Antisemitismus in der Sprache: Warum es auf die Wortwahl ankommt
Von Ronen Steinke
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Über dieses E-Book
In der überarbeiteten und erweiterten Neuauflage geht Ronen Steinke auf die viel diskutierte Buchstabiertafel ein und greift die aktuellsten Diskurse in diesem Bereich auf.
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Buchvorschau
Antisemitismus in der Sprache - Ronen Steinke
JUDE, JUDE, JUDE!
EINLEITUNG
Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jüdin, Jude, jüdisch, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jude, Jüdin, Jude. Seminare zum Antisemitismus gehen manchmal damit los, dass man erst einmal übt, das Wort laut und gleichzeitig ohne Hemmungen auszusprechen.
Für nicht jüdische Menschen in Deutschland – gerade für die historisch sensibelsten – ist das manchmal schwierig, da gehen Bilder durch den Kopf, es sind nicht nur schöne, und auch der Klang der eigenen Stimme lässt manche und manchen innehalten. Aber auch etlichen Juden selbst geht das so.
Die Frankfurter Soziologin Julia Bernstein zitiert einen jungen Mann, den sie interviewt hat und nur Manuel nennt: »Dadurch, dass allein das Wort Jude so negativ behaftet ist, sage ich selbst nicht ich bin Jude, sondern betrachte mich als jüdisch. …. Vielleicht kann ich mich selbst dann irgendwann auch Jude nennen, ohne dabei ein schlechtes Gefühl zu bekommen.«
Ich könnte jetzt ein schmissiges Essay schreiben, ein großes »Macht euch locker«, eine Portion Spott über verkrampfte Sprachrituale zur Umgehung des so gefürchteten J-Wortes ausgießen. Die 1992 als Kind aus Russland eingewanderte Schriftstellerin Lena Gorelik kann das auch: »Im Namen des Nichtvergessens haben die Nichtjuden gelernt, das Wort Jude besser vorsichtshalber nicht in den Mund zu nehmen und dafür besonders zuvorkommend zu den jüdischen Mitbürgern sowie den Nachbarn jüdischen Glaubens zu sein.«
Der sehr gute Kolumnist der »Jüdischen Allgemeinen«, Michael Wuliger, kann konzedieren: »Die jüdische Scheu vor dem Wort Jude hat Tradition.« Auch der 1992 verstorbene Präsident des Zentralrats der Juden Heinz Galinski sprach vorzugsweise von jüdischen Menschen oder, noch wolkiger, unseren Menschen. Der Kolumnist Wuliger kann das als verklemmt abtun: »Bleiben wir doch lieber bei Juden. Das sind wir. So heißen wir. Geben wir dem Wort seinen alten, stolzen Klang zurück!«
Und Anetta Kahane schließlich, die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, die als Jüdin in der DDR aufgewachsen ist, kann mit einem bedruckten Kapuzenpullover in die Kamera lächeln, auf dem steht: »Du Jude! So what?«
Soll heißen: Man solle den Pöbeleien halt einfach lässig und souverän begegnen, drüberstehen, lachen, wenn Leute das Wort Jude wie etwas Negatives intonieren, im Englischen nennt man diese Strategie »owning the insult«. So wie einst auch das Wort schwul eine Herabsetzung war. Bis Homosexuelle es angenommen und damit zu einem gewissen Grad entschärft haben.
Nur, es ändert ja nichts. Das ist Deutschland. Und über die Wirkung eines Wortes entscheidet nicht allein seine strikt lexikalische Bedeutung. Darum geht es in dieser Streitschrift. Die Lösung kann nicht einfach sein, dass die von Antisemitismus Betroffenen (und nichts anderes als Antisemitismus ist es natürlich, wenn Leute mit dem Ausruf Jude eine soziale Abwertung intendieren) sich selbst locker machen.
Worte haben einen Klang, Worte haben eine Geschichte, ein Assoziationsfeld. Und das abzustellen, haben nicht die Betroffenen von Antisemitismus selbst in der Hand, sonst hätten sie es schon längst getan. Antisemitismus hat vielfach Spuren hinterlassen in unserer Sprache, unserem Vokabular. Das auszublenden oder wegzulächeln – das mag man jedem wünschen. Aber das ist ein Luxus, den nicht jeder hat.
Grimms Wörterbuch von 1877 verrät, wie das Wort Jude (man findet es gleich hinter Judasschweisz, metaphorisch für »von einem starken angstschweisze«) umgangssprachlich verwendet wurde. Jude, das bezeichnete unter anderem einen Studenten, der keiner Verbindung angehörte (heute sagt man Finke), einen struppigen, langen Bart (wie in dem Satz: »ich