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Der Liebesschwur des Lords
Der Liebesschwur des Lords
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eBook252 Seiten3 Stunden

Der Liebesschwur des Lords

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Über dieses E-Book

Sir Gideon! Als die zarte Callie den stolzen Reiter erblickt, fällt sie in tiefe Ohnmacht - und kommt in seinen starken Armen wieder zu sich. Leidenschaftlich küsst Gideon sie, genau wie damals, als sie sich stürmisch liebten. Aber warum ist der adlige Verführer nach neun Jahren zurückgekehrt? Gibt er sie noch nicht verloren?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum9. Sept. 2020
ISBN9783733719357
Der Liebesschwur des Lords
Autor

Elizabeth Beacon

Das ganze Leben lang war Elizabeth Beacon auf der Suche nach einer Tätigkeit, in der sie ihre Leidenschaft für Geschichte und Romane vereinbaren konnte. Letztendlich wurde sie fündig. Doch zunächst entwickelte sie eine verbotenen Liebe zu Georgette Heyer`s wundervollen Regency Liebesromanen, welche sie während der naturwissenschaftlichen Schulstunden heimlich las. Dies half ihrer schulischen Karriere jedoch nicht gerade weiter. Deshalb überraschte sie vor allem sich selbst damit das Studium der englischen Literatur mit Auszeichnung abzuschließen. Sie liebte jede Minute. Vor allem die Kurse im kreativen Schreiben hatten es ihr angetan und gaben ihr Hoffnung eines fernen Tages ein Buch veröffentlichen zu können. Dafür war viel Zeit und Hartnäckigkeit notwendig, aber nun ist sie glücklich an ihrem Ziel angelangt. Die britische Regency Epoche ist so vielschichtig und faszinierend, dass sie nimmer Müde ist begeistert Nachforschungen darüber anzustellen. Lebhafte Heldinnen und traumhafte charismatische Helden zu erschaffen ist für sie ein Liebesdienst und dennoch will sie das Wagnis eingehen über andere Perioden zu schreiben. Eines Tages so hofft sie, wird sie eine neue Welt entdecken in der sie gelegentlich ihre Geschichten ansiedeln kann und sie auf dieser Reise von ihren Lesern begleitet wird.

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    Buchvorschau

    Der Liebesschwur des Lords - Elizabeth Beacon

    IMPRESSUM

    Der Liebesschwur des Lords erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2015 by Elizabeth Beacon

    Originaltitel: „Lord Laughraine’s Summer Promise"

    erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON

    Band 48 - 2017 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Eleni Nikolina

    Umschlagsmotive: GettyImages_Mr.Timoty, takefotos4u

    Veröffentlicht im ePub Format in 09/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733719357

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Wo befindet sich also dieses Cataret House, diese Schule, an die Sie sich erinnern würden, wenn die Hitze Sie nicht so verwirrt hätte?", fragte Sir Gideon Laughraine, sonst auch als Mr. Frederick Peters bekannt.

    Der Mann, den er gefragt hatte, kratzte sich am ergrauten Kopf und zuckte mit den Schultern, während Gideon einen Fluch unterdrückte und sich fragte, ob wohl irgendjemand sonst sich an diesem drückend heißen Nachmittag auftreiben lassen würde. Aber er konnte sich wohl keine großen Hoffnungen machen. Bei dieser Hitze hielt sich jeder vernünftige Mensch, der nicht unbedingt im Freien sein musste, in seinem Haus auf. Also suchte Gideon in seiner Westentasche nach einer Münze und hielt sie hoch, um das Gedächtnis des Mannes aufzufrischen.

    „Da drüben isses, gab der Mann schließlich mit einem Nicken zu und wies auf ein Farmhaus auf der anderen Seite des Tals, das aussah, als hätte es eine zu hohe Meinung von sich. „Wahrscheinlich werden Sie das alte Mädchen im Haus finden, aber die junge Miss ist vor einer halben Stunde den Weg nach Manydown hinuntergegangen.

    Gideon verbiss sich eine heftige Antwort und warf dem listigen alten Schelm die Münze zu, bevor er sein müdes Pferd wendete und den Schritten der jungen Miss folgte.

    „Ich hätt’s auch nicht so eilig, dem alten Besen zu begegnen, Mister", meinte der Alte und schlurfte weiter, um seinen unverhofften Geldsegen im hiesigen Wirtshaus auszugeben.

    „Not kennt kein Gebot, sagte Gideon grimmig, der sich wirklich nicht besonders auf diese Begegnung freute, doch dann vergaß er das „alte Mädchen und fragte sich, was das junge wohl gerade tun mochte.

    Würde sie bei seinem bloßen Anblick erblassen und ein Gesicht machen, als wäre ihr der Teufel auf den Fersen, oder ihm jenes entzückende Lächeln schenken, das ihm selbst nach all diesen Jahren noch den Atem raubte, wenn er sich daran erinnerte? Wer konnte es schon sagen? Lady Virginia Winterley hatte gewiss recht: Er musste herausfinden, ob seine Frau ihn jemals wieder anlächeln würde, und zwar nicht nur, wenn er von ihr träumte.

    Lieber Junge, hatte seine alte Gönnerin und Freundin den Brief begonnen, in dem sie die dritte der vier Aufgaben mitteilte, die nach ihrem Tod die jeweils folgende Jahreszeit einläuteten. Er hatte nicht geahnt, dass er zu jenen Unglücklichen gehörte, denen Lady Virginia entschlossen gewesen war, Gutes zu tun. Erst als die neue Lady Farenze ihm den Brief überreicht hatte, war ihm klar geworden, dass er in den folgenden drei Monaten ihren Wunsch erfüllen musste.

    Ich bin davon überzeugt, dass Sie sehr überrascht sein werden, von der lieben Chloe zu erfahren, dass Sie der Nächste auf meiner Liste sind.

    Nun, da haben Sie verdammt recht, Mylady, dachte er kopfschüttelnd. Sie hatte ihn wieder überlistet.

    Sie sind der heimliche Enkel meines geliebten Virgil, und nur aus Rücksicht auf Ihren Cousin, Lord Laughraine, war es uns nicht möglich, Sie öffentlich anzuerkennen. Wenn wir es getan hätten, hätte es ihm den einzigen legalen Erben genommen, dem er Titel und Güter vermachen konnte. Und wir beide lieben und respektieren Charlie Laughraine zu sehr, um ihm oder Ihnen so etwas anzutun. Ich weiß, die wahren Umstände Ihrer Geburt müssen eine Prüfung für Sie gewesen sein, seit Sie alt genug waren, um zu begreifen, was die Klatschmäuler über die wahre Abstammung Ihres Vaters sagten. Aber für mich sind Sie ein großer Trost.

    Ich werde immer froh sein, dass ich die Zeit hatte, Sie von einem ruhelosen, unglücklichen Jungen zu dem großartigen Mann aufwachsen zu sehen, der Sie heute sind. Selbst wenn ich es ohne meinen geliebten Virgil an meiner Seite tun musste. Es war ein solches Vergnügen zu sehen, wie Sie allein Ihren Weg im Leben fanden, so wie auch Virgil es getan hätte, das weiß ich, wäre er nicht mit einem Titel und einem riesigen Vermögen geboren worden.

    Ich kann nicht ausdrücken, wie sehr ich meinen Mann liebte, und als ich Sie in mein Leben brachte, geschah es aus rein selbstsüchtigen Gründen, denn Sie sind ihm so ähnlich in Dingen, die weit über das rein Äußerliche hinausgehen. Zwar gibt es auch diese Ähnlichkeit zwischen Ihnen, wenn ich auch glaube, dass James ihm im Aussehen näher kommt als Sie, lieber Gideon. Sie besitzen nicht nur einen scharfen Verstand, sondern auch ein treues Herz und ein freundliches Wesen, und es war ein unbeschreibliches Vergnügen für mich, Sie in den letzten Jahren besser kennenzulernen. Virgil war es leider nicht vergönnt, so sehr er Ihren Vater bat, ihn doch seinen Enkel sehen zu lassen.

    Ich glaube, Esmond hätte alles getan, um seinem leiblichen Vater wehzutun, und er tat es, indem er dem Mann seinen Enkel vorenthielt, dem er die Schuld am Unglück seines Lebens gab.

    Gideon lenkte seine Gedanken schnell in eine andere Richtung. Wegen Virgil oder Esmond konnte er nichts mehr unternehmen, stattdessen wollte er sich lieber Gedanken um seine Frau machen. Callie hatte sich weit vom Haus ihrer Tante entfernt an diesem verteufelt heißen Tag. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er daran dachte, was sie wohl zu seinem treuen Herzen und der Freundlichkeit zu sagen hätte, die Lady Virginia so sehr in ihrem Brief lobte. Wohl nichts Schmeichelhaftes, da war er sicher. Wieder fragte er sich, was so wichtig sein konnte, dass Callie an diesem drückend heißen Nachmittag das Haus verließ. Traf sie sich mit einem Liebhaber? Ein schmerzhafter Stich der Eifersucht durchzuckte ihn.

    Nach ihrem letzten eisigen Brief, in dem sie ihm befohlen hatte, sich nie wieder mit ihr in Verbindung zu setzen, und nach neun Jahren des Schweigens würde sie ihn gewiss nicht willkommen heißen. Aber Lady Virginia hatte recht, zum Kuckuck mit ihr. Er überprüfte die Tasche seines Mantels, der quer über seinem Sattelknauf lag, und hörte das beruhigende Rascheln des Papiers. Ein ungewöhnlicher Anwalt wie er brauchte oft einen sicheren Ort für wichtige Briefe, aber dieser Brief war ein zweifelhafter Segen, und sein Inhalt ging ihm einfach nicht aus dem Sinn.

    Ich weiß, von Ihnen verlange ich mehr als von meinem lieben Luke oder von Tom Banburgh, meinem geliebten Patensohn. Übrigens hoffe ich, Sie haben beide in den vergangenen sechs Monaten als wahre Verwandte und treue Freunde kennengelernt, denn Sie mussten viel zu lange ohne sie leben.

    Nun, Ihre Aufgabe ist es, Ihre Frau zu finden, mein lieber Junge, und sie nach ihrem Herzenswunsch zu fragen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob sie Ihnen zuhören oder großzügig genug sein wird, Ihnen zu antworten, aber Sie müssen herausbekommen, ob es noch eine Hoffnung gibt für Ihre Ehe, oder ob Sie ihr ein würdiges Ende machen müssen. Wenn Sie so weitermachen wie bisher, werden Sie für den Rest Ihres Lebens ein gequälter, einsamer Mann sein, und ich wünsche mir so sehr, Sie mögen glücklich werden.

    Ich hatte das unvorstellbare Glück, den Mann zu finden, den ich von ganzem Herzen lieben konnte und mit dem ich sogar so viele Jahre zusammen verbringen durfte. Aber Sie beide lernten sich kennen und verloren einander, noch bevor Sie richtig aus dem Schulzimmer heraus waren.

    Suchen Sie das arme Mädchen auf, Gideon, und bringen Sie in Erfahrung, ob Sie zusammen leben können. Wenn nicht, dann willigen Sie in eine Trennung ein. Ich persönlich bin der Meinung, zwei so dickköpfige, eigenwillige Menschen sind wie geschaffen füreinander.

    Was Sie mit Raigne und dem großartigen Erbe zu tun gedenken, das Ihnen als letztem Laughraine zusteht, überlasse ich ganz Ihnen. Charles Laughraine war niemals auch nur im Geringsten wie Ihr angeblicher Großvater und auch nicht wie sein Onkel. Ich hielt Sir Wendover Laughraine für einen der gefühllosesten, herzlosesten Männer, denen ich je begegnet bin, aber sein Neffe ist ein ganz anderer Mensch. Da Sie ihn Ihren Onkel Charles nannten, seit Sie sprechen konnten, muss ich davon ausgehen, dass Sie wissen, wie glücklich er darüber ist, Sie zu seiner Familie zählen zu dürfen – wie die wahren Umstände auch sein mögen.

    Zweifellos wird Ihre Frau ihren eigenen Weg gehen, aber da wir beide wissen, dass sie Lord Laughraines leibliche Enkelin ist, schuldet sie wenigstens ihm eine Erklärung, auch wenn sie vielleicht nicht bereit sein wird, Sie anzuhören. Die Zukunft eines so großen Anwesens und all jener, die davon abhängig sind, muss entschieden werden, bevor noch sehr viel mehr Jahre ins Land ziehen. Ich wünschte, es könnte anders sein, und glauben Sie mir, Virgil wäre entzückt gewesen, Sie offen als seinen Enkel anzuerkennen, obwohl Ihr Vater jeden Bezug zu seiner eigenen illegitimen Geburt verabscheute und nichts davon hören wollte.

    Charlie Laughraine ist nun fast so alt wie ich in diesem Moment, und die Zeit wird Sie drei Dummköpfe noch einholen, wenn Sie nicht aufpassen. Jetzt möchte ich Sie nur noch warnen, niemals unbesehen zu glauben, was jene Tante Ihrer Frau von sich gibt. Überprüfen Sie, warum Ihre junge Liebe so ein tragisches Ende fand.

    Schütteln Sie nicht wieder den Kopf über mich, Gideon Laughraine, denn ich weiß, wie sehr Sie sich nach der Liebe Ihres Lebens sehnen, und das seit Sie sie vor zehn Jahren verloren. Gestehen Sie es sich ein, mein Junge. Danach brauchen Sie nur herauszufinden, ob Ihre Frau dieselbe Sehnsucht mit Ihnen teilt, und etwas dagegen zu unternehmen.

    Gideon wünschte fast, er könnte den Brief seiner alten Freundin vergessen und nach London zurückreiten, so schnell sein Pferd ihn tragen konnte. Er würde sein recht angenehmes Leben fortführen, das er sich ohne seine Frau und die Familie, die sie hätten haben können, dort geschaffen hatte. Was für ein Narr war er doch gewesen, Lady Virginias Bitte nachzukommen und den anderen drei Opfern während dieses „Jahres des Staunens", wie sie es genannt hatte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

    Wie hatte er glauben können, er könnte unberührt bleiben, selbst ohne diesen letzten völlig unerwarteten Paukenschlag? Nein, korrigierte er sich schließlich, es waren keine Opfer. Die ersten beiden Aufgaben hatten Luke Winterley und Tom Banburgh zu den stolzen Gatten ihrer zwei geliebten neuen Frauen verwandelt. Also hatte Lady Virginia bereits zwei Triumphe für sich zu vermerken. So wie er allerdings sich und James Winterley kannte, standen ihr zwei große Enttäuschungen bevor – falls sie von dort oben alles verfolgen konnte. Hätte sie doch nur ihre Energie auf zwei Männer verwandt, die ihrer Aufmerksamkeit würdig gewesen wären, und hätte ihn selbst und Winterley auf ihre Weise zum Teufel gehen lassen.

    Als sie an diesem Nachmittag resolut aus dem Haus gegangen war, hatte Callie die Absicht gehabt, so schnell wie möglich nach Manydown zu gehen, um rechtzeitig zurückzukommen, bevor irgendjemand ihre Abwesenheit bemerkte. Aber diese feuchte Hitze überwältigte sie. Sie setzte ihren Weg, wenn auch langsamer, fort, obwohl sie sich insgeheim sagte, dass sie ihren Traum für heute aufgeben und nach Cataret House zurückkehren sollte. Die traurige Wahrheit war jedoch, dass sie keinen weiteren Nachmittag in untätiger Langeweile ertragen konnte, jetzt da ihre Schüler für den Sommer zu ihren Familien oder ihren Freunden gereist waren. Nach einer Woche in dieser Hitze und gezwungen, ständig nach der Pfeife ihrer Tante tanzen zu müssen – schließlich konnte sie sich nicht mit anderen Aufgaben herausreden –, hatte Callie das Gefühl, sie müsse das Haus sofort verlassen, wenn sie sich nicht sehr heftig mit ihrer Tante streiten wollte.

    Es war nicht richtig von ihr, sich wie eine Gefangene vorzukommen, sobald die Schule sie nicht von solchen Gedanken ablenkte. Tante Seraphina hatte schon recht gehabt: Sie beide hatten vor neun Jahren ein neues Leben beginnen müssen. Fast gleichzeitig waren sie von zwei sehr unterschiedlichen Ehemännern enttäuscht und im Stich gelassen worden. Warum sollten sie also nicht ihre begrenzten Mittel zusammenlegen und ein Haus mieten, das groß genug war, um auch als Schule zu dienen? Damals war ihr die Idee so wunderbar vorgekommen. Sie konnten von ihren bescheidenen Einnahmen leben, und Callie konnte fünfzehn jungen Mädchen von unterschiedlichen Talenten und guter Herkunft helfen, etwas über die Welt zu lernen – oder zumindest so viel Wissen zu vermitteln, wie jungen Damen erlaubt war. Ihr Leben war damals leer und hoffnungslos gewesen, und Tante Seraphinas Idee ein Geniestreich. Aber jetzt flüsterte ihr eine innere Stimme zu: Ist das alles?

    Nein, Callie wollte nicht darauf hören. Sie hatte die Gefühlsturbulenzen einer großen Liebe erlebt, die sich am Ende jedoch lediglich als ein großer Fehler erwiesen hatte, denn sie hatte jedem wehgetan, der ihr etwas bedeutete. Die Schule brachte genügend ein, und ihre Schülerinnen waren glücklich. Wenn zukünftige Ehefrauen und Mütter ein wenig klüger wurden, weil sie von ihr unterrichtet worden waren, dann würde die Welt sich vielleicht irgendwann ändern und in einer Frau mehr sehen als das willenlose Eigentum ihrer Männer, Väter oder Brüder. Hier konnte sie sich nützlich machen und war allgemein als die altjüngferliche Miss Sommers bekannt, und die meiste Zeit reichte es ihr auch. Vor neun Jahren war es ihr unmöglich gewesen, den Misserfolg ihrer Ehe mit sich herumzutragen wie einen Beweis für ihre Dummheit. Also rief sie sich jetzt resolut in Erinnerung, warum sie ihre Jugendnarrheit vergessen wollte, und musste selbst bei dieser Hitze schaudern.

    Meistens brachte es ihr ja auch Spaß, den Töchtern anderer Leute etwas beizubringen, und zusätzlich zu dem klassischen Kanon, den Callie unterrichtete, kamen noch ein Tanzlehrer und eine Musiklehrerin in die Schule. Callie selbst hatte den Unterricht des verstorbenen Reverend Sommers mit sehr viel größerer Begeisterung verfolgt als seine eigenen Töchter. Während der Sommermonate fiel es ihr einfach nur schwer, etwas mit sich anzufangen, und so musste sie sehr viel öfter Gedanken an längst vergangene Zeiten voller Leidenschaft und Kummer verdrängen, und das gelang ihr nur, wenn sie sich irgendwie beschäftigte.

    Aber auch der Spaziergang in der brütenden Sonne schien sie nicht genügend zu zerstreuen – höchste Zeit also, sich in ihre Tagträume zu flüchten. So schaffte sie es wenigstens, Tante Seraphinas ärgste Standpauken zu ignorieren. Das war schon so gewesen, als sie noch ein kleines Mädchen war. Die Hoffnung, ihr Leben zu verändern, hatte sie zu dem Versuch getrieben, mit ihrem Schreiben mehr zu erreichen, als sie sich vorzustellen gewagt hatte, als sie das erste Mal zur Feder griff.

    Nur war es gewiss besser, nicht darüber nachzudenken, welche Antwort am Postamt auf sie wartete – Callies letzte Korrespondenz mit einem möglichen Verleger. Irgendwie musste sie sich aus diesem fürchterlichen Hin und Her zwischen Hoffnung und Furcht befreien.

    Seufzend schob sie ihren uralten Strohhut zurecht. Wenigstens konnte Tante Seraphina ihr nicht vorwerfen, sie würde sich ihren Teint in der Sonne zerstören. Doch Callie träumte von exotischen Orten, seidigen Kleidern und herrlichen, kühlen Palästen. Es würde sich so sinnlich und wundervoll sündig anfühlen, barfuß über einen glatten Marmorboden zu gehen. Einen Moment lang spürte sie fast den kühlen Stein unter ihren Füßen, doch gleich danach wurde ihr bewusst, wie heiß und verschwitzt sie sich wirklich fühlte.

    Es war fast neun Jahre her, seit Großvater Sommers sich bei Tante Seraphinas ungeliebtem Mann angesteckt hatte und an einem Fieber gestorben war. Als Reverend Sommers seinem wertlosen Schwiegersohn ins Grab gefolgt war, hatte sie nichts mehr in King’s Raigne gehalten. Das Dorf zu verlassen, in dem sie aufgewachsen war, bedeutete damals, dass Callie wieder sie selbst sein konnte. Es war ein recht gewöhnlicher Name, und da niemand nach ihr suchen würde, nannte sie sich einfach wieder Miss Sommers, unvermählt, und Tante Seraphina wurde Mrs. Grisham mit einem erfundenen Ehemann, um den sie trauern konnte, wann immer die Nachbarn zu einem Plausch vorbeikamen. Sie befanden sich weniger als zwanzig Meilen von Raigne entfernt, und doch war es, als wären sie eine ganze Welt von dem berühmten, großartigen Herrenhaus und dessen umliegenden Dörfern entfernt.

    Besser, sie dachte nicht an ihr altes Leben, denn selbst nach neun Jahren fürchtete sie den Schmerz und Kummer, die die Erinnerung in ihr wecken würde. Was hatte sie eben noch überlegt? Ach ja, dass sie ohne Strümpfe unterwegs war – teilweise aus Sparsamkeit, teilweise weil es einfach zu heiß war, um welche anzuziehen. Vielleicht gab es hinter der Fassade der Schulmeisterin doch noch immer die alte impulsive Callie, also konzentrierte sie sich aufs Gehen und ihre Suche, aber es war zu heiß und der Weg zu vertraut, als dass sie sich wirklich davon ablenken lassen könnte.

    In jedem Fall war es unmöglich, sich kühn und sinnlich zu fühlen oder sich gar nach einem aufregenden Liebhaber zu sehnen, wenn einen das Gewicht von Chemise, Korsett, Unterkleidern und dem strengen, respektablen Leinenkleid belastete. Und trotzdem konnte sie das Bild des ersehnten Liebhabers nicht ganz aus ihren Gedanken vertreiben. Nach neun Jahren war er außerdem gewiss nicht mehr der Mann, in den sie sich damals verliebt hatte. Sollte ihr Mann jetzt plötzlich vor ihr stehen, würde sie ihn wahrscheinlich gar nicht wiedererkennen. Der Gedanke an die schmerzhaften Auseinandersetzungen und das böse Schweigen, bevor sie sich trennten, veranlasste sie dazu, sich in dem Leben einer imaginären Callie zu verlieren, die sich nach einem ganz anderen Geliebten sehnte als ihr wahres Ich. Wo hatte sie da noch aufgehört?

    Ah ja, sie verzehrte sich nach ihm, obwohl sie lediglich einige Stunden von ihm getrennt war. Diener fächelten ihnen kühle Luft zu in jenem Marmorpalast unter der erbarmungslosen Sonne. Sie selbst entfernte sich von den Hofdamen, die den brütend heißen Nachmittag mit Klatsch und Tratsch vertrödelten, während sie darauf warteten, dass die Welt sich wieder in Bewegung setzte. Der Duft exotischer Blumen und seltener Gewürze erfüllte die Nachtluft, und der wilde Rhythmus der Musik drängte die Menschen zum Tanzen und versprach ihnen Aufregung und Leidenschaft und Verlangen. Am

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