Gib mir den Ring zurück: Leni Behrendt Bestseller 40 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Endlich machte der Mai seinem Namen Ehre, war so, wie man ihn sich wünschte. Er hatte es auch nicht leicht gehabt, die gestrengen Herren, die in diesem Jahr besonders hartnäckig ihr eisiges Zepter schwangen, zu verdrängen. Doch nun hatte er es geschafft und schien sich verschwenden zu wollen in Sonnenschein und Blütenpracht. Und da das Wetter die Stimmung der Menschen zu beeinträchtigen pflegt, so war es kein Wunder, daß diejenigen, die Graf Schwartze-Lauritz in sein Haus geladen hatte, von Herzen fröhlich waren. Die Feste dort erfreuten sich großer Beliebtheit, denn der hochgeschätzte Hausherr verstand es, seinen Gästen immer etwas Besonderes zu bieten. So hatte man es allgemein bedauert, daß dieses gastliche Haus plötzlich der Geselligkeit seine Pforten verschloß, und zwar nachdem man die Herrin des Hauses zu Grabe getragen hatte. Seitdem hielt der tieftrauernde Gatte sich allen Vergnügungen fern. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis der Mann sich auf seine Vaterpflichten besann und am Geburtstag der Tochter ein Fest veranstaltete, was er nicht einmal bei deren Verlobung getan hatte. Ganz still war diese begangen worden. Was die äußeren Verhältnisse betraf, fand man die Verlobung der schönen und vornehmen Komteß Britta mit dem feudalsten und einflußreichsten Mann der weitesten Umgebung ganz in Ordnung. Der große Besitz des Fürsten Rodland grenzte an den des Grafen Schwartze-Lauritz, dessen Erbin sein einziges Kind nach seinem Tode werden würde. »Da kommt wieder Geld zu Geld«, meinten viele wehmütig– und: »Wenn das nur ein gutes Ende nimmt«, orakelten andere. Der hoheitsvolle, strengdenkende Jobst Rodland und das verzogene Sprühteufelchen Britta Schwartze-Lauritz – na, das dürfte wohl keine gute Ehe geben. Einer mußte sich da wohl ändern, wenn es nicht zum Bruch kommen sollte. Würde es Britta sein? Ziemlich unwahrscheinlich. Und der Fürst? Noch unwahrscheinlicher.
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Gib mir den Ring zurück - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 40 –
Gib mir den Ring zurück
Leni Behrendt
Endlich machte der Mai seinem Namen Ehre, war so, wie man ihn sich wünschte. Er hatte es auch nicht leicht gehabt, die gestrengen Herren, die in diesem Jahr besonders hartnäckig ihr eisiges Zepter schwangen, zu verdrängen. Doch nun hatte er es geschafft und schien sich verschwenden zu wollen in Sonnenschein und Blütenpracht. Und da das Wetter die Stimmung der Menschen zu beeinträchtigen pflegt, so war es kein Wunder, daß diejenigen, die Graf Schwartze-Lauritz in sein Haus geladen hatte, von Herzen fröhlich waren. Die Feste dort erfreuten sich großer Beliebtheit, denn der hochgeschätzte Hausherr verstand es, seinen Gästen immer etwas Besonderes zu bieten. So hatte man es allgemein bedauert, daß dieses gastliche Haus plötzlich der Geselligkeit seine Pforten verschloß, und zwar nachdem man die Herrin des Hauses zu Grabe getragen hatte. Seitdem hielt der tieftrauernde Gatte sich allen Vergnügungen fern. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis der Mann sich auf seine Vaterpflichten besann und am Geburtstag der Tochter ein Fest veranstaltete, was er nicht einmal bei deren Verlobung getan hatte. Ganz still war diese begangen worden. Was die äußeren Verhältnisse betraf, fand man die Verlobung der schönen und vornehmen Komteß Britta mit dem feudalsten und einflußreichsten Mann der weitesten Umgebung ganz in Ordnung. Der große Besitz des Fürsten Rodland grenzte an den des Grafen Schwartze-Lauritz, dessen Erbin sein einziges Kind nach seinem Tode werden würde.
»Da kommt wieder Geld zu Geld«, meinten viele wehmütig– und: »Wenn das nur ein gutes Ende nimmt«, orakelten andere. Der hoheitsvolle, strengdenkende Jobst Rodland und das verzogene Sprühteufelchen Britta Schwartze-Lauritz – na, das dürfte wohl keine gute Ehe geben. Einer mußte sich da wohl ändern, wenn es nicht zum Bruch kommen sollte. Würde es Britta sein? Ziemlich unwahrscheinlich. Und der Fürst? Noch unwahrscheinlicher. Also abwarten!
Fröhliches Lachen erfüllte den gepflegten Park. Die aufgestellten Buden, die lukullische Genüsse und Erfrischungen aller Art aufwiesen, besaßen große Anziehungskraft. Und selbst die Flaschen, deren Pfropfen eigentlich erst am Abend knallen sollten, mußten schon früher herhalten. Immer wieder holte man die Tochter des Hauses und ließ das feine Glas an das ihre klingen. Sie war die Übermütigste von allen und hatte einen Kreis von Verehrern um sich. Selbst solche, die sie mit einem Korb nach Hause geschickt hatte, machten ihr nach wie vor den Hof.
Sie war aber auch zauberhaft, die kapriziöse Komteß! Die biegsame Gestalt, das klare Gesicht mit dem Pfirsichteint, das sinnverwirrende Lächeln, die Augen, die gleich Saphiren blitzten, das Haar in der Farbe reifer Kastanien – o ja, man konnte es verstehen, daß selbst das stolze Herz eines Jobst Rodland sich an so viel Schönheit entflammen konnte.
Britta fand das selbstverständlich. Sie kannte es ja nicht anders, als daß man ihr huldigte, wohin sie auch kam. Als Abgott der Eltern, als Verzug aller anderen, so hatte sie einundzwanzig Jahre gelebt. Begreiflich, daß sie sich etwas Besonderes dünkte.
Aber der Verlobte schien nicht immer mit dem Gebahren seiner Braut einverstanden zu sein, denn er versuchte immer wieder ihren Übermut zu dämpfen. Doch sie lachte ihn aus und ließ ihn stehen, hielt ihre Verehrer am Bändel, die sich um sie scharten, bevorzugte auffallend den Stiefbruder des Fürsten, der das Getue schließlich satt bekam und sich auf eine Bank zurückzog, die ein wenig abseits des Trubels stand. Von dort aus konnte er das lustige Treiben überblikken, ohne selbst gesehen zu werden, weil die tief herunterhängenden Äste eines Baumes seine Gestalt fast verdeckten. Er saß noch nicht lange dort, als Britta sich in Begleitung ihres glühendsten Verehrers näherte und kurz vor dem Einsamen haltmachte. Beide hatten keine Ahnung, daß der Fürst ihnen zum Greifen nahe war.
Lothar, der als zweitgeborener Sohn nur den Grafentitel führen durfte, war äußerlich wie innerlich das strikte Gegenteil seines Stiefbruders Jobst. Schon sein Zigeunertyp wich von dem nordischen des Fürsten kraß ab. Lothars weiches, bildhübsches Gesicht, Jobsts stolzgeschnittenes, hartes – hier heißglänzende dunkle Augen, da kühlblickende blaue, die mittelgroße Gestalt im Gegensatz zu der hochgewachsenen – Jobst war ganz der Sohn seines Vaters, Lothar der seiner Mutter.
Nun, beliebt waren sie beide bei der Frauenwelt. Mit Lothar ließ sich so nett flirten, Jobst konnte man anschwärmen.
Daher flirtete auch Britta mit ersterem und erwählte sich letzteren zum Ehepartner. Sie tat es mit der ganzen Unbekümmertheit, mit der sie überhaupt das Leben nahm.
Jäh umfaßte Lothar des Mädchens Hüfte mit beiden Armen und ließ den Kopf in dessen Schoß sinken. Und dann flüsterte er der Braut seines Bruders Liebesbeteuerungen zu, die leidenschaftlich über die Lippen kamen.
Sie waren beide zu versunken, sonst hätten sie sehen müssen, wie Jobst sich von der Bank erhob und zu ihnen trat.
Lothar flüsterte weiter, immer heißer, immer leidenschaftlicher, und Britta lauschte wie gebannt.
Der Himmel auf Erden wurde ihr versprochen, wenn sie die Verlobung von sich würfe, die weiter nichts wäre als ein gutes Geschält. Erfrieren würde sie an der Seite des kalten Mannes. Bei ihm jedoch winkten Leben und Sonne, Wonne und Glück. Überschütten würde er sie mit allen Seligkeiten.
Sie hörte das alles wie im Traum, war unfähig, die wundersame Stimmung, die sie gefangenhielt, abzuschütteln. Erst als sie eine Hand auf ihrer Schulter fühlte, schrak sie zusammen und fuhr herum.
Und sah von den Augen des Grafen weg – in die ihres Verlobten. Da fürchtete die unbekümmerte Britta sich zum erstenmal in ihrem Leben vor einem Menschen. Und in diese Angst und die Totenstille hinein nun noch das Klirren einer Stimme, als wenn Stahl auf Eisen schlägt: »Ich glaube, Britta, du hast dir das Geschwätz jetzt lange genug angehört.«
Ach, daß sie sich doch irgendwo verkriechen könnte! Diese furchtbaren Augen, die sie unverwandt ansahen. Wo war denn Lothar geblieben?
Nun, den schien der Erdboden verschluckt zu haben.
Und immer noch diese Stille, in die hinein die weiche Musik klang, und der reglose Mann vor ihr, dessen Gestalt wie erstarrt wirkte.
Nein, das konnte sie nimmermehr ertragen!
Mit aller Energie riß sie sich zusammen, glitt vom Tisch und hetzte durch den Park über die Terrasse ins Haus, durch die Halle, die Treppe hinauf in ihr Wohnzimmer, und er mit langen Schritten hintendrein.
Mit nervöser Hast entzündete sie die Deckenbeleuchtung, die Ständerlampe. Nur jetzt Helle, strahlende Helle, nur die Angst loswerden, die sie in der spukhaften Dämmerung des Palkes überfallen hatte. Blendendes Licht durchflutete den Raum, das Nestchen eines verwöhnten Menschenkindes.
Aufatmend sank sie in den nächsten Sessel. Gottlob, das gräßliche Gefühl verließ sie allmählich, obgleich die hoheitsvolle Persönlichkeit des Verlobten, der vor ihr stand, immer noch einschüchternd genug wirkte. Sie verharrte in einem Schweigen, das mit Furcht und Trotz gemischt war. Immer noch hielt sie die erloschene Zigarette in der Hand, die sie im Park geraucht hatte. Nach dieser griff der Fürst nun.
»Du wirst das unsinnige Rauchen in Zukunft lassen, Britta. Ich habe nichts dagegen, wenn es in Grenzen geschieht. Du hast in der Zeit, da ich dich im Park beobachtete, eine Zigarette an der andern entzündet, und das liebe ich nicht.«
Wie eiskalt seine Stimme klang! Sie erschauerte.
Ihre Augen sprühten vor Empörung.
»Eben, beobachtet hast du mich!« schrie sie unbeherrscht. »Sagen wir ruhig: spioniert. Und du spionierst immer!«
»Es scheint nötig zu sein.«
»Hüte dich, du! Ich lasse mir das nicht gefallen. Ich bin kein dummes Gör!«
»O nein, du benimmst dich nur danach.«
»Jobst, ich sage dir –!!!«
»Ja. Sage mir vor allen Dingen, was Lothar von dir wollte.«
»Das geht dich nichts an.«
»Das geht mich nichts an? Sag mir, Britta, wer von uns beiden ist nun eigentlich ein Narr! Es soll mich nichts angehen, wenn meine Braut sich im dämmernden Park von einem Mann Liebesbeteuerungen zuflüstern läßt und ihnen lauscht wie gebannt?«
»Lothar ist mein Schwager«, zuckte sie geringschätzig die Schultern.
»Trotzdem wünsche ich, daß du dich in Zukunft von ihm fernhältst.«
Der herrische Ton rief in Britta den ganzen Widerstand wach, der ihr zu Gebote stand, und das war gewiß nicht wenig. Bisher hatte noch niemand so mit ihr gesprochen. Auch Jobst nicht, der es an Vorhaltungen aller Art nicht fehlen ließ. Die waren jedoch stets in freundlichem Ton erfolgt.
Er war von einer farblosen Freundlichkeit zu ihr, die sie recht oft mit Ungezogenheiten quittierte, mit kindischen Ungezogenheiten, die sich für ein einundzwanzigjähriges Mädchen nicht ziemten.
Er nahm sie ja gelassen hin. Mochte sie es noch so arg treiben, zum Schluß nahm er sie in die Arme, sah sie an, und dieser Blick entwaffnete sie dann stets.
Aber so wie heute hatte sie den Verlobten noch nie gesehen, unnahbar und kalt. Was hatte sie denn schon getan, daß er ihr so entgegentreten mußte? Nichts weiter, als sich von ihrem Schwager schöne Worte sagen lassen, die gewiß nicht an ihr Herz rührten. Neugierig war sie gewesen, was er da noch alles zusammenstammeln würde. Deshalb hatte Jobst noch lange kein Recht, sie so schroff zu behandeln. Was fiel ihm eigentlich ein? Sprühend vor Empörung rief sie: »Bilde dir nur nicht ein, daß ich mir jemals deinen Willen aufzwingen lasse! Eifersüchtig bist du, weiter nichts!«
»Eifersüchtig? Himmel und Hölle, Mädchen, den Mann möchte ich einmal sehen, der bei der Angelegenheit vorhin es nicht geworden wäre! Ich war es noch nicht einmal. Denn Eifersucht ist unberechenbar. Und das bin ich nicht!«
»Ach was, das sind Phrasen. Gib lieber zu, daß du einen besonderen Spaß daran hast, mir jedes harmlose Vergnügen zu vergraulen.«
»Wenn du das ein harmloses Vergnügen nennst, Britta, dann möchte ich wissen, wie die nicht harmlosen bei dir aussehen. Du wirst in Kürze Fürstin Rodland. Bedenke, was du dieser bevorzugten Stellung schuldig bist.«
Nun sprang Britta auf; zornbebend stand sie vor ihm.
»Darauf habe ich nur gewartet! Nichts mache ich mir daraus, verstehst du?! Tyrannisieren lasse ich mich nicht von dir,
das kannst du dir merken. Niemand sonst hat an mir etwas
auszusetzen, nur du allein. Ein Pedant bist du, ein langweiliger Geselle. Ich bereue schon längst, deine Braut geworden zu sein.«
Er wurde blaß bis in die Lippen. Seine Stimme bebte, als er fragle: »Du – bereust –?«
»Ja, und unglücklich bin ich obendrein«, trotzte sie. »Ewig nörgelst du an mir herum. Das lasse ich mir nicht länger gefallen. Ich bleibe, wie ich bin, pfeife auf deinen Namen, mit dem du prahlst.«
Er zuckte bei ihren schonungslosen Worten zusammen, beherrschte sich jedoch mit Aufbietung aller Kraft.
»Meine liebe Britta«, sagte er kalt. »Ich will es deiner Erregtheit zugute halten und annehmen, daß du jetzt nicht weißt, was du sprichst. Du hast recht, niemand außer mir hat etwas an dir auszusetzen, du gehst aber auch niemanden so viel an. Würde man dir auch von anderer Seite öfter die Wahrheit sagen, dann hätte ich es weniger nötig. Wenn ich dich auf deine bevorzugte Stellung aufmerksam machte, geschah es deshalb, dir vor Augen zu führen, daß Bevorzugung verpflichtet. Lächerlich habe ich mich jetzt noch nicht gemacht. Ich täte es allerdings, wenn du meine Frau würdest und so bliebest, wie du jetzt bist.«
Atemlos hatte Britta zugehört. Nun sah sie ihn entsetzt an.
»Ja, weshalb hast du dich denn mit mir verlobt?«
»Weil ich dich liebhabe. Du sollst ja im Grunde so bleiben, wie du bist, nur gegen Fehler mußt du ankämpfen. Mach es mir doch nicht so furchtbar schwer, Britta!«
Sie empfand seine Worte als kleinliche Maßregelung, die heiße Empörung in ihr aufsteigen ließ. Trotz und verletzte Eitelkeit raubten ihr den letzten Rest von Beherrschung.
»Ich danke für so viel Aufopferung, Durchlaucht«, meinte sie. »Recht anerkennenswert, wenn ein so hoher Herr sich so viel Mühe mit einem Nichts gibt, wie ich es bin. Oh, ich habe durchaus nicht vor, mich auch nur im geringsten zu ändern. Ich gefalle mir sehr gut so, wie ich bin. Daß ich deine Braut wurde, geschah nur, um meinen Freundinnen zu zeigen –«
Sie hielt jäh inne. Wurde es ihr bewußt, wie unglaublich sie sich benahm, oder ließ das todblasse Gesicht des Mannes sie schweigen? Sekundenlang herrschte eine Stille, daß einer des andern Herzschlag zu hören glaubte. Dann sprach der Fürst mit seltsam schwerer, tonloser Stimme: »Sprich nur weiter, Britta. Du wolltest deinen Freundinnen zeigen, welch ein Narr ich bin. Ich sehe mit grausamer Deutlichkeit, daß du dich nie ändern kannst und willst. Und gerade ich brauche von allen Menschen auf der Welt eine verständige,