Der Bergpfarrer 394 – Heimatroman: Ich bin's – deine Nichte Beatrice!
Von Toni Waidacher
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Mit einem ächzenden Laut ließ sich Maria Erbling auf den Stuhl sinken. Wieder mal das Rheuma, sie musste unbedingt Loisl aufsuchen und sich von der Salbe geben lassen, die ihr immer so gut half! Meistens, jedenfalls .... Die Witwe des letzten Poststellenleiters von St. Johann schaute aus dem Fenster. Oder hatten ihre Beschwerden einen anderen Grund? Draußen herrschte schönster Sonnenschein, und meistens traten die Schmerzen doch bei Regen und Kälte auf... Maria kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, was ihre Schmerzen verursacht haben könnte, denn die Küchentür wurde aufgeschoben, und Beatrice kam herein.
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Der Bergpfarrer 394 – Heimatroman - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer –394–
Ich bin`s - deine Nichte Beatrice!
Maria Erblings Freude währt nur kurz...
Roman von Toni Waidacher
Mit einem ächzenden Laut ließ sich Maria Erbling auf den Stuhl sinken. Wieder mal das Rheuma, sie musste unbedingt Loisl aufsuchen und sich von der Salbe geben lassen, die ihr immer so gut half! Meistens, jedenfalls …
Die Witwe des letzten Poststellenleiters von St. Johann schaute aus dem Fenster. Oder hatten ihre Beschwerden einen anderen Grund? Draußen herrschte schönster Sonnenschein, und meistens traten die Schmerzen doch bei Regen und Kälte auf...
Maria kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, was ihre Schmerzen verursacht haben könnte, denn die Küchentür wurde aufgeschoben, und Beatrice kam herein.
Die junge Frau nickte ihrer Großtante stumm zu und setzte sich zu ihr. Brot und Butter standen auf dem Tisch, ein Päckchen Frischkäse und ein Glas Marmelade. Hertha hatte es ihr geschenkt, Marias beste Freundin. Früher hatte sie noch selbst Marmelade und Gelee gekocht, doch da lebte Johann Erbling noch.
Maria bemerkte den suchenden Blick des Madels. »Was ist denn?«
Beatrice zog eine Flunsch. »Gibt es keine Brötchen?«, fragte sie. »Und Wurst? Ein Ei zum Frühstück wäre auch nicht schlecht.«
Die Witwe schüttelte den Kopf. »Ein Ei, mitten in der Woche?«, entgegnete sie. »Es ist doch kein Sonntag. Außerdem sind zu viele Eier ungesund, ich muss an mein Cholesterin denken. Und Wurst gibt’s bei mir nur zum Abendbrot, das solltest’ inzwischen begriffen haben.« Maria seufzte innerlich. Seit fast zwei Wochen hatte sie nun ihre Großnichte, die Enkelin ihres verstorbenen Bruders Franz, zu Besuch.
Oder sollte sie besser sagen, solange war es her, dass sich Beatrice bei ihr eingenistet hatte?
Anders konnte sie es nicht nennen. Das Madel stand plötzlich in der Tür, und Marias beschauliches Leben nahm eine Wendung um hundertachtzig Grad.
›Hast du dies, hast du das? Wieso gibt es kein Schnitzel zum Mittagessen? Können wir nicht beim Italiener essen?‹
Das waren nur ein paar der Forderungen, die Beatrice Burger an ihre Großtante hatte, der Gipfel aber war, dass sie Maria um Geld angegangen war. Dabei handelte es sich nicht bloß um ein paar Euro, nein, gleich Zwanzigtausend sollten es sein! Dieses Geld und noch viel mehr, schuldete Beatrice Burger einem Kredithai.
Beatrice arbeitete in einem Krankenhaus, in Celle, dort hatte sich die Krankenschwester auf eine Affäre mit einem verheirateten Arzt eingelassen, der ihr das Blaue vom Himmel versprach. Leichtsinnig, wie Verliebte manchmal sind, hatte Marias Großnichte ein Papier unterschrieben, angeblich ein Kreditvertrag zum Kauf einer Eigentumswohnung, ohne genau zu lesen, was in dem Vertrag stand. In Wirklichkeit hatte sie einen Wechsel unterzeichnet, der zu platzen drohte. Freilich hatte da der Arzt die Beziehung zu ihr längst wieder beendet und sich aus dem Staub gemacht.
In ihrer Angst, wegen Wechselbetrugs ins Gefängnis zu kommen, wandte sich Beatrice an dubiose Kreditvermittler, und so wurde, im Laufe der Zeit, aus einer vergleichsweise geringen Summe, ein riesiger Schuldenberg. Als der Kredithai nun seiner Forderung massiv Nachdruck verlieh, flüchtete die junge Krankenschwester ins Wachnertal, wo die Tante ihres Vaters lebte.
Maria Erbling beugte sich dem Wunsch ihrer Großnichte und holte den Behälter aus dem Kühlschrank, in dem sie Wurst und Schinken aufbewahrte. Während sie die Scheiben ordentlich auf einem Teller arrangierte, fragte sich die Witwe, wie lange Beatrice wohl noch bleiben würde. Wenn sich ihr Besuch noch länger hinzog, musste sie wohl mehr Wurst und Käse einkaufen, von den anderen Lebensmitteln ganz zu schweigen.
Dreh- und Angelpunkt bei der ganzen Angelegenheit war die Sache mit dem Geld. Nein, zwanzigtausend Euro würde sie der Nichte nicht geben können, aber Beatrice tat ihr leid, schließlich war sie die Enkelin von Franz, ihrem Bruder. Fast Zehntausend hatte Maria auf der hohen Kante, Geld, das eigentlich für ihre Beerdigung gedacht war, aber sie würde es wohl Beatrice leihen müssen. Irgendwie musste das Madel ja wieder auf die Füße kommen. Indes würden sie abwarten müssen, bis Maria Erblings Rente, am nächsten Ersten, auf dem Konto eingegangen war, damit die Hälfte der Schuldsumme zusammenkam.
Allerdings war heute erst der Achtzehnte, solange würde Beatrice wohl noch bleiben …
Die junge Krankenschwester schob nach dem Frühstück ihren Teller beiseite und stand auf. Eine Melodie summend ging sie ins Wohnzimmer, wo sie den Fernseher einschaltete und sich in einen der Polstersessel warf – und sich erst einmal eine Zigarette anzündete...
Sehr zu Marias Kummer qualmte Beatrice wie ein Schlot, das ganze Haus stank nach Zigarettenrauch, da konnte sie noch so oft lüften.
Rauchen, mit dem Smartphone spielen und fernsehen, das war der Tagesablauf des Madels.
Frühstücksfernsehen auf einem Privatsender!
Maria hörte unwillig die unangenehm schrille Stimme der Moderatorin, die die Zuschauer mit einer idiotischen Preisfrage bombardierte, deren Lösung garantiert den Gewinn des Jackpots versprach: Was sucht man zu Ostern? Eier oder Schneehasen? Allerdings konnte man nur gewinnen, wenn man in die richtige Telefonleitung gelangte …
›Net einmal den Tisch räumt sie ab‹, dachte Maria verärgert und überlegte, wie sie Beatrice dazu bringen konnte, ein wenig mit Hand anzulegen, solange sie hier wohnte.
Die flegelte sich derweil im Sessel herum und schaute abwechselnd auf den Bildschirm und das Display ihres Handys.
Maria hatte sich derweil in ihr Schlafzimmer zurückgezogen und überlegte, wen sie um Rat fragen könnte. Dabei stellte sie fest, dass sie, außer Herta, nicht viele Freunde hatte, genauer gesagt, überhaupt sonst niemanden. Bekannte ja, Nachbarn oder den alten Brandhuber, den selbsternannten Wunderheiler von St. Johann. Und sonst?
Möglicherweise konnte sie ja Hochwürden um Rat fragen, aber vermutlich würde der Beatrice erst einmal kennen lernen wollen, um sich ein eigenes Bild von ihr zu machen, und das dürfte schwer werden. Marias Nichte weigerte sich, mit zum Gottesdienst zu gehen.
»Kirche? Damit habe ich nichts am Hut«, hatte sie rundheraus geantwortet, als Maria sie fragte, ob Beatrice sie zur Sonntagsmesse begleiten werde.
Maria Erbling war erschüttert gewesen. Sie und Karl waren in einer religiösen Familie groß geworden, der sonntägliche Kirchgang war selbstverständlich, genauso, wie man regelmäßig die Beichte ablegte. Offenbar hatte ihr Bruder es dem Sohn aber nicht mitgegeben, sodass Franz seine Tochter ebenfalls nicht in diesem Sinne erzogen hatte.
Trotz der geschlossenen Tür nahm Maria den Rauch wahr, sie öffnete das Fenster, lehnte sich hinaus und schnappte nach Luft.
Nein, so konnte es nicht weitergehen, wenn sie mit Beatrice nicht alleine fertig wurde, dann musste ihr jemand beistehen.
Plötzlich hatte sie eine Idee – sie würde Pfarrer Trenker zum Kaffeetrinken einladen, da konnte ihre Großnichte ihm schlecht aus dem Weg gehen!
*
Sebastian fuhr durch die Einfahrt und hielt unter dem Vordach der Scheune. Er schaltete den Motor aus und öffnete die Wagentür. Als er ausstieg, trat Burgl Birkner aus dem Haus. Der Geistliche ging zu ihr und schüttelte ihr die Hand.
»Grüß dich«, sagte Sebastian und schaute die Bäuerin prüfend an. »Wie geht’s dir?«
Walburga Birkner zuckte die Schultern, und ein düsterer Schatten lief über ihr Gesicht.
»Ach, Hochwürden«, antwortete sie leise, »Sie wissen doch …«
Der Bergpfarrer nickte. Freilich wusste er, wie es um die Gemütslage der Bäuerin bestellt war.
»Ist er denn noch immer net bereit, einzulenken?«, wollte er wissen.
Ein stummes Kopfschütteln war die Antwort.
»Wie geht’s Katja?«, fragte Walburga flüsternd, als habe sie Angst, man könne hören, wie sich nach dem Befinden der Tochter erkundigte.
»Eurer Tochter geht’s gut«, antwortete Sebastian, »da kannst ganz