Im Sturmwind der Highlands
Von Jessica Hart
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Über dieses E-Book
Ein Leben ohne Liebe in den Highlands kann Mallory sich nicht vorstellen. Und doch scheint genau das ihr Schicksal zu sein, denn sie muss ihrem Ehemann Torr McIver auf seine einsam gelegene Burg nach Schottland folgen. Wider Erwarten lernt sie den ernsten Unternehmer dort von einer ganz anderen Seite kennen: humorvoll, männlich, faszinierend! Verliebe ich mich etwa gerade in meinen eigenen Mann, fragt sich Mallory erstaunt. Aber das darf nicht sein! Schließlich will Torr nur eine Vernunftehe mit ihr führen. Denn er begehrt eine andere, die scheinbar so fern - und doch so nah ist …
Jessica Hart
Bisher hat die britische Autorin Jessica Hart insgesamt 60 Romances veröffentlicht. Mit ihren romantischen Romanen gewann sie bereits den US-amerikanischen RITA Award sowie in Großbritannien den RoNa Award. Ihren Abschluss in Französisch machte sie an der University of Edinburgh in Schottland. Seitdem reiste sie durch zahlreiche Länder, da sie sich beruflich nicht festlegen wollte. Mit vielen Jobs hielt sie sich in diesen Ländern unter anderem in Südafrika, Tanganyika, Australien, Oman, Pakistan, Algerien, Belize sowie den USA über Wasser. Jessica Hart war als Auslandskorrespondentin tätig, sie begleitete eine Expedition in Westafrika oder unterrichtete Englisch. Nebenbei hat sie als Kellnerin, Zimmermädchen, Tellerwäscherin, Sekretärin oder als Assistentin in einem Restaurantführer-Verlag gearbeitet. In ihren Büchern finden die Leser manche dieser Berufe wieder. Sie selbst sagt, dass in ihrer Brust zwei Seelen schlummern, einerseits träumt sie von einem gefährlichen Leben in fremden Ländern, sie reist gern. Andererseits fühlt sie sich mit ihrer Heimat England sowie mit ihrer Familie verbunden, sie liebt viele Dinge, die es nur in ihrem Heimatland gibt.
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Buchvorschau
Im Sturmwind der Highlands - Jessica Hart
Jessica Hart
Im Sturmwind der Highlands
IMPRESSUM
ROMANA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2008 by Jessica Hart
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1786 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Sabine Robin
Fotos: Corbis / RJB Photo Library
Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86295-320-2
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
1. KAPITEL
„In diesem Februar wurden in Großbritannien so viele Valentinstagskarten verkauft wie noch nie zuvor", sagte der Sprecher am Ende der Nachrichten.
Rasch drückte Mallory McIver den Aus-Knopf auf der Fernbedienung. Sie wollte nicht an das heutige Datum erinnert werden, denn am vierzehnten Februar vor einem Jahr hatte Steve sie mit einer Reise nach Paris überrascht. Außerdem hatte er ihr einen Diamantanhänger geschenkt und von ihrer gemeinsamen Zukunft gesprochen. Es war der glücklichste Tag in ihrem Leben gewesen.
Rasch fasste sie nach dem kleinen Schmuckstück, das sie – trotz allem – um den Hals trug. Plötzlich hob ihr Hund, der reglos zu ihren Füßen gelegen hatte, den Kopf. Momente später hörte sie, wie die Haustür geöffnet wurde. Sie ließ die Hand sinken. Torridon, ihr Ehemann, war nach Hause gekommen.
Schwanzwedelnd trottete Charlie zur Wohnzimmertür und jaulte, damit sein Frauchen sie ihm aufmachte. Wohl oder übel stand Mallory auf, bevor der Hund noch begann, am Holz zu kratzen. Er würde ohnehin keine Ruhe geben, ehe er Torr nicht begrüßt hatte.
Ihr Liebling mit den klugen Augen eines Collies und den Hängeohren eines Labradors war eine richtige Promenadenmischung und sicher nicht der schönste Vierbeiner der Welt. Sie hatte ihn vor sieben Jahren aus dem Tierheim geholt, was er ihr seither mit anhänglicher Treue dankte.
Er hatte in ihrem Leben die erste Geige gespielt, bis sie Steve kennenlernte. Es war nicht überraschend gewesen, dass der Hund mit Eifersucht reagierte. Die beiden waren leider keine Freunde geworden, was die ansonsten sehr glückliche Zeit zu dritt ein wenig getrübt hatte.
Seltsamerweise war es mit Torr anders gelaufen. Obwohl ihr Mann nicht viel Zeit mit ihnen verbrachte, hatte Charlie ihn vom ersten Augenblick an ins Herz geschlossen. Er freute sich jedes Mal, wenn er ihn sah, und schien es ihm nicht zu verübeln, dass er nur beiläufige Aufmerksamkeit bekam.
Als Mallory die Tür zur Diele öffnete, sah Torr gerade die Post durch, die sie für ihn auf das Tischchen gelegt hatte. Er war ein imposanter, athletisch gebauter Mann mit strengen Gesichtszügen, die selten verrieten, was er dachte. Offenbar regnete es, denn seine dunklen Haare und der Mantel schimmerten feucht im Licht der Deckenlampe.
Wenn Torr nicht gerade seinem Ruf gerecht wurde, einer der cleversten und erfolgreichsten Geschäftsmänner in Ellsborough zu sein, unternahm er Klettertouren. Er liebte die Berge. Allerdings konnte sich Mallory des Eindrucks nicht erwehren, dass die Rauheit, Einsamkeit und Trostlosigkeit der Berglandschaften etwas auf ihn abgefärbt hatten.
„Platz!" Torr streichelte Charlie flüchtig, als dieser sich sogleich gehorsam setzte.
Anscheinend zufrieden mit dieser kleinen Geste kehrte der Hund danach zu seinem Frauchen zurück, und Torr wandte sich um. Zum ersten Mal nahm er Mallory wahr, die auf der Türschwelle stehen geblieben war. Sie trug modisch elegante Kleidung und wirkte in der weiten Seidenhose und dem fein gestrickten Top ausgesprochen schlank, fast schon dünn. Die langen dunklen Haare verdeckten das Gesicht, während sie sich zu ihrem Liebling beugte, der den Kopf gegen eines ihrer Beine drückte.
„Guter Hund, lobte sie ihn, tätschelte seinen Rücken und richtete sich wieder auf. „Hallo
, begrüßte sie dann ihren Mann. Ihre Blicke begegneten sich, und die Wärme, die sich eben noch in ihren Augen gespiegelt hatte, wich einer gewissen Reserviertheit.
„Hallo."
Niemand, der uns beobachtet, würde meinen, dass wir erst fünf Monate verheiratet sind, dachte sie. Heute war Valentinstag, doch Torr hatte keine Blumen gekauft, und nicht die Andeutung eines Lächelns lag auf seinen Lippen. Wie anders war es vor einem Jahr mit Steve gewesen.
„Ich habe gerade die Nachrichten gesehen."
Torr zog den Mantel aus, und einige Regentropfen fielen auf den gefliesten Dielenboden des vornehmen georgianischen Stadthauses. „Hast du vielleicht einen Moment Zeit?", erkundigte er sich, nachdem er das Kleidungsstück an die Garderobe gehängt hatte.
„Natürlich", antwortete sie in demselben förmlichen Ton. Sie beide redeten nicht oft miteinander, aber wenn, taten sie es immer höflich.
Charlie wartete, bis Torr den Wohnraum betreten hatte, und ließ sich dann auf dem Teppich nahe am Kaminfeuer nieder. Zweifellos war er zufrieden, dass er die zwei Menschen, denen sein Herz gehörte, gleichzeitig im Auge behalten konnte. Dieses Glück wurde ihm nur selten vergönnt.
In stillschweigender Übereinkunft hatten Mallory und Torr das Haus in ihre jeweiligen Privatbereiche aufgeteilt, und dieses Zimmer galt als ihres. Allerdings fühlte sich für sie jeder der Räume wie ihrer an, da sie sich um die Einrichtung gekümmert hatte.
Mallory war von Torr mit der Gestaltung seines Hauses beauftragt worden, auf diese Weise hatten sie sich kennengelernt. Damals wäre es ihr nicht im Traum eingefallen, dass sie hier selbst einmal leben würde.
Seit der Hochzeitsnacht, die schlichtweg verheerend verlaufen war, schliefen sie sogar in getrennten Zimmern. Sie schloss zwar ihre Tür nicht ab, doch hatte er noch nie einen Fuß über die Schwelle gesetzt. Schon wiederholt hatte sie sich gefragt, in welcher Weise er von ihrer Ehe profitierte. Ihr jedenfalls nutzte sie in zweifacher Hinsicht: Sie hatte ein Dach überm Kopf und war durch Torr ihre enormen Schulden losgeworden. Er hingegen hatte nicht nur viel Geld bezahlt, sondern musste sein Haus jetzt mit einer Frau teilen, die er nicht einmal besonders zu mögen schien.
„Nimm doch Platz", forderte sie ihn auf, aber er blieb offenbar lieber beim Kamin stehen.
Mallory ließ sich auf einem Lehnstuhl nieder und wünschte sich sogleich, sie hätte es nicht getan. Torr wirkte aus dieser Perspektive noch größer. Auch war ihr, als würde seine strenge Ausstrahlung ihr das Atmen erschweren. Er schaute sie mit seinen dunkelblauen Augen an, in denen sich keine Wärme spiegelte, und sie fasste unbewusst nach dem Diamantanhänger. Es war ihr unmöglich zu erkennen, was hinter Torrs Stirn vorging. Seine Miene war unergründlich.
Was sieht er wohl in meinem Gesicht, überlegte sie. Natürlich würde er die braunen Augen sehen, die hohen Wangenknochen und den sinnlichen Mund. Doch trug sie ebenso wie er eine undurchdringliche Maske. Würde er die Leere entdecken, die sie empfand, die Erstarrung und Kälte, die in ihrem Innern herrschten, seit Steve sie verlassen hatte?
„Wie war dein Tag?", erkundigte sie sich schließlich, um das immer drückender werdende Schweigen zu brechen.
„Erfolgreich."
Selbstverständlich. Torr war stets erfolgreich. Seine Baufirma, die er mit geringem Eigenkapitalanteil gegründet hatte, war heute mehrere Millionen wert. Außerdem besaß er das Talent, angeschlagene Unternehmen wieder in florierende zu verwandeln. Viele Menschen in Ellsborough verdankten ihm ihren Job, selbst wenn sie ihm noch nie persönlich begegnet waren.
„Und was hast du heute gemacht?"
„Ich habe meinen Lebenslauf neu geschrieben, denn ich möchte mir eine Stelle suchen. Am liebsten würde ich wieder als Innenausstatterin tätig sein."
Dafür müsste sie ihren Stolz überwinden und sich an Leute wenden, die sich früher um eine Zusammenarbeit mit ihr bemüht hatten. Aber dazu war sie bereit. Sie würde jeden Gedanken an ihre eigene Firma verdrängen, die sie durch Steves Betrug verloren hatte. Auch würde sie die Erinnerung an jenen Tag bekämpfen, als Torridon McIver ihr völlig freie Hand gegeben hatte bei der Einrichtung seines Hauses im vornehmsten Stadtteil von Ellsborough. Sie war selig gewesen und hatte geglaubt, es beruflich geschafft zu haben.
An jenem Abend war sie von Steve mit einer Flasche Champagner überrascht worden, und sie hatten auf den Erfolg angestoßen. Sie hatte sich am Ziel ihrer Träume gewähnt, die bald danach wie Seifenblasen zerplatzt waren. Von jetzt auf gleich hatte sie alles – inklusive Steve – verloren. Einzig Charlie war ihr geblieben.
Sie war ruiniert und am Boden zerstört gewesen und hatte die Aufmunterungsversuche ihrer Freunde kaum ertragen. Eines Tages war Torr bei ihr erschienen und hatte ihr kurz und knapp einen Handel unterbreitet: Wenn sie ihn heiratete, würde er ihre enormen Schulden tilgen, auf denen Steve sie hatte sitzen lassen. Zu dem Zeitpunkt war ihr alles so ziemlich egal gewesen. Ohne zu zögern, hatte sie Ja gesagt und die entsetzten Proteste ihrer Freunde ignoriert.
Nach und nach erholte sie sich von dem Schicksalsschlag und begann ins Leben zurückzukehren. Nach monatelanger Abkapselung traf sie sich wieder mit Freunden. Zuweilen fiel es ihr noch sehr schwer, zu lachen und so zu tun, als wäre sie okay, doch probierte sie es zumindest. Und als Nächstes wollte sie sich um einen Job bemühen.
„Du brauchst nicht zu arbeiten, äußerte sich nun Torr und runzelte die Stirn. „Du bist meine Frau.
Nicht gerade die beste Ehefrau der Welt, wie sie beide wussten. Sie hielt sich an die Vereinbarung und begleitete ihn zu geschäftlichen oder gesellschaftlichen Veranstaltungen, wenn er es wünschte. Außerdem spielte sie bei Einladungen die perfekte Gastgeberin und kümmerte sich ansonsten um den Haushalt. Das war aber auch schon alles.
„Ich kann nicht den ganzen Tag nur herumsitzen. Ich muss irgendetwas machen."
„Du wirst dort, wohin wir fahren, ein reiches Betätigungsfeld finden."
Verblüfft blickte sie ihn an. „Wir fahren weg? Wohin?"
„Nach Schottland."
„Wie bitte?"
„Ins schottische Hochland, genauer gesagt, an die Westküste. Die Gegend ist beeindruckend. Es wird dir dort gefallen."
Mallory bezweifelte es stark. Sie war ein ausgesprochener Stadtmensch und liebte es, durch Läden zu streifen, ins Kino oder Museum zu gehen und in Restaurants zu speisen. Die Bilder, die sie von den Highlands gesehen hatte, zeigten eine wilde, unwirtliche Landschaft, die sie kein bisschen reizte. Was ihm eigentlich klar sein dürfte, dachte sie und bemerkte den spöttischen Ausdruck in seinen Augen. Ja, er amüsierte sich auf ihre Kosten.
Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass du einen Urlaub planst."
„Es handelt sich um keinen Urlaub. Wir ziehen um."
„Wir ziehen um?" Ihre Stimme klang beinahe tonlos.
„Ich habe ein altes Anwesen im Hochland geerbt. Torr holte ein Foto aus der Tasche seines wie immer perfekt sitzenden Anzugs und legte es auf den Glastisch neben Mallory. „Das ist Kincaillie.
Zögerlich nahm sie das Bild und erblickte eine baufällige Burg hoch auf einem Kap, das vom grauen Meer umspült wurde. Ein wenig verlockendes Panorama. Im Hintergrund erhob sich fast bedrohlich eine Bergkette mit schroffen Felsspitzen.
„Ist das ein Witz?"
„Sehe ich aus, als würde ich scherzen?"
Nein, das tat er nicht. Nicht die Spur eines Lächelns. Hatte er überhaupt schon je einmal gelächelt? Ihr fiel keine Begebenheit ein. Bei unserer Hochzeit hat er es doch bestimmt gemacht, überlegte sie. Aber dieser Tag vor fünf Monaten lag weitgehend im Dunkeln. Sie erinnerte sich nur noch an die schreckliche Situation in der Hochzeitsnacht.
Erneut betrachtete Mallory das Foto. „Dir … gehört eine Burg?"
„Ja." Torr setzte sich ins äußere Eck des Sofas, das im rechten Winkel zu ihrem Sessel stand. „Die Aufnahme zeigt lediglich den mittelalterlichen Teil von Kincaillie und nicht, was später noch angebaut wurde.