Politische Gefangene in der DDR: Von der Stasi kriminalisiert
Von Heidetraud Zierl
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Über dieses E-Book
Die Bemühungen der BRD, Heidetraud Zierl auszutauschen oder freizukaufen, wurden von den DDR-Behörden lange Zeit blockiert. Als es dann endlich zu einer Einigung kam, wurde dennoch eine zermürbende Verzögerungstaktik praktiziert, sodass die Autorin letztlich in die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Berlin flüchtete und erst danach mit ihren Kindern ausreisen durfte.
Heidetraud Zierl berichtet davon, wie es zu dem Zerwürfnis zwischen ihr und dem Regime kam, das in vollständiger Überwachung endete und über 5.000 Aktenseiten hervorbrachte, von den angewandten Methoden, die sie zur Linientreue zwingen sollten, vom bis heute nicht geklärten Tod ihres Mannes und von der Trennung von ihren Kindern, mit denen sie fortwährend erpresst wurde. Sie beschreibt die Haft in Hoheneck, einem berüchtigten DDR-Gefängnis, schildert Schikane, Folter, Zwangsarbeit und schließlich auch Flucht und Ausreise.
Auch auf die Zeit nach der Wende wird eingegangen, wie die bundesdeutsche Justiz sich der Einfachheit halber auf die offiziellen DDR-Protokolle und Urteile stützt, ohne die Mitwirkung der Stasi näher zu untersuchen, und letztlich den Status des politischen Häftlings aberkennt, was zu Rückforderungen und Streichung von Renten, Sozialhilfe und Wohngeld führte.
Heidetraud Zierl beschreibt ein schwieriges, ein anstrengendes und leidvolles Leben. Sie musste viel erdulden und hart kämpfen, für das Wenige, was sie wollte: Freiheit. Sie engagiert sich weiterhin für die Anerkennung der Opfer des DDR-Regimes und die Opferhilfe.
Dieses Buch ist ein kleiner Beitrag zur Aufklärung über die Verhältnisse, die im ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat herrschten.
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Buchvorschau
Politische Gefangene in der DDR - Heidetraud Zierl
Vorwort
Nach über 30 Jahren Überlebenskampf in Ost und West ist Heidetraud Zierl heute in der Lage, über ihre schlimmen Erlebnisse, insbesondere im DDR-Zuchthaus Hoheneck, zu berichten.
Dieses Buch soll kein Rachefeldzug sein, sondern dient in erster Linie als Mahnung dazu, dass sich solche Grausamkeiten niemals wiederholen dürfen. Leider leben die Kerkermeister von damals auch heute noch unbehelligt unter uns. Daher muss der Kampf gegen Vergessen, Unterdrückung und Folter noch weitergehen!
Kindheit
Ich wurde 1948 in der DDR als jüngstes Kind geboren. Meine Jugend war sehr bescheiden, denn meine Eltern waren CSSR-Flüchtlinge. Ich sollte eigentlich ein Junge sein, war sehr wild und kein Baum oder Strauch waren vor mir sicher. Ich hatte zwei Geschwister – einen Bruder und eine Schwester. Meine Eltern waren sehr arm, sie schufteten, um ein Grundstück zu bearbeiten. Sie waren die besten Eltern – Vorzeige-Eltern.
Familie Zierl mit Töchtern Heidetraud (vorne) und Anneliese
Ich bin gut behütet, mit Pferden und vielen Tieren aufgewachsen, aber auch mit viel Arbeit am Wochenende: Garten, Kleinholz machen, Kohle in den Keller schaufeln … Die Tiere musste ich täglich noch vor der Schule versorgen. Geschlachtet haben wir auch und im Winter wurden Gänsedaunen gesammelt, für die Betten.
Die ausgelassene Kindheit mit den Tieren und der vielen Arbeit war trotz der Armut großartig und ich hatte viel Spaß. Ich habe auch wilde Katzen in der Scheune meiner Eltern aufgezogen.
Ich hatte erfahren, dass mein Bruder im Westen sei, aber wusste noch nicht, was Freiheit und Stacheldraht waren. Wenn ich geahnt hätte, was mir Unmenschliches widerfahren würde, wäre ich schon damals zu meinem Bruder in den Westen geflüchtet. Schläge und Tritte in Bauch, Kopf und Rücken, das hätte ich in meinem Elternhaus nie erfahren – außer vielleicht mal einen Klaps auf den Po, weil ich fast ins Eis an der Leine eingebrochen wäre. Meine Eltern hatten nämlich Angst gehabt, dass ich ertrinken würde – mein Bruder hatte mir aus dem Western Schlittschuhe geschickt. Das war etwas ganz Besonderes.
Er hatte es sehr schwer. Mit 18 Jahren ist er in den Westen geflohen und hat dabei Erfolg gehabt. Er bekam in Bielefeld in einer Fabrik eine gut bezahlte Arbeit und konnte uns daher alle vier Wochen ein Paket mit Kakao, Butter, Kaffee oder Ähnlichem schicken. Die Pakete kamen zerfleddert und kaputt an, alles zerrissen. Da wollte ich schon als Kind zu meinem Bruder. Er war bereit mich mitzunehmen, mich über die Grenze zu schmuggeln – versteckt in seinem Auto, aber …
Ich hätte gerne eine Ausbildung als Schauspielerin gehabt, aber meine Eltern ließen das nicht zu. Onkel Otto wollte mich auch haben. Er war Makler, aber meine Mutter gab mich nicht her. Ich bin im Waisenhaus bei den Nonnen in den Kindergarten gegangen und habe die Grundschule mit einem guten Abschluss absolviert, bin allgemein streng katholisch aufgewachsen, habe die Kommunion bekommen – die Jugendweihe nicht, die habe ich abgelehnt.
So fing alles an. Zu den Pionieren bin ich auch nicht gegangen. Ich habe am Ferienlager nicht teilgenommen und deshalb musste ich Appell machen, das war sehr streng. Mit Gruß, Hände hoch, sozialistischer Moral und Anstand. Einmal habe ich mich lächerlich gemacht, weil ich die Fahne an der Stange nicht hochbekam. Da hat man mir eine Strafe aufgebrummt –Kloputzen.
Als junges Mädchen hatte ich keine Erfahrung, weder in der Liebe noch in der Politik – mit nichts. Ich war so naiv, so unschuldig, ich glaubte nie an Böses, nur an das Gute. Meine Eltern haben mich so erzogen. Sie und mein Bruder waren meine Vorbilder. Meine Schwester hingegen war sehr gehässig und schuld an so manchem Elend.
Obwohl wir sehr arm waren und es ständig an Geld fehlte, haben meine Eltern aus dem Nichts einen bescheidenen Grundbesitz aufgebaut. Diese insgesamt heile Welt prägte meine Kindheit.
Als ich neun Jahre alt war wurde meine Mutter schwer krank. Ich musste nun den Haushalt versorgen, also die Rolle meiner Mutter übernehmen. Mein Vater war nicht zu Hause und musste als Berufskraftfahrer seinen Dienst leisten. So wurde ich frühzeitig selbstständig; das kam mir in späteren Jahren zugute.
Jugend in der DDR
Trotz der familiären Probleme war ich in der Schule sehr aufgeweckt. Meine schulischen Leistungen waren mehr als zufriedenstellend. Schon damals war ich als Klassensprecherin sehr aktiv und setzte mich für das Klassenkollektiv ein. Mein schauspielerisches Talent erhielt eine erste Bewährungsprobe, als ich in verschiedenen Märchen wie zum Beispiel Schneewittchen, Der Wolf und