Sukiya oder Die große Liebe zum Tee
Von Hans Leip
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Rezensionen für Sukiya oder Die große Liebe zum Tee
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Buchvorschau
Sukiya oder Die große Liebe zum Tee - Hans Leip
Schweden
Vorbemerkung
Ein so nobel anregendes Getränk wie der Aufguß aus den Blättern des Teestrauches hat seit je viel Lob erfahren. Sein zarter Duft schwebt über mancher Erinnerung und hat sich früh bis zur Legende verdichtet. Wo immer das Feinere gepflegt wurde und wird, das leichtere Gespräch, der sublime Anreiz, das Unverbindliche gesitteter Gemeinschaft, da wird Tee getrunken. Denn seiner Wirkung ist das Unlaute, das Beschauliche, das gelassen Aufmerkende zugeeignet, der »small talk«, der das Geistreiche nicht ausschließt, die verhaltene Anekdote, die entdornte Betrachtung, die versöhnliche Haltung, das Gelöste ohne Lärm, die unbetont sich enthüllende Klarheit. Nicht wenig, fürwahr. Es ist eine seltsame Aura, die den Begriff Tee umhüllt und in Jahrhunderten von Fernost gen Westen ausgestrahlt ist. (Echter schwarzer Tee aus Indien und Ceylon.) »Die große Liebe zum Tee« aber spannt einen bunten Regenbogen aus Historie und Histörchen, Begegnungen, Aussagen und Anmerkungen um den sanften Zaubertrank.
Allen, die sich tagtäglich mit Tee beschäftigen, ist der echte Tee Indiens und Ceylons mehr als ein Handelsobjekt. Er, der leichter wiegt als andere Güter aus fernen Ländern, ist mehr als eine Ware, ist ein liebenswertes Geschenk der Natur, von Kennern kultiviert, ein Getränk, daran sich auch andere Gedanken entfachen können als die über Gewinn und Verlust.
Das Wort Sukiya stammt aus dem Japanischen, und obwohl Japan heute auf weltweiter Teebörse nur eine sehr geringe Rolle spielt, ist dort wohl das innigste aller Verhältnisse zum Tee entstanden. Und so bedeutet Sukiya nicht nur den Raum des Teegenusses in schlichter Gepflegtheit und behaglicher Sammlung, sondern auch den unbeschränkten Raum der Phantasie und des heiteren Geistes, darin das irdisch Unvollkommene sich leise zur Vollkommenheit zu entfalten vermag.
Tee nackt
Nicht jeder besitzt in seinem Garten ein eigenes Teehaus wie der Dichter Wilhelm v. Scholz, der, nun neunzigjährig, dort noch immer bei stiller Einkehr den Blick über den Bodensee genießt. Im Haus an der Elbchaussee bei Madame S. gab es immerhin eine reizende Tee-Ecke, und dort, mit der Aussicht auf den Strom und die Schiffe der Welt, versammelte sich gelegentlich eine kleine Gesellschaft. Der Tee, auf einem Seitentisch von der Hausfrau selber bereitet, duftete belebend in den dezent geschmückten Raum. Es wurde sehr leise von einer entzückenden Haustochter serviert. Sahne, Zucker, Zitrone und Rum wurden herumgereicht. Doch der Oberbaurat sagte: »Danke, ich trinke den Tee nackt.« Und fügte freundlich hinzu: »Wenn er so vorbildlich bereitet ist wie hier. Mit Vergnügen, gnädige Frau, hab’ ich Ihren Händen zugeschaut. In die vorgewärmte Kanne schüttete der Teelöffel neunmal anmutig seine volle Last, der musischen Anzahl Münder gemäß, die der Letzung harren. Daß die Sorte und Mischung edel ist, verriet schon der Hauch, der lieblich wie Honiggrasheu aus der Teebüchse säuselte. Dann das springend sprudelnde kochende Quellwasser – gesegnet dieses Haus, das ungechlort aus eignem Grunde tanken darf! – wirkte genau, ich sah nach der Uhr, viereinhalb Minuten auf die raschelnd trockenen Blättlein indischer Hochlese, um sich unnachahmlich golden zu färben und mit dem Aroma, darin Kamelie, Sandelholz, Orient und ein Schmack westlichen Bratapfelgemüts gemischt scheinen, sich in die Servierkanne und von dort in unsere Tassen zu ergießen.«
Der wohlgelaunte Sprecher galt als Lebemann, ausgepicht und dem Poetischen hold. Man zollte ihm Beifall, hatte aber teils gefürchtet, teils gehofft, ihn betreffs Nacktheit des Tees bei dem Vergleich ins Amouröse abschweifen zu hören. Nicht ganz enttäuschte nun der Lächelnde. Indem er sich dem Teegeschirr zuwandte, pries er die Form, der trotz bajuwarischer Manufaktur entschieden ein altes Sèvres zum Muster gedient. Man weiß, sagte er, die leichtherzige und zu Unrecht unglückliche Wienerin Marie Antoinette hat diese ausgewogenen Schalen ihren poitrines douces – wie sag ich’s auf deutsch –, ihren reizenden Blusenkätzchen, nachbilden lassen. Hat man ihr nicht nachgesagt, sie habe Tee statt Blut in den Adern? Damals zu Paris und Versailles war Blut wohlfeiler als Tee.
Teeflucht
Obgleich beim Tee das Bedenkliche und Traurige der Welt vor der Tür bleiben sollte, gibt es doch wenig sonstige Gelegenheit, klar zu erkennen, nein, sich rückhaltlos einzugestehen, was draußen an Bedrohlichem lauert und schon durch die