Meine Freundin Bessy: Sophienlust 261 – Familienroman
Von Marisa Frank
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Mit der linken Hand hielt Denise von Schoenecker den Telefonhörer ans Ohr, während sie mit der anderen Hand automatisch die genannte Adresse auf einen Notizblock notierte.»Sie müssen etwas unternehmen«, hörte sie wieder die erregte Stimme.»Vielleicht können Sie mir noch etwas mehr sagen.« Denises Finger spielten mit dem Kugelschreiber. »Vor allem, wie ist Ihr Name? Sie haben ihn bis jetzt noch nicht genannt.Nun war nur noch heftiges Atmen zu hören. »Hallo!«, rief die Verwalterin des Kinderheimes Sophienlust in den Hörer. Da wurde auf der anderen Seite aufgelegt.Denise von Schoenecker hielt den Hörer noch in der Hand, als Frau Rennert, die Heimleiterin, das büroähnliche Empfangszimmer betrat. Diese schon etwas ältere, aber mütterliche Frau erkannte sofort, dass Denise von Schoenecker eben kein alltägliches Gespräch geführt hatte. Langsam trat sie heran.Mit einem vagen Lächeln sah Denise hoch. »Eigentlich halte ich nichts von anonymen Anrufen, aber trotzdem glaube ich nicht, dass die Anruferin denunzieren wollte.Fragend hob Frau Rennert die Augenbrauen.»Ich wurde soeben gebeten«, erklärte Denise und schob sich dabei eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn, »mich um ein Kind zu kümmern. Es soll in einer Wohnung festgehalten werden. Ja, die Anruferin sagte sogar gefangen gehalten.« Nachdenklich klopfte Denise mit dem Kugelschreiber auf die Schreibtischplatte.
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Buchvorschau
Meine Freundin Bessy - Marisa Frank
Sophienlust
– 261–
Meine Freundin Bessy
Wenn ein Kätzchen der einzige Trost bleibt …
Marisa Frank
Mit der linken Hand hielt Denise von Schoenecker den Telefonhörer ans Ohr, während sie mit der anderen Hand automatisch die genannte Adresse auf einen Notizblock notierte.
»Sie müssen etwas unternehmen«, hörte sie wieder die erregte Stimme.
»Vielleicht können Sie mir noch etwas mehr sagen.« Denises Finger spielten mit dem Kugelschreiber. »Vor allem, wie ist Ihr Name? Sie haben ihn bis jetzt noch nicht genannt.«
Nun war nur noch heftiges Atmen zu hören. »Hallo!«, rief die Verwalterin des Kinderheimes Sophienlust in den Hörer. Da wurde auf der anderen Seite aufgelegt.
Denise von Schoenecker hielt den Hörer noch in der Hand, als Frau Rennert, die Heimleiterin, das büroähnliche Empfangszimmer betrat. Diese schon etwas ältere, aber mütterliche Frau erkannte sofort, dass Denise von Schoenecker eben kein alltägliches Gespräch geführt hatte. Langsam trat sie heran.
Mit einem vagen Lächeln sah Denise hoch. »Eigentlich halte ich nichts von anonymen Anrufen, aber trotzdem glaube ich nicht, dass die Anruferin denunzieren wollte.«
Fragend hob Frau Rennert die Augenbrauen.
»Ich wurde soeben gebeten«, erklärte Denise und schob sich dabei eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn, »mich um ein Kind zu kümmern. Es soll in einer Wohnung festgehalten werden. Ja, die Anruferin sagte sogar gefangen gehalten.« Nachdenklich klopfte Denise mit dem Kugelschreiber auf die Schreibtischplatte. »Das Kind soll drei Jahre alt sein und Dirk heißen.«
»Und sonst?« Auch Frau Rennerts Interesse war geweckt.
»Nichts!« Denise zuckte mit den Schultern. »Die Anruferin legte auf.«
»Ein Scherz war es wohl nicht?«, fragte Frau Rennert vorsichtig.
Entschieden schüttelte Denise von Schoenecker den Kopf. »Es wurde mir ja auch eine Adresse genannt.«
Frau Rennert beugte sich vor und las die auf dem Notizblock stehende Anschrift. Es war eine Stuttgarter Adresse. »Handelt es sich bei dieser Sara Voigt um die Mutter?«
»Nicht einmal das weiß ich. Zuerst sprach die Anruferin ununterbrochen. Ich hatte das Gefühl, es mit einer verzweifelten Frau zu tun zu haben. Die Stimme klang übrigens jung. Dann, als ich zu fragen anfing, wurde aufgelegt.«
Die Heimleiterin, die wusste, dass dieser Anruf der hübschen Gutsbesitzerin nicht mehr aus dem Kopf gehen würde, stand auf und holte das Stuttgarter Telefonbuch. Ihr Zeigefinger fuhr über die Seiten, dann stellte sie fest: »Die Adresse stimmt. Frau Voigt hat sogar Telefon.«
»Eigenartig«, murmelte Denise. Sie versuchte sich jedes Wort der Anruferin in Erinnerung zu rufen.
»Was werden Sie tun?« Ein feines Lächeln spielte bei der Frage um Frau Rennerts Mundwinkel. Sie wusste genau, dass Denise von Schoenecker keine Strapazen scheute, wenn es um das Wohl eines Kindes ging. Nicht umsonst wurde das Kinderheim Sophienlust das »Heim der glücklichen Kinder« genannt. Auch wenn sie und Schwester Regine sich stets liebevoll um die Kinder kümmerten, so war Frau von Schoenecker doch die Seele und der gute Geist von Sophienlust. Dabei verwaltete sie das Kinderheim nur für ihren Sohn Dominik von Wellentin-Schoenecker. Dieser hatte das ehemalige Gut von seiner Urgroßmutter, Sophie von Wellentin, geerbt und zwar mit der Auflage, daraus ein Heim für elternlose oder Geborgenheit suchende Kinder zu machen.
Nachdenklich betrachtete Denise die Adresse, die Frau Rennert inzwischen durch die entsprechende Telefonnummer ergänzt hatte. Dann sagte sie: »Mein Mann würde sagen, dass ich schon genug zu tun habe. Wenn an dem Hinweis wirklich etwas Wahres sein sollte, dann wäre das Jugendamt zuständig.« Denise seufzte. »Er hat ja recht. Wir sind fast bis zum letzten Platz belegt. Und trotzdem! Schon allein der Gedanke, dass da ein kleiner Junge der Laune irgendeiner Erwachsenen ausgeliefert ist, lässt mir keine Ruhe.«
Frau Rennert antwortete darauf nichts. Wieder wusste sie, dass Denise von Schoenecker trotz aller Einwände etwas unternehmen würde. Mit glücklicher Hand hatte sie schon oft in das Schicksal von Kindern eingegriffen. Frau Rennert kannte aber auch Alexander von Schoenecker, Denises Gatten, gut. Sie wusste, es war kein Wunder, dass er sich um seine Frau sorgte. Er hatte Angst, dass sie sich bei der großen Aufgabe in Sophienlust übernehmen könnte. Er selbst war ja auch ein vielbeschäftigter Mann, da er das Gut Schoeneich, einen alten Familienbesitz, selbst verwaltete.
»Vielleicht sollte ich mit Frau Voigt sprechen. Ich könnte sie anrufen«, spann Denise ihre Gedanken weiter. »Ich könnte sie einfach nach Dirk fragen.« Schon griff ihre Hand nach dem Hörer, aber nachdem sie die ersten Ziffern gewählt hatte, hielt sie inne.
»Viel Sinn hat so ein Gespräch sicher nicht«, sagte sie und legte den Hörer auf die Gabel zurück. »Ich muss mir diese Sara Voigt schon selbst ansehen. Und wenn etwas an dieser Anschuldigung wahr ist, werde ich den Fall an das Jugendamt weitergeben.«
Nun begann Denise von Schoenecker in ihrem Terminkalender zu blättern. »Das trifft sich gut«, sagte sie erfreut. »Nächste Woche habe ich sowieso in Stuttgart zu tun. Ich werde auf alle Fälle bei dieser Frau Voigt vorbeisehen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass wenigstens ein Körnchen Wahrheit hinter diesem anonymen Anruf steckt. Aber jetzt wollen wir uns der täglichen Arbeit zuwenden.«
In der nächsten halben Stunde besprachen die zwei Frauen dies und das. Hin und wieder machte sich Denise einige Notizen. Dann war durch das geöffnete Fenster Lärm zu hören. Das war ein Zeichen dafür, dass der Schulbus eingetroffen war.
»Ich glaube, das Wichtigste hätten wir.« Denise trat ans Fenster und sah hinaus. Das ehemalige Herrenhaus stand mitten in einem großen Park. Von dem großen schmiedeeisernen Tor führte eine Auffahrt bis zur Freitreppe. Dort stand nun ein roter Kleinbus, der die Aufschrift »Kinderheim Sophienlust« trug. Mit solchen Bussen wurden die Kinder von Sophienlust zur Schule gefahren. Die Kleineren zur Volksschule in Wildmoos, die Größeren zum Gymnasium in Maibach.
Denise hob die Hand und winkte einem hoch aufgeschossenen, gut aussehenden Jungen zu. »Nick«, rief sie, »ich bin noch hier. Du kannst mit mir nach Schoeneich fahren.«
»Fein, Mutti«, antwortete Dominik von Wellentin-Schoenecker, der von allen nur Nick genannt wurde. »Ich muss nur noch schnell etwas mit Pünktchen besprechen.« Nach diesen Worten wandte er sich einem blondhaarigen Mädchen zu, das dicht hinter ihm aus dem Bus geklettert war.
»Die beiden sind und bleiben ein Herz und eine Seele«, stellte Denise fest und lächelte dabei. Sie hatte Angelina Dommin, die wegen ihrer unzähligen Sommersprossen von allen nur Pünktchen genannt wurde, selbst in ihr Herz geschlossen. Pünktchen gehörte zu den Dauerkindern von Sophienlust und lebte schon lange hier.
Auch Frau Rennert, die an Denises Seite getreten war, schmunzelte. »Sie ist auch ein liebenswertes Geschöpf«, meinte sie. »Uns ist sie bereits eine große Hilfe. Sie kümmert sich so liebevoll um die Kleinen und Neuen.«
Wenig später saß Denise mit ihrem sechzehnjährigen Sohn im Auto und fuhr durch den Wald nach Schoeneich. Eine Privatstraße verband das Kinderheim Sophienlust mit dem Gut Schoeneich. Daher aß Denise auch sooft sie es einrichten konnte, in Schoeneich. Sie nutzte gern die Mittagspause zu einem Gespräch mit Mann und Kindern. Außer Nick gab es ja auch noch Henrik. Dieser war neun Jahre alt und das Nesthäkchen der Familie.
Nick lehnte sich im Sitz zurück. »Hat es etwas Besonderes gegeben?«, erkundigte er sich. Da er Kinder und Tiere liebte, tat er viel für die Schützlinge von Sophienlust. Er war stolz auf das Kinderheim und handelte gern selbstständig, wenn es darum ging, einem Kind zu helfen.
Denise erzählte von dem anonymen Anruf.
»Da musst du etwas unternehmen«, rief Nick sofort.
»Was schlägst du vor?«, entgegnete seine Mutter ruhig. Sie hatte gewusst, dass Nick so reagieren würde.
»Du musst dir die Frau vornehmen.« Empört blitzten Nicks dunkle Augen. Er machte eine so heftige Bewegung, dass ihm eine Strähne seines schwarzen Haares in die Stirn fiel. Mit einer kurzen Kopfbewegung warf er sie wieder zurück. »Wenn ich mir vorstelle, dass es ein armes wehrloses Kind ist …«
»Nun, wir wollen nicht gleich übertreiben«, mahnte Denise. »Vielleicht war es nur eine gehässige Freundin, die anrief.«
»Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte Nick und sah seiner Mutter ins Gesicht.
»Nein, eigentlich nicht«, gab Denise zu.
»Und was wirst du machen?« Auch Nick kannte seine Mutter und wusste, dass ihr dieser Anruf keine Ruhe lassen würde.
»Ich werde mir diese Frau Voigt ansehen. Ich werde sie mit dem Anruf konfrontieren.«
»Das wird das beste sein. Dann siehst du gleich, wie sie darauf reagiert. Weißt du was? Ich komme mit. Vier Augen sehen mehr als zwei.«
»Das geht nicht«, wehrte Denise ab.
»Und warum nicht?«
»Erstens ist ausgemacht, dass Henrik mich das nächste Mal begleiten darf«, sagte Denise, denn in dieser Hinsicht herrschte zwischen den beiden Brüdern ein wenig Rivalität. »Und zweitens fahre ich am Vormittag nach Stuttgart. Da drückst du die Schulbank.«
»Muss das sein?« Nick seufzte.
»Was? Willst du dich etwa vor der Schule drücken?«
»Nein«, stellte Nick richtig. »Ich