Heiße Rache auf Italienisch
Von Angela Bissell
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Über dieses E-Book
Wie zärtlich hat Leo sie früher angeschaut, ihr leise versprochen, sie für immer zu lieben. Bis Helena ihn aus ihrem Leben verbannte, auch wenn sie ihm den Grund dafür nie sagen durfte. Als sie jetzt erfährt, dass der italienische Magnat in London ist, um die Firma ihres Vaters zu zerschlagen, fasst Helena einen Entschluss: Sie muss ihn irgendwie von seinem skrupellosen Plan abbringen! Doch als sie Leo in der eleganten Hotellobby entgegentritt, verlässt Helena fast der Mut. Denn seine Blicke verraten, dass nur Rache für ihn zählt …
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Buchvorschau
Heiße Rache auf Italienisch - Angela Bissell
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2016 by Angela Bissell
Originaltitel: „Surrendering to the Vengeful Italian"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2321 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Grit Wölten
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 01/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733709921
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Fast zwei Stunden lang hatte Helena Shaw in dem mit elegantem Marmor ausgestatteten Foyer gewartet, bis sie den Mann, für den sie durch halb London gelaufen war, endlich entdeckte. Lässig schlenderte er in die Halle des exklusiven Mayfair-Hotels.
Sie hatte schon fast aufgegeben. Nach all den Bemühungen, ihn ausfindig zu machen, hatte sie beinahe den Mut verloren. Tatsächlich war sie kurz davor gewesen, auf die Stimme in ihrem Kopf zu hören, die „Wahnsinn" schrie, und feige aus dem dick gepolsterten Plüschsessel aufzuspringen, um in der rettenden Anonymität der belebten Straßen unterzutauchen.
Doch sie war nicht geflohen. Sie war sitzen geblieben und hatte gewartet. Und gewartet.
Jetzt war er da.
Ihr Magen sackte ab, wurde für einen kurzen Moment schwerelos, als wenn sie aus großer Höhe einen Schritt ins Nichts gemacht hätte. Dann setzte die Nervosität ein und verwandelte ihren Bauch in einen Käfig voll aufgeregt flatternder Kanarienvögel, die versuchten, vor einem ausgehungerten Kater davonzufliegen.
Atme, befahl sie sich und beobachtete, wie er mit großen Schritten durch das Foyer ging. Er war groß, dunkel und beeindruckend. In seinem perfekt geschnittenen anthrazitfarbenen Anzug strahlte er Erfolg aus.
Die Frauen starrten ihn an.
Die Männer traten einen Schritt beiseite.
Und er ignorierte sie alle, ging zielstrebig weiter, bis er ganz kurz – nur einen Herzschlag lang – seinen Schritt verlangsamte, den Kopf in ihre Richtung wandte und mit einem Blick aus schmalen Augen die kostspielige Ausstattung des Hotels begutachtete.
Helena erstarrte. Sie hatte sich hinter einem riesigen Blumenarrangement mit süßlich duftenden Blüten versteckt und war sicher, dass er sie nicht entdecken würde. Doch für einen Augenblick hatte sich den Eindruck, er könnte ihren prüfenden Blick spüren. Ihre Anwesenheit. Als wären sie nach all den Jahren noch immer durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden.
Ein Donnerschlag – ein Vorbote des Sturms, den die Meteorologen seit gestern für London vorhersagten – ließ Helena zusammenfahren. Sie schloss kurz die Augen, atmete tief ein und ließ die Luft mit einem höhnischen Zischen wieder entweichen. Nichts verband sie mehr mit diesem Mann. Welche Bindung auch immer existiert haben mochte, sie war längst Vergangenheit, zerstört von ihrem Vater und unter der Asche von Bitterkeit und Schmerz begraben.
Ein Schmerz, den Leonardo Vincenti erneut würde aufleben lassen, wenn sie es nicht schaffte, ihn daran zu hindern, die Firma ihres Vaters an sich zu reißen.
Sie griff nach ihrer Handtasche und stand auf. Ihr Puls beschleunigte sich, als sie sich fragte, ob er sie entdecken würde. Doch er war längst auf die Reihe der Fahrstühle zugesteuert. Sie eilte ihm nach, reckte den Hals, um seinen dunklen Haarschopf und die breiten Schultern nicht aus den Augen zu verlieren. Allerdings war er nicht zu übersehen, denn er ragte aus der Menge auf, wirkte noch größer als in ihrer Erinnerung, irgendwie düsterer. Eine Aura von Macht und Stärke umgab ihn.
Ihr Magen zog sich noch etwas mehr zusammen.
Die europäischen Wirtschaftskommentatoren bezeichneten ihn als Senkrechtstarter des Jahrzehnts, als unternehmerisches Genie, das eine junge Software-Firma in weniger als zehn Jahren in einen millionenschweren Konzern verwandelt hatte. Auf der Rangliste der reichsten Unternehmer hatte er einen der oberen Plätze erreicht. Die seriöseren Wirtschaftsmagazine nannten ihn zielstrebig und getrieben. Andere betitelten ihn weniger schmeichelhaft als rücksichtslosen Halsabschneider.
Das alles erinnerte Helena viel zu sehr an ihren Vater. Für einen Mann wie Douglas Shaw allerdings erschien ihr selbst „rücksichtsloser Halsabschneider" noch zu harmlos, zu menschenfreundlich.
Sie schob die Tasche über ihre Schulter. Ihr Vater war ein beeindruckender Mann, aber wenn der Begriff „Bedauern" überhaupt in seinem Wortschatz vorkam, dann musste er ganz eindeutig den Tag bedauern, an dem er Leonardo Vincenti ins Visier genommen hatte. Und jetzt war der junge Italiener, den er einst als unpassend für seine Tochter befunden hatte, zurück. Sieben Jahre älter, deutlich wohlhabender und – nach allem, was man hörte – noch immer hinter dem Mann her, der ihn damals aus der Stadt gejagt hatte.
Leonardo Vincenti blieb stehen, drückte den Fahrstuhlknopf und schob die Hände in die Hosentaschen. Helena stand jetzt so dicht hinter ihm, dass sie das feine Webmuster im Stoff seines Anzugs und die einzelnen Strähnen, die sich über seinen Hemdkragen geschoben hatten, erkennen konnte.
Sie atmete tief durch. „Leo."
Die Augenbrauen fragend hochgezogen, wandte er sich um. Seine Miene erstarrte in dem Moment, als sich ihre Blicke trafen. Er zog die Hände aus den Hosentaschen. Seine Brauen senkten sich.
„Was zum Teufel …?"
Bei diesen drei Worten, die er mit einem leisen, gutturalen Knurren aussprach, richteten sich ihre feinen Härchen an den Oberarmen und im Nacken auf.
Also erkannte er sie.
Sie legte den Kopf in den Nacken. Trotz ihrer hohen Absätze musste sie zu ihm aufschauen, um ihm in die Augen sehen zu können.
Und, du lieber Himmel, was für Augen das waren!
Dunkel. Unbestechlich. Funkelnd. Wie polierter Obsidian und ebenso undurchdringlich. Wie hatte sie vergessen können, welchen schwindelerregenden Effekt sein Blick auf sie hatte?
Konzentriere dich.
„Ich würde gern mit dir reden", sagte sie.
Unter seinem Auge zuckte ein Muskel. „Hast du kein Telefon?"
„Hättest du meinen Anruf denn angenommen?"
Er reagierte mit einem Lächeln – wenn das schmale, humorlose Verziehen seiner Lippen so genannt werden konnte. „Wahrscheinlich nicht. Du und ich, wir haben nichts zu besprechen. Weder am Telefon noch persönlich."
Mit einem Pling kündigte sich ein Fahrstuhl an, die Türen öffneten sich. Leo neigte den Kopf. Doch angesichts der arktischen Kälte in seinen Augen war das alles andere als eine höfliche Geste.
„Tut mir leid, dass du deine Zeit vergeudet hast." Damit drehte er sich um und betrat den Lift.
Helena zögerte kurz, dann fasste sie sich ein Herz und tat es ihm gleich. „Du tauchst nach sieben Jahren absoluter Funkstille wieder auf und streckst die Hände nach der Firma meines Vaters aus. Das lässt sich wohl kaum als ‚nichts‘ bezeichnen."
„Raus aus dem Fahrstuhl, Helena."
Die unausgesprochene Warnung, die in seinem Ton mitschwang, ließ ihre Kopfhaut prickeln. Vielleicht lag es aber auch daran, wie er ihren Namen aussprach – in diesem volltönenden, akzentuierten Bariton, der eine unangenehme Hitzewelle durch ihren Körper wogen ließ.
Beinahe lautlos schlossen sich die Fahrstuhltüren, und mit einem Mal war der Raum, den sie teilten, zu eng und zu intim, auch wenn die Spiegel an den Wänden den Lift größer wirken lassen sollten.
Sie baute sich vor ihm auf. „Auf keinen Fall."
Seine Wangenknochen überzogen sich mit leichter Röte, und er starrte sie an, als wollte er die Grenzen ihres Wagemuts abschätzen. Gerade als sie befürchtete, sein tödlicher Blick würde sie vernichten, griff er in seine Brusttasche und zog seine Hotelkarte hervor.
„Wie du willst, sagte er sanft – zu sanft, warnte ihre innere Stimme sie. Er zog die Karte über einen Sensor und drückte den Knopf, neben dem „Penthouse Suite
stand. Mit einem leisen Surren begann der Aufzug seinen Weg nach oben.
Helena klammerte sich an den Edelstahlgriff hinter sich. Von der schnellen Fahrt – oder von den Schmetterlingen in ihrem Bauch? – wurde ihr schwindelig.
Offensichtlich konnte sich ihr Exfreund nicht nur die besten Hotels in London leisten, sondern dort auch noch die exklusivste Suite.
Bei dem Gedanken schlug ihr Herz schneller.
Der Leo, den sie kannte, war dezent, stilsicher auf jene mühelose Weise italienischer Männer, aber nie hatte er sein Geld protzig zur Schau gestellt. Das hatte sie an ihm geschätzt. Ebenso wie seinen Mut, seine Zielstrebigkeit und Leidenschaft. Es hatte ihr gefallen, dass er so ganz anders gewesen war als die gelangweilten, verwöhnten Söhne reicher Eltern, mit denen ihre Eltern sie gern gesehen hätten.
Und jetzt …?
Sie umfasste den Griff noch fester. Jetzt war es egal, was sie über ihn dachte. Das Einzige, was zählte, war das Chaos, das er in absehbarer Zeit über ihre Familie bringen würde. Wenn ihr Vater und er sich einen Kampf um die Firma lieferten und Douglas Shaw die Kontrolle über sein wertvolles Imperium verlöre, hätte das fatale Folgen – auch für seine Frau und seinen Sohn. Ihr Vater war kein guter Verlierer. Wenn er eine Niederlage einstecken musste, litten auch die Menschen in seiner Nähe darunter.
„Hat dein Vater dich geschickt? Die Art, wie er das Wort „Vater
ausspie, zeigte deutlich seinen Hass – ein Gefühl, mit dem auch Helena zu kämpfen hatte, wenn es um ihren herzallerliebsten Daddy ging.
Sie betrachtete Leos Miene. Sein Gesicht war schmaler geworden, die Züge ausgeprägter, kantiger als früher, aber immer noch unglaublich attraktiv. Ihre Finger zuckten unwillkürlich, als sie daran dachte, wie sie diese Züge früher nachgezeichnet hatte, während er schlief. Wie sie sich diese prägnante, stolze Nase eingeprägt hatte, die hohen Wangenknochen und die wie gemeißelt wirkenden Lippen, die durch ein schlichtes Lächeln ihr Herz zum Stillstand brachten – oder durch einen Kuss.
Völlig unerwartet wirbelten Gefühle in ihrem Innern auf, ein schmerzlicher Mix aus Bedauern und Verlangen. Sie konnte kaum atmen.
Ob Leo wohl mittlerweile häufiger lächelte? Oder waren die Linien neben den Mundwinkeln eher Spuren von Ärger und Hass?
Unwillkürlich legte Helena die Hand auf den Bauch. Die Leere dort, wo einst neues Leben gewachsen war, erinnerte sie mehr als deutlich daran, dass auch sie gelitten hatte. Von diesem Schmerz zumindest war Leo verschont geblieben, und es hätte nichts gebracht, ihn mit ihm teilen zu wollen.
Manche Lasten, hatte sie beschlossen, trug man besser allein. Sie ließ die Hand wieder fallen.
„Ich bin keine Marionette meines Vaters, Leo. Auch wenn du das immer geglaubt hast, du hast dich geirrt."
Ein rauer Ton entrang sich seiner Kehle. „Die Einzige, die sich geirrt hat, bist du, Helena. Welchen Teil von ‚Ich will dich nie wiedersehen‘ hast du nicht verstanden?"
Sie unterdrückte den plötzlichen Schmerz, den seine Worte hervorriefen. „Das ist lange her. Ich möchte einfach nur mit dir reden. Ist das zu viel verlangt?"
Ein leises Pling kündigte an, dass der Fahrstuhl das Penthouse erreicht hatte. Ehe Leo mit einem überzeugten „Ja" antworten konnte, trat sie durch die sich öffnenden Türen in einen geräumigen Vorraum. Sie blieb stehen, und die Absätze ihrer Pumps versanken in einem dicken schokoladenbraunen Teppich. Vor ihr tauchte eine mächtige zweiflüglige Tür auf. Das Ambiente machte einen ziemlich privaten Eindruck, wurde ihr klar. Abgeschieden. Isoliert.
Ihr Mund wurde trocken. „Vielleicht sollten wir uns lieber unten in der Bar unterhalten?"
Er trat dicht hinter sie und öffnete die schweren Türen. Seine Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln, das ihr Herz nur noch schneller schlagen ließ.
„Angst davor, mit mir allein zu sein?"
Helena blieb auf der Schwelle stehen. Sollte sie Angst davor haben? Trotz ihrer Befürchtungen schob sie den Gedanken beiseite. Leonardo Vincenti war nicht gerade begeistert, sie zu sehen – das war beschämend eindeutig –, aber sie kannte diesen Mann. Immerhin hatte sie einmal viel Zeit mit ihm verbracht. Und die Intimitäten, die sie mit ihm erlebt hatte, waren in ihre Seele eingebrannt.
Unter seiner Höflichkeit konnte sie die Wut spüren, aber er würde nie die Kontrolle verlieren. Niemals würde er sie so verletzen, wie ihr Vater es mit ihrer Mutter getan hatte.
Also steckte sie die Hand in die Tasche ihrer schwarzen Anzughose und sah ihn hochmütig an. „Sei nicht albern", sagte sie und trat ein.
Leo