Australischer Liebesfrühling
Von Margaret Way
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Über dieses E-Book
James Cunningham ist fasziniert von Caroline McNevin. Viel zu oft tanzt er auf dem Frühlingsball in Queensland mit ihr. Denn sie ist mit dem angesehenen Rancher Scott Harper verlobt. Trotzdem gibt es für James keinen Zweifel: Caroline ist die Frau, die er heiraten will! Nur sie soll mit ihm auf seinem traumhaften Besitz leben. Aber obwohl sie ihn ein paar Tage später besucht, wagt er nicht an das Glück mit ihr zu hoffen. Denn nach einem leidenschaftlichen Kuss weist die schöne junge Frau ihn kühl zurück. Hat sie Angst davor, ihr Herz an ihn zu verlieren?
Margaret Way
Mit mehr als 110 Romanen, die weltweit über elf Millionen Mal verkauft wurden, ist Margaret Way eine der erfolgreichsten Liebesroman-Autorinnen überhaupt. Bevor sie 1970 ihren ersten Roman verfasste, verdiente sie ihren Unterhalt unter anderem als Konzertpianistin und Gesangslehrerin. Erst mit der Geburt ihres Sohnes kehrte Ruhe in ihr hektisches Leben ein. Die gebürtige Australierin liebte ihre Heimat und vor allem das australische Outback übte dank seiner atemberaubenden Schönheit und fast unendlicher Weite schon immer eine große Faszination auf sie aus. So ist dieses schöne Fleckchen Erde auch fast immer Schauplatz ihrer romantischen, gefühlvollen Familiensagas. Die beliebte Autorin verstarb 2022.
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Australischer Liebesfrühling - Margaret Way
Margaret Way
Australischer Liebesfrühling
IMPRESSUM
ROMANA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2006 by Margaret Way
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1724 - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Johannes Martin
Fotos: RJB Photo Library
Veröffentlicht im ePub Format im 05/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86349-321-9
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
1. KAPITEL
„Du erkennst ihn sofort, sagte jemand hinter ihr. „Er reitet gerade mit den anderen Männern an die Startlinie. Da … das blaue Hemd mit der gelben Sechs auf dem Rücken.
Carrie McNevin drehte sich um. „Er ist ein Cousin von dir, nicht wahr?"
„Ein Cousin zweiten Grades! Carrie hörte die Missachtung deutlich heraus und konnte sie auch von Natasha Cunninghams Gesicht ablesen. „Ich habe kaum zwei Worte mit ihm gewechselt, seit er wieder da ist.
„Wenigstens hast du ihn nicht ganz übersehen."
Carrie empfand Mitleid mit dem jungen Mann, der von seinen Verwandten so schlecht behandelt worden war. Persönliche Erinnerungen hatte sie nicht an ihn, jedenfalls keine konkreten. Nur eine ganz vage Vorstellung, denn sie war noch ein kleines Kind gewesen, als Clay und seine Eltern ihre Heimat über Nacht verlassen hatten.
„Das war reiner Zufall, versicherte Natasha in demselben spöttischen Ton, und damit brach das kurze Gespräch ab. Beide Frauen konzentrierten sich wieder auf die Teilnehmer des „Jimboorie Cup
, dessen Verleihung alljährlich den Höhepunkt des zweitägigen Rennens bildete.
Carrie bewunderte die Reiter ebenso wie ihre Pferde, und wie immer, wenn die Outback-Bewohner über Hunderte von Meilen zu dieser festlichen Veranstaltung zusammenkamen, glühte sie vor Anteilnahme und Erregung.
Viele Teilnehmer kamen mit ihren eigenen Flugzeugen, andere legten den weiten Weg in Bussen, Trucks oder Geländewagen zurück. Auch Touristen aus den Städten fanden sich ein, Händler, die mit Farmern und Viehzüchtern günstige Verträge abschließen wollten, und sogar Glücksspieler, die beim Wetten ihr gerade gewonnenes Vermögen riskierten.
Buschrennen gehörten zu den herausragenden gesellschaftlichen Ereignissen im australischen Outback. Die Rennen von Alice Springs oder Birdsville, mit den roten Sanddünen der Simpson Desert als Kulisse, waren die bekanntesten und beliebtesten. Jimboorie lag mehr im Nordosten, im Herzen von Queensland, wo es für die riesigen Schaf- und Rinderherden genug Weideland gab.
Im September herrschte noch angenehmes Frühlingswetter. Es war trocken, und die Temperatur überstieg kaum fünfundzwanzig Grad. Nur weiter draußen, wo die Rennstrecke durch den Busch führte, konnte es schon sommerlich heiß sein.
Jimboorie war eine kleine, aber lebendige Stadt. Es gab drei Pubs, die anlässlich des Rennens voll besetzt waren, eine Polizeistation mit einem Polizisten, ein Krankenhaus mit einem Arzt und drei Schwestern und mehrere Verwaltungsgebäude. Ferner eine Apotheke, in der man außer Arzneimitteln die seltsamsten Dinge kaufen konnte, eine Schule mit einem Klassenraum, ein Postbüro, das in einer Ecke der Metallwarenhandlung untergebracht war, und zwei miteinander konkurrierende Geschäfte für Kleidung und Schuhe.
Im Pressehaus wurde das „Jimboorie Bulletin gedruckt, das einmal im Monat herauskam und in weitem Umkreis gelesen wurde. Die Filiale der „Commonwealth Bank
war zur allgemeinen Empörung schon vor Jahren geschlossen worden, aber man konnte mit einem beliebten chinesischen Restaurant und einer Bäckerei aufwarten, die sowohl für ihr Brot als auch für ihre leckeren Fleischpasteten berühmt war.
Mit knapp dreitausend Einwohnern zählte Jimboorie zu den beachtlichen Städten im Outback, und heute Nachmittag hatten sich alle auf dem Festgelände versammelt – einschließlich des jüngsten Zuwachses, der sechs Monate alten eineiigen Zwillinge von Vince und Katie Dougherty.
Die Pferde waren ausnahmslos Vollblutzüchtungen und damit der Stolz der miteinander wetteifernden Rancher. Das Fell der Tiere, die ihre Köpfe anmutig auf und ab und ihre Schweife leicht hin und her bewegten, glänzte. Auch für sie war dies ein großer Tag, denn trotz aller zur Schau getragenen Heiterkeit, trotz des lässigen Umgangstons und aller echten, für das Outback typischen Kameradschaft wurde die Konkurrenz von allen Beteiligten bitter ernst genommen.
Der „Jimboorie Cup" war von den Cunninghams gestiftet worden, einer der ersten Pionierfamilien, die von den Britischen Inseln herübergekommen waren. William Cunningham, der zweitälteste Sohn eines begüterten englischen Landwirts, war um achtzehnhundert nach Australien ausgewandert und hatte im Süden des Landes mit der Züchtung von reinrassigen Merinoschafen ein Vermögen gemacht. Erst um achtzehnhundertsechzig war ein Zweig der Familie von New South Wales nach Queensland gezogen und hatte sich auf dem weiten, fruchtbaren Land angesiedelt. Von den anfänglichen Wellblechhütten waren diese Vorfahren in schlichte Cottages und von dort in die schlossartigen Herrenhäuser umgezogen, die ihren inzwischen erreichten sozialen Status zum Ausdruck brachten und sie an die englische Heimat erinnerten.
Carries eigene Vorfahren angloirischer Herkunft waren kurz nach achtzehnhundertsiebzig ins Land gekommen – reich genug, um gut zwanzig Meilen von „Jimboorie House entfernt ein ansehnliches Heim zu gründen. Bald hießen die Cunninghams und die McNevins nur noch die „Schafbarone
, die ihr Geld mit Merinowolle machten. Das war in der guten alten Zeit, die etwa hundert Jahre dauerte, aber, wie alle guten Zeiten, einmal zu Ende gehen musste. Mit der Entwicklung synthetischer Stoffe sank der Bedarf an australischer Wolle, der besten Wolle der Welt. Wer überleben wollte, musste sich umstellen, und so wurden aus den weltberühmten Schafzüchtern weltberühmte Lieferanten von Lammfleisch.
Leider hatte sich Angus Cunningham trotzig und kurzsichtig gegen diese Entwicklung gestemmt und weiter Wolle produziert. Mit der einstmals blühenden „Jimboorie Station" war es immer mehr bergab gegangen, während die benachbarten Rancher, die sich flexibler gezeigt hatten, ihr Vermögen halten oder sogar vermehren konnten.
Heute wurde der „Jimboorie Cup von einem Konsortium finanziert – einer Gruppe von Ranchern, die hart arbeiteten, um den alten Lebensstandard halten zu können. Carries Vater, Bruce McNevin, der die Rennstrecke beaufsichtigte, war einer dieser Rancher, ebenso Natasha Cunninghams Vater. Brad Harper – ein „Neuer
, der erst vor einer Generation ins Land gekommen war –, gehörte inzwischen ebenfalls dazu und kommentierte die Rennen seit mehreren Jahren.
Eins der Rennpferde, „Lightning Boy" mit der Startnummer sechs, zeigte beträchtliche Nervosität. Es tänzelte hin und her, lief unruhig im Kreis und erhob sich zwischendurch auf die Hinterbeine, sodass sein Reiter die Zügel fest im Griff haben musste.
„Er ist nichts … ein Niemand, setzte Natasha den spöttischen Exkurs über ihren Cousin fort. Gleichzeitig kam sie weiter nach vorn und stellte sich neben Carrie an die blühende Absperrung. In Flemington, wo der „Melbourne Cup
ausgetragen wurde, dienten die berühmten Rosenrabatten als Absperrung. In Jimboorie waren es Lilienhecken, die verschwenderisch blaue und weiße Blüten trugen.
„Trotzdem versteht er es, mit einem Pferd umzugehen", meinte Carrie trocken.
„Na und? Das kann jeder Viehtreiber, und mehr ist er nie gewesen. Sein Vater passte noch zu uns, aber er ist früh gestorben. Wahrscheinlich hat er sich bei seiner Frau zu Tode gelangweilt. Sie war ein richtiges kleines Flittchen, die mit ihrem Sohn herumzog und halb Queensland unsicher machte. Inzwischen ist sie ebenfalls tot … Alkohol, Drogen, was weiß ich. Keiner von der Familie wollte mit ihr verkehren. Schon bei der Hochzeit wurde sie gemieden. Mum sagt, damals sei Clay schon unterwegs gewesen."
Typisch Julia Cunningham, dachte Carrie, die sich nie entscheiden konnte, ob sie Julia oder ihre Tochter Natasha weniger mochte. Beide waren echte Snobs, die schamlos über ihre Mitmenschen herzogen.
„Ist es dann nicht merkwürdig, dass dein Großonkel Angus sich an Clay erinnert und ihm ‚Jimboorie Station‘ vermacht hat?", fragte sie etwas schadenfroh.
Natasha brach in höhnisches Gelächter aus. „Ein schönes Vermächtnis, wenn du mich fragst! Das Wohnhaus kann jeden Tag einstürzen."
„Ich habe das alte Haus immer geliebt, erwiderte Carrie in sehnsüchtigem Ton. „Als Kind kam es mir wie ein Palast vor.
„Früher, als die Cunninghams zu den führenden Familien gehörten, mag es ganz ansehnlich gewesen sein, räumte Natasha großzügig ein. „Mein Großvater hätte die Ranch bestimmt nicht so verkommen lassen. Er hätte sich den neuen Gegebenheiten auf dem Weltmarkt angepasst, wie es dann mein Vater getan hat. Aber sein Bruder Angus war ein unfähiger Trottel und ließ den traditionsreichen Wohnsitz der Cunninghams einfach verfallen. Er hätte ‚Jimboorie‘ niemals erben dürfen, genauso wenig wie James … oder Clay, wie er sich heute nennt. James Claybourne Cunningham. Claybourne war der Mädchenname seiner Mutter. Ist das zu glauben? Ziemlich hochtrabend für … so eine.
„Ich empfinde es als nette Geste von Clay, widersprach Carrie. „An deine Seite der Familie kann er kaum angenehme Erinnerungen haben.
Das war die Untertreibung des Jahrhunderts!
Natasha rümpfte die Nase. „So wenig wie wir an ihn, aber die Familienfehde reicht viel weiter zurück. Mein Großvater und Großonkel Angus hassten sich bis aufs Blut. Im Outback hießen sie nur die ‚feindlichen Brüder‘."
„Ja, leider. Carrie kannte die traurige Familiengeschichte der Cunninghams. „Sieh nur!
Sie zog ihren Hut tiefer in die Stirn, um ihre Augen besser vor der gleißenden Sonne zu schützen. „Ich glaube, das Rennen beginnt gleich."
„Na endlich. Natasha sah Carrie mit ihren blauen Augen spöttisch an. „Ich habe auf Scott gesetzt.
„Ich auch." Carrie spielte sichtbar mit dem zweikarätigen Brillantring, den Scott ihr zur Verlobung geschenkt hatte. Natasha war eine von Scotts ältesten Verehrerinnen, und eine Cunningham bekam immer das, was sie wollte. Nur bei Scott Harper hatte sie sich verrechnet. Scott liebte Carrie und hatte sich damit die Sympathien der Cunninghams gründlich verscherzt. Glücklicherweise war Carrie inzwischen in der Lage, mit Natashas Anspielungen und Sticheleien richtig umzugehen.
Drei Rennen hatten an diesem Nachmittag schon stattgefunden, und alle Zuschauer warteten gespannt auf die letzte Entscheidung. Ein handgreiflicher Zwischenfall an der gut besuchten Bar wurde von Jimboories einzigem Polizisten fachmännisch geschlichtet, dann richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf Scott und seinen Rotfuchs „Sassafras". Scott war der Favorit des letzten Rennens und trat gegen zwei Mitglieder seines Poloteams an, die beide als ausgezeichnete Reiter galten.
Niemand hatte damit gerechnet, dass mit Clay ein weiterer ernst zu nehmender Konkurrent an den Start gehen würde. Inzwischen konnte jeder sehen, wie gut Clay im Sattel saß und wie souverän er „Lightning Boys" Zügel führte. Natürlich kannte man auch seine traurige Geschichte. Mehr noch … man wusste, dass Clay Cunningham zurückgekommen war, um sich hier im Outback eine Frau zu suchen! Die Information stammte von Vince Dougherty, Jimboories führendem Gastwirt. Wie Vince behauptete, hatte er sie Clay schon nach dem zweiten Bier entlockt.
Natürlich war Clay nicht der einzige Junggeselle in der Gegend. Das raue, harte Outback galt immer noch als eine Welt der Männer, wo geeignete weibliche Partnerinnen als Seltenheit zählten. Soweit Carrie beobachten konnte, waren alle hübschen und heiratswilligen Mädchen aus der Umgebung zum „Jimboorie Cup" erschienen. Jede meinte, die geeignete Frau für den Neuankömmling zu sein, und sprach ihren Nebenbuhlerinnen diese Fähigkeit ab. Vielleicht war es ein Fehler von Clay gewesen, sich Vince Dougherty anzuvertrauen. Wenn die Wogen des Festes später höher schlugen, konnte er gut zum Spielball der interessierten Weiblichkeit werden.
Obwohl Scott Carries Favorit war, ließ sie Clay nicht aus den Augen. Er war der geborene Reiter, und der schwarze Wallach passte zu ihm. Carrie war selbst eine gute Reiterin. Sie hatte schon verschiedene Ausscheidungskämpfe gewonnen und hätte auch heute wieder eine Trophäe nach Hause gebracht, wenn ihre Mutter ihr nicht von der Teilnahme abgeraten hätte. Carrie sollte dem heutigen Sieger den „Jimboorie Cup" überreichen, und als Präsidentin des Frauenkomitees hielt Alicia McNevin auf Form und Anstand. Wenn später die Aufnahmen für eine namhafte Frauenzeitschrift gemacht wurden, sollte ihre Tochter so frisch und strahlend