuss und verschwand, nachdem er seiner Ex-Frau die Hand gegeben hatte.
Mit den Worten: „Jetzt essen wir Abendbrot und dann ist es höchste Zeit für das Bett, schnitt Evamaria Brot, brühte Tee und deckte den Tisch. Während des Essens fragte Marcus nachdenklich: „Warum hast du denn Papa nicht mehr lieb, nachdem er mit der anderen Frau zusammen war?
Evamaria überlegte, wie sie dem Jungen ihre Enttäuschung erklären könnte, dann kam ihr eine Idee: „Du erinnerst dich vielleicht, wie du neulich ins Schlafzimmer kamst, wo Papa und ich uns liebten. Wir haben dir erklärt, dass es ein wunderschönes Erlebnis ist, wenn wir ganz eng miteinander verbunden sind und uns damit zeigen, wie sehr wir uns lieben. Dir auf diese Weise das Leben zu schenken, war einer der schönsten Momente in unserem Leben. Aber als Papa es dann auch mit einer anderen Frau getan hat, war ich so enttäuscht, weil er unser innigstes Geheimnis verraten hat, ich konnte nicht mehr mit ihm zusammen sein. Und nun marsch ins Bett, es ist schon spät." Marcus putzte seine Zähne, gab der Mutter einen Gute-Nacht-Kuss und verschwand in seinem Zimmer.
„Puh, dachte Evamaria, „da kommt ja allerlei auf mich zu. Ich glaube, Timo hat Recht, dass ich Marcus noch zu sehr als Kleinkind sehe und seine Persönlichkeit nicht genug achte. Ich habe gar nicht bemerkt, dass er diese Persönlichkeit entwickelt, die er zu einem selbstbewussten Menschen braucht. Mir ist es ja genauso gegangen, meine Mutter hat mich in dem Alter überhaupt nicht ernst genommen, nur beim Vater fand ich bis zur Scheidung die Anerkennung, die ich mir wünschte. Vielleicht finde ich etwas darüber.
Sie schaltete das Tablet ein und googelte „Kindliche Entwicklung. Manches, was sie dort fand, hatte sie schon bei dem Jungen beobachtet, vieles andere überraschte sie sehr: „Aus dem Kleinkind entsteht das völlig anders proportionierte Schulkind. Das Gesicht nimmt erwachsenere Züge an, die Muskulatur zeichnet sich ab, Arme und Beine werden länger und die Gelenke treten hervor. Das Kind muss diesen Gestaltwandel verarbeiten und erwirbt eine Vielzahl neuer kognitiver und sozialer Kompetenzen, zwischen denen es ein Gleichgewicht finden muss. Außerdem entwickelt es eine eigene, ausgeprägte Persönlichkeit. Daraus entsteht häufig ein ruppiges Verhalten oder übersensibles Reagieren. Auch die Sexualität des Kindes ändert sich. Es beginnt, seine Geschlechtsorgane zu untersuchen und findet heraus, dass es beim Manipulieren ein angenehmes Gefühl, erlebt, das ist ein normaler Teil des Heranwachsens. Beim Erforschen seines Körpers entwickelt das Kind ein gesundes Körpergefühl und Selbstbewusstsein, das ihm hilft, seine Intimsphäre abzugrenzen und Nein sagen zu können, wenn es nötig ist.
„Die körperliche Entwicklung kann ich bei Marcus sehen, aber das meiste andere weiß ich überhaupt nicht, dachte Evamaria überrascht. „Ich sehe ja manchmal morgens, dass sein kleiner Penis steif ist, aber dass ein sechsjähriges Kind schon eine Sexualität hat und sich durch Berührung angenehme Gefühle verschaffen kann, ist mir vollkommen neu. Ich muss wohl ganz anders auf ihn eingehen und verstehe jetzt auch, dass er sich bei Timo wohler fühlt als bei mir. Vielleicht sollte ich mit ihm darüber sprechen.
Sie rief ihren Mann an und er meldete sich mit der Frage, ob etwas mit Marcus sei. Erstaunt hörte er ihren Bericht über das Gespräch mit dem Sohn und ihre Entdeckungen im Internet.
„Ich bewundere dich, wie offen du mit Marcus über unser Liebesleben sprichst, um ihm zu erklären, wie sehr dich meine Affäre verletzt hat, antwortete er nachdenklich. „Ich wäre glücklich, wenn ich sie rückgängig machen könnte und du mir wieder vertrauen würdest. Und Marcus müssen wir wohl mit ganz anderen Augen sehen, er wird allmählich erwachsener, wenn er auch gerade erst zur Schule kommt. Hab‘ Dank, dass du mich informiert hast. Und bitte glaub‘ mir, dass ich ihn in keiner Weise gegen dich einnehmen will, dafür liebe ich euch beide viel zu sehr, dich auch noch immer.
„Lassen wir das, gab Evamaria zurück, „aber ich weiß jetzt, dass du Marcus nicht von mir absondern willst. Er wird ja bald sieben, da muss ich ihn wohl mehr als erwachsen werdenden Menschen ansehen und das Erziehen behutsamer angehen. Schlaf‘ gut!
„Danke, das wünsche ich dir auch, ich denke immer noch an die schöne Zeit zurück, wo wir uns das von Angesicht zu Angesicht wünschen konnten. Tschüss denn. „Schön war es ja doch mit ihm, aber ich kann mit seinem Verrat nicht leben
, dachte Evamaria, als sie den Hörer in die Halterung gesteckt hatte und sich wehmütig an den Beginn der langen, schönen Zeit mit ihm erinnerte:
Sie waren beide sechzehn und besuchten die elfte Klasse des Gymnasiums, als sie sich in der Theater-AG der Schule kennen lernten. Dabei beeindruckte der blonde Timo Evamaria mit seiner sportlichen Zweimeter-Figur, während ihre voll erblühte brünette Weiblichkeit in ihm schlagartig sein Interesse an ihr weckte. Überrascht stellten sie fest, dass sie dicht beieinander wohnten und nahmen jetzt oft den Heimweg gemeinsam, Timo holte Evamaria auch morgens von ihrer Wohnung ab. Mit der Zeit wurden sie vertrauter miteinander und nicht nur ihre Schönheit beeindruckte Timo, sondern ihre ganze Art, ihre Gedanken und ihre Einstellung zum Leben. Er wollte ihr gerne näherkommen, wusste aber nicht so recht, wie. Eines Tages überwand er sich und drückte ihr einen leichten Kuss auf die Lippen, worauf sie schnell im Haus verschwand.
Timo machte sich Vorwürfe, sie überrumpelt zu haben, das war wohl nicht der richtige Weg, ihr näher zu kommen. „Versteh‘ einer die Frauen, dachte er, „wahrscheinlich habe ich alles kaputt gemacht.
Aber Evamaria hatte längst gemerkt, dass Timo etwas für sie übrighatte und mochte ihn auch. Sie ärgerte sich, dass sie ihn in der ersten Überraschung hatte stehen lassen, anstatt den Kuss zu erwidern, und beschloss, das wieder gut zu machen. Am nächsten Tag blickte sie ihm beim Abschied auf den Mund, das war ihr „Ja" zu ihm, das er sofort verstand. Er umarmte sie, presste seine Lippen auf ihre und ohne dass sie es gelernt hatten, spielten ihre Zungen miteinander. Lange wiederholten sie dieses wundervolle Spiel, und waren sich einig, noch nie so glücklich gewesen zu sein. Von nun an küssten sie sich jeden Tag und mochten gar nicht wieder aufhören. Dass diese Küsse Timo fühlbar erregten, versuchte er vor der Freundin zu verbergen.
In der Theater-AG waren sie in Shakespeares „Romeo und Julia" für die Hauptrollen ausgewählt worden. Die Gruppe veranstaltete in den Ferien eine dreiwöchige Probenfreizeit in einer Jugendherberge in der schwäbischen Alb, um das Stück aktiv einzustudieren. Evamaria und Timo fuhren gerne mit, sie freuten sich, den ganzen Tag zusammen zu sein. Jeden Vormittag wurde geprobt, nachmittags machten sie Wanderungen und badeten in dem nahen Waldsee. Abends genossen sie die gute Verpflegung der JH, danach saßen sie beisammen, lasen Geschichten, sangen und tanzten. Bei jeder Gelegenheit, wenn die beiden allein waren, küssten sie sich innig. Basil Otmar aus Evamarias Klasse, der Julias Cousin Tybalt spielt und im Laufe des Stücks von Romeo getötet wird, versuchte, sich Evamaria zu nähern und ließ sich nicht abweisen. Schließlich machte Timo ihm unmissverständlich klar, sie in Ruhe zu lassen.
Eines Abends flüsterte Timo zwischen den Küssen: „Julia, ich habe mich in dich verliebt. „Das geht mir doch schon lange ebenso, mein Romeo
, antwortete Evamaria tief atmend, worauf Timo vorschlug, in der warmen Mondscheinnacht noch etwas zu laufen. „Erzähl‘ mir ein bisschen von dir, ich weiß ja kaum etwas, bat Evamaria, als sie Hand in Hand durch den Wald gingen, und Timo ging gerne darauf ein: „Ich bin ganz glücklich mit meiner Familie. Mein Vater ist Ingenieur und leitet bei Daimler die Endprüfung der Neuwagen. Meine Mutter war Fremdsprachensekretärin, hat aber nach der Geburt meiner Schwester ihre Arbeit aufgegeben. Jetzt malt sie hübsche Aquarelle, die sie über eine Galerie verkauft. Die beiden lieben klassische Musik und haben mich auch damit infiziert. In den Ferien sind wir oft nach Frankreich gefahren, denn mein Vater hat französische Wurzeln und schätzt die dortige Küche. Aber die Ferien hier mit dir sind viel schöner. That’s all und nun bist du dran.
„Du kommst also aus einer stinknormalen gutbürgerlichen Familie, lästerte Evamaria lachend, „da kann ich nicht mithalten. Als ich zwölf war, hat meine Mutter sich scheiden lassen, weil mein Vater eine Affäre hatte. Sie behielt das Sorgerecht für mich und ich durfte ihn nur alle zwei Wochen besuchen. ‚Sage nichts und merk‘ dir alles, was du siehst und hörst‘, gab sie mir jedes Mal mit auf den Weg, das war schlimm, denn ich habe meinen Vater gern. Er ist Mathematiker und hat eine leitende Stellung in einer Bank, während meine Mutter Einzelhandelskauffrau gelernt hat. Ein halbes Jahr nach der Scheidung heiratete sie ihren Chef, Leiter eines Supermarkts in Ostheim. Der lässt mir mehr Freiheit und hat Wert darauf gelegt, dass ich das Gymnasium besuche. Er ist VfB-Fan und versäumt kein Heimspiel, fährt aber nie zu Auswärtsbegegnungen. Mein richtiger Vater hatte in den ersten Jahren eine Freundin, die sehr nett zu mir war, aber nun lebt er allein. Meine Mutter ist stockkatholisch, doch ich will von ihrer Kirche nichts wissen. Als ich mit vierzehn vor der Firmung zur Beichte musste, fragte mich der Priester nach meinen sündigen erotischen Gedanken, ich wusste überhaupt nicht, was er meinte. Das hat mich so angewidert, dass ich nicht zur Firmung und auch nie wieder in die Kirche gegangen bin. ‚Du willst dich doch trauen und deine Kinder taufen lassen, dafür brauchst du die Fürsorge der Kirche‘, schluchzte meine Mutter, als ich ihr meinen Entschluss verkündete, doch ich blieb dabei. ‚Wer zu sich selbst nein sagt, kann zu Gott nicht ja sagen‘, hatte ich irgendwo gelesen und sagte es ihr, da schwieg sie.
Dieser Bericht beeindruckte Timo, er begriff, in welch glücklichen Verhältnissen er im Gegensatz zur Freundin aufgewachsen war.
Am See fragte er: „Wollen wir baden?, aber Evamaria bedauerte, sie habe keine Badesachen dabei. „Hier sieht uns doch kein Mensch
, meinte Timo lachend, worauf Evemie noch zögerte: „Aber wir sehen uns. „Lieben wir uns nicht schon ein bisschen?
, fragte Timo, zog sich bedenkenlos aus und sprang ins Wasser. Da überwand sie sich, streifte die Kleidung ab und folgte ihm. Sie schwammen eine Weile, bespritzten einander und alberten herum, wobei sie sich immer wieder berührten. Nach dem Bad hatte Evamarias keine Scheu mehr, sich zu zeigen. Obwohl Timo seine jüngere Schwester oft so gesehen hatte, war er überwältigt von Evamarias schlankem Körper, vor allem ihre Brüste begeisterten ihn. „Du bist schön wie eine Elfe", sagte er leise. Evamaria hatte noch keinen Mann nackt gesehen, sie betrachtete ihn interessiert und antwortete, er könne sich auch gut sehen lassen. Da umarmte und küsste er sie und fühlte beglückt ihre weichen Brüste an seinem Leib, doch dann war ihm seine aufsteigende Erregung peinlich und er wandte sich ab.