Schenke mir dein Herz, Valerie: Der Bergpfarrer 267 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Die Sonne stand am strahlend blauen Himmel, die Luft flirrte und war erfüllt von den Gerüchen des Sommers. Valerie von Eicken tänzelte durch den Salon und »schwebte« durch die weit geöffnete Flügeltür hinaus auf die Terrasse. Agatha van Huismann schüttelte missbilligend den Kopf: Die ältliche Hausdame, eine entfernte Verwandte mit holländischen Wurzeln, die von allen mit Tante angeredet wurde, räusperte sich. »Mein liebes Kind«, sagte sie, mit hoher Stimme und in empörtem Ton, »es schickt sich nicht für eine Baroness, sich derart fortzubewegen. Mein Gott, wie oft muss ich es dir noch sagen? Schreiten, Valerie, du musst schreiten!« »Ach, Tante Agatha«, lachte das hübsche Freifräulein und schüttelte den Kopf, dass die blonden Locken nur so flogen, »wir sind hier doch nicht bei ›Königs‹, sondern ganz stinknormale Adlige. Verarmt sogar, wie man vermutlich hinzufügen muss.« Die gute Hausdame stieß einen Seufzer aus und bedeckte ihr Gesicht mit der Hand. »Herrgott, war denn meine ganze Erziehung umsonst?«, fragte sie, den Blick jetzt zum Himmel gerichtet. Doch von dort bekam sie keine Antwort. Stattdessen ertönte eine tiefe Stimme von der Tür her. »Was ist denn, meine liebe Agatha?« Julius von Eicken trat auf die Terrasse hinaus. Sofort lief Valerie zu ihm und fiel ihm um den Hals. Sie gab ihm einen Kuss und führte ihn zu dem Tisch auf dem schon Kaffee und Kuchen bereitstand.
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Buchvorschau
Schenke mir dein Herz, Valerie - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 267 –
Schenke mir dein Herz, Valerie
Alexanders wahre Liebe?
Toni Waidacher
Die Sonne stand am strahlend blauen Himmel, die Luft flirrte und war erfüllt von den Gerüchen des Sommers.
Valerie von Eicken tänzelte durch den Salon und »schwebte« durch die weit geöffnete Flügeltür hinaus auf die Terrasse.
Agatha van Huismann schüttelte missbilligend den Kopf: Die ältliche Hausdame, eine entfernte Verwandte mit holländischen Wurzeln, die von allen mit Tante angeredet wurde, räusperte sich.
»Mein liebes Kind«, sagte sie, mit hoher Stimme und in empörtem Ton, »es schickt sich nicht für eine Baroness, sich derart fortzubewegen. Mein Gott, wie oft muss ich es dir noch sagen? Schreiten, Valerie, du musst schreiten!«
»Ach, Tante Agatha«, lachte das hübsche Freifräulein und schüttelte den Kopf, dass die blonden Locken nur so flogen, »wir sind hier doch nicht bei ›Königs‹, sondern ganz stinknormale Adlige. Verarmt sogar, wie man vermutlich hinzufügen muss.«
Die gute Hausdame stieß einen Seufzer aus und bedeckte ihr Gesicht mit der Hand.
»Herrgott, war denn meine ganze Erziehung umsonst?«, fragte sie, den Blick jetzt zum Himmel gerichtet.
Doch von dort bekam sie keine Antwort. Stattdessen ertönte eine tiefe Stimme von der Tür her.
»Was ist denn, meine liebe Agatha?«
Julius von Eicken trat auf die Terrasse hinaus. Sofort lief Valerie zu ihm und fiel ihm um den Hals. Sie gab ihm einen Kuss und führte ihn zu dem Tisch auf dem schon Kaffee und Kuchen bereitstand.
»Papa, ist das nicht ein herrlicher Tag?«, rief sie begeistert aus. »Machen wir nachher noch einen kleinen Ausritt?«
»Julius«, mischte sich Frau van Huismann ein, bevor der Baron seiner Tochter antworten konnte, »würdest du bitte das Kind darauf hinweisen, dass es nicht immer über unsere Familie als von verarmten Adel spricht! Was sollen denn die Leute denken?«
Valeries Vater zog belustigt die rechte Augenbraue in die Höhe, während das Madel ihm zuzwinkerte.
»Also wirklich«, sagte er betont streng, »da muss ich Tante Agatha Recht geben. Das geht doch nicht, mein Kind.«
Die alte Dame sah die Baroness triumphierend an.
»Hoffentlich merkst du es dir, Valerie«, bemerkte sie noch, ehe sie hineinging, um ein kleines Schläfchen zu halten.
Kaffee trank sie ohnehin nicht, und Kuchen, womöglich noch mit Sahne, verabscheute Frau Agatha van Huismann geradezu.
»Setz’ dich«, sagte Julius von Eicken zu seiner Tochter, als sie alleine waren, »ich muss mit dir reden.«
Irgendetwas an seinem Tonfall machte sie stutzig.
»Was gibt’s denn?«, fragte sie. »Du bist doch wohl nicht ernsthaft wegen der ›armen Adligen‹ verärgert, oder?«
Der Baron schüttelte den Kopf.
»Unsinn«, antwortete er, »zumal der Vergleich gar nicht so verkehrt ist …«
Die Baroness horchte auf. Es waren ernste Worte, die sie da aus dem Mund ihres Vaters hörte.
Stand es tatsächlich so schlecht um das Vermögen ihrer Familie?
Valerie wusste, dass sie nicht immens reich waren. Doch immerhin warf das Gut so viel ab, dass es zu einem standesgemäßen Leben reichte. Sie hatten das Schloss, eine stattliche Anzahl von Bediensteten, und in ein paar Wochen würde sie in die Verwaltung des Gutbetriebes einsteigen. Alles in allem waren die Aussichten doch ganz rosig.
Indes – die nächsten Worte ihres Vaters holten Valerie von Eicken ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurück.
»Wie …, wie meinst du das?«, fragte sie zaghaft.
Der Baron sah seine Tochter nachdenklich an.
Dreiundzwanzig Jahre war sie jetzt alt und sah ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter so ähnlich, dass er manchmal glaubte, mit Katharina zu sprechen, wenn Valerie vor ihm saß.
Eine ausgesprochene Schönheit war sie, mit den blonden gelockten Haaren, die ihr weich auf die runden Schultern fielen. Das Gesicht war fein geschnitten, die kleine Nase gerade und wohlgeformt. Auch die Figur hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Schlank und genau richtig proportioniert, zog Valerie die begehrlichen Blicke der Männer auf sich, wenn sie und ihr Vater Gäste auf einer Gesellschaft waren oder die Oper besuchten.
»Du wirst ja nun bald in die Verwaltung unseres Gutes eintreten«, antworte Julius von Eicken, mit seiner dunklen sonoren Stimme, »daher halte ich es für angebracht, dich schon jetzt auf einige Umstände aufmerksam zu machen. Valerie, es steht nicht gut mit unseren Finanzen …«
Die Baroness war bleich geworden.
»Was sagst du?«, hauchte sie tonlos.
»Es ist leider so«, antwortete ihr Vater. »Die Ernte im letzten Jahr war miserabel, wie es in diesem Jahr wird, hängt ganz von der Witterung ab. Wenn wir wieder so einen schlechten Sommer haben, sehe ich Schwarz. Die Brauerei konnten wir nur halten, weil das Geschäft mit Polen nicht geplatzt ist, und was die Jagd und Fischerei angeht, da verzeichnen wir ohnehin seit Jahren keine großen Gewinne mehr. Seit der Öffnung der EU-Grenzen zum Osten hin, kommen von dort billige Importe, bei denen wir nicht mithalten können.«
»Und was können wir da tun?«
Valerie war wie vor den Kopf geschlagen. Natürlich besaßen sie keine Reichtümer, keine Konten in der Schweiz und keine Aktienpakete irgendwelcher Firmen, die hohe Rendite abwarfen. Den »verarmten Adel« hatte sie freilich nur im Scherz gesagt. Dass es aber tatsächlich so schlimm stehen könne, damit hatte sie nicht gerechnet.
Julius von Eicken räusperte sich.
»Gero von Hohenstetten hat mir eine Beteiligung angeboten«, sagte er endlich, nachdem ihm die Worte so gar nicht über die Lippen wollten.
Sie blickte ihn erstaunt an.
»Du willst einen Fremden in das Geschäft holen?«, fragte Valerie ungläubig.
»Na ja, ein Fremder ist Gero ja nun nicht. Immerhin kenne ich ihn seit unserer gemeinsamen Internatszeit.«
»Für mich ist er ein Fremder«, beharrte die Baroness. »Schließlich bin ich ihm erst einmal begegnet. Und was man so über seinen Sohn liest – da vergeht einem ohnehin die Lust, diese Familie näher kennen lernen zu wollen.«
Julius verzog das Gesicht, als hätte er puren Zitronensaft getrunken und biss sich auf die Unterlippe.
Dieser letzte Satz, der hätte besser nicht kommen dürfen …
»Gero hat bei mir im Namen seines Sohnes Alexander um deine Hand angehalten …«, brachte er mühsam hervor.
*
Valerie sah ihren Vater ungläubig an, suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Anzeichen, dass er sich einen Spaß mit ihr erlaubt hätte.
Doch Julius von Eicken blieb ernst. Sein markantes Gesicht war zu einer Maske erstarrt.
»Das ist doch wohl ein Scherz!«, sagte die Baroness, obwohl sie längst die Antwort wusste.
Der Baron schüttelte den Kopf.
»Nein, Valerie, mit so etwas scherze ich nicht«, entgegnete er. »Aber bitte – du sollst wissen, dass ich dich zu nichts zwinge. Du kannst frei entscheiden …«
Sie wartete.
Der Satz war doch noch nicht beendet, da kam doch noch was?
»Allerdings?«, fragte die Baroness.
»Allerdings wird es für uns sehr schwer werden, dieses Jahr zu überstehen, wenn Gero sein Angebot zurückzieht«, fuhr ihr Vater fort. »Möglicherweise müssen wir uns dann doch von der Brauerei trennen und auch die Fischereirechte verkaufen. Vielleicht auch die Grundstücke …«
Valerie hielt den Atem an. »Eicken-Bräu« war ein weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekanntes Bier, gegründet hatte die Brauerei ihr Ururgroßvater und seither war sie im Besitz der Familie. Und seit Generationen besaßen die von Eickens Grundstücke am Achsteinsee, sowie Fischereirechte.
Dies alles zu verkaufen, wäre wie …, als