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BESESSENHEIT: Sex, gefährliche Leidenschaft, Liebe, Untreue, aussergewöhnliche Freundschaft
BESESSENHEIT: Sex, gefährliche Leidenschaft, Liebe, Untreue, aussergewöhnliche Freundschaft
BESESSENHEIT: Sex, gefährliche Leidenschaft, Liebe, Untreue, aussergewöhnliche Freundschaft
eBook705 Seiten16 Stunden

BESESSENHEIT: Sex, gefährliche Leidenschaft, Liebe, Untreue, aussergewöhnliche Freundschaft

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Über dieses E-Book

Die Schicksale zweier befreundeter Schönheitschirurgen, ihrer Ehefrauen, eine davon mit einem verzweifelten unerfüllten Kinderwunsch und dafür bereit zu jedem Betrug, ihr treuester Freund schon aus der Kindheit ein homosexueller Starfriseur, liiert mit einem begnadeten Baletttänzer, und dazu ein fast tödlich gefährlicher von Leidenschaft zerfressener Kunstmaler sind auf vielfache Weise miteinander verbunden.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum19. Juni 2017
ISBN9783742783509
BESESSENHEIT: Sex, gefährliche Leidenschaft, Liebe, Untreue, aussergewöhnliche Freundschaft

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    Buchvorschau

    BESESSENHEIT - Kiki Abers

    1.Kapitel

    Seit einiger Zeit kriselte es etwas zwischen ihnen. Er war in der Klinik überarbeitet und oft müde. Sie temperamentvoll, fordernd, nahm ihm übel, wenn er manchmal keine Lust auf Sex hatte. Sie fragte ihn, ob er sie schon nicht mehr liebe oder vielleicht jemanden hätte? –Blödsinn!- antwortete er dann. Er fühlte sich in solcher Situation mies und wünschte sich nur in Ruhe gelassen zu werden, wollte nicht darüber reden.

    Jetzt wirkte der Anblick ihrer runden Hüften, Pobacken, gebräunter Haut, schöner langer Haare auf ihn so, dass er sie sofort nehmen wollte. Sie stand barfuß auf den Fliesen, hatte nur einen roten Tanga an und trocknete die Haare. Der starke Luftstrom aus dem Föhn wehte ihre goldenen Locken, die ihr bis zur Hälfte des Rückens reichten, auseinander. Er kam gerade aus der Dusche, trocknete sich mit einem großen Handtuch ab, wickelte es sich um die Hüften und schaute auf die Uhr. In einer Stunde werden die Gäste kommen. Dann besprühte er sich das Gesicht mit After-shave, beobachtete seine Frau und spürte immer stärker werdende Erregung. Sie schaute ihn im Spiegel an und schickte ihm ein leichtes Lächeln. Er näherte sich ihr, legte die Hände auf ihre Hüften, drückte das Gesicht in ihre Haare und fing an ihren Nacken zu küssen.

    -Dufte ich schön? Das ist das Parfüm, das ich heute von dir bekommen habe.- flüsterte er und liebkoste mit den Lippen ihr Ohrläppchen.

    Das Handtuch rutschte von seinen Hüften und fiel auf den Boden.

    -Ziemlich lange habe ich nach dem Duft gesucht.- Sie schnupperte an ihm,- Es passt zu Dir, aber wenn du mich jetzt stören wirst, dann

    schaffe ich es nicht rechtzeitig fertig zu sein.

    Sie spürte wie sein Penis erigierte, als er sich mit dem ganzen Körper an sie drückte. Es wirkte auf sie sofort, aber trotzdem versuchte sie ihn delikat von sich wegzuschieben.

    -Alex, nicht jetzt, höre auf!-

    Aber er hat nicht aufgehört, nahm nur den Föhn aus ihrer Hand, schaltete ihn aus und legte ihn an die Seite. Mit einer Hand nahm er ihre Haare beiseite, küsste ihren Hals, mit der anderen riss er ihr den Tanga herunter, beugte sie über das Waschbecken, schob mit dem Knie ihre Schenkel auseinander, drang in sie ein und spürte ihre Erregung. Er hat immer auf ihre Sinne stark gewirkt und wusste es.

    Manchmal sogar, wenn er ihr am Telefon ins Ohr sagte, wie sehr er sie begehrte, und was er sich gerade vorstellte, wurde sie sofort feucht.

    Er streichelte jetzt ihre Brüste, schaute sie beide im Spiegel an, was seine Erregung noch verstärkte.

    Er blickte ihr gerne in die Augen, während er sie liebte, sah in ihnen, wie er ihr mit jedem Stoß Wonne bereitete.

    Die Natur beschenkte ihn mit einem großen Penis, auf den er immer stolz war, als er auf dem Gymnasium mit anderen Jungen wettete, wer den Längeren hätte. Er hat immer gewonnen, ganz knapp vor einem unscheinbaren Kumpel, bei dem man nie solche Anatomie vermutet hätte.

    Maja war immer begeistert von seinem Körper. Sie waren ein harmonisches Paar und Sex brachte ihnen beiden große Befriedigung. Langsam begann sie jetzt leicht ihre Hüften zu bewegen, wollte ihn ganz tief in sich spüren. Draußen war eine große Hitze, die Luft im Bad heiß und feucht. Alexanders Haut glänzte vor Schweiß. Beide bewegten sich im gleichen Rhythmus, und die ganze Welt schwebte mit ihnen. Aleksander nahm sie mit einer Hand an den Haaren, drehte ihr Gesicht zu sich und begann ihren Mund heiß zu küssen. Als sie die Hitze seines Spermas in sich spürte, drückte sie sich noch stärker an ihn und stöhnte leise. Oft erlebten sie zusammen den Orgasmus. Jetzt auch.

    Er löste sich von ihr und nahm sein Glied in die Hand, das sogar jetzt noch imponierend aussah.

    -In vierzig Minuten kommen die Gäste. Beeile dich.-

    Er klopfte ihr beiläufig auf die Pobacke und ging unter die Dusche.

    War das die einzige Zärtlichkeit? Nur ein idiotischer Klaps? Eine zärtliche Geste oder ein Wort hätte ihr gereicht. Er hätte sie doch für einen Moment an sich drücken können, streicheln, küssen. Sie sah im Spiegel, wie er die Tür zu der Duschkabine zuzog. Früher benahm er sich anders, nannte sie so schön „Tigerchen" Wie lange schon tat er das nicht mehr? Warum hat er sich so geändert?

    Sie steckte sich die Hand zwischen die Oberschenkel, ging an das Bidet, setzte sich darauf, sah die Hand voll Sperma und seufzte im Inneren, wieder geht so viel Gutes verloren, drehte das Wasser auf und wusch sich, tief in Gedanken. Seit dreizehn Jahren sind sie verheiratet, und beide träumen von einem Kind. Aber es klappt nicht. Beide haben sich untersuchen lassen, und beide sind zeugungsfähig. Ein Arzt hat ihr sogar gesagt, dass in der Scheide einer Frau Antikörper entstehen können, die bestimmte Samen vernichten. Es konnte so sein, dass diese Frau, mit einem anderen Mann, schon beim ersten Versuch schwanger würde. Sie drehte den Kran zu und hörte, wie er unter dem Wasserstrahl sang. Jetzt reizte sie seine fröhliche, sorgenfreie Stimmung.

    -Hm,- dachte sie, –er ist so mit sich zufrieden. Hat mit mir eine schnelle Nummer geschoben, und jetzt fühlt er sich als großartiger Mann, weil ich einen Orgasmus hatte. Zum Glück habe ich immer einen Orgasmus, aber nicht nur das ist das Wichtigste.

    Früher war es ganz anders, als wir vor jedem Geschlechtsverkehr lange geschmust haben, erfüllt nicht nur von animalischem Begehren, auch von großer Liebe.

    Und danach drehte er mir niemals den Rücken zu und schlief auch nicht sofort ein, so wie es oft die Kerle von meinen Freundinnen tun. Immer, nach dem wir uns geliebt haben, umarmte er mich zärtlich, küsste mich und sprach wunderschön von der Liebe. Vielleicht, wenn wir Kinder hätten, wäre zwischen uns alles besser. Das Problem der Kinderlosigkeit hängt wie eine schwarze Wolke über uns. Ich berechne ständig die Tage, wann ich den Eisprung habe, und dann verlange ich von ihm, dass er Lust auf Sex hat. Er reagiert darauf aggressiv und sagt, dass er ihm unter dem Druck auf Kommando nicht steht, und wir fangen an zu streiten, Jeden Monat, wenn ich feststelle, dass ich wieder meine Tage bekommen habe, bin ich so enttäuscht, dass ich keine Lust mehr habe zu leben, bin schlecht gelaunt, alles nervt mich, und ich fluche schrecklich. Solche Ausdrucksweise stößt Alexander ab.

    Früher küsste er mich lange, zog mich immer langsam aus, und jetzt hat er mich schnell durch gebumst und ist zufrieden mit sich selbst. Er singt. Wenn er wenigstens die Töne treffen würde! Schließlich ist er doch der Sohn einer Pianistin. Aber vielleicht ist es so besser, und er hat nicht die Gene von seiner Alten geerbt. Zum Glück geriet er ganz nach seinem Vater, der mir sofort sympathisch wurde, und den ich sehr gerne mag. –

    Maja stellte sich vor den Spiegel und kämmte ihre Haare, die jetzt schon trocken wurden. Musste nichts mit ihnen machen, denn zum Glück hatte sie Naturlocken, hervorragend geschnitten von ihrem besten Freund Mario, der zum Promifriseur wurde. Sie tuschte ihre Wimpern, als Alexander triefend Nass aus der Kabine kam. Auf dem Fußboden bildete sich sofort eine Pfütze.

    -Maja, reich mir bitte ein Handtuch.-

    -Sieh mal, wie du den Fußboden nass gemacht hast. Gleich wirst du das im ganzen Bad verteilen.- Der Ton ihrer Stimme klang jetzt gereizt-.

    -Es ist so heiß, dass das gleich trocknen wird. Mach daraus kein Problem.-

    Sie reichte ihm das Handtuch, ohne ihn anzuschauen. Früher sagte sie ihm oft, wie schön er ist, sie mochte seine Nacktheit. Er war sehr gut gebaut, groß, sportlich und hatte leicht dunkle Haut, obwohl er blonde Haare und blaue Augen hatte. Er gefiel den Frauen und den Schwulen, was sie immer besonders ärgerte. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er seinen Oberkörper spannte, sich langsam mit dem Handtuch rieb und auf ihre bewundernden Worte wartete. Sie täuschte vor, das nicht zu bemerken.

    -Bei dieser Hitze kann man sich nicht richtig nach der Dusche abtrocknen. Schrecklich! Ich reibe mich mit dem Handtuch und die Haut bleibt feucht. Maja, du bist wirklich ein Wunder der Natur. Du hast nicht einen einzigen Schweißtropfen auf der Haut.

    Na ja, aber dafür frierst du immer. Alle kommen heute in Abendkleidung. Ich weiß nicht, wie ich es den ganzen Abend im Smoking aushalten werde, wahrscheinlich werde ich zerschmelzen.- seufzte er.- Warum hast du den roten Tanga angezogen? Unter einem weißen Kleid? Schmink dich nicht zu sehr und stecke deine Haare hoch, dann wirst du seriös aussehen.

    -So wie deine Alte? Sie quasselt immer so, dass ich, als Frau von einem bekannten plastischem Chirurgen und Inhaber einer renommierten Klinik, seriös aussehen sollte. Aber ich scheiße darauf! Wenn ich ein hohes Alter erreiche, dann werde ich vielleicht seriös sein. Ich bin so, wie ich bin. Deine Alte hätte sich schon während der vielen Jahre an mich gewöhnen können und die Versuche, mich in jemanden zu ändern, der ich nicht bin und niemals werde, unterlassen sollen.-

    -Sprich nicht über meine Mutter als die Alte und benutze nicht immer unanständige Worte. Eine Dame drückt sich nicht so aus.

    -Fängst du schon wieder an? Sei nicht langweilig, du weißt sehr gut, dass ich keine fucking Dame bin.- Gereizt erhob sie ihre Stimme.

    In diesem Moment schaute sie ihn an, wie er mit dem Kamm in der Hand erstarrte. Sie brach in Lachen aus. Sie wollte doch an so einem wichtigen Tag nicht mit ihm streiten. Sie kam zu ihm, küsste ihn auf die Wange und sagte sanft: -Heute ist dein vierzigster Geburtstag, dein Fest. Lass uns nicht streiten. Jesus, nur noch zwanzig Minuten!- schrie sie auf die Uhr schauend.- Jetzt müssen wir uns wirklich beeilen. Zieh dich an und geh schon nach unten. Ich werde gleich fertig sein.- Sie gab ihm ein Bussi und drehte sich zum Spiegel, um das Makeup zu beenden. Roter Lippenstift, Gloss, ein bisschen Puder, perfekt! In ihren Ohren glänzten Brillantohrringe, ein Geschenk von Alexander zu ihrem fünfunddreißigstem Geburtstag.

    -Wie sehe ich aus!- Er stellte sich in die Tür, und mit einem Leidensausdruck im Gesicht rückte er die Fliege zurecht.

    In dem weißen Smoking sah er sehr elegant aus. -Du siehst so aus, dass Mario bestimmt schon wieder versuchen wird dich zu verführen.- lachte sie herzlich. Jetzt lachten sie beide, er schickte ihr ein Bussi und eilte nach unten. Maja ging in das Schlafzimmer, nahm aus dem Schrank ein neues, rotes Kleid, das sie extra für die heutige Party gekauft hatte. Alexander hat es noch nicht gesehen, sie wollte ihn damit überraschen, zog sich schnell an. Die Füße schob sie in hochhackige Sandalen aus rotem Lackleder, schaute sich von allen Seiten in einem riesig großen Spiegel an, schüttelte den Kopf und zupfte mit den Fingern die Frisur zu Recht.

    Ihre Haare glänzten wie Gold, ihr Gesicht umrahmend und ihre Pfirsichhaut betonend. Sie lächelte ihr Spiegelbild an. Die grünen, schrägstehenden Augen verliehen ihrem Gesicht einen Katzenausdruck und leuchteten jetzt mit einem eigenartigen Glanz. Das rote, glänzende Kleid schmiegte sich an ihre Kurven, ihre sexy Figur betonend. Vorne war es hochgeschlossen, dafür fing es hinten erst unter der Taille an und reichte bis leicht unter die Knie. Sie wusste, dass sie manche mit dem Kleid schockieren wird, aber eben das machte ihr großen Spaß, anders zu sein und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie besprühte sich leicht unter den Knien und hinter den Ohren mit ihrem Lieblingsparfüm von Chanel und legte sich eine goldene Uhr um das Handgelenk. Es war fünf vor sieben. Sie ging aus dem Schlafzimmer, schloss hinter sich die Tür und ging über die Treppe nach unten.

    Sie wohnten in einem großen Haus, das noch vor dem Krieg der Familie der Sophie, Alexanders Mutter, gehörte. Nach dem Krieg

    teilte man ihnen Mitbewohner zu, und den Besitzern hat man nur zwei Zimmer gelassen. Es war für sie schwierig, aber irgendwie haben sie sich eingerichtet. Die Zeiten waren schwer. Sophie heiratete Viktor, der zu ihr und ihren Eltern zog. Bald kam Alexander auf die Welt, und sie waren zusammen fünf. Sie waren eine sich sehr liebende Familie, und rechnet man die kleinen Unstimmigkeiten nicht, lebten sie eigentlich friedlich. Sophie ging während vieler Jahre zu verschiedenen möglichen Ämtern, um das Aussiedeln der Zwangsmitbewohner zu erwirken, bis sie den Erfolg

    erlaufen hatte und langsam, einer nach dem anderen, verschwanden die Unerwünschten. Eines Tages wurde das Haus ganz leer. Am Abend öffneten sie eine Flasche „Schampanskoje", hoben die Gläser und verzweifelten. Das ganze Haus war ruiniert und brauchte eine Generalüberholung. Unter großen Kosten und Bemühungen brachten sie es nach Jahren zum früheren Prunk zurück.

    Als Maja Alexander kennenlernte, bewohnte er in diesem Haus die ganze erste Etage, wo sich vier Zimmer, eine große Diele, Küche, Bad und Gästetoilette befanden. Alles war mit großem Geschmack eingerichtet. Große Räumlichkeiten, wenig Möbel. Eleganz und Komfort!

    Das ganze Parterre gehörte seinen Eltern. Das Haus stand in einer kleinen ruhigen Straße und war von drei Seiten von einem großen, gepflegten Garten umgeben. Es war offensichtlich, dass Maja nach der Hochzeit zu ihrem Mann ziehen würde. Sie freute sich, dass hier ihr Königreich sein würde. Bald jedoch verstand sie, dass sie in einem goldenen Käfig lebte.

    -Wozu sollst du alleine kochen? Frau Kristina kocht doch für uns alle.- wunderte sich ihr Ehemann.

    Er verstand nicht, dass sie gerne allein für sie zwei kochen und mit ihm zu zweit in ihrer Wohnung das genießen wollte.

    Tatsächlich, Frau Kristina, die seit Jahren den Haushalt führte und dessen Seele war, kochte hervorragend. Aber was sollte es, wenn allein der Anblick der Schwiegermutter am Tisch Maja den Appetit nahm. Von Anfang an mochten sie einander nicht. Außerdem, hatte man bei ihr zuhause das Mittagessen zur Mittagszeit und hier erst um sechs Uhr abends.

    Zwar wohnten sie getrennt, aber die Schwiegermutter mischte sich in alles ein. Heute war sie in ihrem Element. Sie organisierte die ganze Party, und der Schwiegertochter erlaubte sie gnädig, sich mit der Dekorierung des Gartens, in dem sie die Gäste empfangen sollten, zu befassen. Maja rief Mirek zur Hilfe, den siebzehnjährigen Sohn der Nachbarn, der sie immer mit einem Kalbsblick anschaute. Sie wusste, dass sie ihm gefiel, und das amüsierte sie. Er hing die, von ihr aus frischen Blumen gemachten, Girlanden und bunte Lampions auf und steckte Bambusstöcke mit Antimückenkerzen ins Gras.

    Sophie kommandierte die Leute, die für den heutigen Abend engagiert wurden, und Frau Kristina hantierte, mit roten Wangen, in der Küche. Sie war beleidigt, dass so viele Gerichte bestellt wurden, wo sie doch selbst verschiedene Köstlichkeiten zubereiten konnte. Im Garten stellte man das Buffet mit feinen kalten Vorspeisen und Getränken auf. Heiße Gerichte sollten später gebracht werden. Aber die Torte und verschiedene Kuchen hat Frau Kristina selbst gebacken, die es als Schande empfunden hätte, wenn das auch geliefert worden wäre. Das war schon ihre Ehrensache.

    Einer von den Kellnern sollte mit einem Tablett voller Gläser mit verschiedenen Getränken zwischen den Gästen kreisen und dafür sorgen, dass jeder etwas zum Trinken hatte.

    Maja ging durch den Salon auf die Terrasse, von der eine kleine Treppe in den Garten führte. Die Girlanden präsentierten sich großartig. Die Lampions würden erst mit Beginn der Dämmerung leuchten. Es war sieben Uhr. Aber wie üblich Ende Juni, war es noch hell. Seit ein paar Tagen herrschte die Hitze, und alle beklagten sich, dass man nicht atmen kann, aber sie fühlte sich großartig. Sie liebte den Sommer und die Sonne.

    -Was für ein wunderschöner Sommerabend! Wir haben wirklich Glück mit dem Wetter.- dachte sie, als sie von der Terrasse in den Garten ging. Der erste Gast war schon da. Es war Marek, Alexanders Freund, auch plastischer Chirurg und sein Kompagnon. Beide Herren nippten an ihren Drinks und sprachen über etwas sehr lebendig, als sie die nahende Maja erblickten. Alexander bemerkte, wie ihre Katzenaugen glänzten. So glänzten sie immer, nachdem sie sich geliebt haben.

    -Meine schöne Frau.- Er schaute sie mit Stolz an, und auf seinen Lippen erschien ein leichtes Lächeln bei dem Gedanken daran, was sie noch vor einem Moment im Bad gemacht haben.

    Marek küsste sie zur Begrüßung auf die Wange und machte ihr gleichzeitig ein Kompliment, wie blendend sie aussah.

    -Maja, ist das ein neues Kleid?-

    -Ja, mein geliebter Mann, extra für dein Fest gekauft. Gefällt es Dir?

    -Sehr sexy. Maja, du siehst darin bombig aus!- stellte Marek fest.

    -Wir haben darüber geredet, dass du ein weißes anziehst, und das ist grell rot. – Der Ton seiner Stimme drückte Unwillen aus.

    -Ich wollte dich überraschen.- Sie lachte und drehte sich um die eigene Achse.

    Beiden Männern verschlug es die Sprache. Das Kleid hatte hinten ein riesig großes Dekolleté, entblößte den ganzen Rücken und bis etwas unter der Taille. In diesem Moment hörten sie die zischende Stimme Alexanders Mutter. Sie bemerkten nicht mal, wann sie sich ihnen näherte.

    -Mein Sohn, wie konntest du deiner Frau erlauben, sich so auszustaffieren?! Sie sieht provozierend aus, unanständig, wie eine Frau von leichten Sitten, bringt uns und dir eine Schande. – zischte sie durch die Zähne. – Und noch dazu diese grell roten Lippen!-

    Jetzt mischte sich Alexanders Vater ein, der noch einem Kellner die letzten Anweisungen gab. Er kam lächelnd zu ihnen und wandte sich zu seiner Frau:

    -Sophie, Liebling, mir gefällt dieses Kleid sehr. Jetzt ist eine solche Mode. Maja sieht darin zauberhaft aus, und bestimmt werden alle auf unsere so schöne Schwiegertochter neidisch sein. – Er zwinkerte Maja zu und winkte dem Kellner, der mit einem Tablett voll von verschiedenen Gläsern mit Getränken zu ihnen kam.

    -Viko, was sagst du?! Man sieht doch fast den Allerwertesten bei ihr!-

    -Na eben, fast, Sophie, fast.-

    Er lachte und reichte ihr ein Glas Champagner.

    -Lasset uns auf das Wohl unseres großartigen Sohnes trinken.-

    Maja schaute mit Dankbarkeit zum Schwiegervater und beschenkte ihn mit ihrem allerschönsten Lächeln. Sie mochte ihn sehr. Er stellte sich immer auf ihre Seite und tat es auf eine so subtile Art, dass er sich dabei nicht dem Zorn seiner Frau aussetzte, in die er, so wie am Anfang, verliebt war. Maja wunderte es sehr.

    -Wie hält er es mit dieser Hexe aus? So ein toller Mann! Wofür liebt er sie so wahnsinnig? Bestimmt wird er irgendwann dafür in den Himmel kommen.-

    -Marek, und wo ist Wanda?-

    -Maja, ich habe schon Alexander gesagt, dass meine Frau sich entschuldigen lässt. Sie konnte nicht kommen, weil jetzt, wo sie hochschwanger ist, die Hitze ihr zu schaffen macht.

    -Die Beiden haben Glück, sind kürzer verheiratet als wir, und schon ist das zweite Kind unterwegs.- dachte sie mit Traurigkeit.

    In diesem Moment begannen die Gäste nach und nach zu kommen. Alexander umfasste leicht seine Frau an der Schulter und ging mit ihr zu den Ankommenden.

    -Ich wünsche ihnen alles Gute Herr Doktor, obwohl, beim Anblick ihrer schönen Frau muss ich feststellen, dass sie das Allerbeste schon haben. Sie sind wirklich ein Glückspilz. Wunderschönes Kleid, bestimmt aus einem Pariser Modehaus. – Ein deutscher Arzt, verheiratet mit einer polnischen Krankenschwester, mit dem Alexander früher in Deutschland im Krankenhaus gearbeitet hat, beschenkte Maja mit einem Blick voller Begeisterung.

    -Wunderschönes Kleid? Du scherzt wohl? Flüsterte seine mollige Gattin und zog ihn am Ellbogen an die Seite. – Man sieht bei ihr den ganzen Arsch! Sie sieht aus wie eine Nutte! -

    Er ging mit ihr weiter weg, erschrocken, dass jemand das hören könnte und versuchte sie zu beruhigen.

    Maja und Alexander begrüßten alle, nahmen Blumen und Geschenke an, bedankten sich und verteilten ihr Lächeln.

    Alle gratulierten dem frisch gebackenen Vierzigjährigen und überschütteten ihn mit herzlichen Küssen.

    -Mario, übertreibe nicht, du musst ihn nicht auf den Mund küssen.-

    - Maja, sei nicht eifersüchtig. Ich werde ihn dir sowieso nicht wegnehmen. Gönne mir heute diese Freude. -

    Mario, der eigentlich Marian hieß, war ein Homosexueller und verheimlichte das nicht, was natürlich Alexanders Mutter sehr empörte. Sie akzeptierte ihre Schwiegertochter nicht, auch nicht ihre Familie und ihre Freunde. Sie bedauerte zutiefst, dass ihr einziger Sohn mit einer Frau, die aus einer so sehr einfachen Familie stammte, verheiratet war.

    Mario ersetzte Maja die beste Freundin. Sie waren schon seit ihrer Kindheit sehr befreundet, damals wohnten sie in derselben Straße.

    Alexander mochte ihn sogar und war immer von seinen Verführungsversuchen amüsiert.

    -Es tut mir leid, aber ich lasse mich nicht umkrempeln. Ich liebe die Frauen zu sehr.- lachte er immer, wenn Mario ihm voller Sehnsucht und Vergötterung Blicke schickte.

    Jetzt erschien Majas Familie, die Eltern und vier Brüder mit ihren Frauen.

    Sie ging zu ihnen und umarmte die Mutter herzlich.

    -Mama, du siehst wunderschön aus, und was für ein schönes Kleid hast du an!

    Ihre Mutter nähte sich selbst das Kleid, extra für diese Festlichkeit. Sie wollte, dass ihre Tochter mit ihr zufrieden sein wäre. Der Vater ging morgens zum Friseur, der Marios Vater war, ließ sich rasieren und die Haare schneiden. Er zwängte sich in seinen Hochzeits-Anzug, den er immer zu besonderen Anlässen anzog. Und Majas Brüder, die die Anzüge hassten, litten jetzt und fühlten sich, in den aus dem Theaterfond geliehenen Smokings, wie auf der Folter.

    Sie ging einen Schritt an die Seite, weil sie sich alle auf einmal mit Gratulationen auf Alexander stürzten und ihm das Geschenk überreichten, dass sie zusammen gekauft hatten. Sie schenkten ihm ein Gemälde eines jungen vielversprechenden Malers. Sie wussten, dass er die Kunstmalerei sehr mochte.

    Seine Mutter stand nicht weit weg und schaute sie mit einem verzerrten Gesicht an, und anstelle der Lippen hatte sie nur noch einen Strich.

    -Viko,- wandte sie sich an ihren Ehemann, – diese fürchterlichen Leute, schau, wie sie sich benehmen, sie sprechen alle auf einmal, und wie sie aussehen! Und Maja! Wieder mit einer Zigarette zwischen den Zähnen! O Gott, wie konnte mein Sohn uns so etwas antun!

    -Sophie, Liebes, mache daraus keine Tragödie. Ich muss dich, Liebling, korrigieren, der Sohn ist auch mein Sohn. Er ist glücklich, und das ist bestimmt das Wichtigste. Seine Schwiegereltern sind einfach, aber das sind sehr gradlinige und herzliche Leute. Maja könnte tatsächlich aufhören zu rauchen. Schade nur um ihre Gesundheit. - Seine Stimme wirkte immer auf sie wie ein Balsam.-Der Abend ist so schön, genau wie vor vierzig Jahren und meine Frau wird mit jedem Jahr noch schöner. Lass uns gehen und „die schrecklichen Leute" begrüßen.- Er lächelte sie an und nahm ihren Arm.

    -Gut, dass dieser Perverse, Mario, oder wie er da heißen mag, ohne seinen, wie er von ihm sagt, Mann gekommen ist. Was für Zeiten haben wir jetzt, früher gab es sowas nicht.

    -Sophienchen, das gab es schon im Altertum, und damals hat sich sogar niemand darüber empört. Lass uns tolerant sein. Jeder Mensch hat das Recht so zu leben, wie er möchte.

    Sie näherten sich Majas Familie. Ihre Eltern standen verlegen, spürten, dass sie zu dieser Party und zu allen diesen Gästen nicht passten. Viktor begrüßte sie herzlich und Sophie, mit einem künstlichen an den Mund geklebten Lächeln, reichte ihnen gnädig ihre schlaffe Hand.

    -Maja, vielleicht hätten wir nicht hierher kommen sollen.- sagte unsicher ihr Vater, und die Mutter hatte in diesem Moment Tränen in den Augen.

    Nur ihre Brüder bemühten sich ihre idiotische Kleidung zu vergessen, tranken Champagner und haben auf die ganze „bessere Gesellschaft" geschissen.

    In diesem Augenblick zog sich Majas Herz zusammen.

    -Papchen, wie kannst du so denken! Ihr seid die wichtigsten Gäste für mich und für meinen Mann, der euch wie ein eigener Sohn liebt.- Sie war wütend auf die Schwiegermutter, die sich immer über ihre Eltern erhob, und im Inneren dachte sie:

    -Was für eine Hexe, wenigstens heute könnte sie ein bisschen netter sein.-

    Sie nahm die Beiden an den Armen, führte sie zu einem der Tischchen, die im Garten standen, und ließ sie sich bequem auf die geflochtenen Sessel setzen. Sie wusste, dass sie nach dem ganzen Arbeitstag müde waren.

    -Bleibt hier sitzen, ich werde euch gleich etwas zum Essen und Trinken bringen. – sagte sie und ging.

    Nach einem kurzen Moment kam sie mit einem Kellner zurück, der ein volles Tablett mit Leckereien und Getränken brachte, für die Mutter Orangensaft und für den Vater kaltes Bier. Sie tranken nie Champagner oder andere starke Getränke. Nun kam Alexander zu ihnen.

    -Mein Schwiegersohn, auf dein Wohl! – Majas Vater erhob sein Glas.- Verzeih mir, dass ich Bier nehme, aber du weißt, dass ich nichts anderes trinke.

    -Papa, das Wichtigste ist, dass es dir schmeckt.- Er lächelte den Schwiegervater warm an, er mochte ihn wirklich sehr.

    Ihn störte es nie, dass der Schwiegervater nur ein einfacher Arbeiter war. Er war ein einfacher Mensch, aber hatte viele Interessen, hat viel gelesen und besaß eine große Lebensweisheit. Alexander plauderte manchmal sehr gerne mit ihm.

    -Maja, wir müssen uns mit den anderen Gästen befassen. Ihr Lieben, wir lassen euch jetzt für einen Moment alleine.- Er nahm seine Frau an die Hand, und sie gingen in die Richtung der nahenden neu ankommenden Gäste.

    -Herr Doktor, wer hat ihnen so wunderschön den Garten dekoriert? Girlanden aus frischen Blumen bei solcher Hitze? Und sie welken nicht! Ich muss bald eine Party geben, und wenn das Wetter mitspielen wird, dann am liebsten auch im Garten. Ich hätte gerne, wenn dieselben Leute bei uns die Dekoration machen würden.- lispelte Frau Asta mit einem fremden Akzent, die Gattin eines dänischen Diplomaten und machte dabei süße Augen zu Alexander.

    -Das ist meine und Mireks Arbeit, der ist Sohn unseres Nachbarn.-

    sagte Maja, bevor Alexander antworten konnte.

    -Ich dachte, dass man für solche Arbeiten entsprechende Leute engagiert.-

    Frau Asta schaute ein bisschen blöd, sie hatte den Eindruck, dass man sie veräppelte.

    -Bitte wundern sie sich nicht, meine Frau ist sehr begabt, hat einen hervorragenden Geschmack, und niemand hätte den Garten so schön dekorieren können wie sie.- sagte er und zeigte in einem breiten Lächeln schöne, weiße Zähne. Damit entwaffnete er Frau Asta total.

    Er verbeugte sich höflich und sich entschuldigend, entfernte er sich mit seiner Frau zu den nächsten Gästen.

    Die Party wurde großzügig gestaltet. Es wurden vierzig Leute eingeladen. Maja hat eine sehr gute Musikband engagiert. Sie stellten ihre Instrumente auf die Terrasse, auf der man auch tanzen konnte. Soeben begannen die Musiker zu spielen. Alle Gäste waren schon komplett und man sah, dass sie sich gut amüsierten. Sie erhoben immer wieder die Champagnergläser, tranken auf das Wohl des Vierzigjährigen, die Stimmung war ausgelassen und fröhlich.

    -Maja, hörst du, was sie spielen? „Moon River". Bei diesem Lied habe ich mich in dich bis zum Wahnsinn verliebt.-

    -Und ich mich in dich, auf den ersten Blick. -

    -Lass uns auf die Terrasse gehen und tanzen.-

    Er ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her. Auf der Terrasse umarmte er sie beim Tanz und drückte sie fest an sich. Unter seinen Fingern spürte er ihren nackten Rücken.

    -Schon wieder wirkst du auf mich so, dass ich dich fast bis zum Schmerz begehre.- flüsterte er ihr in das Ohr und küsste dabei ihre Haare. -Vielleicht könnten wir schnell nach oben springen?-

    -Schnell?! Nein, nein, mein Liebster, nach der Party gerne, aber nicht schnell, nur langsam. Für die Liebe muss man Zeit haben. Außerdem, wie würde das aussehen, bestimmt würde jemand von den Gästen bemerken, wie wir verschwinden.-

    Sie küsste ihn leicht auf den Mund, wiegte sich im Takt der Musik und wunderte sich über sein plötzliches Begehren.

    -Alex, beherrsche dich,- flüsterte sie,- jetzt musst du mit mir solange tanzen, bis er dir herunterfällt. Du kannst nicht mit solcher Erektion zu den Gästen gehen und eine von den Damen zum Tanzen auffordern. Du könntest falsch verstanden werden und würdest sie nicht mehr los.- Sie fing an laut und ungehemmt zu lachen, weil sie sofort an Mario gedacht hat, auf den ein solcher Anblick wahrscheinlich am stärksten gewirkt hätte.

    Um sie herum tanzten jetzt viele Paare.

    Marek stand an das Geländer gelehnt und beobachtete Maja, so dass sie, als sie es bemerkte, sich wunderte und dachte:

    -Er glotzt mich so an, als ob er mich zum ersten Mal sieht.-

    -Marek!- Sie winkte ihm.- Komm zu uns tanzen!-

    Er zögerte ein bisschen, aber dann kam er zu ihnen und fing an sich im Rhythmus der Musik zu wiegen.

    Jetzt tanzten alle, aber als die Töne eines Blues erklangen kam Hanka, die bei Alexander als Anästhesistin arbeitete, zu ihm, nahm ihn an der Hand und wandte sich an seine Frau:

    -Maja, erlaubst du, dass ich deinen Mann entführe?-

    Ohne auf eine Antwort zu warten, umarmte sie ihn und begann mit ihm zu tanzen.

    -Du blöde Fotze, ich würde dich gerne wegjagen, denn schon seit einiger Zeit bist du mir verdächtig. Es gefällt mir die Art nicht, wie du meinen Mann anschaust.- dachte sie im Inneren.

    -Maja, wie sexy du bist!- Marek unterbrach ihre Gedanken.- Tanze mit mir.-

    Beim Tanz fing er an, sich ganz fest an sie zu drücken, und sie, als sie sah, wie Hanka sich an Alexander ansaugte und unverschämt ihre Hüften an ihm rieb, protestierte nicht. Damit wollte sie bei ihrem Mann Eifersucht erwecken.

    Marek duftete schön, und eigentlich war ihr seine Nähe angenehm.

    -Lass den Kerl mal ohne sein Weib, dann möchte er sofort mit einer anderen Frau flirten. Er kennt mich doch seit Jahren und plötzlich will er mich verführen! Na, na, und immer ist er so ruhig, macht sogar einen schüchternen Eindruck. Wenn Wanda das jetzt sehen könnte.- ging es ihr durch den Kopf. Sie tanzte und hatte nicht vor, ihn von sich wegzuschieben.

    Ihr Mann war so mit seiner Partnerin beschäftigt, dass er nichts merkte.

    -Maja, ich weiß nicht, was mit mir los ist, heute wirkst du auf mich so, dass ich wahnsinnig werde - Marek sprach leise und schaute ihr in die Augen. Seine Worte hörten sich angenehm an.

    Schweigend schmiegte sie sich mit dem ganzen Körper an ihn, und für einen Moment vergaß sie die ganze Welt. Mario, der früher auch mal von einer Sängerkarriere träumte, sang jetzt mit der Band „Love me Tender" aus dem Repertoire Presleys, seinem großen Idol.

    Plötzlich wurde ihr bewusst, dass auf ihr der Blick ihrer alles sehenden Schwiegermutter ruhte. Sanft schob sie Marek ein bisschen von sich weg und rief:

    -Alex, wir gehen auf dein Wohl trinken!- Sie nahm ihn an die Hand- Lasst uns alle zusammen gehen! -

    Sie gingen in den Garten und nahmen Champagnergläser vom Kellner.

    -Auf das Wohl meines allerbesten Mannes von der Welt!- Sie erhob ihr Glas und drückte sich an seine Schulter.

    Die Gäste bildeten im Garten kleine Gruppen, führten lebendige Gespräche. Manche Männer bemühten sich bei der Gelegenheit irgendwelche wichtige Geschäfte zu erledigen. Aber alle stießen an, begeisterten sich für die Party und die wunderschöne Dekoration des Gartens.

    Die Damen versuchten, wie üblich, einen Eindruck auf Alexander zu machen, und die Herren überschütteten seine Frau mit Komplimenten.

    -Herr Professor, sind sie zufrieden mit meinem Sohn? Er bewundert sie sehr. Übermorgen wird er bei ihnen eine Prüfung ablegen. Ich hoffe, dass es ihm gut gelingen wird. Er bleibt ständig zu Hause und lernt fleißig.- wandte sich einer von den Gästen an Viktor, ein Bekannter aus dem Golfclub, bei dem auch Alexander Mitglied war.

    Viktor war ein sehr hervorragender Kardiochirurg und hielt auch Vorlesungen an der Medizinakademie.

    -Na, wenn er sich so in das Lernen verbeißt, dann wird er bestimmt alles wissen. Hoffen wir es.- antwortete er.

    Er hatte keine gute Meinung von dem Studenten, sah in ihm keine richtige Berufung zum Arzt. Außerdem reizte ihn der Mensch, der jetzt ihre Bekanntschaft ausnützen wollte.

    Alexander spielte mit ihm oft Golf, Bridge, pflegte auch gesellschaftliche Kontakte, und seiner Frau operierte er einst die Schlupflider.

    -Ach, hier bist du!- Die Gattin des schlauen Gastes schaute ihn mit Vorwurf an.- Noch kein einziges Mal hast du mit mir getanzt, du Böser! -

    -Sie müssen unbedingt ihre Frau zum Tanzen auffordern, ich hoffe,

    dass ihnen die Musik, die die Band spielt, gefällt.-

    Viktor lächelte höflich und atmete erleichtert auf, als er diesen aufdringlichen Menschen los war.

    Alexander tanzte nach einander mit allen Damen, ging von einer Gruppe zur anderen, sprach mit allen, amüsierte die Gäste, trank mit ihnen Champagner und war bestens gelaunt. Auf die Fragen, wie er sich jetzt als Vierzigjähriger fühlt, antwortete er lächelnd:

    -Ich habe den Eindruck, ich bin wie ein Wein, mit jedem Jahr besser.-

    -Sie duften so vornehm.- Die Frau eines Bankdirektors verdrehte ihre riesig großen Kuhaugen.

    -Diesen Duft bekam ich heute von meiner Frau.- antwortete er mit einem Lächeln.

    -Nur Parfüm? So ein Geschenk, das mache ich meinem Mann ohne besonderen Anlass!- Ihre Kuhaugen wurden noch größer vor Verwunderung, und der Mund drückte Verachtung aus.

    Die Gattin des Direktors mochte allen mit ihrem neu erworbenen Reichtum imponieren.

    -Nein, nicht nur, meine liebe Dame, sie schenkte mir auch ein Wochenende in Mailand und die Tickets zu La Scala.- antwortete er mit einem nachsichtigen Ton.

    Er dachte nur, dass sie bestimmt nicht mal wusste, was La Scala wäre.

    -Oh je! Ob mich wohl meine Augen nicht täuschen?! - schrie sie plötzlich und öffnete vor Verwunderung ganz weit ihren Mund. Ihre Lippen waren so mit Spritzen aufgepumpt, dass sie jetzt wie Autoreifen aussahen.- Das ist doch der Starsky! Ja, das ist er! Sie müssen mich unbedingt mit ihm bekannt machen!-

    Schon rannte sie in Richtung Starsky, der von einer Menschengruppe umzingelt war, als sie noch andere bekannte Schauspieler bemerkte. Ihre Erregung kannte jetzt keine Grenzen. Sie konnte ihrem Glück nicht glauben.

    -Herr Doktor, ich will sie alle kennenlernen.- sprach sie außer Atem und zog ihn an der Hand hinter sich her.- Andrej, ich stelle dir die Bewunderin deines Talentes vor.- sagte Alexander und schaute amüsiert die Gattin des Bankdirektors an, die mit einem Lächeln von einem Ohr bis zum anderen, mit einer Hand ihre Frisur zupfte, die andere ihm zur Begrüßung hinstreckte.

    -Gut, dass sie die Ohren hat, sonst lächelte sie wahrscheinlich rings um den Kopf.- dachte Starsky.

    Er war einer der bekanntesten polnischen Film- und Theaterschauspieler. Alexander war seit Jahren mit ihm befreundet, sie gingen in dieselbe Klasse und spielten zusammen Fußball. Die Frau des Direktors drehte jetzt die Augen zu ihrem Idol, glücklich, dass sie zu der Party gekommen war. Sie stellte sich nacheinander allen Schauspielern und Schauspielerinnen vor, streckte die Brust nach vorne und dachte im Stillen:

    -Was für eine Nummer! Zyta wird eine blöde Mine haben, wenn ich ihr davon erzähle, und bestimmt wird sie vor Neid platzen. Verdammt, vielleicht könnte mir jetzt jemand ein Foto machen.-

    Alexander ging zu den anderen Gästen und dachte:

    -Andrej wird mich bestimmt wegen des „Persönchen" verfluchen.-

    -Maja, ich werde verrückt!- Marek zog sie hinter einen großen Fliederstrauch in dem Moment, als sie von der Toilette aus dem Haus zurück kam.

    Er umarmte sie so stark, dass ihr der Atem fehlte und saugte sich an ihrem Mund fest. Er küsste sie mit einem unheimlichen Begehren, dass sie deutlich auch auf ihrem Bauch spürte.

    -Marek,- stöhnte sie, und von seiner Leidenschaft beeindruckt, ließ sie sich von ihren Sinnen mitreißen.

    Sie begann seine Küsse zu erwidern.

    Ihr Mann hat sie schon lange nicht mehr so geküsst. Wie viel Inbrunst war jetzt in diesen Küssen, wie viel Begehren in Mareks ganzem Körper!

    -Jemand könnte uns hier sehen.- flüsterte sie und löste sich aus seinen Armen.

    Er wollte sie nicht loslassen.

    -Versprich mir, dass wir uns treffen.-

    -Marek, lass mich! -

    -Versprich es!-

    -Gut. Ruf mich an.-

    Nachdem sie sich vergewissert haben, dass niemand sie gesehen hat, gingen sie getrennt in Richtung der Gäste.

    Alexander tanzte wieder mit Hanka und hielt sie in seinen Armen.

    Maja schaute sie an, diesmal jedoch mit einem gleichgültigen Blick.

    -Mario, amüsierst du dich gut ohne deinen Liebsten?- fragte sie ihren Freund und streichelte seine Schulter.

    -Eine großartige Party! Wie viel Champagner! Was für ein Buffet!

    Stell dir das vor, dass die mit den Kuhglupschen anfing mich zu verführen! Und du sagst immer, dass man mir sofort ansieht, dass ich ein Homo bin. Das ist wahrscheinlich eine Bekloppte! Ich habe mit ihr einmal aus Höflichkeit getanzt, wie ein Idiot sagte ich ihr, dass sie schöne Klamotten hat. Hast du gesehen, wie viel Gold sie trägt? Und danach konnte ich sie nicht los werden. Zum Glück, erlaubten mir die Musiker, mit ihnen zu singen. Du weißt, wie ich das liebe. Ich bereue ein bisschen, dass ich nicht in diese Richtung gegangen bin sondern Friseur wurde.-

    -Aber was für einer? Du bist ein Star! Die ganze Prominenz gehört zu deiner Kundschaft, und du bist wirklich großartig.-

    -Maja, aber was ist mit dir, du bist irgendwie verändert. Ist etwas passiert? Oder bist du endlich schwanger? -

    -Nein, leider nicht. Bin ich verändert? Oh verdammt! Mario, ich erzähle dir es, wenn wir uns treffen.-

    -Komm morgen zu mir, weil ich schon vor Neugier sterbe.-

    -Gut, mein Lieber, ich komme vorbei, aber sprich nicht mit solcher Stimme, weil man sofort hört, dass du eine Tunte bist.-

    -Ich schäme mich dessen nicht. – antwortete er schmollend.

    -Es ist ja gut, aber du musst das nicht so deutlich zeigen, ich zeige doch auch nicht, dass ich Hetero bin.-

    Beide fingen an zu lachen. Sie waren seit ewigen Zeiten befreundet, und einer würde für den anderen alles tun. Niemals hatten sie vor einander Geheimnisse.

    Es war spät geworden, und die Gäste fingen langsam an sich zu verabschieden und zu gehen. Die Eltern von Maja waren nur ziemlich kurz da, und schon vor längerer Zeit sind sie gegangen.

    -Hanka, sollen wir dir ein Taxi rufen? – fragte Maja mit einem erzwungenen Lächeln.

    -Nein, danke. Ich bin mit dem Auto gekommen und habe nur ein Glas Champagner getrunken, also kann ich jetzt fahren.

    -Ich hoffe, du hast dich gut amüsiert. – sagte Alexander, während er sie zum Törchen brachte.

    -Sehr gut. Die Party war großartig. Bis Montag!- Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange und ging.

    -Du küsst Maja so ab, als ob du dich von ihr für immer verabschieden solltest. Marek, schon gut, lass sie, hast du dich betrunken oder was? Ich werde Wanda sagen, dass sie dich nie mehr ohne ihre Aufsicht lässt. - Alexander schaute seinen Kumpel amüsiert an.

    Als der letzte Gast gegangen war, bat Viktor alle, die während der Party gearbeitet haben, die Gläser zusammen zu erheben. Jetzt musste man im Garten noch Ordnung machen. Wer wollte durfte Essen mit nach Hause nehmen, von dem ziemlich viel geblieben war. Frau Kristina war stolz, dass von ihren Backwaren nicht mal ein Krümel geblieben war, und die Torte große Furore machte. Die Party war sehr gut gelungen und alle waren zufrieden. Sogar Sophie hatte jetzt einen angenehmen Gesichtsausdruck, schließlich war das hauptsächlich ihr Verdienst. Sie hat doch alles selbst organisiert und überwacht.

    -Meine Lieben, setzen wir uns für einen Moment zusammen, die Musiker packen noch. -

    Alexander hielt die Sessel für seine Mutter und Maja hin und reichte ihnen Champagner. Er selbst setzte sich zusammen mit dem Vater auf eine Bank daneben.

    - Ich danke euch für alles. Ihr seid großartige Eltern. Auf euer Wohl!- Er erhob sein Glas und trank es aus.

    Die Stimmung wurde komisch, wahrscheinlich waren alle gerührt. Die Nacht war wunderschön, es schien der Mond und unzählige Sterne funkelten. Die Luft war jetzt ein bisschen kühler, aber immer noch war es sehr warm. Sie saßen eine Weile, „bequatschten" die Gäste, lachten viel.

    -Ich weiß nicht, was ihr macht, aber Mutter und ich gehen schlafen.- Viktor erhob sich und reichte seiner Frau die Hand.

    -Wir werden auch schon nach oben gehen, stimmt es Maja?-

    Alle zusammen bewegten sich in Richtung Haus.

    2. Kapitel

    -Liebling, ich habe leckeren Kaffee gebracht.-

    Viktor schob die Gardine an die Seite, und das ganze Zimmer füllte sich sofort mit Sonne. Sophie öffnete langsam die Augen.

    -Hmmm, was für ein wunderschönes Aroma! Wie spät ist es schon?- Sie reckte sich im Bett.

    -Es ist neun. Ich wollte dich nicht früher wecken. Nach der gestrigen Party war die Erholung für dich notwendig.-

    Er goss den Kaffee in die Tassen, eine von ihnen reichte er seiner Frau, trank aus der anderen und setzte sich auf die Bettkante. Seit langer Zeit zelebrierten sie eine solche Sonntagssitte, dass derjenige, der als erster aufstand, den Kaffee in das Schlafzimmer brachte und wieder unter die Decke kroch. Sie genossen den Geschmack und Duft des Kaffees, verbrachten noch einige Zeit im Bett, und erst danach frühstückten sie.

    -Viko, für wie viel Uhr hast du bei Frau Kristina das Frühstück bestellt?- fragte Sophie und setzte sich im Bett bequemer hin.

    -Noch haben wir ein bisschen Zeit, für zehn. Ich dachte, dass sie auch länger schlafen wollte, aber ach wo, als ich um acht in die Küche kam, hantierte sie schon dort. Ich bat sie auf der Terrasse zu decken, es ist wieder ein wunderschöner Tag. Es verspricht wieder heiß zu werden.-

    -Fragtest du Alexander, ob sie wenigstens heute nach unten zum Frühstück kommen? -

    -Nein, Sophienchen, ich habe nicht gefragt, denn ich weiß, dass sie immer am Sonntag allein sein möchten, aber bestimmt werden sie mit uns zusammen zu Mittag essen. -

    Er stellte die leere Tasse auf einem kleinen Tischchen ab und zog seinen seidenen Morgenmantel aus.

    -Gehst du unter die Dusche?- fragte sie und schluckte den letzten Kaffee herunter.

    -Nein, jetzt habe ich für dich eine Überraschung, komm mit mir.- Er streckte ihr beide Hände entgegen, half ihr aufzustehen und

    führte sie in das Bad. Die riesig große Badewanne war voll mit Wasser, dessen Oberfläche ganz mit roten, duftenden Rosenblättern bedeckt war.

    -Viko, mein Geliebter.- flüsterte sie gerührt.

    -Ich dachte, dass so ein erfrischendes Bad vor dem Frühstück uns beiden gut tun wird.- Er schaute mit Vergötterung in ihre kornblumenblauen Augen und schob gleichzeitig die Träger ihres

    durchsichtigen Nachthemdchens herunter.

    Sie waren seit über vierzig Jahren verheiratet, aber ihre große Liebe verlor kein bisschen von ihrer Intensivität.

    Sie haben sich bei einem Konzert in der Philharmonie kennengelernt. Er war damals schon Medizinstudent und sie die Schülerin des Musiklyzeums.

    Sie saßen nebeneinander, und er fragte sie, ob er in das Programm schauen dürfte, das sie auf dem Schoß hielt. Er erklärte ihr, dass er es nicht schaffte, sich eines zu kaufen. Sie lächelte ihn an und sagte:

    -Bitte sehr.-

    Viktor schaute sie wie verzaubert an.

    -O Gott! Was für eine Schönheit! Welch schöne Stimme hat sie! -

    Sophie hatte lange, blonde Haare, zu einem Pferdeschwanz gebunden, Augen wie Kornblumen, ein kleines gerades Näschen, einen schön geschnittenen Mund und helle delikate Haut.

    Während des Konzerts hörte er fast nichts, ständig schaute er sie verstohlen an und wusste schon, dass er verloren war. Das Orchester spielte eine Beethovensymphonie, und in seinen Ohren klang ständig nur ihre Stimme. Sie hörte so konzentriert zu, dass sie nicht bemerkte, wie er sie anglotzte. Als sie aus dem Saal gingen, begann er mit ihr ein Gespräch. Es hat sich herausgestellt, dass sie in demselben Stadtteil wohnten. Es war Mai, der Monat der Verliebten. Sie gingen zu Fuß durch die Stadt. Er brachte sie bis zu ihrem Haus.

    -Das ganze Haus gehört euch?- fragte er mit Unglauben.

    -Das Haus gehörte früher meinen Großeltern, aber jetzt wohnt hier

    fremde Leute, und wir haben nur zwei Zimmer,- und als sie seine verwunderte Mine sah, sagte sie noch,- man hat uns Mitbewohner zugeteilt.-

    -Oh je, das ist ja furchtbar!- Er war irgendwie verlegen und wollte das Thema wechseln.

    -Entschuldigung, ich habe vergessen mich vorzustellen, mein Name ist Viktor.- lächelte er.

    -Und ich bin Sophie.-

    -Sophie, wann werde ich dich wiedersehen?-

    -Viktor,- sie schaute ihn neckisch an,- morgen.-

    Seit dieser Zeit waren sie unzertrennlich.

    Sophie stammte aus einer aristokratischen Familie, die vor dem Krieg große Ländereien und ein Schlösschen, unweit von Warschau, besaß. Während des Krieges flohen die Einwohner des Schlösschens vor der anrückenden russischen Armee. Die Frauen beteten die ganzen Nächte, zitternd aus Angst vor dem Allerschlimmsten. Eine von ihnen, eine alte Jungfer, bat den Herrgott, dass, musste es schon geschehen, es wenigstens ein schöner junger sein sollte. Alle wussten, was die Sowjets mit den Frauen und den Leuten mit weißen Händen getrieben haben. Die Soldaten quartierten sich zuerst in dem Schlösschen ein, demolierten alles, verbrannten antike Möbel, um sich am Feuer zu wärmen und später, als sie weiter zogen, haben sie alles angesteckt. Alles war verbrannt, es blieb nur Asche und Schutt.

    Zum Glück wurde ihr großes Haus in Warschau nicht zerstört. Die Eltern von Sophie hatten so ein Dach über dem Kopf. Von der ganzen Familie überlebten nur sie den Krieg.

    Die Ländereien wurden ihnen vom Staat weggenommen. Der Vater von Sophie hatte eine höhere ökonomische Ausbildung. Er begann nach Arbeit zu suchen, was sich als sehr schwierig herausstellte. Überall behandelte man ihn wegen seiner großherrschaftlichen Abstammung als Volksunterdrücker, man schimpfte ihn Bourgeois. Das tat ihm außerordentlich weh, da er immer gerecht war und gut für seine Leute sorgte. Er begann in eine Depression zu verfallen, fühlte sich verantwortlich für seine Frau und das kleine Töchterchen Sophie, wollte ihnen eine Lebensgrundlage bieten und war machtlos in der neuen Realität. Er begann Familiensilber zu verkaufen, um etwas Geld zum Leben zu haben. Die Mutter von Sophie, die nie gearbeitet hatte, fing an Unterricht in der französischen Sprache zu erteilen und brachte Kindern das Klavierspielen bei. Bald bekam sie als Lehrerin eine Stelle in der Musikschule. Niemand verlangte Zeugnisse von ihr, Dokumente, die damals die Mehrheit der Leute nicht besaß. Manche mussten sich sogar neue Geburtsurkunden ausstellen lassen, da alles verbrannt war. Nach nicht langer Zeit wollte es der Zufall, dass der Vater von Sophie Arbeit als Hauptbuchhalter in einem großen Industriebetrieb bekam. Es half ihm der Direktor des Betriebes dabei, der in das benachbarte Haus eingezogen war. Die Herren sprachen oft miteinander im Garten über den Zaun, und so begann ihre Bekanntschaft.

    Jetzt reichte ihnen das Geld schon zum Leben. Sie wohnten in zwei Zimmern, denn den Rest des Hauses vereinnahmten die ihnen zugeteilten Bürger. Küche und Bad wurden gemeinsam benutzt. Sie litten sehr, als sie sahen, wie die fremden Menschen schonungslos mit allem im Haus umgingen, und wie alles langsam zerstört wurde. Ihr größtes Glück war das Töchterchen, das als ungeplantes Kind während des Krieges, unter schwersten Bedingungen, auf die Welt kam. Mit der Zeit wuchs sie zu einem wunderschönen Mädchen heran, nach dem die Jungen sich umdrehten. Sie schenkte dem keine Aufmerksamkeit. In der Schule und auf der Straße wurde sie von den Gleichaltrigen, die von ihrer aristokratischen Abstammung wussten, Fräulein Sophia genannt. Manche hänselten sie deswegen.

    Nur Bronka, ihre Kollegin, die Tochter eines Schusters, beneidete sie um ihr blaues Blut und bemühte sich, sie in allem nachzuahmen, jedoch mit einem jämmerlichen Ergebnis. Alle lachten sie aus, wenn sie versuchte, mit einer geschwollenen, überheblichen Stimme zu sprechen, oder als sie sich bemühte, ganz vornehm Bonbons zu kauen und dabei langsam ihre Schnute verdrehte.

    Sophie ließ schon seit ihrer Kindheit eine musikalische Begabung erkennen.

    Als fünfjähriges Mädchen stellte sie sich an das Klavier und spielte nach dem Gehör Kinderlieder. Die Mutter erkannte ihr Talent, fing an sie zu unterrichten, und danach schickte sie sie in die Musikschule.

    Sophie übte auf dem Klavier stundenlang. Die Musik war ihr Leben. Sie mochte auch sehr gerne Bücher lesen und liebte das Kino. Bei einem Film versetzte sie sich in eine andere Welt, seufzte die schönen Schauspieler an und litt zusammen mit den unglücklichen, tragischen Heldinnen. In der Schule lernte sie gut. Sie ging zu keinen Feten, dafür war ihr die Zeit zu schade, lebte in einer eigenen Welt, und ihre Eltern waren darüber sogar beunruhigt.

    Sie hatte nur eine Freundin in der Klasse, Evelina, die auch von einem alten Adelsgeschlecht stammte. Evelina spielte Geige, und oft musizierten sie zusammen. Sophie war in keinen der Kollegen verliebt, sowie andere Mädchen. Es störten sie deren schlechte Manieren. Papa machte manchmal Scherze über sie und sprach:

    -Sophie Mäuschen, vielleicht solltest du versuchen, einen Frosch zu küssen? -

    -Mach dir keine Sorgen, ich werde sowieso irgendwann meinen Prinzen treffen.- pflegte sie dann mit einem Lächeln zu antworten.-

    Und tatsächlich, sie hat ihn getroffen! Sie verabredete sich mit Viktor für den nächsten Tag nach dem Konzert. In der Schule war sie nicht imstande sich zu konzentrieren. Während der Klavierstunde spielte sie schlecht.

    -Sophie, was ist heute mit dir los?- fragte die beunruhigte Frau Professor. Sie hat sie noch nie so gesehen. -Könnte es sein, dass du dich verliebt hast?- fragte sie weiter und sah ihre Blässe. -Sieht man mir das so an?- rief Sophie erschrocken.

    -Nein, aber man hört es. Du bist unkonzentriert. Wer ist es?-

    -Das ist meine Vorbestimmung.- erwiderte sie ernst.

    -Hat deine Vorbestimmung einen Namen? -

    -Hat er, einen wunderschönen, Viktor.- antwortete sie mit verträumten Gesichtsausdruck.

    -Und was ist er für einer?- Frau Professor wollte jetzt alles wissen.

    -Medizinstudent.-

    -Aha, kein Musiker, also von einer anderen „Rasse".-

    -Aber er liebt Musik, Ich habe ihn gestern beim Konzert kennengelernt.- Sie sprach über ihn mit Inbrunst in der Stimme.

    Ihre Pädagogin, die in ihrem Leben mehrere Male verliebt war, dachte, dass das bestimmt nichts Ernstes war, und diese Begeisterung schnell abklingen würde.

    Sophie musste in einer Woche ihr Abitur ablegen, ein Diplomkonzert spielen, und danach erwartet sie die Aufnahmeprüfung für die Musikakademie. Sie sollte jetzt keinen Jungen im Kopf haben.

    -Bitte, spiele Chopin, er passt jetzt zu deinem Seelenzustand.-

    Sie spielte eine Ballade hervorragend, mit großem Gefühl und danach noch ein Nocturne.

    -Bravo, so musst du das spielen.-

    Beide waren zufrieden.

    Nach der Schule lief sie schnell nach Hause und fing an ihre Kleider durchzuschauen, überlegte, worin sie am schönsten aussähe. Sie hatte davon nicht viel, aber sie galt immer als gut angezogen, besaß eine angeborene Eleganz und Stil.

    Sie wählte ein hellblaues Kleid, dass von jemandem, der Pakete aus Amerika bekam, gekauft wurde. Sie kam an den Tisch, schaute auf das für sie vorbereitete Mittagessen, aber jetzt würde sie keinen Bissen herunter bekommen.

    Sophie setzte sich an das Klavier und fing an wie besessen zu üben. Viertel vor sechs verließ sie das Haus und ging zu dem Treffen mit ihm. Sie sah ihn schon von weitem, und ihr Herz fing an wie verrückt zu schlagen.

    Er bemerkte sie auch und ging in ihre Richtung. Sie stellten sich voreinander und schauten sich ohne Worte in die Augen.

    Er kam als erster zu sich.

    -Ich hatte solche Angst, dass du nicht kommen wirst.-

    Er nahm ihre Hand und küsste sie.

    -Sei willkommen, meine Prinzessin,- sagte er mit einem Lächeln.

    -Sei willkommen, mein Prinz.- Es kostete sie viel Mühe ihre Stimme normal klingen zu lassen.

    Es war Liebe auf den ersten Blick, die niemals erlöschen sollte.

    Sie sahen sich jetzt jeden Tag. Natürlich kam er zu ihrem Diplomkonzert und schenkte ihr einen riesig großen Strauß roter Rosen.

    Nach dem Konzert stellte sie ihn ihren Eltern vor.

    3. Kapitel

    Der Vater von Viktor war Kürschner, hatte eine eigene Werkstatt, nähte Pelze und verdiente gutes Geld, träumte davon, dass sein einziger Sohn in seine Fußstapfen treten würde und das Geschäft irgendwann übernähme. Er bedauerte, dass Viktor ihm nie helfen wollte, sowie er seinem Vater, der auch Kürschner war, immer schon seit der Kindheit entweder etwas reichte oder festhielt. Er wusste, dass er diesen Beruf ausführen würde, verbrachte jede freie Minute in der Werkstatt und schaute gerne seinem Vater bei der Arbeit zu.

    Die Mutter von Viktor war Hausfrau. Sie musste nie arbeiten, weil es ihnen sehr gut ging. Sie träumte von einer Tochter und haderte mit dem Schicksal, dass sie nur ein Kind hatte. Sie liebte ihren Sohn sehr, und vielleicht war sie sogar überfürsorglich. Viktor war äußerlich dem Vater ähnlich, ein bisschen größer, gut gebaut, seine schwarzen Haare fielen ihm frech in die Stirn, und die schwarzen feurigen Augen verliehen ihm das Aussehen eines Südländers.

    Den Charakter erbte er von der Mutter, war sanft, ruhig, heiter und immer hilfsbereit. In der Schule wollte er nicht so gerne lernen. Zuerst wollte er lieber Fußball spielen, später den Mädchen die Köpfe verdrehen, und er hatte bei ihnen Erfolg! Sie haben ihn nicht in Ruhe gelassen, belagerten sogar sein Haus. Er lachte nur darüber und war in keine verliebt. Obwohl ihn ständig etwas vom Lernen abhielt, bestand er das Abitur gut. Und dann explodierte die Bombe, als er den Eltern verkündete, dass er Medizin studieren

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