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Zwischen den Feuern: Liebe überwindet Verfolgung
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eBook210 Seiten2 Stunden

Zwischen den Feuern: Liebe überwindet Verfolgung

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Über dieses E-Book

Der Student Reinhard Wulff wird Mitte 1961 von der Stasi verhaftet und unter Androhung eines Prozesses wegen Hochverrats als informeller Mitarbeiter (IM) verpflichtet.
Kurz vor dem Bau der Mauer wird er nach Westberlin geschickt, um dort seinen Pfadfinderbund, die Kirche und die Universität zu observieren und seiner Kontaktperson regelmäßig Bericht zu erstatten.
Er tanzt viel mit Stefanie Kroll, die Ende des Jahres mit der Familie nach Braunschweig übersiedelt, wo ihr Vater einen geheimen Auftrag für die Weltraumforschung erhält. Reinhard wird angewiesen, die Tätigkeit des Vaters auszuforschen.
Ostern besucht er Stefanie und die beiden verlieben sich ineinander. Er erhält von ihrem Vater einige Informationen über seine Arbeit, gibt sie aber nur unvollständig an die Kontaktperson weiter. Gleichzeitig entschließt er sich, bei der Stasi auszusteigen.
Die Stasi lässt Reinhard von der informellen Mitarbeiterin Tina überwachen, der es beinahe gelingt, ihn zu verführen. Erst im letzten Moment besinnt er sich auf seine Liebe zu Stefanie.
Zu Pfingsten offenbart Reinhard sich mit Hilfe von Stefanies Vater dem Verfassungsschutz, soll aber zum Schein weiter für die Stasi arbeiten. Stefanie und er kommen sich seelisch und körperlich immer näher.
Während vier Wochen Campingurlaub in den Vogesen fällt die letzte Schranke zwischen den beiden und sie geben sich ihrer tiefen Liebe hin. Anschließend arbeitet Reinhard als Werkstudent in Hamburg, wo er auch für die Stasi spionieren muss.
Die Stasi erkennt seine Doppeltätigkeit und will ihn in Ostberlin verhaften. Tina warnt Reinhard heimlich und er benachrichtigt Stefanie. Der Verfassungsschutz holt ihn kurz vor Ostberlin aus dem Zug und bringt ihn nach Westdeutschland.
Reinhard will in Braunschweig weiter studieren und verlobt sich mit Stefanie. Die Stasi denkt über eine gewaltsame Entführung nach, verzichtet dann aber wegen Reinhards relativer Unwichtigkeit.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum17. Aug. 2014
ISBN9783737504959
Zwischen den Feuern: Liebe überwindet Verfolgung
Autor

Ernst-Günther Tietze

Dipl.-Ing. Ernst-Günther Tietze, hat in seiner beruflichen Tätigkeit die zentrale Führung und Überwachung von Versorgungsnetzen durch zahlreiche Veröffentlichungen maßgeblich beeinflusst. Zur Belletristik ist er erst im Ruhestand gekommen. Seit 2000 hat er mehrere Romane geschrieben und veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Zwischen den Feuern - Ernst-Günther Tietze

    Prolog

    In dieser Erzählung wird ein junger Student und Pfadfinderführer 1961 von der Stasi verhaftet und zur Mitarbeit als IM in West-berlin gezwungen, was er zunächst akzeptiert. Als er sich in eine Pfadfinderkameradin verliebt, deren Vater an einem ge-heimen Weltraumauftrag arbeitet, soll er diesen ausspionieren.

    Die immer stärker werdende Liebe zu der Kameradin lässt ihn zur Besinnung kommen und er offenbart sich dem Vater, der ihm eine Verbindung zum Verfassungsschutz verschafft. In dessen Auftrag erklärt er sich bereit, scheinbar weiter für die Stasi zu arbeiten. Die Liebe zwischen den beiden jungen Menschen wird immer intensiver und sie besiegeln sie in einem gemeinsamen Campingurlaub im Alsace. Die Eltern der jungen Frau begrüßen die Verbindung.

    1991 kann der Mann als früherer Stasi-Verfolgter bei der Stasi-Unterlagen-Behörde seine noch komplett vorhandene Akte kopie-ren. Angewidert erkennen er und seine Frau die perfiden Hintergründe seiner Verfolgung und Missbrauchs durch diesen kra-kenhaften Geheimdienst. In Verbindung mit ihren Briefen und Tagebüchern erleben sie noch einmal die aufregende und trotzdem schöne Zeit des Beginns ihrer Liebe vor 29 Jahren.t

    Verpflichtung

    Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam, Abteilung XVII/4/13

    Potsdam, den 25.7.1961

    An HA VII des MfS, Berlin-Lichtenberg

    Ermittlung

    Name, Vorname:         Wulff, Reinhard

    Geboren am:            1. 4. 1940 in Kleinmachnow

    Tätigkeit:            Student der Energietechnik

    Studienort:            TU Berlin West

    Massenorganisation:keine in der DDR

    Wehrdienst NVA:       Ab 1.10.1961 vorgesehen

    Wohnhaft:               Kleinmachnow,

    Ginsterheide 12

    W. lebte seit seiner Geburt bei seinen Eltern in Kleinmachnow. Nach ihrer Scheidung im August 1955 siedelte die Mutter mit ihm nach Berlin-Zehlendorf über. Seit ihrem Tode am 3.12.1960 lebt W. wieder bei seinem neu verheirateten Vater, dem Elektromeister Paul Wulff, in Kleinmachnow.

    W. besuchte die Grundschule in Kleinmachnow und seit 1950 die Schadow-Oberschule in Berlin-Zehlendorf. Nach dem wegen guter Leistungen vorgezogenen Abitur begann er im März 1958 ein zweijähriges Berufspraktikum im Siemens-Schaltgerätewerk in Westberlin, das er im März 1960 mit einer Fachprüfung abschloss. Seitdem studiert er Energietechnik an der TU in Westberlin. Der Anwerbung zur FDJ hat er sich immer wieder verweigert. Kontakte zu Frauen konnten in Kleinmachnow nicht festgestellt werden. Möglicherweise gibt es sie in Westberlin, wo sich W. hauptsächlich aufhält.

    Grund für die Ermittlung ist ein Hinweis des IM Franz auf die Tätigkeit des W. bei den Westberliner Christlichen Pfadfindern. Diese uniformierte Organisation ist mit Aufmärschen und sportlicher Betätigung als vormilitärisch anzusehen und der GST vergleichbar. Sie ist hierarchisch organisiert, wobei dem W. als „Stammesführer mehrere Gruppen unterstellt sind. Am 23.7.1961 wurde er zusätzlich zum „Gauführer für den gesamten Südwesten Westberlins gewählt.

    Da ich diese Tätigkeit als unzulässig ansehe, bitte ich um weitere Instruktionen.

    Ortlepp

    Ltn.

    Tagebuch Reinhard 25. 7.

    Sonntag bin ich zum Nachfolger des Gauführers Kurt gewählt worden, der in Westdeutschland weiter studieren will. Die Wahl fiel sehr knapp zwischen Frieder und mir aus, der in meinen Augen ein besserer Führer ist als ich. Der Freund gratulierte mir herzlich, aber um unsere Freundschaft zu bewahren, bat ich ihn, die Schulung der jungen Führer im Gau zu übernehmen.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    An Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam, Abteilung XVII/4/13

    Berlin-Lichtenberg, den 26.7.1961

    Betr. Wulff, Reinhard, Ermittlung vom 25.7.1961

    Aktennotiz

    Die Tätigkeit des W. wird von der HA VII ebenfalls als unzulässig und sogar gefährlich angesehen. Die Angelegenheit muss von uns eingehend untersucht werden. Zu diesem Zweck ist der W. am 27.7. abends zu verhaften und in das Gefängnis Hohenschönhausen zu verbringen.

    Hoffmann

    Maj.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    Berlin-Lichtenberg, den 26.7.1961

    An Gefängnisverwaltung Hohenschönhausen

    Betr. Wulff, Reinhard,

    Verwahrauftrag

    Der genannte wird morgen Abend bei Ihnen eingeliefert. Er ist in einer Einzelzelle zur Vernehmung durch mich bereit zu halten.

    Hoffmann

    Maj.

    Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam, Abteilung XVII/4/13

    An Volkspolizeikommando Kleinmachnow

    Potsdam den 27.7.1961

    Betr. Wulff, Reinhard, Klmn, Ginsterheide 12

    Festnahmeauftrag

    Der W. ist heute Abend ohne Angabe von Gründen festzunehmen und in das Gefängnis Hohenschönhausen des MfS zu verbringen.

    Ortlepp

    Ltn.

    Dienststelle der Volkspolizei Kleinmachnow

    An Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam Abteilung XVII/4/13

    Kleinmachnow, den 27.7.1961

    Betr. Festnahmeauftrag Wulff, Reinhard

    Bericht

    Der W. wurde auftragsgemäß am 27.7.1961 um 22 Uhr festgenommen und in das Gefängnis Hohenschönhausen des MfS verbracht.

    Jürgens

    OLtn.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    Berlin-Lichtenberg, den 1.8.1961

    Betr. Wulff, Reinhard

    Vernehmungsprotokoll

    Am 27.7.1961 habe ich den Kleinmachnower Reinhard Wulff wegen vermuteten Landesverrats verhaften und in das UG Hohenschönhausen verbringen lassen. Grund ist ein Hinweis der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam, Abt. XVII/4/13, dass W. an führender Stelle in einer vormilitärischen Organisation der BRD in Westberlin tätig ist. Dabei handelt es sich um die sogenannte Christlichen Pfadfinderschaft. Heute habe ich ihn wegen dieser Tätigkeit vernommen, er ist sich jedoch keines Verstoßes gegen die Gesetze der DDR bewusst.

    Mit seiner Führungstätigkeit bei den Westberliner Christlichen Pfadfindern konfrontiert bestritt W. vehement, dass es sich um eine vormilitärische Organisation handle. Die Christlichen Pfadfinder seien eine eng an die jeweiligen Kirchengemeinden gebundene christliche Gemeinschaft mit einem jungengemäßen Anspruch. Ihre Tätigkeit bestehe aus Heimabenden zu bestimmten Themen, Volks- und Fahrtenliedern und regelmäßiger Bibelarbeit. Im Sommer würden Wanderfahrten mit Schlafen im Zelt und Lagerfeuern unternommen. Sicherlich unterschieden sich die Christlichen Pfadfinder von den reinen Gemeinde-Jugendkreisen, die nur die Bibel läsen und Kirchenlieder sängen, aber eine bestimmte Sorte von Jungen damit nicht begeistern könnten.

    Mit Militär habe das aber nicht das Geringste zu tun, viele der Mitglieder lehnten die Wiederbewaffnung der BRD entschieden ab. Außer Fahrtenmessern, die sie beim Zelten und Kochen brauchten, hätten sie keinerlei Waffen. Den Hinweis auf die hierarchische Struktur der Organisation beantwortete W. so: Eine gewisse Gleichheit der Gruppen in den Gemeinden sei nur durch eine lose übergemeindliche Organisation zu gewährleisten. Vor allem eine einheitliche Schulung der Leitungskräfte sei nur auf diese Weise möglich. Auch die Uniformierung (er wehrte diesen Begriff ab und nannte es eine Pfadfindertracht) erhöhe den Zusammenhalt in den Gruppen. Auf meine Frage nach Kontakten mit Frauen, die in seinem Alter doch selbstverständlich seien, antwortete er, das sei bei Pfadfindern nicht üblich.

    Obwohl einiges in seinen Aussagen plausibel klang, blieb ich bei dem Vorwurf, er sei als DDR-Bürger führend in einer vormilitärischen Organisation der feindlichen BRD tätig und drohte ihm einen Prozess wegen Landesverrats mit hoher Zuchthausstrafe an. Dies könne er nur vermeiden, wenn er sich bereit erkläre, als Informant für das MFS zu arbeiten. Er bat um Bedenkzeit, die ich ihm gewährte.

    Hoffmann

    Maj.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    Berlin-Lichtenberg, den 2.8.1961

    Betr. Wulff, Reinhard

    Vernehmungsprotokoll

    Heute erklärte der W. sich in einem weiteren Verhör zur Mitarbeit als IM bereit und fragte, was er dafür bekomme. Ich nannte ihm eine monatliche Bezahlung von 50,- DM und er unterschrieb die Verpflichtungserklärung, worauf er freigelassen und wieder nach Kleinmachnow verbracht wurde. Wegen seiner vielfältigen Kontakte in Westberlin ist er dort zum Einsatz zu bringen. Sein Codename ist „Schlosser".

    Sein Verhältnis zu Frauen ist gelegentlich zu überprüfen, weil seine diesbezügliche Antwort zweifelhaft erscheint.

    Hoffmann

    Maj.

    Tagebuch Reinhard 2. 8.

    Am 27. Juli verhaftete mich abends ein Einsatzkommando aus unserer Wohnung und brachte mich in einem Gefangenen-Transportwagen in die Zentrale des MfS, wo sie meine Fingerabdrücke nahmen und mich fotografierten. Ich musste mich nackend ausziehen, wurde abgetastet und an allen Körperöffnungen, selbst am Hintern und unter der Vorhaut untersucht und bekam einen Gefängnisdress. Eine Doppelzelle, etwa zweieinhalb mal dreieinhalb Meter groß mit zwei Holzpritschen und Decken, einem Spülklosett, einem Waschbecken, einem Hocker, einem kleinen Tisch und einer nackten Neonröhre an der Decke, die Tag und Nacht brannte, war jetzt mein ganzes Reich. An einer Seite war ein Fenster aus Glasbausteinen, dahinter schimmerte ein Gitter durch, so konnte ich sehen, wann es Abend wurde, denn meine Uhr hatten sie mir abgenommen. Über den Glasbausteinen gab es eine winzige Lüftungsklappe, die ich sofort öffnete, denn in der Zelle stank es. In der mit zwei Riegeln und einem Schloss gesicherten Tür gab es eine Klappe, in die alle paar Stunden jemand schaute, ob ich noch am Leben war. Durch diese Klappe musste ich zur Essenszeit eine Plastikschüssel und einen Becher hinaus reichen, die mir dann gefüllt zurück gereicht wurden. Das Essen war mäßig, sättigte aber, ich war ja von der Mensakost nicht verwöhnt.

    Nach vier Tagen, an denen ich nicht wusste, was sie von mir wollten, wurde ich aus der Zelle geholt und über lange Gänge durch Gittertüren, die jedes Mal auf und hinter mir wieder zu geschlossen wurden, zum Verhör geführt. In einem größeren hellen Raum saß hinter einem Schreibtisch ein älterer ziemlich molliger Stasimajor mit Geheimratsecken und Schnurrbart. Ich musste mich auf einen Hocker in der Ecke setzen. Der Major wollte zunächst meine Personalien wissen, die er mit einer vor ihm liegenden Akte verglich, dann fragte er, ob ich wisse, warum ich hier sei. Als ich antwortete, ich hätte wirklich nicht die geringste Ahnung, warf er mir vor, Gauführer einer vormilitärischen Jugendorganisation im Westen zu sein, was den Gesetzen der DDR widerspreche. Ich bestritt den vormilitärischen Charakter der CP und wies auf die enge Bindung der Stämme an die Kirchengemeinden hin. Trotzdem drohte er mir einen Prozess wegen Landesverrats an. Als Alternative bot er mir eine Spitzeltätigkeit für die Stasi mit 50 Mark Monatsgehalt an und da ich mich nicht gleich entscheiden konnte, kam ich auf denselben verschlungenen Wegen wieder in die Zelle. Heute wurde ich wieder zum Verhör gebracht, der Major riet mir dringend, mit ihnen zu kooperieren, sonst sehe es für mich sehr schlecht aus. Nachdem ich notgedrungen unterschrieben hatte, wurde ich wieder nach Hause gebracht.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    An Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam Abteilung XVII/4/13

    Berlin-Lichtenberg, den 5.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Aktennotiz

    Da die Möglichkeit einer Sperre zwischen der DDR und den Berliner Westsektoren nicht auszuschließen ist, ist der IM aufzufordern, nach Westberlin zu übersiedeln und dort sein gewohntes Leben weiter zu führen. Eine Unterkunft wird von uns bezahlt. Diese Übersiedlung kann als „Republikflucht" kaschiert werden. Nur dadurch ist seine weitere IM-Tätigkeit in Westberlin gewährleistet.

    Hoffmann

    Maj.

    Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam Abteilung XVII/4/13

    Potsdam den 6.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Gesprächsprotokoll

    IM wurde aufgefordert, unverzüglich und ohne Information seines Vaters nach Westberlin zu übersiedeln und sich dort unter Hinweis auf die im Juli erfolgte Festnahme als politischer Flüchtling registrieren zu lassen. Ein möbliertes Zimmer werde vom MfS bezahlt und er müsse umgehend seine Anschrift melden. Sein Honorar erhalte er künftig in DM West. Eine Kontaktperson werde sich bei ihm melden.

    Ortlepp

    Ltn.

    Tagebuch Reinhard 8. 8.

    Wie von der Stasi in Potsdam angewiesen, bin ich nach Zehlendorf umgezogen und habe meinem Vater nur einen Brief hinterlassen, in dem ich meine Verhaftung als Grund angab. Als ich nach der Verhaftung zurückkam, hatte ich lediglich erzählt, dass man von mir etwas über die CP wissen wollte. Mit seiner neuen Frau Eva verstehe ich mich überhaupt nicht.

    In der Juttastraße, ganz in der Nähe unserer früheren Wohnung habe ich ein hübsches möbliertes Zimmer mit Bad- und Küchenbenutzung, gefunden, dessen Adresse und Kosten ich der Stasi melden werde. In der Küche mache ich hauptsächlich Wasser für Kaffee und Tee heiß, mittags esse ich in der Mensa und nur am Wochenende koche ich mir etwas. Manchmal bin ich sonntags bei Frieder zum Essen eingeladen. Tante Friedel und den CP-Kameraden erzählte ich lediglich, dass ich nach der sechstägigen Verhaftung durch die Stasi nach Westberlin geflohen sei. Als „DDR-Flüchtling" erhalte ich ein Stipendium vom Berliner Senat.

    Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam Abteilung XVII/4/13

    Potsdam den 9.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Gesprächsprotokoll

    IM hat mir mitgeteilt dass er weisungsgemäß nach Westberlin umgezogen ist Er hat ein möbliertes Zimmer in Berlin-Zehlendorf, Juttastr. 5 für 85,- DM West gemietet.

    Ortlepp

    Ltn.

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    An HM Schnecke

    Berlin-Lichtenberg, den 10.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Kontaktauftrag

    Sie haben unverzüglich Kontakt mit dem IM aufzunehmen. Er wohnt in Berlin-Zehlendorf, Juttastr. 5 und soll alle zwei Wochen einen Bericht über alle seine Tätigkeiten schreiben und Ihnen an einem jeweils genannten Treffpunkt abgeben. Zunächst soll er über die Organisation und den oberen Führungskreis des Christlichen Pfadfinderbundes berichten.

    Hoffmann

    Maj.

    Tagebuch Reinhard 14. 8.

    Als gestern die Mauer gebaut wurde, wusste ich, warum ich nach Westberlin „fliehen" musste. Mir ist das sehr lieb, sonst wäre ich vom Studium und der CP abgeschnitten gewesen.

    Heute erhielt ich einen Brief ohne Absender, der mich zu einem Treffpunkt auf einer Bank im Fischtal beorderte.

    An Abteilung XVII/1/2 des MfS

    15.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Bericht

    IM wurde heute kontaktiert und aufgefordert, über die Organisation und den oberen Führungskreis des Christlichen Pfadfinderbundes zu berichten. Er macht einen recht aufmüpfigen Eindruck. Der nächste Kontakt ist für den 29.8.1961 vorgesehen.

    Schnecke

    Abteilung XVII/1/2 des MfS

    An IM Biene

    Berlin-Lichtenberg, den 17.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Beobachtungsauftrag

    Weil Sie wie der IM an der Westberliner TU studieren, werden Sie zur Prüfung seiner Loyalität und Zuverlässigkeit mit seiner Überwachung beauftragt. Vorerst sollen Sie den IM unauffällig beobachten, um mit seinen Lebensgewohnheiten vertraut zu werden. Zum Semesterbeginn sollen Sie sich bei denselben Vorlesungen und Seminaren einschreiben, die er belegt hat und versuchen, sein Vertrauen zu gewinnen. Wenn Ihnen dabei der Aufbau einer persönlichen Beziehung gelingt, wäre das von Vorteil. Ihre Aufgabe ist es, seine politische Einstellung auszuforschen und seine Verschwiegenheit über die IM-Tätigkeit zu prüfen.

    Hoffmann

    Maj.

    Tagebuch Reinhard 20. 8.

    Die Kontaktperson, ein älterer Typ wie ein Oberlehrer, hat mich am Dienstag im Fischtal getroffen. Mich stach der Hafer und ich fragte ihn, ob er in Westberlin lebe oder jedes Mal von der DDR herüber komme. Ärgerlich wies er mich zurecht, solche Fragen seien verboten und beauftragte mich, die Organisation und den oberen Führungskreis der CP auszuforschen. Wir wissen ja längst, dass die Berliner CP zum großen Teil ein langweiliger Haufen ist, den einige alte Männer nach dem Krieg aus der Erinnerung an die Vorkriegszeit wieder ins Leben gerufen haben. Nur unser Zehlendorfer Gau ist jugendbewegt und einigermaßen straff organisiert.

    Gestern habe ich meinen Stamm abgegeben. Siebzehn Jungen, die schon lange genug im Stamm sind, um beurteilen zu können, wer als neuer Führer in Frage kommt, trafen sich in einem Lager im Glienicker Park. Es wurde eine schwere Entscheidung, erst um 1:30 war Nudel gewählt. Es war fein zu sehen, wie Jungen, die sonst nicht viel sagen, bei einer wichtigen Entscheidung verantwortlich und überlegt reden und handeln. Das ist besonders schön, wenn man weiß, dass man den Jungen das erst beigebracht hat. Heute war es ein seltsames Gefühl, als ich dem Stamm seinen neuen Führer vorstellte, den Stamm, den ich selbst aufgebaut habe, in dem ich jeden Jungen ganz genau kenne, manchen genauer als seine Eltern, von den Lehrern ganz zu schweigen. Irgendwie war ein Loch da, eine leere Stelle. Aber wenn ich mein Studium ordentlich durchziehen will, kann ich nicht gleichzeitig beide Führungsaufgaben ausführen. Und ich bin sicher, dass Nudel kein schlechterer Stammesführer sein wird als ich, er hat das nötige Charisma und eine große Einsatzbereitschaft

    An Abteilung XVII/1/2 des MfS

    21.8.1961

    Betr. IM Schlosser

    Bericht

    Die Zielperson fuhr am Nachmittag des 19. 8.1961 mit 17 Jungen zwischen ca. 15 und 17 Jahren auf Rädern in den Glienicker Park. Sie bauten Zelte auf und kochten am Abend einen großen Topf Tee mit

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