Mein Glück in deinen Händen: Leni Behrendt Bestseller 70 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Bettina von Ergenthin schritt langsam durch die Zimmerflucht. Mit prüfendem Blick schweiften die grauen Augen durch die hohen, weiten Räume, die mit gediegener Vornehmheit ausgestattet waren. Viel Frühlingssonne, die ungehindert durch die geöffneten Fenster strömte, spiegelte sich in den blanken Flächen der Mahagonimöbel, huschte über die schweren Teppiche, das gepflegte Parkett, zitterte über Bilder, brach sich farbensprühend in Vasen und Schalen. Goldregen und Krokus, Schneeglöckchen, Anemonen und Leberblümchen, all die ersten Frühlingskinder prangten darin in strahlender Frische. Die stattliche Dame mit dem leicht angegrauten Haar betrat nun ein besonders lauschiges Gemach. Der hellgrüne Schleiflack der Möbel schimmerte wie weicher Samt, seidig glänzten die Bezüge der Polster, frisch wie eben gefallener Schnee wirkten Gardinen und Betthimmel, wie ein anmutiges Gebilde lag darunter die zartgrüne Daunendecke. »Hoffentlich ist es keine kleine Schleiereule, die fortan in dieser duftigen Angelegenheit ruhen wird«, ließ sich eine Stimme von der Tür her vernehmen, tief, sonor, mit einem leichten Unterton von Arroganz. Mit lachenden Augen sah die Dame der hohen Männergestalt entgegen, die nun näher trat. »So wird dieses reizende Etuichen sie bestimmt verschönen«, war die mutwillige Antwort... »Wie nämlich der Ton die Musik macht, so macht die Hülle und die Umrahmung den Menschen, du Spötter. Komm, sieh dir auch die andern Räume an und gib dann zu, daß an mir eine geniale Innenarchitektin verlorengegangen ist.« Seite an Seite gingen sie durch die Zimmer, bis der Mann bewundernd sagte: »Tatsächlich, Tinchen, mit der Möblierung hast du dich selbst übertroffen. Kaum zu glauben, was aus den alten Sachen geworden ist. Das glänzt und gleißt ja alles wie neu.« »Da siehst du, was man mit Politur, Lack, Farbe, Terpentin, Benzin, Wasser und Seife alles erreichen kann. Nun weiß man erst, wieviel Wertvolles der alte Kasten hier birgt. Das Herumstöbern darin hat mir riesige Freude gemacht.« »Merkt man, wenn man das harmonische Ganze betrachtet.
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Mein Glück in deinen Händen - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 70 –
Mein Glück in deinen Händen
Leni Behrendt
Bettina von Ergenthin schritt langsam durch die Zimmerflucht. Mit prüfendem Blick schweiften die grauen Augen durch die hohen, weiten Räume, die mit gediegener Vornehmheit ausgestattet waren. Viel Frühlingssonne, die ungehindert durch die geöffneten Fenster strömte, spiegelte sich in den blanken Flächen der Mahagonimöbel, huschte über die schweren Teppiche, das gepflegte Parkett, zitterte über Bilder, brach sich farbensprühend in Vasen und Schalen. Goldregen und Krokus, Schneeglöckchen, Anemonen und Leberblümchen, all die ersten Frühlingskinder prangten darin in strahlender Frische.
Die stattliche Dame mit dem leicht angegrauten Haar betrat nun ein besonders lauschiges Gemach. Der hellgrüne Schleiflack der Möbel schimmerte wie weicher Samt, seidig glänzten die Bezüge der Polster, frisch wie eben gefallener Schnee wirkten Gardinen und Betthimmel, wie ein anmutiges Gebilde lag darunter die zartgrüne Daunendecke.
»Hoffentlich ist es keine kleine Schleiereule, die fortan in dieser duftigen Angelegenheit ruhen wird«, ließ sich eine Stimme von der Tür her vernehmen, tief, sonor, mit einem leichten Unterton von Arroganz. Mit lachenden Augen sah die Dame der hohen Männergestalt entgegen, die nun näher trat.
»So wird dieses reizende Etuichen sie bestimmt verschönen«, war die mutwillige Antwort... »Wie nämlich der Ton die Musik macht, so macht die Hülle und die Umrahmung den Menschen, du Spötter. Komm, sieh dir auch die andern Räume an und gib dann zu, daß an mir eine geniale Innenarchitektin verlorengegangen ist.«
Seite an Seite gingen sie durch die Zimmer, bis der Mann bewundernd sagte: »Tatsächlich, Tinchen, mit der Möblierung hast du dich selbst übertroffen. Kaum zu glauben, was aus den alten Sachen geworden ist. Das glänzt und gleißt ja alles wie neu.«
»Da siehst du, was man mit Politur, Lack, Farbe, Terpentin, Benzin, Wasser und Seife alles erreichen kann. Nun weiß man erst, wieviel Wertvolles der alte Kasten hier birgt. Das Herumstöbern darin hat mir riesige Freude gemacht.«
»Merkt man, wenn man das harmonische Ganze betrachtet. Aber wie ich sehe, hast du den beiden Ehepaaren kurzerhand je ein Schlafzimmer eingerichtet. Wenn sie nun daran gewöhnt sind, getrennt zu schlafen?«
»Bitte sehr, ich habe mich ganz nach den Ansprüchen gerichtet, die man brieflich kundtat: Zwei Schlafzimmer, Tochter-, Kinder- und Wohnzimmer. Ferner je eines für Kinderfräulein und Chauffeur. Alles da. Sogar noch ein repräsentabler Salon. Die Leutchen können mit ihrer Unterkunft wahrlich zufrieden sein, selbst wenn sie die höchsten Ansprüche stellen sollten.«
»Das kann man wohl sagen. Hast dir auch alle Mühe gegeben, mit viel Geschick und wenig Kosten dieses entzückende Heim zu schaffen. Ich danke dir, Tante Bettina.«
»Werde nur nicht feierlich, mein Sohn, das steht dir nämlich nicht. Verlassen wir diese einladende Stätte und strecken uns noch ein Stündchen in die Sonne. Denn so lange dürfte uns die Invasion noch eine Gnadenfrist gestatten.«
Einträchtig gingen sie zur Terrasse, wo die Kaffeetafel bereits gedeckt war. Man konnte es wagen, da die Sonne es recht gut meinte. Heute wenigstens. Morgen schon konnte der launische April mit unwirtlichem Wetter aufwarten. Also mußte man seine gnädige Laune auszunutzen verstehen.
Bettina ließ sich in einen der Schaukelstühle sinken, die nebst bequemen Liegestühlen zum beschaulichen Verweilen einluden. Tief zog sie die frühlingsatmende Luft durch die Nase und schaute mit frohen Augen um sich.
»Das sieht ja fast so aus, als hätte sich die Natur zum Empfang unserer Gäste festlich geschmückt. Placiere auch du dich, und laß uns Kräfte sammeln zu dem, was uns noch bevorsteht.«
Nachdem sie beide mit einer Zigarette versorgt waren, gaben sie sich ihren Gedanken hin. Sie drehten sich ausschließlich um den Mitbesitzer von Ergen und seine Familie, um die Testamentsbestimmung des verstorbenen Barons von Ergenthin.
Dieser war nie ein guter Landwirt gewesen und hatte daher auf seinem Besitz keine Reichtümer sammeln können. Ihn interessierten in der Hauptsache archäologische Dinge und allenfalls noch Frau und Tochter. Während er in Altertümern kramte, lebte die sensible, weltfremde Gattin in der Musik alter Meister. Da einer dem andern nicht ins Gehege kam, verlief die Ehe recht friedlich, bis ein freudiges Ereignis sie aus ihrer Beschaulichkeit aufrüttelte. Und zwar durch den kleinen Schreihals Wilma, der nach fünfzehnjähriger Ehe auf der Bildfläche erschien. Die schon bejahrten Eltern, die mit dem Zuwachs ganz und gar nicht mehr gerechnet hatten, betrachteten diesen späten Himmelssegen mit ehrfürchtiger Scheu, glaubten ihrer Liebe Genüge zu tun, wenn sie ihr Kleinod wie ein solches vergötterten. Es wurde gehegt und gepflegt, vor jedem kühlen Lüftchen ängstlich bewahrt, zumal es von überaus zarter Konstitution war, die sich bei der überängstlichen Behandlung eher verschlechterte als verbesserte. Natürlich ließen die Eltern es nicht zu, daß Wilma eine Schule besuchte, sondern von Gouvernanten unterrichtet wurde, die das eigenwillige Persönchen so tyrannisierte, daß sie ihren schwierigen Posten immer wieder bald aufgaben. So herrschte dann unter ihnen ein ständiges Kommen und Gehen.
Selbstverständlich gaben die vernarrten Eltern den Damen die Schuld, nahmen ihr Kind stets in Schutz und merkten gar nicht, wie sie immer mehr zu dessen Sklaven wurden.
Die Jahre gingen dahin, und aus der kleinen Wilma wurde eine junge Dame. Sehr verwöhnt, sehr verzärtelt, sehr eigenwillig. Ein farbloses Treibhauspflänzchen ohne Saft und Kraft. Jeden Freier wies sie ab, weil sie sich ihren Vetter Herward Ergenthin in den Kopf gesetzt hatte und nur deshalb, weil er sie nicht besonders beachtete. Kein Wunder bei dem schneidigen Ulanenoberleutnant, der vor Lebenskraft nur so sprühte. Der paßte durchaus nicht zu der verzärtelten Mädchenblüte. Er lebte lustig in den Tag hinein und machte sich um die Zukunft keine Sorgen.
Um so mehr beschwerten sie ihn, als er nach dem ersten Weltkrieg vor dem Nichts stand. Daher überlegte er auch nicht lange, als sein Onkel ihm den Vorschlag machte, auf Ergen die Landwirtschaft zu erlernen. Er griff zu, ohne allerdings zu ahnen, daß Base Wilma hinter dem Angebot steckte und lag in Eheketten, ohne so recht zur Besinnung gekommen zu sein. Und da er nie ein Phantast gewesen war, der sich in der Ehe den Himmel auf Erden versprach, so war er mit dieser Bindung, die ihm nur zum Vorteil gereichen konnte, ganz zufrieden. Er fand auf dem großen Gut ein Arbeitsfeld, das ihm außerordentlich zusagte, wurde mit den Jahren ein sehr tüchtiger Landwirt, lebte mit seinen Schwiegereltern in bestem Einvernehmen und nahm seine Frau nicht ernst. Für ihre Launen hatte er nur ein Achselzucken, bei ihren temperamentvollen Auseinandersetzungen eine bewundernswerte Gelassenheit, für ihre Extravaganzen ein ironisches Lächeln.
Und so, wie ohne sein eigentliches Zutun die Eheketten ihn umschmiedet hatten, so lösten sie sich auch wieder ohne ein solches nach zweijähriger Ehe. Wilma verließ nach einer schweren Grippe zu früh das Bett, weil sie den großen Maskenball, auf den sie sich schon Wochen vorher gefreut, nicht versäumen wollte. Die Eltern flehten sie an, doch von dem leichtsinnigen Beginnen Abstand zu nehmen, der Gatte machte nicht so viel Worte, sondern verbot ihr in aller Ruhe den Besuch des Festes. Sie weinte, jammerte, tobte und machte sich dann heimlich auf und davon. Als man dessen gewahr wurde, holte Herward seine vergnügungssüchtige Frau zwar fast mit Gewalt nach Hause zurück, allein, das Schicksal nahm seinen Lauf. In dem leichten Flitterkleidchen, das bis zur äußersten Möglichkeit dekolletiert war, holte Wilma sich eine Lungenentzündung, der ihr ohnehin schon zarter Körper nicht standhalten konnte. Obgleich man berühmte Ärzte zuzog, tat das Herz der Kranken nach einigen Tagen seinen letzten Schlag. Daß dieses lebensgierige junge Geschöpf so früh dahingehen mußte, erschütterte selbstverständlich den Ehemann, aber noch mehr tat es der verzweifelte Schmerz der bedauernswerten Eltern.
Die Mutter erfaßte ein schwerer Nervenkollaps, dem sie im Sommer erlag, und im Herbst folgte ihr der fünfundsiebzigjährige Gatte.
Da Herward Ergenthin mit seinem Schwiegervater sich stets gut verstanden hatte, konnte er mit Bestimmtheit annehmen, daß er Ergen erben würde. Das war auch tatsächlich der Fall, nur daß ein Herr Gülde, den der junge Baron von den Besuchen in Ergen kannte, Miterbe wurde. Die Erklärung dafür fand letzterer in einem Brief, den der Notar ihm aushändigte. So erfuhr er denn folgendes: Vor Jahren erhielt Clemens Ergenthin von Matthes Gülde eine hohe Summe, um eine Ehrenschuld damit zu decken, um die niemand wissen durfte. Sie wurde nicht hypothekarisch auf Ergen eingetragen, weil es eine schwere Belastung für das Gut gewesen wäre. Wiederum war es Ergenthin aber auch nicht möglich, diese Privatschulden zu tilgen, und da er als Ehrenmann nicht dulden konnte, daß der Mann, mit dem ihn trotz des großen Altersunterschiedes eine treue Freundschaft verband, um sein Geld kam, bestimmte er ihn zum Miterben. Das war nur recht und billig.
Zwar hätte Gülde eine andere Regelung gewünscht, aber da er sein Geld nicht verlieren wollte, mußte er die Erbschaft wohl oder übel annehmen, weil er sich ganz richtig sagte, daß der junge Ergenthin nicht in der Lage war, eine so hohe Summe auszahlen zu können. Als dieser ihm jedoch anheimstellte, mit ihm zusammen den Besitz zu verwalten, wehrte er händeringend ab: »Verschonen Sie mich bloß damit, Herr Baron. Ich verstehe von der Landwirtschaft so wenig, daß Sie mir mit Leichtigkeit ein X für ein U machen könnten, auch wenn ich Ihnen sozusagen auf der Nase säße. Da ich Sie für einen Ehrenmann halte, bin ich fest davon überzeugt, daß Sie in allem exakt vorgehen werden. Und das genügt mir. Das einzige, worum ich Sie bitte, ist, daß Sie mir und den Meinen Wohnrecht auf Ergen zubilligen.«
»Das haben Sie nach dem, wie die Dinge liegen, mit gutem Recht zu beanspruchen, Herr Gülde. Da uns die Erbschaft zu gleichen Teilen zugefallen ist, steht Ihnen selbstverständlich auch das halbe Haus zur Verfügung.«
»Na ja, gewiß, aber so penibel wollen wir die Angelegenheit denn doch nicht behandeln. Da uns der gute Clemens nun einmal zusammengekoppelt hat, müssen wir uns freundschaftlich zueinander stellen. Je besser wir uns vertragen, um so leichter wird es für beide Teile sein. Meinen Sie nicht auch, mein lieber Baron?«
»An mir soll es gewiß nicht liegen, Herr Gülde.«
»Na also, somit wäre alles in schönster Ordnung. Wirtschaften Sie nur nach Ihrem Ermessen, dann läuft die Karre schon richtig. Wenn es Sie beruhigt, können Sie mir jedes Vierteljahr eine Abrechnung schicken. Und, wenn Sie mal in der Klemme sind, genügt eine Postkarte, und ich trete in Erscheinung, um Sie herauszuhauen. Also keine falsche Scham, bitte ich mir aus. Wenn ich schon mit Ihnen an einem Strang ziehen muß, dann will ich es auch gründlich tun.«
So schieden die beiden Herren denn in bestem Einvernehmen. Gewissenhaft schickte Ergenthin seine Berichte, erhielt jedoch keine Antwort darauf.
Weil er sich in dem weiten Schloß zu einsam fühlte, bat er seine Tante, die in einem Stift lebte, nach Ergen überzusiedeln und seinem Hause vorzustehen. Mit Freuden war sie dazu bereit, rückte an und wirkte nun segensreich auf ihrem behaglichen Posten.
Vor