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Die Bayerntal Saga: Zusammenbruch
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eBook304 Seiten4 Stunden

Die Bayerntal Saga: Zusammenbruch

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Über dieses E-Book

In den 30er Jahren des 21. Jahrhunderts sind die wirtschaftlich guten Jahre in Deutschland und Europa vorbei. Kriminalität und Brutalität erreichen nie gekannte Ausmaße. Das demokratische Deutschland steht kurz vor dem Zusammenbruch und das Land vor einem Bürgerkrieg.
In den Wirren dieser Zeit versucht die kleine Gemeinde Bayerntal, sich zu behaupten und seine Menschlichkeit zu bewahren. Sie bauen eine Mauer um ihr Dorf. Doch nicht nur der Mauerbau stellt die Bewohner vor Herausforderungen. Neben einer komplett autarken Versorgung, die sichergestellt werden muss, wird die Führungsebene mit einem unerwarteten Ansturm an Zuzüglern sowie Angriffen von außen konfrontiert.
Und dann ist da noch ein Virus, der die Menschen zu den schlimmsten Feinden ihrer eigenen Rasse macht .
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum20. Nov. 2020
ISBN9783740703318
Die Bayerntal Saga: Zusammenbruch
Autor

Michael Reisinger

Michael Reisinger wurde am 9.2.1961 in München geboren. Er verlebte dort seine Schulzeit, leistete seinen Wehrdienst ab, studierte an der bayerischen Beamtenfachhochschule sowie am Control Data Institut mit Abschluss zum Wirtschaftsinformatiker. Sein ganzes Leben lang reifte eine Sehnsucht Romane zu schreiben. Lange Jahre ließen ein sehr bewegtes Familienleben sowie eine gut 33-jährige Tätigkeit in der IT, zumeist als Führungskraft und Manager, allerdings keine Zeit hierfür zu. Ab Ende 2016 allerdings ist er dieser Sehnsucht zu schreiben erlegen und hat sie in die Tat umgesetzt. Mehr auf: www.Michael-Reisinger.com

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    Buchvorschau

    Die Bayerntal Saga - Michael Reisinger

    WIDMUNG

    Dieses Buch widme ich meiner lieben Frau, die während

    der Erstellung wenig von mir hatte.

    DANKSAGUNG

    Hiermit danke ich ganz besonders meiner Mentorin

    Petra Liermann, von der ich sehr viel gelernt habe.

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Das normale Leben

    Die Idee

    Der Start

    Der Bau

    Der Umzug

    Die Brauerei

    Ein Leben hinter Mauern

    Die Entführung

    Wir wollen wachsen

    Angriff

    Der Sturm

    Der Ausflug

    Die Flucht

    Vorschau auf Band 2 – Überleben : Die Infizierten

    Prolog

    »Still jetzt und Masken auf!«, zischte der Anführer der Bande mit einem deutlich osteuropäischen Akzent. »Wir gehen rein und suchen zuerst die Leute. Lasst niemanden am Leben, dann gibt es auch keine Zeugen. Danach durchsucht alles gründlich. Nur Geld, Schmuck oder Münzen. Der Rest lohnt nicht.«

    Ein Farbiger, der sich gerade seine Maske übergestreift hatte und von dem nur noch die weißen Zähne im Licht des Mondes zu sehen waren, sagte beiläufig mit afrikanischem Akzent: »Die Frauen lasst mir, die kriegen Alis Spezialbehandlung.« Dabei grinste er und gab noch mehr Weiß seiner Zähne preis.

    »Es ist nur eine drin und die dürfte alt sein. Aber mach nicht wieder so eine Sauerei wie das letzte Mal. So, los jetzt«, fügte der Anführer noch an. Die fünf Vermummten stiegen danach über den Gartenzaun und hielten auf das etwas abseitsstehende Haus zu.

    Das normale Leben

    An einem Freitag gegen 19:30 Uhr betrat Martin Berger die Schankstube der Wirtschaft in Bayerntal zu seinem wöchentlichen Schafkopfspiel. Martin Berger – hier in der Gemeinde noch ein »Neuer« oder »Zugereister« – war vor etwa sechs Jahren hierhergezogen, hatte ein Grundstück erworben und dieses bebaut.

    Er war in diesen wenigen Jahren aber schon angekommen, da er sich in einigen Vereinen bereits engagiert und hier sein großes strategisches und organisatorisches Geschick gezeigt hatte. Er war Anfang dreißig, sah blendend aus, was ihm bei der Weiblichkeit Bonuspunkte brachte, und war gesellig und freundlich zu jedermann.

    Zielsicher steuerte er auf den hintersten linken Tisch zu. Unterwegs begrüßte er noch den einen oder anderen Gast und setzte sich dann auf seinen angestammten Platz an dem anvisierten Tisch, an dem bereits Sebastian Greiner saß, der nicht nur Gemeinderat und Besitzer des ortsansässigen Sägewerkes war, sondern ein ebenso leidenschaftlicher Schafkopfspieler.

    »Servus Sebastian. Es ist schon wieder Freitag und heute bekomme ich bestimmt gute Karten«, grüßte Martin ihn und setzte sich.

    »Na, werden wir dann ja sehen und ich selbst habe auch so ein gutes Gefühl wie du«, schmunzelte Sebastian. »Wie war deine Woche, Martin?«

    »Recht locker, denn auch ich muss mittlerweile an zwei Tagen kurzarbeiten.«

    »Ja, unsere Wirtschaft sieht wirklich desaströs aus, aber du bist doch bei einem staatlichen Unternehmen, dort hätte ich das nicht erwartet«, sinnierte Sebastian weiter. »Aber dazu passt der Artikel, den ich heute im Internet gefunden habe. Dort hat jemand die aktuelle Situation mit dem Anfang der Zwanziger zur Zeit dieser ›Corona-Krise‹ verglichen. Damals schon meinten viele Menschen, dass sich etwas ändern müsse, aber letztendlich hat sich kaum etwas getan. Und jetzt … Ja, jetzt haben wir den Salat, nur dass wir den essen können und die jetzige Situation so keinem schmeckt. Oder was meinst du, Martin?«

    »Da gebe ich dir recht. Alles war und ist lediglich ausgerichtet auf Gewinnmaximierung und das einzelne Individuum hat kaum mehr etwas gezählt. Wozu dies geführt hat, sehen wir heute. Die älteren Arbeitnehmer sind zunehmend frustriert und die Mehrheit der Jungen sehen ihre Berufe nur noch als ›Job‹. Beides war der Samen des Niederganges unserer Gesellschaft. Aber meiner Meinung nach kam noch etwas anderes hinzu.«

    »Und was wäre das?«

    »Ganz einfach, die gerade stattfindende Inflation haben wir doch hauptsächlich nur, weil die EZB jahrelang vor dieser Corona-Pandemie schon faule Kredite mit frisch gedrucktem Geld aufgekauft hatte, um so einige Länder der Gemeinschaft am Leben zu halten. Danach folgten die riesigen Investitionspakete zur Stützung der Wirtschaft nach Corona. Diesem Geld fehlte ebenfalls jeglicher Warenhintergrund, sodass irgendwann diese Blase geplatzt ist. Das Ergebnis sehen wir heute.«

    »Stimmt«, sagte Stephan Boxleitner, der mittlerweile auch am Tisch Platz genommen hatte. »Erst einmal: Grüß euch. Und ja, Martin, du hast recht, das Ergebnis liegt aktuell bei knapp zwölf Prozent Inflationsrate mit der Tendenz einer weiteren Steigerung. Und wenn das wirklich noch weiter so geht, dann werden bald alle Arbeitnehmer arbeitslos sein. Und dann?«

    »Dann werden wir Situationen erleben wie in Südafrika.«

    »Wie das?«, fragte nun auch der Vierte im Bunde, der sich gesetzt hatte, Josef Gruber, ein ortsansässiger Elektriker.

    »Na, dort haben die Menschen nur zwei Möglichkeiten: zu stehlen oder zu verhungern. Sozialhilfen oder etwas Ähnliches gibt es dort nicht.«

    »Aber dann wird die Kriminalität nicht schlimmer als sie dies ohnehin schon ist«, fügte Stephan an.

    »So, aber nun Schluss mit all den schlechten Nachrichten. Jetzt werde ich euch etwas abnehmen, dann habe ich die Inflationsverluste aus diesem Monat vielleicht wieder ausgeglichen«, meinte Sebastian und mischte die Karten.

    Während abgehoben und ausgeteilt wurde, brachte die Kellnerin die Getränke wie immer und Martin prostete den anderen zu: »Auf die Gesundheit.« Danach begann das Spiel. Martin nahm die bereitliegenden Karten, mischte diese und ließ Stephan abheben, der hinter ihm saß. Nach dem Ausgeben war Josef dran, der sogleich ansagte: »I mog spuin!« Die anderen sagten alle, dass es ihnen recht sei und Josef spielte ein Schellensolo, welches er auch gewann. So wurden einige Spiele gemacht, bis plötzlich ein neuer Gast in den Schankraum stürzte und rief: »Beim Hiller wird gerade eingebrochen. Kommt alle mit, dem müssen wir helfen!« In Windeseile sprangen alle auf und stürmten aus dem Schankraum. Lediglich die Kellnerin blieb zurück.

    Die aufgebrachte Menge lief unterdessen etwa einhundert Meter die Hauptstraße entlang und bog danach rechts ab in eine kleine Gasse. Martin, der bei den Vordersten war, sah sofort, dass am Haus vom Hiller, einem älteren pensionierten Uhrmacher, bei dem die Leute aber immer noch Reparaturen ausführen lassen konnten, etwas nicht stimmte.

    Die Eingangstür stand weit offen und drinnen sah man die Lichtkegel von Taschenlampen. Da aber die etwa dreißig Männer sehr viel Lärm machten, konnte Martin hören, wie drinnen ein Warnruf ertönte. Direkt danach sah man drei Gestalten aus der Terassentür rennen, sich über den Zaun schwingen und davonrennen. Einige der Männer rannten hinterher, bis plötzlich ein Schuss fiel und einer der Verfolger laut aufschrie. Wenig später brachten die anderen Verfolger, die nach dem Schuss die Verfolgung aufgegeben hatten, den am Bein Verletzten zum Haus.

    In der Zwischenzeit war auch klar, dass die ganze Aktion zwar erfolglos bezüglich des Fassens der Einbrecher gewesen war, aber wahrscheinlich das Leben der Eheleute Hiller gerettet hatte.

    Bereits zwanzig Minuten später war ein Krankenwagen da und der Notarzt versorgte die beiden Verletzten. Michael Hiller war schlimm zugerichtet worden und blutete aus mehreren Platzwunden. Danach kam dann endlich die Polizei und vernahm einige Zeugen, darunter auch Martin, der den Beamten das schilderte, was er selbst gesehen und gehört hatte. Der Polizist, der alles notiert hatte, bat alle Zeugen, am nächsten Tag auf die Wache zu kommen, um das Protokoll zu unterschreiben.

    Dessen letzte Sätze saßen bei Martin wie ein Faustschlag: »Die alten Leute hatten wirklich Glück, dass Sie alle so schnell gekommen sind, um zu helfen, aber so, wie sich die Sache darstellt, werden die Kerle höchstwahrscheinlich schon morgen wieder einen Raub begehen. Vielleicht bringt uns die Kugel etwas, die aus dem Bein des einen Verfolgers geholt wird, aber wenn nicht, dann werden wir den Fall wohl zu den vielen anderen ungelösten Fällen ablegen müssen.«

    Hinterher begab man sich wieder in die Schankstube, die sich langsam wieder füllte. Ans Kartenspielen war nun nicht mehr zu denken, denn über solche Zwischenfälle hatte jeder viel gehört und gelesen, aber niemand war bislang so nah an so einem Geschehen dran gewesen. So wurden die Karten weggelegt und man unterhielt sich über den Vorfall noch lange. Die Gewalt war nun auch in Bayerntal hautnah angekommen.

    Eine eingeschränkte Freiheit ist besser, als ständig in Angst zu leben.

    Die Idee

    An einem sonnigen, wenn auch noch kühlen Frühlingstag 2031 in dem kleinen Ort Bayerntal in der Nähe von Landshut in Bayern.

    Es war sieben Uhr dreißig und Martin trat noch etwas verschlafen aus seinem Haus, um die Zeitung zu holen. Jemand war vergangene Nacht in seinen Garten eingedrungen und nur mit viel Lärm und Gebell von seinen beiden Hunden, Hovawarts, war er vertrieben worden.

    »Guten Morgen, Martin.«

    Etwas erschrocken drehte sich der Angesprochene um und sah seinen Nachbarn Ludwig Marktl. Ludwig, Ende sechzig, sauber rasiert, mit grauem schütterem, etwas längerem Haar, lehnte an seinem Gartentor.

    »Guten Morgen auch dir, Ludwig«, entgegnete Martin einsilbig.

    »Bei dir war heute Nacht einiges los, denn deine Hunde haben uns geweckt. Was ist denn passiert?«

    Martin drehte sich ganz zu Ludwig um, zog seinen Bademantel gerade und berichtete: »So gegen halb zwei schlugen Ben und Maja heftig an. Es war so laut, dass ich sofort wach war und ans Fenster eilte. Dort konnte ich gerade noch sehen, wie sich eine Gestalt über das Gartentor schwang und davonrannte. Ich bin dann runter und mit den Hunden einmal ums Haus, aber Gott sei Dank war nichts passiert. Keinerlei Schäden oder sonst was. Meine beiden Hovawarte haben ihn wohl rechtzeitig gehört und dann gestört. Man hört auch am Bellen, dass es sich nicht gerade um kleine Hunde handelt. Schade, dass sie den Kerl nicht fassen konnten, denn der hätte danach nicht mehr gelacht. Hinterher habe ich die Polizei verständigt, aber die fragten nur, ob es Personenschäden gegeben habe. Nachdem ich verneinte, meinten die nur: ›Dann haben Sie mehr Glück gehabt als ein Ehepaar aus Niederndorf, das anscheinend am frühen Abend bei einem Einbruch brutal ermordet wurde. Obwohl Nachbarn recht bald Alarm schlugen, war das ältere Ehepaar bereits tot und das Haus komplett durchwühlt.‹ Ich wollte gerade in die Zeitung schauen, ob schon etwas darüber drinsteht.«

    Ludwig zog die Augenbrauen zusammen und wurde ganz still. »Schon wieder ein älteres Ehepaar. Ich habe gehört, dass wohl auch hier im Dorf die Frau Meyer ebenso grausam ermordet wurde.

    »Naja von der Frau Meyer habe ich noch nichts gehört, aber gestern Abend war ja mein wöchentlicher Schafkopfabend und währenddessen wurde bei den Hillers unweit der Gaststätte eingebrochen. Fast das ganze Lokal ist zu den Hillers hin und wir konnten tatsächlich die Kerle verjagen, haben sie aber nicht fassen können. Dabei wurde noch einer von den Wirtshausgästen angeschossen. So wie es die Polizei sagte, haben wir alle wohl dem Ehepaar Hiller das Leben gerettet. Beide liegen jetzt im Krankenhaus, werden aber wieder.«

    »Und du warst auch dabei?«

    »Ja und als jemand Bescheid gesagt hatte, dass etwas bei den Hillers los sein, sind alle raus und zu denen hingelaufen. Ja ich war auch dabei.«

    Ludwig war ganz in sich gekehrt als er die letzte Frage gestellt hatte. Die Angst war ihm ins Gesicht geschrieben. Ganz leise und ohne Martin ansehen zu können fügte er danach noch hinzu:

    »Zudem dann auch noch vor zwei Wochen hier im Ortsteil die jüngere Frau mit den zwei Kindern. Ich habe ihre Namen vergessen, aber ich denke, du weißt, wen ich meine. Anna und ich sind ja nun auch nicht mehr die Jüngsten und vor allem Anna hat speziell nachts furchtbare Angst, dass uns auch so was passieren könnte. Sie schläft schlecht und zuckt bei jedem noch so kleinen Geräusch zusammen. Sei nur froh, dass du deine beiden Hunde hast. Wenn Anna nicht diese Tierhaarallergie hätte, würden wir uns sofort einen Hund anschaffen. Es ist schon fast zur Normalität geworden, über ermordete Menschen hier in unserer Gegend hören zu müssen. Es muss doch etwas geben, was wir tun können, um diese Situation zu verbessern? Auf unsere Polizei kannst du nichts mehr geben, die sind hoffnungslos überfordert und haben fast genauso viel Angst wie wir.«

    »Nicht nur ihr habt Angst, es sind eigentlich alle, mit denen ich in der letzten Zeit über diese Zustände gesprochen habe. Selbst Großfamilien sind verunsichert. Alarmanlagen machen zwar viel Lärm, helfen aber nichts, denn die Banden wissen genau, dass es teilweise mehr als eine Stunde dauert, bis die Polizei kommt. Wenn sie überhaupt kommt.

    Damit haben die Zeit genug, um einzubrechen und alles zu stehlen, was Geld bringt. Sollte dann jemand im Haus sein, wird gefoltert, vergewaltigt und gemordet. Viele haben sich schon illegal Waffen besorgt. So kann es nicht weitergehen.«

    Martin sah seinen Nachbarn nun hellwach an, bemerkte dessen Verzweiflung und fuhr fort: »Ich habe dazu eine Idee entwickelt, die ich noch heute mit Stephan Boxleitner besprechen werde.«

    »Was für eine Idee denn?«, erwiderte Ludwig erwartungsvoll.

    »Da dieser Zustand nun schon lange währt und viele seither in Angst leben, habe ich mir Gedanken gemacht, was man tun könne. Ich selbst habe ebenfalls Angst, nur ist diese noch nicht so schlimm, da mich meine beiden »Kleinen« ja sehr gut beschützen können. Aber wohl ist mir bei dieser Situation auch nicht. Beim Durchdenken der ganzen Sache hatte ich eine Idee, die ich jetzt wo diese Gewalt nun auch im Ort umhergeht, mit dem Bürgermeister besprechen möchte. Also warte es ab, bis ich mit ihm gesprochen habe. Vielleicht ist meine Idee ja nicht umsetzbar und bevor das Ganze keine Chance auf Verwirklichung hat, möchte ich keine Pferde scheu machen.«

    Ludwig entgegnete etwas enttäuscht, aber nun auch mit einem Funken Hoffnung: »Gib aber bitte sofort Bescheid, denn es muss was passieren, bevor mir Anna noch durchdreht. Und ich selbst auch.«

    »Versprochen, Ludwig, ich berichte euch sofort, nachdem ich eine erste Reaktion vom Boxleitner habe.« Martin unterstrich seinen Satz mit einem Lächeln, um den sichtlich verwirrten, aber nun auch gespannten Ludwig zu beruhigen. Es ärgerte Martin fast, etwas gesagt zu haben, bevor nicht einiges noch abgeklärt worden war.

    »Man soll halt doch nicht gackern, bevor die Eier gelegt sind, dachte er bei sich.« dachte er bei sich.

    »Also abgemacht, Ludwig, ich spreche so schnell wie möglich mit unserem Bürgermeister.«

    Direkt froh, im Moment nicht mehr sagen zu müssen, nahm Martin die Zeitung aus der Rolle, drehte sich um und ging zurück ins Haus.

    Die ganze Zeit wurde er von zwei Augenpaaren beobachtet und als er die Außentüre öffnete, wurde das Wedeln seiner »Kleinen« zur Begrüßung deutlich heftiger.

    Aufgewühlt zog sich Martin an und kündigte seinen Besuch beim Bürgermeister telefonisch an und verließ bereits wenig später sein Haus.

    Den ganzen Weg über, vorbei an Häuser, die fast alle fest verrammelt waren, obwohl es bereits kurz vor zehn Uhr vormittags war, dachte Martin über seine Idee und wie er sie am besten erklären konnte nach, damit diese verstanden werden würde. Er registrierte kaum den Gesang der Vögel und das Grün, welches sich nun vollends gegenüber dem kalten Winter durchgesetzt hatte.

    Eigentlich eine wunderschöne Gegend, aber wir leben in einer furchtbaren Zeit. Manchmal dachte Martin an seine Kindheit, in der es solche Probleme nicht gegeben hatte. Was ist bloß aus Europa und Deutschland geworden? Er dachte auch an das zurück, was ihm sein Großvater aus dessen Jugend direkt nach dem Zweiten Weltkrieg erzählt hatte und fand erstaunlich viele Parallelen.

    Am Haus des Bürgermeisters angekommen, atmete Martin noch einmal tief durch und drückte den Klingelknopf. In dem im Landhausstil erbauten stattlichen Anwesen von Stephan Boxleitner ertönte eine nette, aber auch eindringliche Melodie. Wenige Augenblicke später hörte Martin in der Sprechanlage die Stimme von Frau Boxleitner und nachdem er sich mit Namen gemeldet hatte, öffnete sich die Tür.

    Elvira Boxleitner lächelte ihn an: »Hallo Herr Berger, mein Mann erwartet Sie in seinem Büro.«

    »Hallo Frau Boxleitner. Danke.«

    Nachdem die Tür wieder geschlossen war, ging Frau Boxleitner vor und Martin folgte ihr bis zum Arbeitszimmer. Sie öffnete die Tür und trat ein wenig zur Seite mit den Worten: »Herr Berger für dich.« Mit diesem Satz drehte sie sich um und ging.

    Martin trat in ein behaglich eingerichtetes Zimmer, eine Kombination aus modernem Büro mit Computer, Drucker und Telefon, aber andererseits einer kleinen Couch mit zwei kleineren Jagdtrophäen darüber. Stephan Boxleitner winkte Martin herein, ohne von seinem Schriftstück aufzusehen, auf dem er gerade noch einige Notizen machte. Martin folgte der Aufforderung und schloss die Türe hinter sich.

    »Nimm Platz, noch einen Moment bitte. Ich beende nur noch kurz das Thema hier.«

    Martin setzte sich gegenüber dem Schreibtisch auf einen der dort platzierten zwei Stühle.

    »Hallo Stephan, danke dass du dir Zeit für mein Anliegen nimmst.«

    Augenblicke später klappte der Bürgermeister, den Aktendeckel zu und sah Martin freundlich an.

    »Hallo Martin, wo drückt der Schuh? Es klang ja ziemlich wichtig.«

    »Das ist es auch, zumindest mir und sicher auch den meisten Menschen unserer Gemeinde. Ich glaube, eine Lösung für unser Sicherheitsproblem gefunden zu haben.«

    Stephan Boxleitner zog seine Augen zusammen und fragte vorsichtig: »Welche Sicherheitsprobleme genau meinst du denn?«

    Martin atmete tief ein und begann: »Die allgemeine Lage, dass niemand mehr sicher in seinem Heim sein kann. Zudem die Anzahl und vor allem die Brutalität der Verbrechen, die ständig zunehmen. Dann noch die Tatsache, dass unsere Behörden dagegen machtlos zu sein scheinen oder auch nichts dagegen tun wollen.«

    »Richtig, der Polizist gestern, mit dem ich gesprochen habe, hat mir gegenüber zugegeben, dass sie gar nicht zu jedem Hilferuf fahren können, weil es so viele sind, und sie pro Schicht nur noch drei Beamte sind. Einer muss auf der Wache bleiben und damit haben sie nur noch eine Streife.«

    Stephan hob die Hand und sagte nur kurz: »Warte bitte einen Augenblick, ich bin gleich zurück.« Mit diesen Worten ging er aus seinem Büro und sprach kurz mit seiner Frau. Wieder zurück, setzte er sich und meinte: »Ich habe uns ein wenig Zeit verschafft, denn ich glaube, das könnte länger dauern und gleich kommt noch Kaffee.«

    »Danke«, entgegnete Martin, ordnete kurz erneut seine Gedanken, sodass die Sekunden, in der niemand sprach, eine schier knisternde Spannung enthielten. »Also, meine Idee ist folgende: Warum riegeln wir unser Dorf nicht gegen solche Übergriffe ab?«

    »Wie willst du das denn anstellen?«, fragte Stephan nach.

    »Ganz einfach, mit einer Mauer rund um das Dorf entlang den Außengrenzen aller Gemeindeteile.«

    »Ist dir bewusst, wie lang eine solche Mauer sein müsste?«

    »Klar, circa fünfundzwanzig Kilometer. Und sie sollte mindestens zehn Meter hoch sein und ziemlich dick, um ein wirkliches Hindernis darzustellen.«

    Stephan blickte Martin intensiv an, denn er spürte, da war noch viel mehr. Seine Neugier war aber jetzt geweckt.

    »Gut eine Mauer. Ist dir bewusst, was die kostet? Und wer sollte so eine Mauer bauen und wie lange würde so ein Projekt dauern, bis es die gewünschte Wirkung hätte? Und selbst wenn sie errichtet wäre: Was dann?«

    »Klar, das ist eine Mammutaufgabe für den ganzen Ort. Allerdings haben die Menschen Angst, große Angst sogar. Diese Angst kann zu großen Taten beflügeln. Nimm einfach an, wir begännen ein solches Vorhaben. Darüber würde sicher in der Zeitung berichtet werden. Denn nicht nur wir haben Angst.

    Schau dir nur die Reichen an, die geben Unsummen für Sicherheitsanlagen und private Schutzleute aus. Ich gehe davon aus, dass viele Interesse an einem Grundstück innerhalb einer solchen Mauer hätten und sicher bereit wären, teuer dafür zu bezahlen. Ich gehe weiter davon aus, dass damit sehr viel Geld in die Kasse der Gemeinde fließen könnte. Damit könnte sich der Bau finanzieren lassen.

    Und zu deiner Frage, wer kann so was errichten, kann ich nur sagen: Im Ort haben wir viele Arbeitslose durch die Folgen des wirtschaftlichen Niederganges in unserem Land. Die könnten helfen ebenso wie die Baufirmen im Ort und natürlich Freiwillige, wie ich selbst zum Beispiel, denn ich wäre bereit, meine Freizeit komplett zu opfern.

    Und wer weiß schon, wie lange ich selbst noch einen Job habe. Niemand kann heutzutage vor Arbeitslosigkeit sicher sein. Das bringt mich nun zu deiner Frage, was danach käme, wenn das Bauwerk einmal stehen würde. Ein guter Freund von mir ist Major und Kompaniechef in Straubing. Er hat mir erzählt, dass die Bedingungen der Soldaten immer schlechter werden, denn auch dort fehlt Geld an allen Ecken und Enden. Sollte es mir oder uns gelingen, erst meinen Freund und dann die restlichen höheren Offiziere des Standortes davon zu überzeugen, dass wir eine solche Mauer bauen wollen und können und wir allen Soldaten und ihren Familien im Gegenzug zu einem Dienst an der Mauer ein Zuhause hier anbieten würden, dann bin ich sicher, dass sich sehr viele der circa dreitausend Soldaten an dem Standort mit ihren Familien entschließen würden, uns und damit sich selbst zu helfen. Damit wäre dann der Schutz der Mauer gewährleistet und keiner müsste innerhalb in Angst leben.«

    Stephan hatte die ganze Zeit ruhig und mit starrer Miene zugehört. Auch jetzt war in seinem Gesicht nichts abzulesen. So

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