Benny Blooster: Wyatt Earp 217 – Western
Von William Mark
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Die Männer, die den kleinen Oliver Earp aus Tombstone entführt haben, sind tot. Es waren drei Banditen, die aus der Nevadastadt Tampico stammten. Ben, Cole und Jake Haggar. Ben starb in Tampico, Cole in Frisco und der Letzte, der den Jungen nach Yuma Town geschleppt hatte, wurde hier von dem Sheriff dieser Stadt getötet, als Wyatt Earp noch versuchte, ihn lebend zu bekommen. Wo aber war der kleine Oliver? Der Missourier war mit dem Sheriff zum Totenhaus gegangen, wo sie Jake Haggar auf den schwarz gestrichenen Leichenkasten gelegt hatten. Unverwandt blickte der Missourier auf das fahle Gesicht des Toten, das in dem Schein der schwachen Stalllaterne, die der Sheriff in der Hand hatte, aussah, als wäre es das Gesicht einer Mumie. »Wo hast du den Jungen gelassen?« Der Missourier hatte es tonlos vor sich hin gesprochen. Sheriff Degger blickte auf das scharf geschnittene Profil des berühmten Gesetzesmannes, der da einem Kidnapper über viele hundert Meilen bis hierher nach Yuma Town gefolgt war. »Ich konnte natürlich nicht ahnen, dass Sie den Mann lebend haben müssten«, brach es heiser über die Lippen des schnauzbärtigen hageren Sheriffs. Wyatt schüttelte den Kopf: »Nein, natürlich nicht. Aber wo finde ich jetzt den Jungen?« Sie wandten sich um, verließen den Totenschuppen und standen auf der Main Street, auf der die Menschen noch von den Schüssen schockiert waren. Aber allmählich setzte das Leben, das sich um diese Abendstunde stets in der Hauptstraße Yuma Towns abspielte, wieder voll ein. Wyatt begleitete den Sheriff zum Office hinüber und erklärte, dass die Suche nach dem Jungen mit größter Vorsicht vonstattengehen müsste. »Es ist ja anzunehmen, dass Jake Haggar den Jungen nicht nur in irgendein Zimmer eingesperrt hat, sondern dass er ihn irgendwo gelassen hat, wo er bewacht wird.« »Möglich«, meinte der Sheriff.
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Benny Blooster - William Mark
Wyatt Earp
– 217 –
Benny Blooster
William Mark
William Mark
Die Männer, die den kleinen Oliver Earp aus Tombstone entführt haben, sind tot. Es waren drei Banditen, die aus der Nevadastadt Tampico stammten. Ben, Cole und Jake Haggar. Ben starb in Tampico, Cole in Frisco und der Letzte, der den Jungen nach Yuma Town geschleppt hatte, wurde hier von dem Sheriff dieser Stadt getötet, als Wyatt Earp noch versuchte, ihn lebend zu bekommen.
Wo aber war der kleine Oliver?
Der Missourier war mit dem Sheriff zum Totenhaus gegangen, wo sie Jake Haggar auf den schwarz gestrichenen Leichenkasten gelegt hatten.
Unverwandt blickte der Missourier auf das fahle Gesicht des Toten, das in dem Schein der schwachen Stalllaterne, die der Sheriff in der Hand hatte, aussah, als wäre es das Gesicht einer Mumie.
»Wo hast du den Jungen gelassen?«
Der Missourier hatte es tonlos vor sich hin gesprochen.
Sheriff Degger blickte auf das scharf geschnittene Profil des berühmten Gesetzesmannes, der da einem Kidnapper über viele hundert Meilen bis hierher nach Yuma Town gefolgt war.
»Ich konnte natürlich nicht ahnen, dass Sie den Mann lebend haben müssten«, brach es heiser über die Lippen des schnauzbärtigen hageren Sheriffs.
Wyatt schüttelte den Kopf: »Nein, natürlich nicht. Aber wo finde ich jetzt den Jungen?«
Sie wandten sich um, verließen den Totenschuppen und standen auf der Main Street, auf der die Menschen noch von den Schüssen schockiert waren. Aber allmählich setzte das Leben, das sich um diese Abendstunde stets in der Hauptstraße Yuma Towns abspielte, wieder voll ein.
Wyatt begleitete den Sheriff zum Office hinüber und erklärte, dass die Suche nach dem Jungen mit größter Vorsicht vonstattengehen müsste.
»Es ist ja anzunehmen, dass Jake Haggar den Jungen nicht nur in irgendein Zimmer eingesperrt hat, sondern dass er ihn irgendwo gelassen hat, wo er bewacht wird.«
»Möglich«, meinte der Sheriff. »Aber wäre es nicht doch besser, den Ausruf loszuschicken, denn …«
Der Marshal schüttelte den Kopf.
»Auf keinen Fall, Mr Degger. Ich kann es mir nicht leisten, den oder die Verbrecher zu warnen. Die Leute, die das Kind in Händen haben, wissen ja, wessen sie sich schuldig machen.«
Schweigend betraten sie den Vorbau des Sheriff-Offices.
Wyatt ging nicht mit hinein, sondern erklärte dem Sheriff, dass er sich gleich auf die Suche machen wollte.
»Jetzt in der Nacht?«, wollte der Sheriff wissen.
Wyatt blickte ihn verblüfft an.
»Ja, natürlich. Ich muss doch alles daransetzen, den Jungen auf schnellstem Wege zu finden. Wer weiß denn, wie er untergebracht ist.«
Degger blickte schweigend hinter dem großen hochgewachsenen Mann her, der mit federndem Schritt und singenden Sternradsporen davonging. Bald hatte ihn das Dunkel verschluckt.
*
Der Missourier suchte zunächst die Boardinghäuser ab, wo Jake Haggar ja möglicherweise abgestiegen sein konnte.
Aber der Gedanke ließ ihm keine Ruhe, dass Haggar auch jetzt mehrere Tage hatte verstreichen lassen, ehe er sich wieder beim Postoffice in der Hauptstraße hatte sehen lassen.
Deutete das nicht darauf hin, dass er sich gar nicht in der Stadt selbst aufgehalten hatte? Dass er sein Quartier irgendwo draußen vor der Stadt oder in ihrer Umgebung genommen hatte?
Dann wurde es womöglich noch schwieriger, den Jungen zu finden.
Aber auch in der Stadt war es schwer genug, nach dem Kind zu suchen.
Der Missourier graste sämtliche Boardinghäuser und Hotels ab, und als er in die Main Street zurückkam, war es schon nach ein Uhr.
Die meisten Lichter waren erloschen. Nur in wenigen Schenken brannten noch die Lampen.
Der Missourier ging hinauf in das Hotel, in dem er ein Zimmer hatte, legte sich ein paar Stunden hin und stand dann schon gegen halb fünf auf.
Der Hotelwirt war schon wach und begrüßte ihn servil, war aber keineswegs erfreut, als der berühmte Gast, dessen Namen er ja erst durch den Gunfight auf der Straße erfahren hatte, sich schon verabschieden wollte.
Wyatt zahlte das Zimmer und ein Frühstück und nahm sein Pferd.
Er hatte gestern Abend am westlichen Stadtrand in einer der kleinen Gassen ein Quartier bei einem Mann gefunden, der nur vermietete, wenn ein Rodeo oder sonst irgendeine große Veranstaltung stattfand, und die Menschen von nah und fern Yuma Town aufsuchten.
Das Zimmer war zwar schrägwandig, aber um mehr als die Hälfte billiger als oben in der Main Street im Hotel. Außerdem war er hier unbeobachtet.
Er hatte mit dem neuen Quartierwirt, einem Österreicher, der vor dreißig Jahren über den großen Teich gekommen war und hier eine neue Heimat gefunden hatte, ausgemacht, dass er schon gegen fünf kommen könnte.
Der Mann betrieb eine Schuhmacherei, war fleißig und fühlte sich sehr geehrt, einen so berühmten Gesetzesmann unter seinem Dach beherbergen zu können.
Im ganzen Haus herrschte eine typisch österreichische Behaglichkeit, die den Missourier auch sofort gefangengenommen hatte.
Aber er hatte keine Zeit, sich über diese Dinge zu freuen, denn er musste ja seine Suche fortsetzen. Wo mochte der Verbrecher Jake Haggar den kleinen Oliver untergebracht haben?
Wieder verwandte der Marshal viele Stunden darauf, seine Suche fortzusetzen.
Es war schon nach zwölf Uhr, als er in einer der Parallelgassen der Main Street hinter einem großen Scheunenhaus auf einem freien Platz auf eine Bank zuging, um sich dort ein paar Minuten auszuruhen.
Da die Bank im Schatten stand, wollte er um die Ecke des Baues herumgehen, und sich dort einen Moment auf den Boden in die Sonne setzen.
Kaum hatte er die Ecke erreicht, als er stehenblieb.
Wenige Yards vor ihm war ebenfalls eine alte morsche Bank an die Scheunenwand gelehnt, auf der eine junge Frau saß. Vielleicht ein Mädchen noch.
Sie war sicher nur wenig über zwanzig Jahre alt. Ihr Haar war hellblond und fiel in weichen Locken um ihr hübsch geschnittenes Gesicht.
Aus großen kobaltblauen Augen blickte sie den Fremden jetzt an und stand langsam auf. Ihr hellblaues, mit weißen Tupfen besetztes Kleid wurde von einer winzigen Schürze geziert. Neben ihr auf der Bank stand eine Ledertasche, in der Bücher waren.
»Verzeihung«, sagte sie, »sitze ich vielleicht hier auf Ihrer Bank? Ich komme öfter mittags hierher, wenn ich freie Zeit habe. Es ist ein schöner, sonniger Fleck –«
»Nein, nein, bleiben Sie nur sitzen, Miss«, versetzte der Missourier, »ich bin in der gleichen Absicht hergekommen. Auch ich wollte mich hier ein paar Minuten ausruhen.«
Aber er blieb unverwandt an der Hausecke stehen.
»Bitte, nehmen Sie doch Platz«, meinte das Mädchen mit einer anmutigen Geste.
Sie strahlte wirklich einen großen Liebreiz aus und hatte etwas Frisches, Duftiges an sich. Man glaubte, den Geruch frischer Seife direkt zu verspüren.
Wyatt kam zögernd heran und setzte sich auf die äußerste Kante der Bank – mit dem Erfolg, dass das alte Möbel auf der rechten Seite, wo das Mädchen gesessen hatte, etwas in die Höhe gehen wollte.
Sie lachten beide, und dann setzte sich Wyatt näher an sie heran, so dass die Bank fest stehenblieb.
Schweigend saßen die beiden eine Weile hier, und dann meinte das Mädchen: »Ist es nicht schrecklich – das mit dem Jungen?«
Wyatt blickte sie verblüfft an.
»Mit welchem Jungen?« Er war natürlich sofort hellhörig, und jede Faser seines Körpers spannte sich.
»Ich meine das mit dem kleinen Oliver Earp. Er soll doch der Neffe des berühmten Marshals Wyatt Earp sein. Wussten Sie nicht, dass der Marshal in der Stadt ist?«
»Doch«, entgegnete der Missourier trocken, »ich wundere mich nur, woher Sie es wissen.«
»Aber das weiß doch jeder«, meinte die junge Frau. »Der Ausrufer ist doch schon eine ganze Weile dabei …«
Das schrille Geläut einer Handglocke gellte jetzt bis zu ihnen hinüber.
»Da«, sagte das Mädchen, »hören Sie nur. Jetzt ist er auch hier vorn in der Gasse.«
»Entschuldigen Sie mich«, murmelte der Marshal, erhob sich und ging um das Scheunenhaus herum in die Gasse.
Tatsächlich sah er da einen alten, krummbeinigen stoppelbärtigen Mann stehen, der mit schriller Stimme eine Bekanntmachung des Sheriffs ausrief.
Danach wurde ein kleiner fünfjähriger Junge gesucht, der von einem Kidnapper vor einigen Tagen hierher in die Stadt geschleppt worden war. Es wurde verkündet, dass der Kidnapper Jake Haggar hieß und gestern Abend im Revolverduell von dem Sheriff zur Strecke gebracht worden sei. Ferner wurde erklärt, dass der Sheriff bei diesem Duell dem bekannten Staatenreiter Wyatt Earp das Leben gerettet hatte. Dazu fügte der Ausrufer mehrmals den Namen des Jungen: Oliver Earp.
»Der Junge ist der fünfjährige Sohn des Tombstoner Sheriffs Virgil Earp, der ein Bruder Wyatt Earps ist! Die Bevölkerung wird ersucht, sich an den Sheriff zu wenden, falls es irgendwo einen Hinweis gibt, wo der Junge steckt!«
Der Marshal stand wie angenagelt da.
War es denn die Möglichkeit? Hatte Sheriff Degger denn den Verstand verloren? Hatten sie nicht gestern Abend darüber gesprochen, dass nichts über den Namen des Jungen verlauten sollte? Dass man es möglichst auch vermeiden sollte, den Namen des Marshals zu nennen! Es reichte doch gerade, dass einige Leute auf der Main Street davon Wind bekommen hatten.
Der Marshal ging sofort durch eine kleine schmale Gasse hinauf in die Main Street und suchte das Sheriff-Office auf.
Es war verschlossen.
Der Marshal fuhr sich ärgerlich durchs Genick und sah einen alten Mann, der nebenan auf einem Schaukelstuhl saß und in die Sonne blinzelte.
»Wissen Sie vielleicht, wo ich den Sheriff finden kann, Mister?«
Der Alte lächelte mit seinem zahnlosen Mund, dessen Ränder braun von Tabakresten waren, und deutete mit seinem hornigen Daumen über die rechte Schulter: »Nebenan in der Mustang-Bar, Mister.« Plötzlich sprang der Alte auf: »He, ich habe Sie doch schon irgendwo gesehen. Heavens, jetzt weiß ich es!
Sie sind Wyatt Earp! Jawohl, Wyatt Earp!«
Der Marshal machte, dass er weiterkam, ging auf die Bar zu, stieß die Pendeltüren auf und sah den Sheriff drüben mit einigen Männern an der Theke lehnen.