Cucina e giardino: 80 Rezepte aus meinem italienischen Bauerngarten
Von Vea Carpi
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Über dieses E-Book
• 80 meist vegetarische, kreative Rezepte mit Zutaten direkt aus dem Garten
• einfache Selbstversorgerküche aus den italienischen Alpen
• leichte Rezepte für Einsteiger:innen
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Buchvorschau
Cucina e giardino - Vea Carpi
EINLEITUNG
Worum es in diesem Buch geht
Dieses Buch ist hier auf dem Bergbauernhof geboren. Seite für Seite wächst es seither zwischen dem großen Schreibtisch in der alten Stube und meiner Selbstversorgerküche heran. Dass ich hier von „meiner" Küche spreche, ist kein Zufall, denn in diesem Buch werdet ihr, liebe Leserinnen und Leser, auf meine persönliche Interpretation von Gerichten verschiedenster Herkunft stoßen.
Das liegt schon einmal daran, dass ich eigentlich ein waschechtes Stadtkind bin. Erst mit 27 Jahren zog ich hierher, hatte keine Ahnung vom Kochen und schon gar nicht davon, wie man die Zutaten dafür selbst anbaut. Erst hier auf dem Hof habe ich kochen gelernt. Meine persönliche Art zu kochen entwickelte sich im Gleichschritt mit meinem Werdegang als Bäuerin. Auf diesem Weg begleiteten mich zahlreiche gute Seelen aus meiner Familie: meine Großeltern aus der Emilia, die vor langer Zeit nach Südtirol ausgewandert waren, meine Mutter aus Pisa, meine Schwiegermutter aus dem Trentino und meine Stiefmutter aus Parma. Außerdem war und ist unser Hof ein Ort der Begegnung, an dem Freiwillige aus aller Welt einkehren und mit ihren kulinarischen Traditionen die Fersentaler Küche bereichern.
In meiner Küche bilden Zutaten aus jeder Jahreszeit den Ausgangspunkt für einfache Rezepte. Der dominante Faktor dabei ist und bleibt der Boden, denn er bestimmt, was wächst und was nicht. Eine entscheidende Rolle spielt für uns aber auch die Vorratskammer, das Herz des Hauses. Auf den folgenden Seiten werde ich euch erzählen, was sich zu jeder der vier Jahreszeiten in der Küche zaubern oder zur späteren Verwendung verarbeiten lässt. Die Rezepte sind so einfach, dass sie in jeder Küche nachgekocht werden können. Ein großes Augenmerk lege ich auf die Qualität der (wenigen) Zutaten.
Wie schon bei meinem ersten Buch, „Backen mit Pasta Madre", ist mein vorrangiges Ziel, euch ein Instrumentarium in die Hand zu geben, mit dem ihr auch ohne eigenen Bauernhof sofort loslegen könnt. Wer keinen eigenen Gemüsegarten hat, kann auf dem Bauernmarkt einkaufen oder sich einmal pro Woche von nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben eine Gemüsekiste liefern lassen. Auf dem Bauernmarkt findet man außerdem köstlichen Käse, Fleisch, Öle, Honig, Tees und frische Blumen.
Natürlich müssen wir uns durch diesen Ansatz im Einkauf auf das Saisonale beschränken und haben den Eindruck, die Kontrolle darüber zu verlieren, was wir essen. Doch in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Sobald wir entscheiden, uns wieder in den natürlichen Kreislauf der Dinge einzufügen, holen wir uns die Kontrolle über uns selbst, unsere Ernährung und unsere Rolle im großen Gefüge des Lebens zurück.
Haben wir das anfängliche Zögern und Zweifeln einmal hinter uns gelassen, gibt es kein Zurück mehr. Wir essen besser und verschwenden weniger. Unserem Status als Konsument:innen können wir auf dieser Welt nicht entrinnen, aber immerhin konsumieren wir dann mit Herz und Hirn.
Ich würde mir wünschen, dass euch dieses Buch in seiner bäuerlichen Einfachheit zu einem treuen Begleiter wird, egal ob in der Küche, im Gemüsegarten oder beim nächsten Marktbesuch. Und vielleicht bringt es euch auch meinem Leben auf dem Bergbauernhof und in „meiner" Selbstversorgerküche ein Stück näher.
Vea Carpi
Vea ist 1975 geboren und hat in Florenz Politikwissenschaften studiert. Der Liebe wegen zieht sie 2001 ins Trentino, auf den Bergbauernhof Mas del Saro im Fersental/Valle dei Mòcheni. Hier wird sie zur Köchin und Bäuerin mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Wolle (sie spinnt, filzt, strickt und färbt mit natürlichen Farben). Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern betreibt sie den Hof auch als Agriturismo.
masdelsaro.it
instagram.com/mas_del_saro
WIR UND DER MAS DEL SARO
Unser Bergbauernhof
Wir wären nicht die, die wir heute sind, wenn wir nicht die vergangenen 22 Jahre unseres Lebens hier auf dem Mas del Saro verbracht hätten, einem Bergbauernhof auf 1.000 m Seehöhe im Fersental, Trentino.
Warum ist der Hof für das Leben so prägend? Und warum lebt man nicht einfach auf einem Hof, sondern mit ihm?
Mit dem italienischen Wort maso bezeichnen die Menschen im Trentino einen Bergbauernhof. Der Terminus, der auf das lateinische mansio zurückgeht, steht für eine uralte Tiroler Institution: Erste Erwähnungen stammen aus der Zeit um 1200 n. Chr. und beweisen, dass der Bergbauernhof bereits im Mittelalter fest verwurzelt war. In den ladinischsprachigen Tälern hielt sich die römische Bezeichnung vila, abgeleitet vom lateinischen Wort für Bauernhof, villa: Diese Tatsache deutet darauf hin, dass es die villae bereits vor der Ansiedlung germanischer Völker gab.
Ursprünglich waren alle Tiroler Bauernhöfe „geschlossene Höfe", durften im Erbfall also nicht geteilt werden. Ein einziger Nachkomme erhielt den gesamten landwirtschaftlichen Besitz samt Wohnhaus. Nur in Südtirol ist diese Praxis bis heute gesetzlich verankert, als einziges Land Europas, in dem dieses sogenannte Ältestenrecht (also der Erbanspruch für den Erstgeborenen) überlebt hat.
Diese auf den ersten Blick himmelschreiende Ungerechtigkeit (über die ich als Jugendliche mit meinem Südtiroler Vater hitzig diskutiert habe) hat aber tatsächlich gute Gründe und weitreichende praktische Auswirkungen. In den Bergen ist der Grund und Boden schwer zu bewirtschaften: Wenig Fläche trifft auf magere Böden und steile Hänge. Unter solchen Bedingungen war die Versorgung einer Familie nur dann gesichert, wenn die bebaubare Fläche eine kritische Größe nicht unterschritt. Daher war die Unteilbarkeit des Besitzes von so großer Bedeutung. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass das Erbrecht der Miterben heute genau geregelt ist und auch weibliche Nachkommen den geschlossenen Hof übernehmen dürfen.
Die Auswirkungen dieser Praxis für die Berglandschaft sind massiv: Dort, wo man den geschlossenen Hof abschaffte, wurde der Grundbesitz im Laufe der Generationen immer weiter zerstückelt, bis die Höfe irgendwann zu klein waren, um eine Familie zu ernähren. Dies führte dazu, dass viele Bergbauern ihre Höfe verließen und abwanderten (eine Entwicklung, die vor allem im Trentino zu beobachten war, in Südtirol hingegen nicht). Die Tradition der Trentiner masi wurde dadurch geschwächt, dennoch bleibt sie auch hier tief in der Kultur verwurzelt.
Das bedeutet für mich nicht, dass man sich blind alten Regeln und Gepflogenheiten unterwerfen muss oder dass meine Kinder zwangsläufig meine Arbeit fortsetzen müssen. Meine persönliche Empfindung ist, dass ich eine historische und geografische Verantwortung für den Mas del Saro trage, denn der Hof ist nicht nur mein Zuhause, sondern auch eine Institution, ein Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Mich hat es – aus purem Zufall – hierher verschlagen, um mich um diesen Hof zu kümmern. Das macht mich stolz und glücklich, bereitet mir aber auch sehr viel Arbeit. Ein Bergbauernhof beansprucht deine gesamte Existenz und formt sie neu, prägt das Leben deiner Kinder und deine Sicht auf die Welt. Nein, auf einem Bergbauernhof kann man nicht einfach nur wohnen. Man lebt mit ihm.
Ein Wink des Schicksals
Wir sind im Herbst 2001 auf den Mas del Saro gestoßen. Damals wohnten wir erst seit Kurzem in einer hübschen Mansardenwohnung im Zentrum von Pergine und hatten weder die Absicht noch das nötige Kleingeld, um uns ein Haus zu kaufen. Eines Tages überkam mich der Wunsch, mir ein gebrauchtes Motorrad zuzulegen. Mein Mann Renzo fuhr Motorrad und mich langweilte es, immer nur hinten mitzufahren. Im Anzeigenteil der Zeitung stolperte ich dann über eine Immobilienannonce (ich weiß den Wortlaut bis heute): „Alleinstehendes Haus im Fersental, für echte Naturliebhaber. Wo das Fersental war, wusste ich gerade noch, weil wir dort ab und zu zum Wandern gewesen waren. Ich hatte es recht schön in Erinnerung, das war dann aber auch schon alles. Doch mein Mann ließ nicht locker: „Komm, wir fahren hin, anschauen kostet ja nichts.
Sein Bedürfnis nach frischer Luft, nach Grün, nach einem eigenen Garten war oft Gesprächsthema zwischen uns gewesen, wirklich nachvollziehen konnte ich diesen Drang allerdings nicht. Ich fühlte mich in meiner Wohnung wohl, so war ich es gewöhnt. Ich fand, dass es keinen Unterschied machte, wo wir lebten. Ein Dach über dem Kopf war doch wie das andere. Oder etwa nicht?
Der Mas des Saro stand seit zwei Jahren zum Verkauf und fand keinen Käufer. Zu groß als Zweitwohnsitz, zu weit vom Schuss als Erstwohnsitz. Eine ungeteerte Straße (was sich auch die nächsten zehn Jahre nicht ändern sollte), überall wild wachsende Bäume, Fuchs und Hase, die sich gute Nacht sagen (das Dorf ist nur zehn Minuten entfernt, aber man glaubt sich am Ende der Welt …), ein teils sanierungsbedürftiges Wohnhaus. Niemand wollte diesen Hof haben. Nicht einmal ich, um ehrlich zu sein. Aber Renzo schon. Im Juli 2002 zogen wir ein, führten ein paar kleinere Arbeiten durch, um das Haus bewohnbar zu machen, und lebten unser Leben weiter, das nun teils in der Stadt (für die Arbeit) und teils in den Bergen stattfand. Ein neuer Weg war jedoch längst vorgezeichnet, auch wenn wir selbst es noch gar nicht bemerkt hatten.
Nach ein paar Jahren dort oben, eng getaktet zwischen der Arbeit in der Stadt und den völlig gegensätzlichen, immer weniger kompatiblen Rhythmen, die uns der Bauernhof vorgab, beschlossen wir nach reiflicher Überlegung der wirtschaftlichen Konsequenzen, dass es an der Zeit war, dass ich meinen Job kündigte, um mehr Zeit für die Kinder zu haben. (Wir haben drei, und damals waren sie noch sehr klein.) Ich muss gestehen, dass der Übergang für mich sehr hart, aber prägend war. Niemals hätte ich auch nur im Traum daran gedacht, Vollzeitmutter sein zu wollen. Dieser Paradigmenwechsel geschah auch nicht über Nacht. Es vergingen Jahre, in denen ich mich damit auseinandersetzte, frustriert war, meinen eigentlichen Wunsch unterdrückte, bis ich mich eines Tages zu sagen traute: „Nein, das ist nicht mein Weg. Das bin nicht ich." Dieses grundlegende Umdenken erlaubte mir, alle Gräben zu überwinden und (langsam) auf ein neues Leben zuzugehen.
Durch mein Leben zu Hause mit den Kindern entdeckte ich einige Charaktereigenschaften an mir, die mir bis dahin verborgen geblieben waren. Ich fand zum Beispiel heraus, dass ich bei praktischen Dingen äußerst effizient bin. Für jemanden wie mich, die in einer gewissen, für die 80er-Jahre ganz typischen, urbanen Trägheit aufgewachsen ist, führte die Erkenntnis, dass ich tausend Dinge ohne Hilfe tadellos selber machen konnte, zu einer enormen Steigerung meiner Selbstachtung. Kochen, Gemüse anbauen, Nahrungsvorräte anlegen, Holz hacken, Tiere halten … alles Dinge, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie so intensiv und mit so großer Freude tun könnte. Aber wenn man genau überlegt, sind es doch alles Tätigkeiten, denen der Mensch schon seit Jahrtausenden nachgeht. Erst in den letzten, sagen wir, hundert Jahren haben wir uns davon distanziert, mit allen Vor- und Nachteilen.
Der Hof hatte unsere Aufmerksamkeit bitter nötig, also begannen wir nach und nach, ihn zu renovieren, bis er wieder zu dem wurde, was er einmal gewesen war: ein voll funktionstüchtiger Bergbauernhof mit Tieren, Gemüsegarten und Obstbäumen. Eine kleine, (beinahe) autarke Wirtschaftseinheit, wie anno dazumal.
Unser Leben
Wie läuft ein typischer Tag auf dem Mas del Saro ab, auf 1.000 m Seehöhe im Trentiner Fersental?
Es gibt einen, alles dominierenden Faktor: die Jahreszeiten. Sie wirken sich so prägend auf unseren Alltag aus, dass ich anhand der Jahreszeiten einen ziemlich genauen Plan aufstellen könnte, wie sich die letzten 22 Jahre meines Lebens abgespielt haben. Jeder Abschnitt dieses Buches ist daher einer Jahreszeit gewidmet.
Unsere Tagesabläufe werden neben dem jeweiligen Jahresabschnitt auch von den Bedürfnissen der Tiere bestimmt. Am Vormittag öffne ich den Hühnerstall, füttere die Hühner und sehe nach, ob sie Eier gelegt haben. Dann sind die Schafe an der Reihe. Während die Schleckermäuler mit der Portion Futter beschäftigt sind, die ich ihnen gegeben habe, nutze ich die Gelegenheit, um in Ruhe das Gehege sauber zu machen und neues Heu einzustreuen.