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Die Geister der Vergangenheit Band 2: Sternenstaub
Die Geister der Vergangenheit Band 2: Sternenstaub
Die Geister der Vergangenheit Band 2: Sternenstaub
eBook437 Seiten6 Stunden

Die Geister der Vergangenheit Band 2: Sternenstaub

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Über dieses E-Book

Prolog:
Geister der Vergangenheit (Fantasy.Roman) Neuauflage (STERNENSTAUB)
Sie hatten sich daran gewöhnt, durch die Jahrhunderte
pendeln zu können.
Doch durch einen fatalen Fehler waren sie in eine falsche,
feindselige Zeit geraten, aus der es kein Entrinnen zugeben schien.
Fassungslos, den Tod vor Augen, erlebten und sahen sie,
was nie zuvor ein anderes Wesen je schauen durfte...

Fortsetzung von: Tor zur Ewigkeit Buch1 mit der Bestellnummer: ISBN 9783945769133
oder unter: http://www.meine-buch-ideen/
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum21. Nov. 2016
ISBN9783739233789
Die Geister der Vergangenheit Band 2: Sternenstaub
Autor

Charlotte Camp

In einem kleinen Ort in Sachsen Anhalt, nahe der ehemaligen Grenze zu Niedersachsen, in selbst gewählter Ruhe, widmet sie sich nun ausschließlich ihrem Hobby, dem Schreiben utopischer Romane und Thriller. Bezugnehmend der Ausgrabungen und Funde unserer Urahnen in unserer Region vor 3000 Jahren, in den Tiefen der Vergangenheit als Zeitreisende sich selber wiederzufinden.

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    Buchvorschau

    Die Geister der Vergangenheit Band 2 - Charlotte Camp

    Camp

    Kapitel: 1 Winternebel

    Mein Liebster lebt nicht mehr, undenkbar, was soll ich ohne ihn, nach den vielen Jahren die uns verbinden. Er war ein Teil von mir. Eine unsägliche Traurigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit wollte mich erdrücken.

    Ich dachte an unsere schöne Zeit zurück, an den Anfang, als wir uns in der Höhle, dem Zeitkanal zum ersten Mal sahen und uns auf der Stelle unsterblich in einander verliebten. Seitdem gingen wir unseren Weg gemeinsam, teilten Glück und Sorgen, leider wurden wir durch Intrigen und Schikanen des gräflichen Onkels, immer wieder auseinandergerissen und getrennt.

    Doch auch, dass meisterten wir, und fanden immer wieder gestärkt zueinander.

    Wie glücklich waren wir in dem Haus am Berge, dem Berge mit der mystischen Höhle.

    Nur wir und Justin besaßen das Wissen, die unheimliche Kraft des Berginneren für uns zu nutzen, um in andere Zeiten, ja gar in andere Jahrhunderte zu gelangen.

    Längst hatten wir uns daran gewöhnt die einzigen Zeitreisenden zu sein.

    Doch wir flippten nicht aus, blieben meist bodenständig, nutzten allerdings alle Annehmlichkeiten

    welche das 21. Jahrhundert bot.

    Wir bereisten häufig die Zukunft, selten aber die Vergangenheit. Bald erkannten wir eine andere Fähigkeit, die uns durch die unerklärliche Macht gegeben war. So konnten wir in vergangene Zeiten zurückgehen und uns somit beliebig verjüngen, was wir nur selten wahrnahmen, denn mit jedem Trip in die Zeit zurück, löschten wir alles gemeinsam Erlebte, denn es hatte ja noch nicht stattgefunden in der alten Zeit.

    So lebten wir ein etwas abenteuerliches Leben, in dem Bewusst sein, beinahe unsterblich zu sein.

    Aber wir sind nicht unsterblich. Ich sitze hier allein im Berge, allein in einer kalten Dezembernacht, als wollte ich die Geister beschwören und beklage den Tod meines Liebsten.

    Der Mond war aufgegangen und beleuchtete die gespenstische Szenerie. Ich war jetzt verwirrter als vorher. Günter ist tot, mein Günter ist nicht mehr.

    Diese Worte hatten sich in meinem Kopf festgesetzt. Benommen kauerte ich im Schnee und fühlte, die Kälte meine Glieder lähmen. Der Mond war schon ein gutes Stück gewandert, als ich ein Geräusch vernahm. Es klang wie ein Sprung. Gibt es Tiere in dieser kahlen Höhe? Dann schwebte ein Schatten aus Richtung der Höhle, ich rührte mich nicht. Der unförmige Schatten näherte sich. Jetzt sah ich, dass er mit vielen Paketen beladen war, ich sprang auf und lief ihm entgegen. Günter, es war Günter, mein Liebster lebte.

    „Oh, Liebster, du lebst!", schluchzte ich vor Freude.

    Er ließ alles fallen und breitete die Arme aus, ich fiel in seine starken Arme, wir hielten uns minutenlang fest umschlungen.

    „Oh, du lebst, sagte ich immer wieder und streichelte sein Gesicht. Es war glatt und fest, er war, wir waren 10 Jahre jünger. „Ich hatte so einen bösen Traum sagte ich, „du wurdest getötet, erschossen. Komm, lass uns schnell in unsere Zeit zurückgehen!"

    „Aber wir sind doch in unserer Zeit", sagte er verwundert.

    „Frag jetzt nicht! Wir griffen gemeinsam nach den Paketen. „In das Jahr 1889, sagte ich.

    Wir stiegen aus der Höhle am 23. Dezember 1889 um 22 Uhr.

    „Warum 89, fragte Günter, „wir haben zehn Jahre übersprungen, warum?

    „Wir haben die zehn Jahre erlebt, wir lebten im Jahr 89, du wolltest nicht deinen 70. Geburtstag erleben, du hast dich dagegen gesträubt und hattest einen Herzanfall. Du warst tot, mein Liebster! Jetzt bist du wieder zehn Jahre jünger, aber unser Haus wird verwüstet sein, zehn Jahre unbewohnt. Alles was wir in dieser Zeit geschaffen haben gibt es nicht." Günter sagte nichts, er war vollkommen verwirrt und verstand das Meiste gar nicht, was ich sagte.

    „Vielleicht gibt es unser Haus gar nicht mehr, zehn Jahre sind ausgelöscht."

    „Zehn lange Jahre? Wieso weiß ich nichts davon und du weiß mal wieder alles!"

    „Gehirntraining", sagte ich, „wenn man es immer wieder denkt, bleibt es im Kopf, nicht als wirkliche Erinnerung, sondern als Gedanke, wie etwas das man gelernt, eingetrichtert bekommen hat. Mach dich also auf alles gefasst, das Haus kann ausgeraubt oder zerstört worden sein. Dafür hast du zehn Jahre deines Lebens zurück. Du hattest solch ein Grauen vor dem Altwerden, besonders vor dem 70. Geburtstag.

    Du hattest immer wieder davon gesprochen, wie schön es wäre, jünger zu sein, nun bist du 59 Jahre und niemals 70 geworden, kurz vorher hat Hermann auf dich geschossen. Er wollte dich töten, aber du warst schon tot, du bist einem Herzinfarkt erlegen."

    „Warum wollte er mich töten?"

    „Du hast dem Jungen deine Vaterschaft gebeichtet. Hermann weiß auch, dass du mich einst entführt hast, in einem anderen Leben, als ich bei ihnen im Haus gelebt habe, mit seiner Mutter, der Schwester und dem Sohn. Er hatte mich damals aufgegriffen, als ich das erste Mal völlig verwirrt in diese Zeit gestolpert bin. Er hat dann gehofft, ich würde bei ihm bleiben, dann war ich plötzlich verschwunden, du hattest mich entführt! Er sagt, du hättest mich ihm fortgenommen! Der Junge, den er liebt, ist plötzlich nicht mehr sein Sohn, sondern deiner. Du hast ihm alles genommen, meinte er!"

    „Du hast also mit ihm zusammengelebt?"

    „Wir haben alle unter einem Dach gelebt, vielleicht wäre bald mehr daraus geworden. Dich kannte ich doch noch nicht, du warst mein Bergführer. Danach habe ich dich erst wiedergesehen, als du zu einem Krankenbesuch gekommen bist als Doktor. Ich war sehr erstaunt damals, in dir den Bergführer zu erkennen, erinnerst du dich denn nicht daran? „Nein, sagte er, „aber du weißt offensichtlich alles und Hermann auch, kannst du mir das erklären?"

    „Ich weiß es, weil ich alles oder Vieles aufgeschrieben habe und Hermann offenbar auch, er ist ja ein Schriftsteller!"

    „Wann hast du dich denn so ausführlich mit deinem Hermann unterhalten, du bist ja so gut informiert, was Hermann sagt und denkt."

    „Als ich die Nachricht von deinem Tot erhalten habe, bin ich in sein Haus gestürmt. Ich hatte sofort einen gewissen Verdacht, denn du hattest mir erzählt, du wüsstest jetzt genau, dass der Junge dein Sohn ist und dass du es ihm sagen würdest. Der hat es natürlich seinem Ziehvater gesagt, und das hat zu diesem Hassausbruch geführt.

    Ich stürmte also in dieses Haus und bedrohte ihn mit dem Revolver. Er sagte, ich könne ihn erschießen, aber er würde seine Tat nicht bereuen, er war zerfressen von Hass. Der junge Wolfgang erzählte, du hättest ihm alles gesagt. Weiter sagte er, dass sein Vater, also Hermann, dich nicht getötet hat, denn du warst zu diesem Zeitpunkt schon Stunden tot! Er hat also auf einen Toten geschossen."

    „Ich habe erst jetzt von dir gehört, dass der Wolfgang mein Sohn ist, sagte Günter. „Ich hätte dich gern gesehen, wie du diesen Kerl mit dem Revolver in Schach gehalten hast, sagte er grinsend.

    „Wie kannst du darüber lachen Günter, kannst du dir nicht vorstellen, wie sehr ich gelitten habe?"

    „Oh ja, denn ich hätte genauso gehandelt. Jetzt allerdings habe ich Sorge, dass unser Haus möglicherweise eine Ruine ist."

    Ich drückte seine Hand. „Alles, was du mühsam aufgebaut und erschaffen hast", flüsterte ich kaum hörbar. Wir hatten bereits den geheimen Weg erreicht.

    Oh mein Gott, dachte ich, lass uns nicht eine Ruine vorfinden.

    Das Haus stand noch unversehrt. Das Tor war nicht verschlossen, wir gingen über den vom Mond beleuchteten Hof zur Haustür. „Was ist das dort für ein Anbau?", fragte er verwundert.

    Ich staunte selbst, denn ich hatte den Anbau der Praxis noch nicht gesehen, nur darüber gelesen. „Lass uns erst mal ins Haus gehen, den Anbau können wir morgen bei Tageslicht bewundern."

    In der Diele brannte Licht, wir öffneten die Küchentür und knipsten das Licht an, der Tisch war gedeckt für zwei, in der Mitte des Tisches stand eine Christrose, an die ein Foto gelehnt war. Ein Bild des lachenden Justin, vor dem ein Zettel lag. „Herzlich Willkommen zu Hause! Ich habe dafür gesorgt, dass alles so geblieben ist wie es war. Liebe Grüße, euer treuer Freund Justin."

    Günter betrachtete das Foto sinnend. „Ich glaube, ich kann mich an ihn erinnern."

    Wir gingen durch das Haus, betraten jeden Raum, wir gingen auch auf den Hof, um den Anbau zu bestaunen. Das Wartezimmer, Günters Behandlungsraum, die aufwendige Ausstattung, die kostspieligen Geräte, all das erschien uns wie ein Wunder.

    „Ich fasse es nicht, wie ist das möglich?", sagte Günter ungläubig.

    „Das frag ich mich auch, sagte ich staunend, „wann ist das alles gebaut worden? Wir gingen wieder in das Haus, alles war wie ich es in Erinnerung hatte, im Haus hatte sich nicht viel verändert. Die Küche war etwas moderner ausgestattet, wir gingen ins Bad und starrten in den Spiegel.

    „Sind wir das, fragte ich „der gutaussehende Mann neben mir ...

    „... und die tolle, aufregende Frau neben mir?", ergänzte Günter.

    „Juhu, riefen wir wie aus einem Munde. „Wir sind wieder jung und verliebt wie am ersten Tag, obwohl ich mich kaum erinnere, schon fast 70 gewesen zu sein, sagte Günter.

    Ich kramte nach einem Foto vom letzten Sommer im Garten, ein Schnappschuss, von Justin fotografiert. Wir schauten verwundert in die Kamera. „Das sind wir, zehn Jahre älter, wow, sagte Günter, „ich bin, ich war ein alter Mann, und du hast es mit so einem alten Mann ausgehalten?

    „Warum nicht, sagte ich, „die ältere Dame neben dir war immerhin auch schon 62 Jahre alt, wir wollten zusammenbleiben, bis der Tod uns scheidet.

    „Soll das heißen, wir sind verheiratet?"

    „Ja freilich, schon 9 Jahre!", sagte ich.

    Wir gingen eng umschlungen in die Stube, Günter öffnete eine Champagnerflasche und füllte die Gläser, wir tranken und küssten uns immer wieder, berauscht vom Champagner und von unserer jungen alten Liebe.

    Günter betrachtete das Bild von Justin. „Ein toller Kerl, dieser Freund, sagte er, „wo ist er und wo wohnt er?

    „Er hat hier gewohnt, die meiste Zeit jedenfalls, er bewohnte die Gästezimmer oben unter dem Dach. Ich habe ihn fortgeschickt, als du, als das mit dir passierte."

    „Wir führten also eine Ehe zu dritt?", fragte er misstrauisch.

    „Nein, natürlich nicht, wie kannst du nur so etwas denken. Du bist mein Mann und Justin ist unser beider Freund, ihr habt zusammen ein Auto gebaut, ihr wart dicke Freunde", log ich.

    „Denk nicht, dass ich mich an gar nichts erinnere, sagte Günter, „er ist dir doch nachgelaufen wie ein Hündchen. Habe ich ihn nicht schlagen müssen, dass er die Finger von dir lässt?

    „Du erstaunst mich, dann erinnerst du dich also doch!"

    „Nicht direkt, nur an den Groll gegen ihn, die bohrende Eifersucht, und dass ich ihn am liebsten umgebracht hätte. An die Gedanken, die mich gequält haben eben!"

    „Das war alles ganz am Anfang, danach waren wir wie Bruder und Schwester, sagte ich. „Wenn er hier gewohnt hat, unter unserem Dach, dann wart ihr doch viel allein im Haus, wenn ich zu tun hatte!

    „Selten, sagte ich, „er hat doch ständig am Auto gebastelt, das war seine Geliebte. Im Hause hat er mir gelegentlich bei der Hausarbeit geholfen, wir haben viel geredet. Ich war seine Vertraute, er hat mir von seinen Liebschaften erzählt.

    „Ihr wart also sehr vertraut miteinander!"

    „Nun ja, wir haben uns recht gut verstanden, sagte ich, „bist du schon wieder eifersüchtig, obwohl du ihn noch gar nicht kennst? Sein Gesicht hatte sich verändert, er hatte wieder diesen gewissen Zug um den Mund, plötzlich packte er mich und schüttelte mich. Es dauerte nur einen Moment, sofort ließ er die Hände wieder sinken und sagte: „Du weißt, dass wir zusammengehören, du bist mein Leben. Wenn du mich betrügst oder einen anderen mehr liebst, werde ich uns umbringen, nein, nur mich!" Er fixierte mich und versuchte in meinen Augen zu lesen.

    „Soll ich jetzt aus Angst vor dir bei dir bleiben oder weil ich es selber will, weil ich dich genauso liebe wie du mich?", sagte ich ärgerlich.

    „Oh, ich habe mich ungeschickt ausgedrückt. Ich habe die Hoffnung, dass du die gleichen starken Gefühle für mich hast wie ich für dich!"

    „Hätte ich dich sonst aus dem Totenreich geholt? Ich hätte ebenso gut mit Justin weiter hier leben können, nachdem ich dich begraben hätte. Hast du eine Ahnung, wie sehr ich gelitten habe, als ich die Nachricht von deinem Tode erhalten habe? Es war, als hätte man mir das Herz herausgerissen, ich war selber gestorben. Du verdirbst uns schon am ersten Morgen den schönen neuen Tag mit deiner krankhaften, unbegründeten Eifersucht. Ich begann zu schluchzen. „Es ist traurig, dass du mir nicht traust. Wenn du mir nicht vertraust, hat doch alles mit uns keinen Sinn!

    „Oh meine Liebste verzeih mir, verzeih mir bitte, ich bin verrückt, verrückt nach dir. Er bedeckte mich mit hundert Küssen, hielt mich fest im Arm und streichelte mich. Abends öffnete er wieder eine Flasche unseres besten Weines, füllte die Gläser und reichte mir eines. „Lass uns auf unseren Neuanfang anstoßen, ich verspreche dir, ich werde mich bessern. Es war Heiligabend, Günter holte die Pakete aus seinen Taschen, die er am Abend zuvor den Berg hinab geschleppt hatte.

    Am nächsten Tag nahmen wir erneut das Haus in Augenschein. Wir öffneten die Gästezimmer, sie waren nicht leergeräumt. Im Schrank hing noch Kleidung, auch die Schubladen enthielten noch Wäsche und persönliche Dinge, das Gäste Bad war verschlossen, der Schlüssel steckte nicht. Da ich weiterhin alle Geschehnisse auf geduldigem Papier festgehalten hatte, brauchte ich nur den dritten und dicksten Teil zu lesen, er berichtete über zehn Jahre pralles Leben.

    Alle Freuden, Höhen und Tiefen waren niedergeschrieben, allerdings auch manche Belanglosigkeit, die sich später als wichtig erweisen sollten!

    Es war Weihnachten, Günters 60. Geburtstag, wir feierten zu zweit allein, von Justin gab es weiterhin keine Spur. Im neuen Jahr wollte Günter seine Praxis wiedereröffnen. Wir beschrifteten ein Holzplakat mit den Öffnungszeiten, welche sich bewährt hatten, die Praxiseröffnung wäre in einem Monat. Günter war auf dem Weg zum Schlösschen. Ur-Ur war vor drei Jahren verstorben, er hatte Günter alle seine öffentlichen Ämter überschrieben mit einer Frist bis 1890. Zu Zeit wurden sie von anderen Personen wahrgenommen. Würde Günter nicht bis 1890 erscheinen, würden sie endgültig an den Grafen, seinen zweiten Sohn übergehen.

    Günter musste sich also umgehend in dem Schlösschen zeigen, die Familie besuchen und besonders mit dem neuen Grafen, seinem Urgroßvater, reden, um seine Zukunft zu sichern! Ich saß indes in der Küche in mein eigenes Büchlein vertieft. Unglaublich, was alles geschehen war! Bis auf den endlos langen Abend im Berg vor der Höhle war alles aufgeschrieben, den Rest werde ich jetzt ergänzen.

    Gleichwohl müssten einige Kürzungen vorgenommen werden. Es waren dies die schlüpfrigen Sprüche und die Anmache, mit denen Justin mich des Öfteren bedrängt hatte. Das durfte Günter auf keinen Fall lesen, es würde unnötigen Ärger geben und eine Freundschaft der beiden Männer im Voraus zunichtemachen! Also entfernte ich die Seiten und füllte sie mit Belanglosigkeiten. Diese jeweils mit den Geschehnissen des jeweiligen Tages zu verflechten, war gar nicht so einfach. Ich musste einiges neu erfinden, um allem einen Sinn zu geben, mir rauchte der Kopf. Ich atmete erleichtert auf und klappte das Büchlein zu. Heute oder morgen würde ich ein neues Buch beginnen, sorgfältiger als die ersten und mit Fotos an den passenden Stellen, das hatte ich bisher versäumt. Die aussortierten Seiten verbrannte ich unverzüglich im Ofen.

    Diesen dritten Teil, den umfangreichsten von allen, wollte ich heute Günter zu lesen geben. Was zählen diese zehn gelebten Jahre schon, wenn nur ich alleine davon wusste. Es war mir auch wichtig, Günter mit seinen unmöglichen, übertriebenen, krankhaften Eifersuchtsausbrüchen zu konfrontieren! Ich hatte die Hoffnung, er würde sich in Zukunft zurückhalten, sich zusammenreißen und seine Wutanfälle zügeln.

    Falls Justin eines Tages zurückkommen sollte, würde das ganze Theater von Neuem beginnen, darauf hatte ich nicht die geringste Lust. Ich würde ihn vor Justin bloßstellen müssen, das aber war nicht meine Absicht, denn das wäre Gift für unsere keimende neu erwachte Liebe und unser friedliches Zusammenleben.

    Ich hörte die Haustür und Schritte im Flur.

    Ich nahm das Büchlein und platzierte es auf Günters Tischseite. Nach dem Essen begann er zu lesen, ich räumte so leise es ging die Küche auf und ließ ihn mit seiner Lektüre allein. „Wow, sagte er sichtlich erschüttert, „zehn gelebte Jahre mit dir, von denen ich so gut wie gar nichts mehr wusste. Du hast sie wieder zum Leben erweckt! Ich werde alles noch einmal lesen, damit es fest in meinem Kopf sitzt. Du hast so lebendig geschrieben, dass ich glaube, alles selbst erlebt zu haben.

    „Du hast alles selbst erlebt!", sagte ich.

    „Bin ich wirklich so ein Scheusal?", fragte er betreten.

    „Noch schlimmer", antwortete ich.

    „Ich gelobe Besserung, wie kannst du es nur mit mir aushalten?"

    „Nun ja, du hast auch deine guten Seiten, sehr gute Seiten, mein Liebster. Du hast mich verhext, hätte ich dich sonst von den Toten wiederauferstehen lassen? Ich breitete meine Arme aus. „Komm, lass uns unser drittes Leben genießen.

    Er las das Büchlein einige Tage später noch einmal und wusste nun, was gut und was schlecht gelaufen war, man musste ja nicht die gleichen Fehler wiederholen. Ein jedes neue Leben sollte besser sein, bis hin zu Perfektion, hatte ich einmal gelesen.

    Das Wartezimmer füllte sich nur langsam nach Günters langer Abwesenheit. Doch seine Heilerfolge sprachen sich schnell herum. Nach zwei Monaten schon raufte sich Günter die Haare, der Zustrom nahm kein Ende. Wir kürzten die Sprechzeiten auf drei Stunden täglich, obwohl die Patientenzahl die gleiche blieb.

    „Was können wir dagegen tun?", fragte ich ratlos.

    „Ach, sagte Günter, „ich bin jung, ich kann das bewältigen, ein paar Jahre halte ich das durch, dann werden wir weitersehen.

    Ich assistierte ihm, so gut ich konnte. In der Freizeit gehörte der Doktor mir. Wir waren sehr verliebt, seine Augen sprühten wieder Blitze, seine Blicke trafen mich ins Herz. Umgekehrt war es offensichtlich ebenso, wir turtelten wie in den Flitterwochen. „Wir sollten gleich heiraten, sagte Günter, „denn sonst bist du nur meine Haushälterin, nicht meine Frau.

    „Wir sind verheiratet", sagte ich.

    „Ja, in der anderen Zeit", erwiderte er.

    Ich öffnete eine Schublade und zeigte ihm unsere Heiratsurkunde mit Siegel und Unterschrift des Standesbeamten.

    „Wow, sagte Günter, „vor neun Jahren haben wir geheiratet, leider entsinne ich mich nicht!

    „Wir waren nur auf dem Standesamt, es gab keine große Feier, die Urkunde ist echt."

    „Justin hat dafür gesorgt, dass alles im Haus so blieb, ich weiß immer noch nicht, wie ihm das gelungen ist!"

    „Ich habe eine Ahnung, sagte Günter. „Du erinnerst dich, als wir im Dezember durch das Haus gingen, durch alle Räume, das Gäste Bad war verschlossen. Ich habe es im Januar aufgebrochen und mit riesigen Kanistern vollgestopft vorgefunden, und mit einem starken widerlichen Gestank. Ich musste überlegen, es roch nicht nach Klo, sondern wie in der Höhle.

    „Oh mein Gott, rief ich, „das ist die Lösung!

    „Ich habe alles so belassen, sagte Günter, „falls der Schönling wiederkommt, soll er alles so vorfinden, wie er es verlassen hat.

    Günter ging mit der Trauungs-Urkunde in das Rathaus und brüskierte die ahnungslosen Beamten mit dem Vorwurf, schlampig gearbeitet zu haben. „Warum wird meine Gattin nicht als meine Gattin geführt?, polterte er mit der Autorität eines Grafen und des allwissenden Doktors. „Zeigt mir das Heiratsregister.

    Es gab keine Eintragung!

    „Das ist ja ein Skandal, wer ist dafür verantwortlich? Sicher der Standesbeamte, der uns getraut und die Urkunde unterzeichnet hat. Wo ist der Faulpelz?, schimpfte Günter. „Der ist inzwischen verstorben, schon vor drei Jahren, sagte der Beamte.

    „Bringen Sie das schnellstens in Ordnung, Mann!, fauchte Günter. „Jetzt auf der Stelle!

    „Ich kann doch nicht so einfach … das müsste der Kollege ge..."

    „Sie können, beharrte Günter, „geben Sie sich Mühe, was machen Sie hier eigentlich den ganzen Tag? Hier! Er reichte ihm die Urkunde. „Tragen sie alles sorgfältig ein!"

    Kapitel: 2 Der Hausfreund

    Kapitel 2: Der Hausfreund

    Anfang April stand Justin mit seiner großen Reisetasche vor der Tür. Er schaute unschuldig wie ein Kind. „Bin ich denn noch erwünscht?", fragte er.

    „Komm in meine Arme und lass dich drücken", sagte ich lachend und breitete meine Arme aus.

    Wir drückten uns, ein wenig zu lange.

    „Mein Herzallerliebstes, murmelte er und ergänzte den Satz mit „Schwesterlein. „Endlich wieder zu Hause, mein Gott war diese Zeit lang und öde." Er ließ sein Gepäck fallen und drehte sich einmal langsam im Kreis, um alles in Augenschein zu nehmen.

    „Komm mein Freund, komm in die Küche. Wie schön, dass du wieder hier bist, ich koch uns einen Kaffee." Ich hakte mich bei ihm ein und zog ihn in die Küche. Er war älter geworden, ich hatte ihn in Erinnerung, wie er auf dem Foto war. Ich überlegte, jetzt war er nicht mehr 14 Jahre jünger als ich, sondern nur noch vier Jahre.

    „Du siehst toll aus, so jung und so hübsch, sagte er, als er mir am Tisch gegenübersaß. „Du hast ihn also wieder zum Leben erweckt, du siehst so glücklich aus, deine Augen strahlen, warum kannst du mich nicht so lieben wie ich dich?

    „Meine Augen strahlen, weil du wieder da bist, sagte ich, „ich freue mich wirklich!

    „Du vielleicht, aber Günter bestimmt nicht."

    „Günter wird bald kommen, dann stoßen wir auf deine Heimkehr an."

    „Meine Heimkehr, sagte er wehmütig, „zu der Frau, die ich liebe, aber sie liebt einen anderen. Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin!

    „Ach Justin, sagte ich, „du hast gedacht, ich wäre jetzt alleine?

    „Ja, ich hatte es gehofft!"

    Günter kam ins Haus. „Ach, unser Hausfreund ist wieder da", sagte er. Die beiden Männer begrüßten sich ohne Emotionen. Sie sahen sich als Rivalen, und so würde es auch immer bleiben.

    „Hallo Alter", sagte Günter nur.

    Justin erhob sich und beide Männer klopften sich linkisch auf die Schultern. „Was hast du so getrieben in der Zeit?", fragte Günter, um etwas zu sagen.

    „Ach, dies und jenes, ich habe alte Scheinwerfer besorgt und diverse Teile für unser Auto."

    „Das Auto ist Vergangenheit, das war einmal, sagte Günter, „die Zeit hat es mitgenommen. Schön von dir, dass du das Haus vor der Zeit erhalten hast, ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet. Er hielt die Unterhaltung absichtlich kühl, ja geradezu feindselig.

    „Wenn ich nicht willkommen bin, sag es doch einfach, dann geh ich sofort wieder."

    „Du bist hier willkommen", sagte ich an Günters Stelle.

    „Dieses Gefasel, das eine Unterhaltung sein soll, ist eine Farce. Wenn er ein Auto bauen will, dann soll er es doch tun. Der Schuppen ist kein Schuppen, sondern nur ein Unterstand, so wie er war, als ich 1879 gekommen bin."

    „Alles habe ich leider nicht für euch erhalten können", sagte Justin bedauernd.

    „Du hast uns genug erhalten, du bist ein Zauberer. Hier stand das Auto, sagte Günter, „ich habe es auf einem Foto gesehen, ein Prachtstück, und das hast du zum Fahren gebracht? „Wir haben es gemeinsam zusammengeschweißt, vier Jahre haben wir gebraucht, bis es endlich funktionierte", sagte Justin.

    „Und jetzt willst du ein neues bauen?", fragte Günter.

    „Ich brauch kein neues bauen, denn es ist noch da!"

    „Es ist noch da?", fragten wir erstaunt.

    „Es steht am Berge, ich habe es noch vor zwei Stunden gesehen, es ist unversehrt, wir können heute Abend alle hingehen und nachsehen."

    Wir gingen nachsehen.

    Justin hatte in den vergangenen Jahren immer wieder den Berg nach weiteren Öffnungen abgesucht. Auch wir hatten oft davon gesprochen, nach einer weiteren Öffnung zu suchen, weil wir vermuteten, dass die Höhle den gesamten Rauminhalt des Berges füllte. Gleichwohl, wir haben es versäumt. Am Fuße des Berges in geringerer Höhe, ca. 100 Meter von unserem Aufstiegsweg entfernt, hinter Tannen verborgen, stand das von allen heißgeliebte Fahrzeug. Mittlerweile mit Grünspan bedeckt und ein wenig rostig. Günter brachte vor lauter Staunen zunächst kein Wort heraus, bis es klick machte im Kopf. „Jetzt verstehe ich, ah ja, jetzt verstehe ich alles, du Teufelskerl. Ich dachte immer, ich bin erfinderisch. Das ist ja genial! Du hast die Höhle direkt angezapft, erst hast du Luft aus der Höhle in die großen Kanister gepumpt und im Haus entweichen lassen. Oben in dem kleinen Bad hast du dich selbst durch die Zeit gebracht, du hast alles luftdicht verschlossen und dich in diesem Luftgemisch aufgehalten, bis die Zeitverschiebung beendet war."

    „Ich wollte auf keinen Fall in die Vergangenheit versetzt werden, ich hätte ja nichts mehr gewusst von diesen schönen Jahren, als wären sie nie gewesen. Obwohl ich es jetzt ein wenig bereue. Wenn ich euch so frisch und verjüngt sehe, jetzt bin ich fast so alt wie du, Günter!"

    „Das ist schon gut so", sagte Günter grinsend.

    „Ja, für dich", antwortete Justin.

    „Sag wie es war, hast du etwas gemerkt während der Zeitreise?", fragte Günter.

    „Ja, es war wie in einem Lift, der mit 100 km/h in die Tiefe rast. Ein Druck, der mich lähmte. Dann habe ich warten müssen auf den nächsten Zeitsprung nach oben, das waren die längsten, scheußlichsten Stunden meines Lebens."

    „Woher wusstest du von dem zweiten Zeitsprung, habt ihr euch abgesprochen?", fragte Günter.

    „Ich habe es vermutet, ich war ziemlich sicher, dass ihr nicht in der alten Zeit bleiben wolltet. Ihr hättet ja auch in das Jahr 1900 gehen können. Es war ein großes Risiko für mich. Wäret ihr in dem Jahr 1879 geblieben, hätte es tödlich für mich ausgehen können, denn in dieser Zeit gab es mich hier ja noch gar nicht. Nur gut, dass alles geklappt hat!"

    „Wir werden jetzt schauen, ob wir unser Schmuckstück zum Leben erwecken können, dann fahren wir nach Hause." Er hatte für alle Fälle seinen Werkzeugkasten mitgenommen.

    Während die Männer am Auto probierten, untersuchte ich die Höhlenöffnung. Wie viel einfacher wäre es, gleich hier in den Berg gehen zu können und sich nicht erst mit einer Klettertour zu plagen. Doch leider war die Öffnung zu klein für einen Menschen. Ich stellte mir die Wesen hinter dem Spalt vor. War es für sie wie ein Fenster, können sie mich sehen? Den Wald, die Eichhörnchen, die Vögel - wohl nicht! Es gab ja nicht nur dieses Jahrhundert, sondern alle Zeiten, schwer zu begreifen! Ich hörte den Motor brummen und ging zu den Männern.

    Wir fuhren nicht den kurzen Weg nach Hause, dafür hätte es nicht gelohnt, den Motor anzuwerfen. Wir fuhren durch das Dorf, weil es so schön war auch durch die nächsten Dörfer, die Leute liefen auf die Straße, jeder wollte das Automobil sehen. Wir winkten allen fröhlich zu, huldvoll wie Könige, dachte ich belustigt.

    Von nun an hockten die Männer wieder viel im Schuppen. Eine Außenwand wurde in aller Eile hochgezogen, denn das geliebte Vehikel musste geschützt und trockenstehen. Sie verbrachten Stunden und steckten die Köpfe zusammen über das Auto gebeugt.

    Es wurde Sommer, ich hatte meinen Garten und die Hausarbeit, Günter seine Patienten und seine Geliebte, das Auto. Justin tätigte alle Besorgungen und freute sich wie Günter darauf, das Auto zu perfektionieren.

    Im November besuchten wir die alte Gräfin zu ihrem Geburtstag. Sie war sehr beleidigt, denn sie hatte uns lange nicht gesehen. Der Frost im Dezember zwang die Männer zu einer längeren Pause, sie lungerten missmutig im Haus herum und gingen mir auf die Nerven, es gab ja auch eine Zeit vor dem Auto, was haben sie da nur gemacht, überlegte ich. Justin verbrachte vier Wochen im Jahr 2040 und stand Silvester wieder vor der Tür. So hatte sich die Frage geklärt, ob wir zum Ball gehen oder nicht. Wir feierten zu dritt in das Jahr 1892.

    Die Sprechstunde war wie immer in den Wintermonaten gut besucht. Justin half mir im Hause, in diesen Monaten war alles wieder wie in der vorigen Zeit, wir redeten über Gott und die Welt. Ich riet ihm wie schon so oft, sich doch endlich eine Frau zu suchen!

    „Das ist mir zu anstrengend, sagte er immer wieder, „langsam werde ich zu alt, um noch auf Brautschau zu gehen, mittlerweile bin ich fast 50 Jahre.

    „Ein Mann ist nie zu alt, um nach Frauen zu sehen, außerdem ist er genetisch dazu geschaffen."

    „Du weißt mal wieder alles besser, Schwesterchen, sagte er grinsend und gab mir einen brüderlichen Kuss auf die Wange. In Günters Anwesenheit gab er sich mir gegenüber höflich, aber kühl. Das war zwar gut für den Hausfrieden, aber es kränkte mich ein wenig. Im Herbst hatten die Männer längst ein anderes Objekt, an dem sie sich austoben konnten. Auch waren die Pumpe am Bach und der Generator nicht mehr in Ordnung. „Du hast ja gesehen, sagte Günter eines Tages vor dem Mittagessen zu Justin, „wir kochen wieder auf dem Kohleherd, der Strom reicht nicht mehr für alles, bis zum Winter müssen wir alles erneuert haben!"

    „Das packen wir schon, sagte Justin, „wir werden die Sache gleich in Angriff nehmen, schließlich wollen wir ja nicht leben wie im 18. Jahrhundert!

    Es wurde ein hartes Stück Arbeit, Günter hatte das einst vor vielen Jahren allein bewerkstelligt. Der alte Generator, von Wasserkraft angetrieben, war längst ein uraltes Model für das 20. Jahrhundert, nicht aber für 1890. Günter wollte es auf jeden Fall erhalten, ein Relikt aus unserer Anfangszeit. In Gummistiefeln und derber Kleidung machten sich die Männer an die Arbeit.

    Ich sah sie mittags über den Hof kommen, einer hatte den Arm über die Schulter des anderen gelegt, sie lachten und verstanden sich prächtig, ich war ein wenig eifersüchtig. Als sie ins Haus kamen, hörte ich Günter sagen: „Du bist ein echter Freund!"

    Na schön, dachte ich, lange genug hat es ja gebraucht!

    Sie hockten ständig zusammen, beide waren Bastler und Tüftler, beide hatten eine gewisse Erfindungsgabe. In der Küche saßen sie oft stundenlang über Pläne und Skizzen gebeugt, ich war nicht mehr vorhanden. Als die Anlage am Bach und das gesamte System wieder zusammen harmonierten, hatten sie schon längst das nächste Projekt in Angriff genommen. Nur in den Wintermonaten waren sie zum Nichtstun gezwungen. Günter hatte seine Kranken, Justin war für einige Zeit nach 2050 gereist, um neues Arbeitsmaterial zu besorgen. Im März 1892 nahmen sie die Arbeit wieder auf.

    Allmählich sehnte ich mich nach der trauten Zeit zu zweit, mittlerweile kam ich mir überflüssig und nutzlos vor. Ich war nur noch für Küche und Schlafzimmer von Interesse! Im Sommer war ich mit Gartenarbeit eingedeckt. Es wurde November. Die beiden diskutierten und führten viele Fachgespräche an den langen Abenden, es wurde Dezember, alles war immer gleich, nichts änderte sich für mich, ich fühlte mich wie das dritte Rad am Wagen. Im März 93 kam mir zum ersten Mal der Gedanke zu gehen. Ich werde einfach gehen, man wird mich kaum vermissen, der Gedanke setzte sich bei mir fest!

    Ich wurde schweigsam und schwermütig. Günter bemerkte meine Veränderung und meinte mich mit gelegentlichen Spazierfahrten zu dritt in unserem Schmuckstück in bessere Stimmung zu bringen.

    Es tat mir tatsächlich gut, doch der Trübsinn stellte sich bald wieder ein. Das war es nicht, was mich zufrieden machte, hier war kein Platz mehr für mich.

    Ich fühlte mich selbst in der Gesellschaft der beiden allein! Allein konnte ich auch im Jahr 2013 sein. Für die Männer war die Welt in Ordnung, wenn ich zu Hause auf sie wartete. Allein die ständige Anwesenheit und der gedeckte Tisch machten sie zufrieden, sie freuten sich mich zusehen, wärmten sich an meiner Anwesenheit und Fürsorge, alles war gut für sie!

    Nicht aber für mich, ich wollte kein nützlicher Gegenstand sein, an dem man sich gelegentlich erfreut! Ich würde gehen, mit diesem Gedanken im Hinterkopf sah ich alles mit Geduld. Es war kalt geworden, Justin half mir wieder im Hause.

    „Du bist so anders geworden, sagte er, als er den Kamin säuberte. „Du bist unzufrieden oder gar unglücklich, er hatte seine Arbeit unterbrochen und stand mir nun dicht gegenüber. „Ich würde dich nicht so vernachlässigen, wenn du 'meine' wärst, kann ich dir irgendwie helfen? Oder soll ich gehen? Für immer meine ich!"

    „Dafür ist es zu spät, es würde nichts mehr ändern", sagte ich seufzend.

    „Wie meinst du das?, fragte er hellhörig geworden. Als ich nicht antwortete, sagte er: „Ist eure große Liebe also schon erloschen nach ein paar Jahren? Meine Liebe ist nicht vorbei! Wenn du mich haben willst ..., er hob die Arme und senkte sie resigniert wieder. „Du müsstest es nur Günter selber sagen, wenn du lieber bei mir ... also mich …" Er brach ab, ohne den Satz zu vollenden.

    „Feigling, sagte ich verächtlich, „du möchtest keinen Unfrieden zwischen euch, eure Männerfreundschaft ist dir wichtiger! Ich drehte mich um und wollte gehen.

    „Carla, warte doch, ich werde es ihm sagen!"

    „Was willst du ihm denn sagen? Dass du mich liebst? Ha, niemals wirst du diese Worte in seiner Gegenwart benutzen! Du hast recht, ich selber muss mit ihm sprechen, ich selber muss alles regeln und zu Ende bringen", sagte ich und lief ins Bad um zu heulen.

    Bei der nächsten Mahlzeit sprach keiner ein Wort. Ich zog mich bald in die Kammer zurück, in der ich regelmäßig schrieb. Es war die Kammer, in der ich einst eingesperrt worden war. Ich hatte hier alles was ich brauchte, eine gute Auswahl an Film- und Musikscheiben, ein Abspielgerät, ja selbst ein eigenes WC, hinter einem Vorhang verborgen. Ich überlegte noch bei leiser Musik, ob ich alles Wichtige niedergeschrieben hatte, als es laut an der Tür pochte.

    „Carla, komm!, rief Günter befehlend. Ich öffnete und sagte, während ich wieder ins Bett schlüpfte: „Der Herr will sicher seine ehelichen Rechte eintreiben, komm, das können wir gleich hier schnell erledigen!

    „Schnell erledigen?", sagte er irritiert.

    „Ach, sagte ich, „wir lieben uns doch längst nicht mehr, ich werde in Zukunft hier schlafen!

    „Du liebst mich nicht mehr, sagte er das Du betonend, „ich liebe dich wie immer, beharrte er.

    „Ihr Männer verwechselt Liebe mit Verlangen und Begierde, Verlangen nach Sex."

    „Ich habe Verlangen nach dir und begehre dich, das ist wahr, aber ich brauche nicht zwingend Sex mit

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