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Funkelnde Juwelen
Funkelnde Juwelen
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eBook258 Seiten3 Stunden

Funkelnde Juwelen

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Über dieses E-Book

Das Geheimnis um die DeWilde-Juwelen hat der Detektiv Nick Santos fast gelöst. Er ahnt, dass er den Schmuck bei der mysteriösen Marguerite Dubois Kauffmann finden könnte. Voller Jagdfieber begleitet er deshalb die schöne Kate DeWilde zu einer Party bei Marguerite. Hektisch durchsuchen sie das Haus - und werden fast entdeckt. Kate will danach nichts mehr mit Nick zu tun haben. Doch er kann sie nicht vergessen ...

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum5. Dez. 2016
ISBN9783733774349
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    Buchvorschau

    Funkelnde Juwelen - Janis Flores

    IMPRESSUM

    Funkelnde Juwelen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 1997 Harlequin Books S.A.

    Originaltitel: „Romancing the Stones"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SPEZIAL

    Band 11 - 1997 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Barbara Große

    Umschlagsmotive: ATeam / Shutterstock

    Veröffentlicht im ePub Format in 12/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733774349

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    „Her mit dem Stoff, oder ich schlitze Sie auf!"

    Dr. Kate DeWilde erstarrte zu Eis, als das Messer unter dem fluoreszierenden Deckenlicht aufblitzte. Die Klinge kam ihrem Gesicht so nahe, dass sie zusammenzuckte.

    Sie wusste, der Teenager vor ihr meinte es ernst. Verzweiflung drückte sich in jeder Faser seines angespannten Körpers aus. Er fuchtelte wieder mit seinem Messer vor ihrer Nase herum. Die scharfe Spitze schien riesengroß zu werden, und Kate musste sich zwingen, nicht wie gebannt darauf zu starren.

    „Emilio, begann sie und zwang sich zu einem ruhigen, beschwichtigenden Ton. „Es wird dir nichts bringen, von mir Drogen zu erpressen. Du brauchst –

    „Schnauze! Schweiß stand ihm auf der Stirn. Das schwarze Haar war feucht. Er wischte sich mit der Hand, die das Messer hielt, die Stirn ab. „Ich muss nachdenken.

    Kate konnte nicht nur einfach dastehen. Ihr Herz hämmerte wie wild. „Ich kann doch deine Verletzung behandeln, während du nachdenkst."

    Sie blickten beide auf seinen linken Arm, der schlaff an seiner Seite herunterhing. Was sie in der kurzen Zeit gesehen hatte, seit er in die Klinik gestürzt war, ließ sie vermuten, dass er in einen Bandenkrieg verwickelt worden war. Blut aus der klaffenden Wunde rann von seinen Fingern und tropfte auf den abgetretenen Linoleumfußboden. Wie eine aufblühende scharlachrote Blume breitete sich die Pfütze zu seinen Füßen immer weiter und mit jedem Tropfen gefährlich tödlich aus.

    Emilio machte einen Schritt auf sie zu, das gutaussehende junge Gesicht vor Wut und Schmerz verzerrt. Er schwankte, und Kate wusste, gleich würde er ohnmächtig werden. Aber noch hielt er das Messer fest umklammert, und sie blieb besser wo sie war. Ihre Gedanken rasten, suchten verzweifelt nach einem Ausweg.

    Sie konnte nicht warten, bis er ohnmächtig zu Boden sank, auch wenn das nicht mehr lange dauern würde, der zunehmenden Blässe unter seiner olivfarbenen Haut nach zu schließen. Kate musste rasch handeln, ehe die Situation sich zuspitzte. Emilio hatte sie in eine Ecke hinter dem Empfangstresen gedrängt, das Messer angriffsbereit in der Hand.

    Vergiss die Waffe, befahl sie sich selbst. Wenn sie es nicht tat, dann würde sie wie gelähmt vor Furcht weiter dastehen. Sie musste sich daran erinnern, dass sie Ärztin war. Der Junge vor ihr – und es war ein Junge, trotz seiner einschüchternden Haltung – war er erst sechzehn und brauchte ihre Hilfe. Es war ihr Job, ihm diese Hilfe zu geben.

    Sie versuchte es nochmals. „Bitte, hör mir zu, Emilio –"

    Er sprang so schnell vorwärts, dass sie ihn nicht mehr abwehren konnte. In der nächsten Sekunde hatte er ihre Kehle gepackt und hielt die Messerspitze genau unter ihr Auge. Sein heißer Atem fuhr ihr ins Gesicht, als er fauchte: „Woher wissen Sie meinen Namen?"

    Sie blickte ihm in die wilden schwarzen Augen. Obwohl sie schreckliche Angst hatte, konnte sie seine Furcht förmlich riechen. Oder war es ihre eigene? Sie spürte, wie ihr das Schweiß den Rücken hinunterströmte. Jetzt nur nicht panisch reagieren. Eine falsche Bewegung, und es war aus mit ihr.

    Der Griff um ihre Kehle wurde fester. „Antworten Sie mir!"

    Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Irgendwie gelang es ihr zu keuchen: „Lass mich los … dann sage ich es dir."

    „Reden Sie!"

    „Ich kenne deinen Namen, stieß sie krächzend hervor, „… weil du vor ein paar Monaten deine Großmutter in die Klinik gebracht hast. Ich erinnere mich an ihren Namen, Rosalinda Sanchez … und daran, wie stolz sie auf ihren Enkel war. Sie erzählte mir alles über dich, wie gut du für sie sorgst und wie du –

    „Genug! Ich will nichts mehr hören!"

    Er wich zurück, gab ihre Kehle frei. Kate verlor das Gleichgewicht und fiel fast hin. Hastig hielt sie sich am Tresen fest, rang nach Atem und fühlte voller Dankbarkeit Luft in ihre Lungen strömen. Sie hatte das Gefühl, ein schmales Blutrinnsal würde ihre Wange herablaufen, aber vielleicht bildete sie es sich auch nur ein. Ein Schauder überlief sie. Das war knapp gewesen!

    Diesen Gedanken verdrängte sie schnell wieder. Sie konnte sich nicht damit aufhalten, was hätte passieren können. Sie musste das Messer in die Hand bekommen und Emilios Wunde behandeln, ehe es zu spät war.

    „Was würde deine Großmutter jetzt von ihrem Enkel denken, Emilio?, fragte sie ihn. „Was würde sie wohl sagen, wenn sie wüsste, dass du ihre Ärztin mit dem Messer bedrohst?

    „Was wissen Sie denn von meiner Abuela?, herrschte er sie an. „Was wissen Sie überhaupt?

    Nun konnte sie leichter atmen. „Ich weiß nur eins – wenn ich deine Verletzung nicht behandle, wirst du so viel Blut verlieren, dass du ins Krankenhaus musst. Sobald du erst einmal dort bist, wird dir die Polizei Fragen stellen, wie zu dieser Stichwunde gekommen bist. Sie werden zu deiner Großmutter gehen und –"

    „Schluss jetzt!, schrie er. „Genug geredet!

    Furcht packte sie, sich verrechnet zu haben, dass er sie wieder anspringen würde. Aber dann blickte er sie an, das junge Gesicht voller Unsicherheit, und ein Triumphgefühl durchzuckte sie für einen winzigen Augenblick. In ein oder zwei Sekunden würde er das Messer fallenlassen oder es ihr geben. Sie wollte gerade die Hand ausstrecken, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung sah.

    Emilio bemerkte sie ebenfalls und wirbelte herum. Ein Mann stürzte in die Klinik. Die Eingangstür schlug noch gegen die Wand, da warf sich der Fremde schon auf Emilio und packte ihn. Erschrocken fluchte der junge Latino auf Spanisch, als das Gewicht des Mannes ihn gegen den Tresen drückte. Er packte den Angreifer, als sie zusammen zu Boden gingen.

    „Ich habe ihn!, schrie der Mann Kate zu. „Laufen Sie!

    Kate aber hätte nicht fortlaufen können, selbst wenn sie es gewollt hätte, denn die Kämpfenden hatten sie gegen den Tresen gedrängt.

    Schreiend und fluchend rollten sich die beiden zu ihren Füßen herum. Das wilde Durcheinander von Armen und Beinen verhinderte, dass Kate erkennen konnte, wer der Retter war. Immerhin war er ziemlich groß.

    Aber ihr war es egal, wer er war. Sie war wütend, dass er sich eingemischt hatte, gerade als sie die Situation in den Griff bekam. So watete sie in das Durcheinander und packte ihn beim Arm.

    „Lassen Sie ihn los!, schrie sie und zerrte so kräftig sie konnte. Genauso gut hätte sie versuchen können, einen Berg zu bewegen. „Sehen Sie denn nicht, dass Sie ihm weh tun?

    Der Fremde saß nun auf Emilio. Da Kate an ihm riss, und Emilio mit ihm rang, behielt er allerdings nicht lange die Oberhand. Schließlich, mit einem langen Fluch auf Spanisch, rappelte er sich auf. Kate ergriff dabei Emilio am Arm und zog ihn ebenfalls hoch. Schweratmend standen sie nun alle da.

    Nun erst sah Kate, wer der Mann war. „Sie!"

    „Ja, ich, sagte Nick Santos grimmig. Er hielt immer noch Emilio fest im Griff, der ihn dafür mörderisch anfunkelte. Nick untersuchte ihn auf weitere Waffen, dann trat er das Messer beiseite, das zu Boden gefallen war. „Wo ist das Telefon? Ich rufe an und –

    „Die Polizei meinen Sie?"

    „Nein, die örtliche Talentshow – was denken Sie denn?, sagte Nick ungeduldig. „Natürlich rufe ich die Polizei an. Bisher war es jedenfalls ein Verbrechen, jemanden mit dem Messer zu bedrohen.

    Bei seinem sarkastischen Ton errötete Kate. „Ich kann das erklären."

    „Mag sein. Aber ich denke, in diesem Fall ist er derjenige, der die Erklärung liefern wird."

    „Ich werde mich darüber im Augenblick nicht streiten. Er braucht ärztliche Behandlung. Wenn Sie sich die Mühe machen würden, genauer hinzusehen, dann würden Sie erkennen, dass er verletzt ist."

    Nick warf noch einen Blick auf Emilio, der immer noch Blut verlor. Dann bemerkte er, wie er selbst aussah. Hellrote Flecken bedeckten sein weißes Hemd, und sein Anzug war ebenfalls blutbeschmiert. Er fluchte unterdrückt.

    „Ich weiß es jetzt, sagte er dann. „Dies hier ist nämlich ein neues Hemd.

    Kate wurde noch wütender. „Ihr neues Hemd ist Ihnen tatsächlich wichtiger als der arme Emilio?"

    Nick starrte sie an. „Darf ich Sie daran erinnern, dass der arme Emilio dabei war, Sie aufzuschlitzen? Nun, ich weiß nicht, warum, und es interessiert mich eigentlich auch nicht. Es gibt sehr wahrscheinlich eine ganze Reihe von Gründen, aber in erster Linie geht es wohl um Drogen. Habe ich recht?"

    Kate wollte diesem Mann gegenüber gar nichts zugeben, egal, wie sehr diese dunklen Augen ihr zusetzten. Als sie sich kurz im vergangenen Jahr kennengelernt hatten, war seine körperliche Präsenz ihr fast überwältigend erschienen. Sicher benutzte er seine Größe, um Leute einzuschüchtern. Aber sie würde sich von niemandem einschüchtern lassen. Er konnte sie so weit überragen, wie er wollte, es würde ihm nichts helfen.

    „Die Gründe spielen keine Rolle, zischte sie. „Viel wichtiger ist, dass er ärztliche Hilfe braucht, und er braucht sie auf der Stelle!

    „Nun, gut. Soweit ich weiß, gibt es im Gefängnis eine Krankenabteilung."

    „Nicht nötig, ich habe alles hier!, entgegnete sie scharf. „Nun lassen Sie ihn bitte los. Er ist mein Patient, und ich werde ihn behandeln.

    Um zu zeigen, dass sie es ernst meinte, löste sie Nicks Hand vom Arm des Teenagers und zog Emilio mit sich Richtung Behandlungsraum. Dabei warf sie dem Privatdetektiv einen eisigen Blick zu, falls er vorhaben sollte, sie zurückzuhalten. Zu ihrer Zufriedenheit zuckte er nur mit den Schultern und lehnte sich gegen den Tresen.

    Als sie mit Emilio endlich das Behandlungszimmer erreicht hatte, war er bereits zu schwach, um noch irgendwelchen Widerstand zu leisten. Noch bevor sie es vorschlagen konnte, legte er sich auf die Liege und schloss die Augen. Froh, endlich mit der Versorgung der Wunde beginnen zu können, streifte sie sich Einmalhandschuhe über und schnitt den blutgetränkten Ärmel auf. Erleichtert sah sie, dass die Wunde doch nicht so tief war, wie sie befürchtet hatte. Sie musste nur gereinigt und mit ein paar Stichen genäht werden. Als sie damit fertig war, half sie Emilio, sich aufzusetzen. Er war benommen genug, es ihr zu gestatten, aber als er dann aufrecht dasaß, fiel ihm wohl ein, dass er ein ganzer Kerl war und entzog sich ihrem Griff.

    „Ich schaffe es schon allein", murmelte er.

    Sie stritt sich nicht mit ihm und erlaubte ihm, allein von der Liege herunterzusteigen. Aber dabei beobachtete sie ihn sorgfältig, und war wieder besorgt, als er sich gegen die Liege lehnen musste, weil er ein wenig schwankte.

    „Ich rufe jetzt wohl besser jemanden, der dich nach Haus bringt", sagte sie.

    „Nein. Einer meiner vatos wird mich abholen."

    Er richtete sich auf, und sie sah, welche Mühe es ihn kostete, aber sie behielt einen neutralen Ausdruck im Gesicht. Die Arbeit in dieser Klinik hatte sie gelehrt, wie stolz diese Latinos waren. Manchmal war Stolz das einzige, was sie besaßen. Und sie würde ihm diesen Stolz nicht nehmen.

    Sie hielt ihm die Antibiotika und Schmerzmittel hin, die sie herausgesucht hatte. Mit einem, wie sie hoffte, überzeugenden Lächeln sagte sie: „Also gut, ich will nicht darauf bestehen, aber nur, wenn du versprichst, diese Medikamente zu nehmen. Und zwar hier."

    Mit verächtlichem Ausdruck schob er ihre Hand beiseite. „Ich brauche keine Pillen."

    „Gut, es ist allein deine Sache. Wieder streckte sie die Hand aus. „Aber wenn du sie nicht nimmst, könnte dir der Arm abfallen.

    Er blickte sie an und zuckte dann mit den Schultern. Was sie gesagt hatte, stimmte natürlich nicht so ganz, aber durch ihre Arbeit hier hatte sie manches erfahren, was sie in einem anderen Krankenhaus niemals gelernt hätte. Zuerst war sie entsetzt gewesen, wie hier gearbeitet wurde. Aber dann hatte ihr eine der Krankenschwester erklärt, sie täten hier das, was funktionierte. Viele der Menschen in dieser extrem armen Gegend hegten ein tiefverwurzeltes Misstrauen gegen jede staatliche Einrichtung. Kate musste feststellen, dass es ungemein schwer war, auch nur im Geringsten akzeptiert zu werden – von einer Kooperation gar nicht zu reden. Woanders hätte sie niemals mit solchen Worten versucht, einen Patienten zu überreden, aber sie hatte hier gelernt, das zu tun, was den meisten Erfolg versprach.

    Ihre Worte waren zu Emilio durchgedrungen. Er blickte auf seinen bandagierten Arm, bevor er wieder aufschaute, offensichtlich bemüht, cool zu erscheinen. „Sie wollen mich verschaukeln, stimmt’s?"

    Sie zuckte nochmals mit den Schultern. „Mach was du willst und warte ab."

    Er zögerte, dann steckte er die Medikamente ein. „Ich nehme sie. Er kniff die Augen halb zusammen und sah Kate an. „Aber nur, weil ich es will, klar?

    Kate unterdrückte ein Lächeln. „Klar."

    Zu ihrem großen Missvergnügen wartete Nick Santos noch immer draußen im Empfangsbereich. Sie hatte ihn bereits völlig vergessen – nein, das stimmte nicht. Sie hatte ihn nicht vergessen, sondern gehofft, er wäre inzwischen verschwunden.

    Aber da stand er, hochgewachsen, breitschultrig, und lehnte lässig am Tresen. Normalerweise befanden sich um diese späte Stunde ein halbes Dutzend Leute im Raum, heute aber war alles leer. Sie war sicher, allein seine Anwesenheit hatte gereicht, die Leute abzuschrecken. Er sah nicht nur aus wie ein Polizist, sondern er benahm sich auch so. Und sie wusste, die Leute in dieser Gegend rochen einen Polizisten schon von weitem.

    Herausfordernd schaute sie ihn an. „Emilio geht jetzt, sagte sie. „Wir haben uns unterhalten, und ich möchte nicht, dass Sie ihn davon abhalten. Ich bin überzeugt, dass so etwas wie eben nicht wieder vorkommen wird.

    Nick warf Emilio einen kurzen, prüfenden Blick zu. Emilio erstarrte und schaute auf Kate.

    „Sind Sie sicher, Sie wissen, was Sie tun?", fragte Nick dann.

    Sie hob das Kinn. „Ja, das tue ich."

    „Es ist Ihre Klinik", sagte er achselzuckend.

    „Richtig."

    Nick sah sie einen Moment an, dann drehte er sich zu dem Teenager um. „Y si sacas el cuchillo otra vez, tu culo es mío."

    Emilio hakte den Daumen seiner gesunden Hand hinter den Gürtel seiner ausgebeulten, tiefhängenden Jeans. „No me asustas, puerco!", knurrte er mutig. „Mir machst du keine Angst, du Schwein!"

    Nicks Blick wurde eiskalt. „Conozco muchos vividores como ustedes. Yo sé donde encontrarte, si lo necessito."

    Emilio verzog verächtlich den Mund. Ihm gefiel es nicht, ein Punk genannt zu werden, aber er war sich nicht sicher, was der Typ damit meinte, er würde ihn schon finden, falls notwendig. Er warf den Kopf in den Nacken und schoss zurück: „Si vienes a buscarme, te arrepentirás."

    Nick lachte sarkastisch. „Wenn ich komme, dann wirst du derjenige sein, dem es leid tut!"

    Emilio grinste höhnisch, machte aber um Nick einen weiten Bogen, als er die Klinik verließ. Kate hatte während ihrer Arbeit hier ein paar Brocken Spanisch gelernt, aber die Unterhaltung war so schnell gewesen, dass sie nur ein paar Worte mitbekommen hatte. Sobald sich die Tür hinter dem Teenager geschlossen hatte, wandte sie sich an Nick.

    „Was haben Sie zu ihm gesagt?", wollte sie wissen.

    Nick zuckte mit den Schultern. „Nur, dass er sich anständig benehmen soll."

    „Oder?"

    „Oder der Weihnachtsmann würde ihn in diesem Jahr vergessen."

    Kate konnte genügend Spanisch, um zu wissen, dass er das bestimmt nicht gesagt hatte. Aber sie hakte nicht weiter nach, weil sie wollte, dass er ging. Verärgert, dass er sich immer noch nicht rührte, öffnete sie den Mund, um ihm zu sagen, dass sie zu tun hätte. Da begegneten sich ihre Blicke. Ein unglaublich starkes Gefühl durchfuhr sie wie ein Blitz, und Kate hielt unwillkürlich den Atem an. Nur für einen winzigen Augenblick schien es so zu sein, als …

    Hastig unterbrach sie den Blickkontakt. Was war denn los mit ihr? Sie benahm sich ja so, als würde sie Nick Santos attraktiv finden! Was natürlich nicht stimmte. Es lag wohl daran, dass ihre Nerven nach dem Zwischenfall mit Emilio immer noch bloßlagen.

    Aber dennoch … Sie konnte sich des unangenehmen Eindrucks nicht erwehren, dass er alle ihr Gefühle kannte, ihre Gedanken, ihre Bedürfnisse … alles.

    Sie wandte sich ab. Was für dummes Zeug! dachte sie. Nick wusste gar nichts von ihr, überhaupt nichts – außer dem, was in der Akte über sie stand, und darüber würde sie mit ihrem Vater sprechen müssen. Verärgert dachte sie daran, dass Jeffrey Nick ein Dossier über jedes Familienmitglied gegeben hatte. Das ging einfach zu weit. Warum musste Nick alles über sie wissen, wenn er auf der Suche nach diesen verdammten Juwelen war? Die Schmuckstücke interessierten sie nicht im Mindesten!

    Kate schob die Hände in die Taschen ihres weißen Kittels und ging in die Offensive. „Also, das war eben wirklich eine beeindruckende Szene. Ich hoffe, Sie sind nun glücklich!"

    Er war absolut nicht glücklich, sondern funkelte sie an. „Sie hätten mich die Polizei rufen lassen sollen."

    Sie wusste, er hatte recht, entgegnete aber störrisch: „Warum? Damit er ins Gefängnis kommt und sein Leben ruiniert ist?"

    „Wissen Sie, Sie und Ihresgleichen mit dem mitleidsvollen Herzen und den ach so liberalen Ideen hängen mir zum Hals heraus, sagte er voller Abscheu. „Er hat sich entschieden, sein Leben zu ruinieren, es ist nicht etwas, was ihm angetan wurde. Er war hier kein unschuldiger Zuschauer. Er ist verantwortlich für seine eigenen Entscheidungen.

    Wieder hatte er recht, aber sie würde es nicht eingestehen, ganz bestimmt nicht. „Er ist unschuldig, beharrte sie und deutete um sich herum. „Sehen Sie sich doch um, Mr. Santos – ich meine nicht die Klinik, sondern die Umgebung. Was sehen Sie denn außer Armut und Verzweiflung? Emilio hat es sich nicht ausgesucht, in einer Gegend wie dieser aufzuwachsen. Es ist nicht seine Schuld!

    „Das stimmt. Ihm bleibt jedoch immer noch die

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