Das Glück verspielt ...: Der Bergpfarrer 283 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Guten Morgen, Frau Brandner.« Clara ignorierte den Gruß und blickte an Martin Brunner vorbei, als existiere er überhaupt nicht. Mit gemessenen Schritten ging sie an ihm vorüber zum Büro ihres Vaters und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. Der junge Mann hinter ihr zuckte die Schultern und folgte der Tochter des Chefs. »Guten Morgen, Vater«, sagte Clara und setzte sich an den großen Konferenztisch, auf dem Kaffee und belegte Semmeln bereitstanden. Martin begrüßte Max Brandner und setzte sich Clara gegenüber. Der Inhaber und leitende Direktor der ›Brandner KG‹. nahm am Kopfende Platz. Vor ihm lag ein Ordner, den er aufschlug. Max Brandner war sechsundfünfzig Jahre alt, er verkörperte den Typus des allgegenwärtigen Chefs, der sich auch nicht zu schade war, selbst einmal mit Hand anzulegen, wenn Not am Mann war. Aus kleinsten Anfängen hatte er sich hochgearbeitet und aus der ehemals mittelständischen Firma ein internationales Unternehmen der Elektronikindustrie gemacht, das wichtige Bauteile für die Navigationsgeräte von Flugzeugen und Schiffen herstellte. Max war die Gutmütigkeit in Person, konnte aber auch mal lospoltern, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Mit seinen eins achtzig und der Figur eines Preisboxers verstand er es, ohne viele Worte, sich Respekt zu verschaffen. Seit seine Frau viel zu früh verstorben war, kümmerte er sich nur noch um sein Unternehmen, geheiratet hatte er nie wieder. Indes hatte er doch noch eine große Liebe außer der Firma, und das war seine Tochter Clara, die das Ebenbild ihrer Mutter war. Dies war vermutlich auch der Grund, warum der Vater bei der Tochter vieles hatte durchgehen lassen. Von einer ungeliebten Kinderfrau großgezogen, hatte Clara schon früh gelernt, sich durchzusetzen. Nach dem Abitur hatte sie in den Vereinigten Staaten studiert und ihren Abschluss mit Auszeichnung gemacht. Die Vierundzwanzigjährige hatte nicht nur die Anmut und Schönheit der Mutter geerbt, sondern auch das Temperament ihres Vaters.
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Buchvorschau
Das Glück verspielt ... - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 283 –
Das Glück verspielt ...
Wer hilft Martin und Clara wieder aus der Patsche?
Toni Waidacher
»Guten Morgen, Frau Brandner.«
Clara ignorierte den Gruß und blickte an Martin Brunner vorbei, als existiere er überhaupt nicht. Mit gemessenen Schritten ging sie an ihm vorüber zum Büro ihres Vaters und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen.
Der junge Mann hinter ihr zuckte die Schultern und folgte der Tochter des Chefs.
»Guten Morgen, Vater«, sagte Clara und setzte sich an den großen Konferenztisch, auf dem Kaffee und belegte Semmeln bereitstanden.
Martin begrüßte Max Brandner und setzte sich Clara gegenüber. Der Inhaber und leitende Direktor der ›Brandner KG‹. nahm am Kopfende Platz. Vor ihm lag ein Ordner, den er aufschlug.
Max Brandner war sechsundfünfzig Jahre alt, er verkörperte den Typus des allgegenwärtigen Chefs, der sich auch nicht zu schade war, selbst einmal mit Hand anzulegen, wenn Not am Mann war. Aus kleinsten Anfängen hatte er sich hochgearbeitet und aus der ehemals mittelständischen Firma ein internationales Unternehmen der Elektronikindustrie gemacht, das wichtige Bauteile für die Navigationsgeräte von Flugzeugen und Schiffen herstellte. Max war die Gutmütigkeit in Person, konnte aber auch mal lospoltern, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Mit seinen eins achtzig und der Figur eines Preisboxers verstand er es, ohne viele Worte, sich Respekt zu verschaffen. Seit seine Frau viel zu früh verstorben war, kümmerte er sich nur noch um sein Unternehmen, geheiratet hatte er nie wieder.
Indes hatte er doch noch eine große Liebe außer der Firma, und das war seine Tochter Clara, die das Ebenbild ihrer Mutter war. Dies war vermutlich auch der Grund, warum der Vater bei der Tochter vieles hatte durchgehen lassen. Von einer ungeliebten Kinderfrau großgezogen, hatte Clara schon früh gelernt, sich durchzusetzen. Nach dem Abitur hatte sie in den Vereinigten Staaten studiert und ihren Abschluss mit Auszeichnung gemacht. Die Vierundzwanzigjährige hatte nicht nur die Anmut und Schönheit der Mutter geerbt, sondern auch das Temperament ihres Vaters. Wenn es jemand darauf anlegte, sich mit ihr in die Haare zu kriegen, dann konnte derjenige sich auf etwas gefasst machen.
Clara hatte für ihren Vater und für sich Kaffee eingeschenkt, die Tasse vor Martin Brunner übersah sie – absichtlich …
Eine vierte Tasse stand vor einem leeren Stuhl, es wurde also noch jemand erwartete. Trotzdem wollte sie endlich beginnen, Clara hatte noch andere Termine, die nicht verschoben werden konnten.
Der stellvertretende Direktor der ›Brandner KG‹ hingegen lächelte in sich hinein und nahm die Kaffeekanne selbst in die Hand. Clara frohlockte insgeheim, dass es ihr wieder einmal gelungen war, ihm zu zeigen, wie sehr sie diesen Mann verachtete. Sie fuhr sich durch die schulterlangen blonden Haare, reckte das Kinn vor und blickte ihren Vater fragend an.
»Gibt es einen besonderen Grund für diese kurzfristig einberufene Sitzung?«, wollte sie wissen. »Du warst letzte Nacht nicht daheim …«
Es gab in der Firma eine kleine Wohnung, in der der Chef manchmal übernachtete, wenn es erforderlich war. Sie war entsprechend eingerichtet, und der Kleiderschrank enthielt alles Nötige, damit Max sich jederzeit umziehen konnte.
Max Brandner holte tief Luft und stieß sie in einem langen Zug wieder aus. Es klang wie ein unendlich tiefer Seufzer.
»Allerdings«, nickte er und tippte auf den Ordner. »Ich habe gestern Abend noch die neuesten Zahlen bekommen und bin sie mit Hubert durchgegangen.«
Er schaute ungeduldig auf die Uhr über der Tür und runzelte die Stirn.
»Wo bleibt er eigentlich? Er müsste doch längst hier sein!«
»Was ist denn mit den Zahlen?«, fragte Clara, den warnenden Blick Martin Brunners ignorierend.
Ihr Vater mochte es gar nicht, wenn eine Sitzung eröffnet wurde und nicht alle anwesend waren, die daran teilnehmen mussten. Hubert Reitmüller gehörte in seiner Funktion als Steuerberater unbedingt dazu. Indes kam Max Brandner nicht mehr dazu, die Frage seiner Tochter überhaupt zu registrieren, denn die Tür schwang auf und Hubert kam herein, die unvermeidliche, übergroße schwarze Aktentasche in der linken Hand. Ohne sie war er praktisch aufgeschmissen, denn die Tasche enthielt sein ganzes Büro, obgleich er natürlich auch ein richtiges hatte.
»Gut, dass du da bist«, nickte Max ihm zu.
Sie kannten sich seit Jugendtagen, und Hubert genoss sein uneingeschränktes Vertrauen. Außer der ›Brandner KG‹ betreute er nur noch zwei kleinere Firmen in steuerrechtlichen Fragen, und war ansonsten ganz und gar für den Freund da.
Hubert hatte in die Runde gegrüßt und Platz genommen.
»Hast du sie schon informiert?«, fragte er den Firmenchef.
Der schüttelte den Kopf.
»Ich wollt’ warten, bis du da bist.«
»Gut«, nickte der Steuerberater, »dann will ich Clara und Martin mal ins Bild setzen.«
Hubert und der stellvertretende Direktor duzten sich seit geraumer Zeit, beide schätzten des anderen Fähigkeiten und Zuverlässigkeit.
»Also«, begann der Steuerberater, der auch Claras Patenonkel war, »Max und ich sind gestern Abend, ach, was sage ich, die halbe Nacht, die aktuellen Zahlen durchgegangen.«
Er deutete mit dem Finger auf den Ordner vor Max Brandner.
»Und was soll ich sagen?«, fuhr er fort. »Es sieht schwarz aus, so schwarz, wie die Zahlen rot sind, die wir schreiben!«
*
Das war ein Schock. Mit so einer Ankündigung hatte weder Clara, noch Martin gerechnet.
Der stellvertretende Direktor fand als Erster seine Fassung wieder.
»Was genau heißt das?«, fragte Martin Brunner.
Hubert Reitmüller räusperte sich.
»Nun ja, wir müssen kurzfristig Geld beschaffen«, antwortete er. »Sonst können wir die notwendigen Investitionen nicht tätigen, und nicht nur das Geschäft mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde platzt, auch das Abkommen mit der Deutschen Gesellschaft für Luftfahrt und die Entwicklung der neuen Navigationssoftware für die Schiffe der Bundesmarine sind gefährdet.«
»Mit anderen Worten, wir können den Laden dichtmachen, wenn es uns nicht gelingt, binnen vier Wochen zehn Millionen Euro aufzubringen«, brachte Max es auf den Punkt.
»Moment mal«, wandte Clara ein. »Was ist mit den Banken? Schließlich sind wir nicht irgendwer!«
Sie hatte hektische rote Flecken in ihrem hübschen Gesicht. Ein untrügliches Zeichen dafür, wie aufgeregt sie war.
Ihr Vater schüttelte den Kopf.
»Vergiss die Banken«, sagte Max Brandner. »Die Zeiten sind vorbei, in denen die mit dem Geld nur so um sich geworfen haben. Die internationale Finanzkrise ist noch lange nicht vorbei, auch wenn viele Leute das nicht wahrhaben wollen.«
»Wir hatten vergangene Nacht – besser gesagt, in den frühen Morgenstunden – ein Gespräch mit Walter Hinze, von unserer Hausbank«, ergänzte der Steuerberater. »Er hat rundheraus abgelehnt. Die andere Bank, mit der wir noch zusammenarbeiten, fordert im Gegenzug als Sicherheit für das Darlehen eine hohe Beteiligung an der ›Brandner KG‹, aber es bleibt immer noch ein Risiko für uns.«
»Vielleicht hätte man den Börsengang doch nicht verschieben sollen«, bemerkte Martin Brunner. »Dann wäre jetzt genug Kapital vorhanden.«
Das war ein wunder Punkt, den er jetzt ansprach. Vor einem halben Jahr, Martin hatte gerade die Position des stellvertretenden Direktors eingenommen, bestand der Plan, das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und an die Börse zu bringen. Nach langer Überlegung hatte Max Bruckner dann aber doch davon Abstand genommen.
»Über verschüttete Milch soll man net klagen«, winkte der Chef ab. »Das hilft uns nämlich kein Stück