Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Schwarzes Erbe: Mysterythriller
Schwarzes Erbe: Mysterythriller
Schwarzes Erbe: Mysterythriller
eBook474 Seiten5 Stunden

Schwarzes Erbe: Mysterythriller

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Eine deutsche Familie (ER Verkaufsleiter, SIE Krankenschwester) mit zwei Söhnen, erbt völlig unerwartet von einem guten Bekannten dessen herrliches Steinhaus, das in der Senke inmitten eines undurchdringlichen Tannenwaldes liegt. Das gesamte Anwesen ist von Grund auf schwarz, ebenso die komplette Einrichtung. In dem Haus befinden sich unter anderem einundzwanzig Ölbilder von jungen, hübschen Damen, die im Laufe der Geschichte eine wichtige Rolle spielen...

Schon sehr bald merkt das Ehepaar, das ihr geliebtes Waldhaus ein egozentrisches Eigenleben führt. DARK STONE, wie sie es getauft hatten, nimmt mit ihnen regen Kontakt auf. Obwohl der Familie von Mal zu Mal immer klarer wird, dass das Haus im Grunde genommen äußerst bösartig ist, bleibt sie weiterhin dort wohnen. Zu sehr überwiegen die Vorteile des „ruhigen” Lebens in diesem herrlichen Wald. Die Familie erlebt, wie das geheimnisvolle Haus sie immer mehr vereinnahmt und sie schließlich besitzt. Es passieren schlimme Dinge, wie z. B. die missglückte Weihe des Hauses durch einen ortsansässigen Pfarrer, und vieles Andere mehr...

Die Familie verändert sich. Ihre Charaktere ebenfalls. Das Haus und die Familie geraten immer mehr in Verruf.

Das Grauen nimmt immer mehr zu...
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum14. Dez. 2016
ISBN9783730982273
Schwarzes Erbe: Mysterythriller

Mehr von Alfred J. Schindler lesen

Ähnlich wie Schwarzes Erbe

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Schwarzes Erbe

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Schwarzes Erbe - Alfred J. Schindler

    Alfred J. Schindler

    238

    Schwarzes Erbe

    Mysterythriller

    von

    Alfred J. Schindler

    VORWORT

    Hier sitze ich nun und starre gedankenverloren vor mich hin. Ich bin völlig alleine, und die Zeit steht still. Nein! Sie geht rückwärts, langsam, sehr, sehr langsam. Soll ich mir doch Papier und Schreibzeug besorgen? Oder ist es wohl besser, für immer zu schweigen?

    Meine innere Zerrissenheit überwindend, entschließe ich mich, die abstrakten Ereignisse der letzten Monate nieder­zuschrei-ben. Erlebnisse, die nicht nur mein Leben gravierend veränderten...

    01

    Mühsam kämpfe ich mich mit meinem alten Wagen durch diesen undurchdringlich und düster wirkenden Tannenwald. Die Uhr zeigt drei Uhr nachmittags, und es ist sehr heiß. Endlich komme ich zu diesem phantastischen Haus und bin absolut sprachlos. So hatte ich mir die Hütte ja in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt! Das Anwesen ist nicht allzu groß, aber auch nicht klein. Was mich aber sehr beein­druckt:

    DAS HAUS IST SCHWARZ.

    SCHWARZ WIE DIE NACHT!

    Darauf war ich ja nicht im Geringsten gefasst! Mein erster, grober Blick erfasst dieses unheimlich wirkende Bauwerk. Wie überlegen und selbstsicher es vor mir steht! Unverwundbar wirkt es auf mich, dieses robuste Haus!

    Ich steige aus und gehe näher heran: Das Anwesen ist aus gro­ßen, klumpenförmigen Steinen erbaut, die man auf Ziegel­größe zurechtgeschlagen hat. Es verfügt über zwei Stockwer­ke. Dicke Eckpfeiler aus schwerem Holz umrahmen das ge­samte Gebäude. Ich bin fasziniert!

    Zwischen Haus und Schuppen hatte Tom einen exklusiven Brunnen mit automatischer Wasserförderung erbauen lassen. Auch er besteht ausschließlich aus diesem schwarzen, glän­zenden Stein. Des Weiteren stehen verschieden große Wannen dabei. Der Brunnen selbst ist mit Ornamenten verziert. Direkt neben der Hausfront - zur rechten Hand - befindet sich ein großer Geräteschuppen. Er ist etwa halb so hoch wie das Haus, und er ist aus Holz erbaut. Ich öffne die große, breite Türe, und ein verbeultes, schwarzes Damenfahrrad wird sichtbar.

    Seltsam.

    Hatte Tom denn keine näheren Verwandten, denen er das An­wesen hätte vererben können? Wieso wollte er, dass gerade WIR dieses Haus bekommen? Notar Scharf hatte mir in seiner Kanzlei mit strahlender Miene die Besitzurkunde für das An­wesen inklusive Hausschlüssel mit folgenden Worten über­reicht:

    „Viel Glück im schwarzen Haus!"

    Tom hatte sich nach dem Tod seiner Frau sehr zurückgezogen, so, als ob er seine absolute Ruhe haben wollte. Er war immer ein gern gesehener Gast bei uns am Stammtisch im „Grauen Bären" gewesen. Er wohnte ja im selben Haus, wie wir. Von seinem selbst erbauten Anwesen im Wald hatte er uns, wie gesagt, nie auch nur ein einziges Sterbenswörtchen erzählt. Niemand im Dorf hatte davon ge­wusst...

    02

    Unser bescheidenes Dorf besteht zu einem großen Teil aus alteingesessenen Bauern mit entsprechenden Höfen. Hier werden hauptsächlich Kartoffeln angebaut. Diese Leute sind also völlig vom Ergebnis der Ernte abhängig. Auch einige kleine Geschäftsleute sind in unserem Nest vertreten: Ein Malermeister, ein Schuhreparateur mit Neuschuhverkauf, ein Bauunternehmer, ein Schreinermeister, und sogar einen Oberlehrer und einen Elektroniker haben wir hier. Keltenstein ist ein sehr schmuckes Dörfchen. Absolut gepflegt, einfach einzigartig. Im Zentrum steht eine kleine Kirche. Nun, und einen dazu passenden, katholischen Priester haben wir natürlich auch: Sein Name ist Max Schön.

    xxx

    DARK STONE - wie ich unser Erbe nach meinem ersten Ein­druck getauft habe, liegt sehr abseits und ist außerdem gut geschützt. Unser neues Heim liegt etwa zweihundert bis drei­hundert Meter höher als Keltenstein, weil es sich auf einem runden Hügel befindet. Dieser fast kreisförmige Hügel ist im Innenbereich stark abfallend vertieft, so um die dreißig, vierzig Meter, so dass das Haus in der Mitte des Hügels ein­gebettet ist. Den groben Trampelpfad, der dorthin führt, kann man von der Landstraße aus nicht einsehen. Wenn mir Notar Scharf nicht ganz genau beschrieben hätte, wo dieser Weg von der Straße abzweigt, dann hätte ich ihn sicherlich niemals gefunden.

    Ich betrachte das Haus und komme zu dem bizarren Ergebnis, dass es eine gewisse Trauer ausdrückt. Dieses Haus trauert um Tom, wie es mir scheint. Sicher! Um wen auch sonst?

    Ich kann diese Trauer richtig spüren.

    Nein, ich irre mich nicht.

    Langsam gehe ich zur Haustüre. Steht das Haus leer, oder ist es eingerichtet? Ist das Mobiliar, falls überhaupt vorhanden, einfach, oder aber luxuriös? Das gesamte Anwesen ist übri­gens von einem engmaschigen Drahtzaun, der von etwa fünf­zehn dicken, schwarzen Pflöcken gehalten wird, umgeben. Ein stabiles Tor ergänzt den nahezu einbruchsicheren Zaun.

    Es knirscht elend, als ich die Türe aufschließe. Mir stellen sich die Nackenhaare auf.

    Das Haus ist vollständig eingerichtet. Direkt neben der Tür befindet sich eine kleine, elektroni­sche Anlage, mit der man den Zaun, inklusive Zauntür, unter Strom setzen kann. Ja, und was das Schlimmste ist:

    Alles ist schwarz.

    Die schweren Möbel, die dicken und sündhaft teueren Teppi­che, die groben Wände und Zimmerdecken, alle Einrichtungs­gegenstände wie Schränke, Betten, als auch die völlig ver­staubten Fenster der Scheiben sind ebenfalls schwarz. Es ist einfach unglaublich, was mein Auge hier so alles erblickt! Flott durchwandere ich das Haus und finde nicht einen ein­zigen Gegenstand, der eine andere Farbe als schwarz hätte. Man muss sich das mal vorstellen! Ich habe genug gesehen.

    Ich beschließe, zurückzufahren. Der Weg ist übersät mit arm­dicken Wurzeln, die sich kreuz und quer dahinschlängeln. Außerdem durchfahre ich tiefe Schlaglöcher, ausgespült von starken Regenfällen.

    xxx

    Zu Hause angekommen, empfangen mich Helga und meine Zwillingssöhne mit großer Neugier. Und ich erzähle. Alles. Von Anfang an bis hin zum - schwarzen - Ende.

    „Ist ja absolut oberaffengeil!", meint Mani. Er ist der Jüngere unserer beiden Söhne.

    Die Lagebesprechung nimmt ihren weiteren Verlauf. Als Helga und ich dann endlich im Bett liegen, gehen wir alles noch einmal kurz durch:

    „Wir werden einen gebrauchten Jeep kau­fen müssen, Helga. Die Jungs kriegen jeweils eine gut erhal­tene Offroad-Maschine.", sage ich.

    „Wir haben im Haus keine Telefonleitungen, wie du sagtest. Wir benötigen also drei Handys: Eins für mich, und jeweils eins für die Jungen. Du hast ja dein Firmenhandy."

    „Wir müssen in Keltenstein ein Postfach eröffnen, da der Postbote unmöglich zu uns kommen kann."

    „Genau, Günter. Der Ausbau des Waldweges ist natürlich mo­mentan überhaupt kein Thema."

    „Richtig. Aber was das Schönste an der ganzen Sache ist: Wir sind jetzt stolze Hauseigentümer!"

    Sowohl Helga, als auch mir, war im Laufe der vielen Jahre klar geworden, dass Tom meine Helga allzu gerne als Frau gehabt hätte. Ich hatte es schon zu dem Zeitpunkt, kurz nachdem seine Frau verstorben war, bemerkt...

    Wir liegen beide immer noch hellwach. Ich drehe mich zu ihr: „Es könnte doch gut möglich sein, dass gerade wir dieses Haus gekriegt haben, Helga, weil Tom dich so sehr verehrt hatte!"

    „So ein Unsinn! Dir hat er doch das Haus vermacht! Im Testa­ment stand Günter Sturm, und nicht Helga Sturm!"

    „Es war ihm wohl zu peinlich, deinen Namen einzusetzen. Ich denke, er wollte nur keinen Unfrieden zwischen uns stiften!"

    „So gesehen, könntest du recht haben."

    xxx

    Am nächsten Vormittag gegen elf - wir hatten ja kaum ge­schlafen - hält es meine Familie verständlicherweise vor Neu­gier nicht mehr aus: Wir steigen in unseren angerosteten Hyundai und fahren allesamt los.

    Ziel: DARK STONE.

    Schon bald erreichen wir unser heißersehntes Ziel. Ich sehe ihre überraschten, ja verblüfften, Gesichter. So bedrückend hatten sie es sich ja nun doch nicht vorgestellt!

    „DARK STONE", flüstert Helga andächtig.

    „DARK STONE", flüstern die beiden Jungen.

    Helga findet als erste ihr Wort: „Tom, was hast du da getan?" Sie schaut suchend um sich, als ob sie von irgendwoher eine imaginäre Antwort erhalten würde.

    „Aber die Laterne ist doch wunderschön rot, nicht wahr?", entgegne ich schelmisch.

    „Der alte Tom...", wiederholt Helga wie in Trance.

    Sie steht neben mir und hält sich an meinem rechten Arm fest. Ich spüre, dass ihre Hand verkrampft ist. Man könnte fast glauben, sie klammere sich an mich, um ihre Angst vor dem Ungewissen - dem Unbekannten - zu verbergen.

    „Sperr endlich auf!", blafft Helga Alfi an, der den Schlüssel in der Hand hält.

    Eine düstere, bedrohliche Atmosphäre empfängt uns. Nur ein kleiner Vogel pfeift draußen schrill und kess, als ob er uns etwas sagen will.

    Will er uns etwa warnen?

    Wenn ja, wovor?

    Oder vor wem?

    Ich betätige den Lichtschalter, der sich innen, neben der Haustür befindet, und helles, starkes Licht durchflutet den gesamten Flur, einen kleinen Teil der rechts liegenden Küche und einen etwas größeren Teil des geräumigen Wohnzimmers, das zur Linken - vom Eingang her gesehen - liegt. Toilette und Bad befinden sich direkt vor uns, also gegenüber der Ein­gangstüre, daneben ein kleiner Vorratsraum. Eine wunder­schöne, geschwungene, holzgeschnitzte Wendeltreppe führt elegant nach oben.

    Noch verschweigt sie uns ihre Geheimnisse...

    „Schau dir all die herrlichen Bilder an!", ruft Helga, auf der Treppe stehend, entzückt.

    „Diese altmodischen, goldenen Rahmen!, lästert Mani. Und er fährt fort: „Seltsam, dass die Bilder nicht schwarz sind!

    Wir sind schwer beeindruckt von diesen wunderbaren Bildern, die sowohl im Flur, als auch im Treppenhaus, direkt neben­einander an der Wand hängen.

    Unsere aufgeregten Jungen rennen, Helga fast übersehend, die Treppe hoch.

    „Schau dir mal die Motive der Bilder an", meint Helga mit flüsternder Stimme. Es scheint, als ob sie vor diesem Haus doch einen gehörigen Respekt hat!

    „Eine Frau - schöner als die andere."

    Jedes dieser herrlichen Bilder stellt eine andere Frau dar. Alle Damen sind jung und dunkelhaarig. Ausnahmslos. Eben­mäßige, schön geschnittene Gesichter mit ausschließlich leuchtend blauen oder grünen Augen, rotlippigen Mündern und intelligentem Gesichtsausdruck vervollkommnen die im­posanten, und auch anmutenden Erscheinungen. Die Bilder sind in Öl gemalt.

    Es sind insgesamt einundzwanzig Bilder.

    Einundzwanzig verschiedene Frauen.

    „Eines muss man ihm lassen, unserem guten Tom: Geschmack hatte er ja!" Ich grinse hinterhältig.

    „Da muss ich dir zustimmen, meint Helga. „Eine ist hübscher als die Andere!

    „Ich glaube, Tom hatte im Laufe der letzten Jahre irgendei­nem hervorragenden Maler den Auftrag gegeben, diese Bilder für ihn anzufertigen!"

    „Ja, so wird es gewesen sein." Sie lacht mich amüsiert von der Seite an.

    Jedes der Bilder ist mit den Buchstaben A.S. signiert.

    „Sie sind bestimmt eine Menge wert!", sage ich zu Helga.

    „Das denke ich auch. Mit Sicherheit."

    Wir besichtigen nun die gesamte untere Etage. Es fehlt an nichts.

    „Ich frage mich, Günter, wie Tom dies alles finanziert hat!"

    „Ja. So hoch war sein Gehalt als Förster doch nun auch wie­der nicht, oder?"

    „Vielleicht hatte er etwas geerbt?"

    „Wahrscheinlich. Oder aber er hatte irgendwann - vielleicht einen größeren Lottogewinn gemacht!"

    Alfi kommt zu uns herunter. Sein Gesicht glüht: „Ich war auf dem Dachboden! Ist ja phänomenal, was da so alles herum­liegt. Sogar eine alte Geige habe ich gefunden! Das Zeug ge­hört doch jetzt uns, oder, Günter?"

    Meine Jungen nennen mich beim Vornamen.

    „Aber natürlich, Sohnemann!"

    Mani rennt ebenfalls die Treppe herunter. Er hat einen ver­wirrten Gesichtsausdruck, der uns etwas irritiert:

    „Günter! Ich habe versucht, die Farbe von der Wand zu kratzen! Ich habe in die Wand ein kleines Loch geschlagen, jedoch ist dort keinerlei Farbe vorhanden! Ich hatte hinterher nur kleine Steinbröckchen in der Hand!"

    Ich staune.

    Damit hatte wohl keiner gerechnet!

    Wir dachten, das Haus sei schwarz gestrichen!

    „Die Wände sind aus großen, grob behauenen Ziegelsteinen zusammengesetzt. Es gibt in dieser Gegend, und auch im wei­ten Umkreis, keine schwarzen, schimmernden Ziegelsteine! Sie sind allesamt weiß oder grau. Dieser Tom war nicht ganz dicht!" Mani kann sich gar nicht mehr einkriegen.

    „Aber es ist doch schön, dieses Schwarz!", sagt Helga.

    „Wir werden die Wände, die wir nicht schwarz lassen wollen, zuerst grundieren, und dann weiß streichen, oder aber mit De-Ce-Fix bekleben. Wir könnten sie auch mit einer stabilen, dicken Tapete versehen.", antworte ich.

    Am nächsten Tag kaufen wir in Grabenbach (das ist die nächstgelegene, größere Ortschaft mit etwa zweitausend Ein­wohnern) in einem kleinen Telefonladen drei Handys. Wie schön! Jetzt sind wir immer untereinander erreichbar! Ganz egal, was auch passieren wird!

    03

    Schließlich beginnt unser großer Umzug. Einer meiner Freun­de, Stefan, der Schreinereibesitzer, überließ mir großzügi­gerweise seinen riesigen Geländewagen mit Ladefläche. Meine Söhne packen kräftig mit an. Helga kümmert sich um den Kleinkram. Sie hat - so gesehen - die meiste Ar­beit.

    Der alte Hyundai wird in Zahlung gegeben, (mein Herz blutet) und wir kaufen dafür einen japanischen Jeep mit Allradan­trieb. Die beiden Herren Söhne erstehen von unserem sauer Ersparten zwei preisgünstige Geländemaschinen. Innerhalb von dreieinhalb Tagen sind wir dann mit dem Gröbsten fertig.

    Die Dinge, die wir momentan nicht gebrauchen oder sogar doppelt haben, lagern wir natürlich im großen Schuppen ein. Der Boden des Schuppens ist mit dicken, groben, äußerst sta­bilen Holzlatten ausgelegt. Wahrscheinlich hatte Tom den Boden wegen der Feuchtigkeit aus diesem stabilen Holz an­fertigen lassen, überlege ich. Der Stromgenerator befindet sich im Keller des Hauses, ebenso die zwei Öltanks für unsere Öfen.

    Mir geht natürlich so Einiges durch den Kopf: Helga muss mich in Zukunft immer abends, wenn ich von meiner Tour zu­rückkomme, mit ihrem Jeep an der Hauptstraße abholen, da ich mit meinem Firmenwagen unmöglich diesen grauenhaften Weg entlang fahren kann. Frühmorgens wird sie mich dann wieder zu meinem Firmenwagen bringen müssen.

    xxx

    Ein paar Tage später kaufen meine beiden Söhne Tapeten er­ster Wahl. Als ich dann nach einer Dienstreise rechtschaffen müde nach Hause komme, erzählt mir Helga bereits im Jeep aufgeregt folgendes:

    „Stell dir vor! Die beiden tapezierten ihre Zimmer. Es geschah Folgendes: Die Tapeten lösten sich innerhalb kürzester Zeit von den Wänden. Die Wände stoßen die Tapeten regelrecht ab!"

    Ich versuche, sie zu beschwichtigen: „Reg dich doch wegen solch einem Mist nicht auf! Wir finden schon eine Lösung!"

    „Ja, und welche bitte?"

    Meine letzte Dienstreise hatte vier Tage gedauert. Ich bin irgendwie erschöpft. Beim Abendessen rückt Mani dann mit der Sprache heraus:

    „Hat dir Mutter schon von unseren Tape­zierkünsten erzählt?"

    „Ja, sie hat, Mani. Aber ich glaube, es liegt weder an der Ta­pete, noch am Leim. Es dürfte wohl eher an den verdammten Steinen liegen. Ich befürchte, dass dieser Stein nur sehr schwer Farbe oder Tapete annimmt."

    Helga stiert mich an: „Sag mal, ist das dein Ernst, oder habe ich mich da verhört?"

    „Das ist mein völliger Ernst. Ihr habt doch gesehen, dass die Wände keine Tapeten annehmen."

    „Du willst damit sagen, dass es ein besonderes Haus ist?"

    „Ein besonderes Haus nicht, aber ein ganz besonderer Stein!"

    „Ich verstehe überhaupt nichts mehr, Günter!, knurrt Alfi. „Wieso nimmt dieser blöde Stein denn keine Tapete an?

    „Ich kann es mir selbst nicht erklären, aber irgendetwas ist daran anders, als bei allen anderen Arten von Steinen, die es gibt."

    „Ich will es jetzt wissen, Günter! Bitte gib uns Geld, damit wir morgen im Baumarkt De-Ce-Fix kaufen können. Wir glau­ben nämlich, dass der Leim schlecht war."

    „Wie ihr meint, ihr beiden Ungläubigen. Ich zücke die Brief­tasche und überreiche Mani zweihundertfünfzig Euro. „Das dürfte wohl genügen.

    Helga fragt mich abends, als wir beide unten im Wohnzimmer alleine sind, folgendes: „Wie kannst du dir das eigentlich mit diesen Tapeten erklären?"

    „Vielleicht war der Leim dritte Wahl."

    „Wie hast du das mit dem besonderen Haus gemeint? Du denkst, dass das Haus etwas Besonderes an sich hat?" Ihre Augen sind riesig groß - ähnlich wie die einer Katze, die in der dunklen Nacht alleine umherstreicht und auf ihre ein­same Jagd geht.

    „Ja, irgendetwas musste ich ja sagen! Mir ist eben nichts An­deres eingefallen!"

    „Typisch der Herr Verkaufsleiter, ganz typisch! Immer nur improvisieren. Übrigens habe ich die letzten drei Tage alle vorhandenen Küchengeräte und sonstigen Gebrauchsgegen­stände, die von Tom waren, gegen unsere eigenen ausge­tauscht. "

    „Kann ich verstehen. Wohin hast du seine Sachen gebracht?"

    „In den Schuppen."

    „Wie läuft es bei dir in der Klinik?"

    „Man hat es nicht leicht. Von unten treten die Patienten, und von oben die Herren Ärzte!"

    „Mich würde diese ewige Psychiatrie über kurz oder lang wahnsinnig machen."

    „Wie recht du doch hast", entgegnet sie.

    „Gute Nacht, Helga!"

    „Gute Nacht, Günter."

    xxx

    Am Samstagabend bin ich natürlich in Keltenstein an meinem geliebten Stammtisch. Aktuelles Thema: Toms Tod. Zweit­aktuelles Thema: Toms Waldhaus.

    Mein Freund Michael brummt: „Unglaublich ist das! Ich hätte es wissen müssen! Wir waren doch jahrzehntelange Freunde, und den Preis, den ich Tom für ein Waldhaus gemacht hätte, hätte kein anderer unterbieten können!"

    „Ich denke, meldet sich Winny zu Wort, „dass er das Haus in Eigenregie errichtet hatte. Vielleicht mit zwei, drei Verwand­ten, die ihm dabei geholfen hatten.

    „Ich glaube, dass es ihm nicht ums Geld gegangen ist. Er wollte dieses Haus nur für sich haben. Für sich ganz allein!", lallt Helmut, schwer angesäuselt, quer über den Tisch.

    „Verdammt, genau das ist es! Er wollte nicht, dass es irgend­jemand kennt. Seine Existenz sollte geheim bleiben!", erwi­dert Michael, dem langsam, aber sicher, ein Licht aufgeht.

    „Das wird es wohl sein, sage ich in die rauchdurchschwän­gerte Runde. „Genau das!

    Plötzlich sehe ich sowohl Tom, als auch das Haus, aus einer ganz anderen Perspektive. Tom war offensichtlich nicht Der­jenige gewesen, der er so viele Jahre vorgegeben hatte, zu sein. Seine lustige Art, die er uns immer gezeigt hatte, war wahrscheinlich nicht echt gewesen. Was aber hatte er mit dieser Hausbauaktion bezwecken wollen? Wollte er in diesem schwarzen Haus nur seine selige Ruhe haben?

    Oder was sonst?

    Später, als Helga und ich zu Hause im Wohnzimmer sitzen, sage ich zu ihr: „Ich möchte die Stammtischrunde demnächst zu uns zu einem kleinen Umtrunk einladen. Sie sind alle sehr neugierig und gespannt!"

    „Klar, mach das mal. Kein Problem."

    Sie weiß Bescheid, und sie akzeptiert es. Eben, wie eine schlaue und verständnisvolle Ehefrau es tut.

    xxx

    Eine Woche später, es ist Freitag, und die Arbeitswoche ist vollendet. Erneut sitze ich an unserem illustren Stammtisch: All meine Kumpane sind vertreten:

    Michael, der Bauunternehmer,

    Winny, der Dekorateur,

    Hans, der Malermeister,

    Ludwig, der Elektroniker,

    Gerd, der Wirt (auch er sitzt mit an unserem Tisch),

    nicht zuletzt Peter, der Oberlehrer.

    Etwas später kommt auch noch Stefan, der Schreinereibesit­zer, hinzu.

    Alles in allem eine sehr sympathische Runde. Ich lade sie alle zu der großen Hausbe­sichtigung ein und bekomme prompt eine einstimmige Zusa­ge:

    „Eure Frauen sind natürlich auch herzlichst eingeladen!"

    Michael erklärt sich bereit, die Anderen in seinem großen Pickcup mitzunehmen. Die Herren möchten aber alleine, ohne ihre Ehefrauen, zu uns kommen. Wahrscheinlich deswegen, damit sie alle ungeniert bei uns saufen können!

    Als ich abends um acht Uhr zu unserem Treffpunkt an die Waldeinfahrt komme - Helga holt mich selbstredend mit ihrem heißgeliebten Jeep ab - bin ich bereits auf etwaige Neuig­keiten verschiedenster Art gespannt.

    Und sie kommen.

    Ungefiltert.

    Helga ist heute etwas ruhiger, als sonst. Ja, so kenne ich sie ja gar nicht! Normalerweise fällt sie mir, wenn sie mich von meinem Dienstfahrzeug abholt, um den Hals und küsst mich, aber heute vergisst sie dies offensichtlich! Ich lasse mir nicht das Geringste anmerken und erzähle erst einmal, was mir so alles auf meiner Fünf-Tages-Tour passiert ist. Aber es interessiert sie anscheinend nicht sonderlich. Es scheint mir, dass sie abwesend ist, so, als ob sie etwas Schlimmes be­drückt.

    „Na, nun mal raus mit der Sprache, Helga! Was ist los?"

    „Ach, ich weiß auch nicht, aber Alfi und Mani bereiten mir Kopfzerbrechen. Du kennst doch die beiden. Sie sind norma­lerweise ein Herz und eine Seele. Aber mir scheint, dass die­ses Verhältnis zwischen ihnen seit ein paar Tagen betrübt ist. Sie atmet heftig. „Alfi lässt sich von Mani urplötzlich nichts mehr sagen. Im Gegenteil: Jetzt versucht er plötzlich, den Ton anzugeben. Das ist doch seltsam, oder?

    „Was du nicht sagst! Wie ist denn das Ganze passiert?", will ich wissen.

    „Es ging beim De-Ce-Fix-Kleben los. Plötzlich hörte ich von oben lautes Geschrei. Mani kam aufgeregt die Treppe herun­tergesaust und erzählte mir, dass Alfi total ausgerastet sei, als sie feststellen mussten, dass auch das De-Ce-Fix nicht an den Wänden hält."

    „Was, das De-Ce-Fix hält nicht? Das ist doch unmöglich!"

    „Ja, richtig, als Alfi sah, dass das ganze Zeug wieder herun­terfiel, bekam er einen richtigen Wutanfall und schrie Mani an, als ob der schuld daran gewesen wäre."

    „In jeder Familie gibt es mal Krach, Helga."

    „Verharmlosen nennt man das!"

    „Wir finden eine Lösung."

    In Gedanken bin ich immer noch auf Außendiensttour: Ich verkaufe elektronische Fitnessgeräte. Herkunftsland: Ameri­ca. Staat: Illinois. Stadt: Chicago. Mein persönliches Ver­kaufsge-biet ist Süddeutschland. Ja, und meine Kunden sind hauptsächlich Fitnessstudios, Sporthotels und zwi­schendurch habe ich auch einmal einzelne Interessenten wie z. B. Schauspieler, Sänger, Politiker, Schriftsteller u. s. w., die sich ihr eigenes, kleines Studio einrichten möch­ten.

    Beim Abendessen erzählt mir Alfi, dass sie am Dienstag zu­sammen die erste Rolle De-Ce-Fix an die Wand geklatscht hätten. Mani hatte gehalten und Alfi hatte gezogen. Sie hat­ten das Material anschließend mit einer harten Gummiplatte fixiert, so dass es mindestens zwanzig Jahre hätte halten müssen. Aber kaum hatten sie es losgelassen, als es auch schon wieder zu Boden fiel. Genau wie die verdammte Tapete.

    „Der Klebstoff auf dem De-Ce-Fix ist allererste Wahl, Gün­ter!, empört sich Alfi weiter. „Ich habe es auf verschiedenen, anderen Unterlagen getestet. Es hält bombenfest.

    „Vielleicht enthält der Stein einen fettigen Stoff! „Ich habe noch nie gehört, Günter, dass irgendein Stein Fett enthält! Außer Speckstein vielleicht., sagt Alfi.

    „Oder aber etwas Anderes. Ich weiß es nicht."

    „Soll das etwa heißen, Günter, dass wir weiterhin in diesen schwarzen Zimmern leben müssen?" Helga ist sichtlich ent­rüstet.

    „Wieso, du hast doch höchstpersönlich gesagt, als wir das erste Mal zusammen hier waren, dass es dir so gut gefällt?"

    „Ich finde auch, dass das eine Zumutung ist. Da wird man ja trübsinnig!" Alfi ärgert sich lautstark.

    Er, der seit ein paar Tagen in seiner persönlichen Art gewisse Veränderungen zeigt...

    „Wir werden die Wände sprühen! Mit Lackfarbe." Mani hat diese grandiose Idee.

    „Bevor wir uns noch weiter finanziell mit diversen Tapeten oder sündteurem De-Ce-Fix verausgaben, werde ich, wenn meine Freunde zu uns kommen, mit Hans, unserem grandiosen Malermeister, sprechen."

    Alfi verschwindet in seinem Zimmer, in welchem er sich of­fensichtlich aufgrund der dunklen Wände nicht so recht wohl fühlt. Mani dagegen nimmt die ganze Angelegenheit so an, wie sie eben nun mal ist.

    „Jungs, schreie ich laut nach oben, „hängt doch diese Poster in eure Zimmer! Zumindest so lange, bis unser Malermeister eine Lösung gefunden hat!

    Im selben Moment, in dem ich so laut umherbrülle, habe ich das undefinierbare Gefühl, als ob dieses Haus solche Laut­stärken...

    ... nicht mag.

    Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendetwas sagt mir, dass ich mich gefälligst etwas zurückhalten soll...

    xxx

    Kürzlich stellten wir vor unserem Haus einen riesigen, bunten Sonnenschirm auf. Er hat einen geschwungenen, weißen Stän­der, der im Boden fest verankert ist. Kein Wind kann ihn um­werfen, kein noch so starker Sturm kann ihm etwas anhaben. Das hoffen wir zumindest. Meine Söhne haben diese Tat vollbracht. Und ich muss sagen: Alle Achtung! Sehr fachmännisch haben sie das Problem ge­löst! Darunter stehen ein großer Tisch und vier zusammen­klappbare Stühle. Daneben befindet sich ein wunderschöner, großer Holzkohlengrill. Wir hatten diese Dinge im Baumarkt in Grabenbach gekauft, und wir freuen uns sehr darüber. Der herrliche, heiße Sommer steht ja direkt vor der Tür! Wir müssen ihn nur noch hereinlassen!

    Trautes Heim - Glück allein...

    xxx

    Die Sonne zeigt bereits ihre volle Wirkung. Helga und ich sitzen gerade vor dem Haus, als sie ganz plötzlich zu mir sagt:

    „Schau dir mal unsere Laterne an. Mir fällt heute zum ersten Mal auf, dass aus diesem ehemaligen Feuerrot ein Dunkelrot geworden ist. Aber halt: Du bist ja farbenblind, du Ärmster!"

    „Ja, also, für mich ist sie braun."

    Sie ruft ungestüm nach Alfi und Mani. Sie sind seit Freitag wieder ein Herz und eine Seele... - Mani erscheint auf der Bildfläche - er ist völlig außer Atem:

    „Was ist, Mutter?"

    „Schau dir doch mal unsere Laterne an. Fällt dir da etwas auf?"

    „Ja, sie brennt nicht."

    „Du Affe! Sie brennt nicht. Natürlich brennt sie nicht, wenn es heller Tag ist! Ich meine die Farbe!"

    Mani begutachtet die Laterne mit fachmännischem Blick: „Ich kann nichts Besonderes feststellen, Mutter. Warum?"

    „Sie ist dunkler, als früher!", entgegnet sie ihm irri­tiert.

    „Vielleicht denkst du, dass sie etwas dunkler ist, weil gerade eine Wolke vor der Sonne hängt!"

    „Zieh Leine! Aber schnell! Und das nächste Mal frage ich dei­nen Bruder! Der ist wenigstens etwas ernsthafter als du und dein Vater!"

    Sie wendet sich an mich: „Ich bin ja auf unsere Gäste ge­spannt, Günter. Hoffentlich hast du nicht zu viele alkoho­lische Getränke eingekauft!"

    „Ich bitte dich, Helga. Denkst du etwa, ich lasse mich vor meinen Freunden anschauen?"

    „Ja, ich verstehe."

    „Natürlich habe ich für diese Typen genügend Bier und Schnaps eingekauft! Ich passe schon auf, dass Keiner über die Stränge schlägt. Für dich, mein Schatz, habe ich ganz speziell eine Flasche Burgunder mitgebracht. Den magst du doch so gerne, oder?" Ich grinse dabei anzüglich.

    Sie geht nicht darauf ein: „Du weißt ja, wie ich es hasse, wenn jemand betrunken ist."

    „Das ist mir bekannt, Helga! Aber du weißt ja, wie sehr ich es liebe, wenn du angesäuselt bist!"

    04

    Es ist endlich soweit.

    Die Party kann steigen!

    Pünktlich um vier Uhr nachmittags - wie es ja auch verein­bart war - kommt der riesige Pickup von Michael, der am Steuer sitzt, rasant um die Ecke gekurvt. Winny, Hans, Ste­fan und Ludwig sitzen durcheinander gewürfelt hinten auf der großen Laderampe. Gerd (er überlässt heute die Leitung sei­ner Kneipe ausnahmsweise seiner Holden), Peter und Michael sitzen noch im Führerhaus.

    Sportlich springen die Vier von der Ladefläche herunter und sind völlig ruhig, als sie das Haus mit dem Schuppen, die beiden Kastanienbäume, und uns davor, erblicken.

    Sind sie geschockt?

    Oder sind sie überwältigt?

    Ich denke an den Tag zurück, als ich unser Haus das erste Mal gesehen hatte: Ich war beides. Geschockt und überwäl­tigt. Genau so wird es nun meinen Freunden wohl auch er­gehen!

    Sie begrüßen uns herzlich und Helga bekommt einen riesigen Strauß gemischter Blumen und eine große Bonbonniere über­reicht. Vom Allerfeinsten! Mani und Alfi bekommen als Ge­schenk jeweils 2 CDs vom Neuesten und mir überreicht Lud­wig - stellvertretend für alle - eine Kiste mit auserlesenem, italienischem Rotwein.

    „Wahnsinn!", ist Peters Kommentar.

    „So etwas habe ich ja noch nie gesehen!", meint Winny.

    „Ich bin ganz einfach überwältigt!", stottert Gerd.

    „Diese Straße, nein, dieser Weg, ist erschütternd - im wahr­sten Sinn des Wortes!", meint Michael.

    Stefan und Ludwig sind sprachlos. Wir sehen es ihnen deutlich an.

    „Zeig uns endlich euer Haus, Günter!", drängt Michael.

    „Ich will zuerst den Schuppen sehen!", schreit mir Hans ins Ohr.

    „Wo ist die Toilette?", fragt Ludwig.

    „Die brauche ich jetzt auch!", labert Stefan.

    „Aber warum habt ihr denn alles schwarz gestrichen?", will Winny wissen.

    Helga schaut mich vorsichtig von der Seite an. Sie fordert mich mit stillen Blicken auf, in diesen Sauhaufen endlich Ordnung zu bringen.

    „Alle Mann herhören! Zuerst gibt es für alle ein kleines, küh­les Bierchen. Danach führe ich euch durchs ganze Haus. Wer will, kann auch den Speicher sehen, ebenso den Keller. Hin­terher zeige ich euch noch unseren tollen Schuppen, und dann gibt es frische Getränke. Wer jetzt schon Hunger hat, kann schon einmal vorab einen kleinen Happen haben! Ein­verstanden?"

    Gerade, als unsere kleine Wanderung durch unser unheimlich anmutendes Haus beginnt...

    ... spüre ich ganz plötzlich etwas ganz Seltsames.

    Es ist eine Art von Unsicherheitsgefühl, das mich überfällt. Ich betrachte unser Haus wie unter einem Zwang - wir stehen ja alle direkt davor - also an der Fassade, und habe das un­definierbare Gefühl, als ob das Haus mir sagen möchte, dass es diese Führung nicht wünscht...

    Das darf doch nicht wahr sein!

    Ich greife mir an den Kopf und wische mir mit den Händen über die Augen. Wie, in Gottes Namen, komme ich bloß auf solche idiotischen Phantastereien? Spinne ich etwa, oder was? Tut mir diese brachiale Hitze nicht gut? Ich wische mei­ne komischen Eingebungen mit einer einzigen Handbewegung zur Seite und rufe:

    „Folgt mir unauffällig, Männer!"

    Unsere kleine, völlig harmlose und kurzweilige Besichtigung durch das Haus beginnt. Mani und Alfi haben sich zwischen­zeitlich auf ihre beiden völlig verdreckten Maschinen ge­schwungen und sind Richtung Keltenstein verschwunden.

    Helga führt die Männerschar an.

    Ich bilde die Nachhut.

    Allgemeines Erstaunen.

    SCHWARZ. Nichts als SCHWARZ - soweit das Auge blickt.

    „Das ist ja die tierischste Bude, die ich je gesehen habe! Das will was heißen!", lacht Michael, der große Baumeister.

    „Eine etwas düstere Angelegenheit.", ist Peters offener Kom­mentar.

    „Toll, diese schweren Eichenmöbel!", meint Ludwig, der Bast­ler.

    „Ihr habt euch hier ja schon gut eingewohnt, was?", fragt Gerd Helga.

    „Ja, bis auf dieses...

    ... grässliche Schwarz."

    Helga hat es gesagt.

    Laut und vernehmlich.

    Das Haus hat es sicherlich gehört!

    Mit all seinen ureigenen Sinnen...

    Wir gehen gerade alle hintereinander die Treppe hoch, als Helga ganz oben

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1