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Gefangen in der Oase der Leidenschaft
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eBook271 Seiten3 Stunden

Gefangen in der Oase der Leidenschaft

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Über dieses E-Book

"Sebastian Oakfield, zu Ihren Diensten." Emmas Herz klopft wie rasend! Weil dieser gutaussehende Fremde quer durch den Nil zu ihrem kleinen Segelschiff geschwommen ist? Weil er ein verwegener Abenteurer zu sein scheint? Oder weil er unter dem ägyptischen Mond ihre Hand zu seinen Lippen führt und sie zärtlich küsst?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum13. Juni 2020
ISBN9783733717216
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    Buchvorschau

    Gefangen in der Oase der Leidenschaft - Renate Körting

    IMPRESSUM

    Gefangen in der Oase der Leidenschaft erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2015 by Laura Martin

    Originaltitel: „Under A Desert Moon"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON

    Band 39 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Renate Körting

    Umschlagsmotive: GettyImages_Artem Peretiatko

    Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733717216

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Emma beugte sich über den Rand des Segelbootes und streifte mit den Fingerspitzen über die Wasseroberfläche. Es fühlte sich angenehm kühl an. Eine erfrischende Abwechslung in der heißen Nachmittagssonne.

    „Vorsicht, sagte Ahmed freundlich. „Sie wollen doch sicher nicht, dass die Krokodile Ihnen die Finger abbeißen.

    Sofort zog Emma die Hand zurück und blickte misstrauisch auf die dunklen Fluten des Nils. Sie hegte den Verdacht, dass der Ägypter sie nur auf den Arm nehmen wollte. Zwar wusste sie, dass es diese gefährlichen Reptilien im Fluss gab, aber gewiss wagten sie sich nicht in die Nähe der Feluken.

    „Krokodile kennen keine Angst, sagte Ahmed, der anscheinend ihre Gedanken lesen konnte. „Sie haben schon kleine Schiffe angegriffen, wenn sie auf Beute aus waren.

    Emma rückte von der Bootswand ab und schaute von der Wasseroberfläche auf.

    „Nur noch ein paar Minuten, sagte Ahmed, der sich in den Schatten des Segels zurückgezogen hatte, und schloss die Augen. „Beobachten Sie weiter das linke Ufer.

    Sie schaute prüfend auf die Böschung, konnte aber kein Anzeichen von Zivilisation erkennen. Sie waren nur noch eine Stunde von ihrem endgültigen Ziel Kairo entfernt, aber momentan interessierte sich Emma nur für das, was hinter der nächsten Flussbiegung auf sie wartete.

    „Der Tempel des Horus", flüsterte sie. Sie umrundeten die Kurve, und dahinter waren deutlich die geraden Linien und Kanten eines Gebäudes zu erkennen. Es bot einen erhabenen Anblick. Sandfarbene Säulen ragten in den Himmel empor, und als sie näherkamen, konnte sie sogar Statuen des falkenköpfigen Gottes Horus links und rechts vom Tempeleingang erkennen.

    „Haben wir noch Zeit auszusteigen?", fragte Emma sehnsüchtig, auch wenn sie die Antwort auf diese Frage bereits zu kennen glaubte.

    Seit zehn Tagen segelten sie den Nil hinunter, obwohl für diese Reise eigentlich nur acht Tage eingeplant waren. Anfangs war der Besitzer der Feluke noch geduldig gewesen und ihren Wünschen entgegengekommen, wenn sie an jeder alten Ruine am Flussufer anhalten wollte, aber es war ihr klar, dass er keine weitere Verzögerung dulden würde.

    Ahmed redete in schnellem Arabisch auf den Bootseigner ein, und Emma setzte ein gewinnendes Lächeln auf.

    Sie verfolgte mit angehaltenem Atem die hitzige Diskussion, bis Ahmed sich ihr kopfschüttelnd zuwandte.

    „Er sagt Nein. Bedauerlicherweise kann er keinen Zwischenstopp mehr einlegen."

    Emma vermutete, dass der Mann sich wesentlich unhöflicher ausgedrückt hatte.

    „Aber es ist doch der Tempel des Horus", brachte sie vor.

    „Sie werden noch viel Zeit haben, um Tempel und Gräber zu besichtigen, Sitt, meinte Ahmet, der sie mit der respektvollen arabischen Anrede ansprach. „Hier geht es doch erst richtig los.

    Emma wusste, dass er recht hatte, aber sie konnte den Blick nur schwer von dem majestätischen Tempel losreißen. Davon hatte sie immer geträumt und sich alles in ihrer Fantasie ausgemalt. Andere Mädchen hatten von reichen Ehegatten und klangvollen Titeln geträumt, doch sie sehnte sich stets nach exotischen Ländern. Ihr Vater war ein bekannter Ägyptologe gewesen und hatte viele Jahre in Kairo gelebt. Als sie noch ein Kind war, hatte er ihr oft Geschichten von Pharaonen und Göttern der Vergangenheit erzählt, aber auch vom heutigen Staat Ägypten. Schon immer hatte Emma sich gewünscht, das alles einmal mit eigenen Augen zu sehen, und jetzt war sie hier.

    Sie tastete nach der dünnen Schriftrolle, die sie in der Tasche ihres Rocks verborgen hatte. Bald würde sie so viele Abenteuer erleben, dass der Horustempel dagegen verblasste. Was für wundervolle Entdeckungen wohl noch auf sie warteten, wenn sie der geheimnisvollen Karte auf der Rolle folgte …

    Aus dem Augenwinkel fiel ihr eine Bewegung auf, und sie blinzelte in die Abendsonne. Etwas lief sehr schnell zwischen den Säulen des Tempels. Sie richtete sich gerade auf und strengte die Augen an, um erkennen zu können, was es war.

    Ein Mann. Ganz sicher. Ein Mann rannte wie gehetzt davon, als hinge sein Leben davon ab. Sie blickte sich um, um zu sehen, ob noch jemand etwas bemerkt hatte. Ahmed schien eingenickt zu sein, und der Eigentümer der Feluke schaute geradeaus, nicht zu dem Tempel auf der linken Seite.

    Emma beobachtete, wie der Flüchtende zwischen den zwei Statuen hindurchsprintete und dann auf der Böschung zum Fluss hinunterrutschte. Einen Augenblick später wurde deutlich, warum der Mann es so eilig hatte. Sechs Männer in den traditionellen weißen Dschallabijas der Ägypter stürmten hervor aus dem Tempel, schrien etwas auf Arabisch und gestikulierten wütend mit den Armen. Erstaunt sah Emma, dass sie mit Krummsäbeln bewaffnet waren, mit denen sie wild in der Luft herumfuchtelten.

    Der Mann war jetzt am Fuße des Abhangs angelangt und warf einen Blick zurück. Seine Verfolger begannen gerade mit dem Abstieg. In wenigen Augenblicken würden sie ihn erreichen. Er schaute sich nach links und rechts um, aber es gab keinen Ausweg. Plötzlich sah er hoch und blickte ihr ins Gesicht. Er grinste und zwinkerte ihr zu.

    Emma riss die Augen auf, denn noch nie hatte jemand ihr so unverschämt zugeblinzelt. Dennoch konnte sie den Blick nicht von dem Mann losreißen. Sie sah zu, wie er das, was er in den Händen hielt, hastig in seine Tasche stopfte und dann kopfüber in das schnell fließende Wasser des Nils sprang.

    Sie hielt den Atem an. Er schien bereits eine Ewigkeit unter Wasser zu sein, und sie suchte mit den Blicken die Oberfläche nach Lebenszeichen des Mannes ab. Entsetzt überlegte sie, ob er womöglich von der Strömung abgetrieben worden war, oder ob ihn ein Krokodil gefressen hatte. Sie schaute noch intensiver hin, voller Angst, sie würde einen roten Blutfleck im trüben Wasser entdecken.

    „Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen?", fragte eine leise Stimme direkt neben der Bootswand.

    Emma zuckte so heftig zusammen, dass sie fast ins Wasser fiel.

    Sie schaute nach unten und sah zu ihrem Erstaunen, dass der Mann, den sie beobachtet hatte, bis zum Boot getaucht war und die ganze Strecke unter Wasser zurückgelegt haben musste.

    Er lächelte sie an, und sie lächelte unwillkürlich zurück.

    Mit seinen starken Armen zog er sich über die Bootswand der Feluke und brach dann auf Deck zusammen.

    Mohammed, der Schiffseigner, war sofort bei dem Mann und hielt ihm drohend seinen Dolch an die Kehle.

    „Dreckiger englischer Grabräuber, knurrte er auf Englisch mit starkem Akzent. „Ich sollte Sie sofort wieder über Bord werfen und den Krokodilen zum Fraß überlassen.

    „Das werden Sie nicht", sagte Emma in erstaunlich energischem Ton.

    Mohammed, Ahmed und der Engländer drehten sich überrascht zu ihr um.

    „Sie haben die Lady gehört, sagte der Engländer. „Ich habe eine Beschützerin.

    Emma kniff die Augen zusammen. Hatte sie etwa eine Spur von Belustigung in seiner Stimme gehört?

    Mohammed schnaubte. „Ich sollte ihn von der Kehle bis zum Bauch aufschlitzen und zusehen, wie seine diebischen Gedärme hervorquellen."

    Emma trat einen Schritt vor, doch Ahmed hielt sie am Arm zurück.

    „Das würde aber sehr viel Dreck machen und der Dame gewiss nicht gefallen, sagte der Engländer gelassen. „Sie müssten danach das Deck schrubben.

    Emma hatte noch nie gesehen, dass jemandem ein Dolch an den Hals gehalten wurde. Aber war es normal, dass jemand, der den Tod vor Augen hatte, solche Scherze machte?

    Ein paar Sekunden lang starrten sich Mohammed und der Engländer finster an, dann brachen beide in ein breites Grinsen aus.

    „Scheint so, als schuldetest du mir dein Leben, Oakfield", sagte Mohammed und klopfte dem tropfnassen Engländer auf den Rücken.

    „Sind wir quitt?"

    „Sie kennen einander?", fragte Emma und merkte, dass ihr Hitze in die Wangen stieg.

    „Ja, leider. Auch wenn ich es nur ungern zugebe, habe ich gelegentlich mit diesem zwielichtigen Burschen zu tun", sagte Oakfield.

    Emma schnaubte. „Wahrscheinlich ist es eher Mohammed peinlich, mit Ihnen gesehen zu werden."

    Der Engländer lachte und trat auf sie zu, um ihre Hand zu ergreifen und zu küssen.

    „Sebastian Oakfield, zu Ihren Diensten, Madame."

    Als er den Kopf wieder hob, schaute er ihr direkt in die Augen, und Emma erschauerte. Seine Augen waren leuchtend grün, wie ein Farbfleck in seinem sonnengebräunten Gesicht. Sie sah die feinen Fältchen in seinen Augenwinkeln – offensichtlich war er ein Mann, der gern lachte.

    „Bitte lassen Sie die Hand der Sitt los", sagte Ahmed und trat näher.

    Sebastian wandte sich zu Ahmed, als sähe er ihn zum ersten Mal, aber ihre Hand ließ er nicht los.

    „Verzeihen Sie meine Dreistigkeit, sagte er, obwohl seine Miene keinerlei Reue zeigte. „Aber man sieht nicht oft eine Frau den Nil hinabsegeln, die an Schönheit Nefertari gleichkommt.

    Bei diesem Kompliment kam Emma endlich wieder zur Besinnung. Sie zog ihre Hand aus seiner und trat einen Schritt zurück. Dabei versuchte sie, sich von seinen honigsüßen Worten unbeeindruckt zu zeigen. Schließlich war sie kein junges, unerfahrenes Ding mehr, sondern eine Frau von fünfundzwanzig Jahren. Obwohl sie nicht allzu viel von der Welt wusste, war es ihr klar, dass man den unaufrichtigen Komplimenten eines Gauners keinen Glauben schenken durfte. Einmal vielleicht … aber dann nicht mehr.

    „Lass meine Passagierin in Ruhe, du Schuft, sagte Mohammed und schlug Sebastian auf die Schulter. „Sie möchte nicht von Leuten wie dir belästigt werden.

    „Junge Damen wollen etwa nicht von kühnen und verwegenen Gentlemen umworben werden?", sagte Sebastian zu Mohammed, aber er blickte sie dabei an.

    „Woher kennen Sie diesen Mann, Mohammed?", fragte Ahmed und stellte sich vor den nassen Neuankömmling.

    Emma trat einen Schritt vor. Die Antwort wollte sie sich nicht entgehen lassen.

    Mohammeds Gesicht wurde plötzlich ernst, als er sagte: „Ich schulde Mr. Oakfield mein Leben – ohne ihn wäre ich nur ein verwesender Leichnam in der Wüste."

    Emma blickte zu Mr. Oakfield, der sich anscheinend etwas unbehaglich bei dieser Enthüllung fühlte. Offenbar war er ein Mann, der ein ernst gemeintes Lob, das er nicht einfach weglachen konnte, nicht gut aushielt.

    „Vor drei Jahren wurde ich in der Wüste von Banditen angegriffen. Sie nahmen mir alles – mein Geld, meine Kleider und mein Pferd. Dann ließen sie mich zurück, und ich musste meinen Weg zu Fuß fortsetzen. Das ist selbst für einen halb so alten Mann wie mich ein lebensgefährliches Unterfangen. Doch Mr. Oakfield fand mich und brachte mich in Sicherheit. Mohammed hielt kurz inne. Dann fuhr er fort: „Außerdem half er mir, die Banditen aufzuspüren. Sie sitzen jetzt im finstersten Kerker von Kairo.

    Mohammed lächelte flüchtig, bevor sich abwandte. Emma wollte gerade etwas sagen, da ließ ein Schrei alle aufhorchen und zum Ufer schauen. Die sechs Verfolger in ihren weißen Gewändern gestikulierten wild in ihre Richtung. Offensichtlich hatte jedoch keiner von ihnen die Absicht, sich nass zu machen.

    „Was haben Sie eigentlich angestellt, Mr. Oakfield?", fragte Emma, denn die Neugier ließ ihr keine Ruhe. Es musste etwas äußerst Gewagtes gewesen sein, dessentwegen ihn sechs sehr wütend aussehende Männer mit Krummsäbeln verfolgten.

    „Sie meinen, abgesehen davon, dass ich mein Herz an die bezauberndste Frau nördlich des Äquators verloren habe?"

    „Sie haben mich doch gerade erst kennengelernt, Mr. Oakfield. Hoffentlich sind Sie keiner von diesen törichten Männern, die an Liebe auf den ersten Blick glauben."

    „Dumm, liebeskrank …"

    Sie schnaubte verächtlich. Mr. Oakfield brachte ihre wenig damenhafte Seite zum Vorschein.

    „Haben Sie sich beim Sprung in den Nil den Kopf gestoßen?"

    Er sah so aus, als wolle er es leugnen.

    „Ich hoffe, dass es so war", murmelte sie.

    „Könnten wir noch einmal von vorne beginnen?", fragte Sebastian.

    Emma nickte huldvoll.

    „Sebastian Oakfield, zu Ihren Diensten, Madame."

    „Nun sagen Sie mir, Mr. Oakfield, warum haben Sie Ihr Leben riskiert und sind in einen der gefährlichsten Flüsse der Welt gesprungen?"

    Sebastian lächelte sie an, und Emma spürte, dass ihre abweisende Fassade einen Riss bekam. Er war ein sehr gut aussehender Mann. Sein Lächeln war betörend. Ein entwaffnendes, ansteckendes Lächeln.

    „Ich bin froh, dass Sie gefragt haben, Miss …?"

    „Knight. Emma Knight."

    „Miss Knight, wiederholte er mit leiser, verführerischer Stimme. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter, trotz der Wärme des Spätnachmittags. „Möchten Sie gern etwas ganz Besonderes sehen?

    Emma ließ sich von ihm zu den Kissen führen, auf denen sie gesessen hatte, bevor er an Bord gekommen war. Er setzte sich und bedeutete ihr, neben ihm Platz zu nehmen. Obwohl es Ahmed offensichtlich missfiel, sank Emma auf die Kissen. Sie hielt den Atem an, als Sebastian in die Tasche griff, die er über die Schultern geschlungen hatte, und einen kleinen Gegenstand herauszog.

    „Hier", sagte er und legte ein erstaunlich schweres Objekt in ihre Hand.

    Emma drehte es hin und her und betrachtete es von allen Seiten. Es war wunderschön, aus einem dunkelgrauen, ihr unbekannten Stein gearbeitet. Die Form war die eines Menschen, dessen Gesichtszüge man erkennen konnte, und auch die Einzelheiten seines aufwendigen Kopfschmucks waren nach all den vielen Jahren noch deutlich zu sehen.

    „Es ist ein …"

    „Uschebti", fiel Emma ihm ins Wort.

    Sebastian schaute sie verwundert an.

    „Spätes drittes Jahrhundert vor Christus, wenn ich mich nicht irre. Ich schätze, er stammt aus dem Grab eines sehr reichen Mannes."

    Emma blickte Sebastian an. Für einen Moment fehlten ihm offenbar die Worte. Das kam sicher nicht sehr oft vor.

    „Woher wissen Sie das?", fragte er.

    Emma zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt."

    Das war eine Untertreibung. Ägyptologie war früher einmal nur ihr Hobby gewesen, aber in den letzten Jahren war sie zu einer Art Zuflucht geworden. Als alles andere freudlos und leer erschien, wurde die Ägyptologie ihre Rettung.

    „Wie sind Sie an dieses Stück gekommen?"

    Sebastian schaute sie einen Moment an, als überlege er, ob er ihr die Wahrheit sagen konnte.

    „Es lag einfach so herum", sagte er achselzuckend.

    Die Antwort enttäuschte sie. Sie wollte, dass er ehrlich zu ihr war, egal wie unbequem die Wahrheit auch sein mochte. Sie hatte so viele Lügen von Männern gehört, dass es bis ans Ende ihres Lebens reichte. Er war also auch nur ein Mann, der lieber log, als die Wahrheit zuzugeben. Wenn sie in Kairo ankamen, würde sie ihn aus ihrem Gedächtnis streichen, obwohl es ihr schwerfallen würde, den Blick zu vergessen, mit dem er sie lächelnd anschaute.

    2. KAPITEL

    Sebastian beugte sich näher zu der entzückenden Miss Knight und steckte ihr eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. Erstaunt merkte er, dass sie erstarrte und von ihm abrückte. Er runzelte die Stirn. Eigentlich war er recht gut darin, in den Gesichtern und Verhaltensweisen anderer Menschen zu lesen. Noch vor wenigen Minuten, als er sich ihr vorstellte, hatte er ziemlich sicher ein gewisses Amüsement in Miss Knights Augen erkannt. Nun wirkte sie plötzlich geradezu eisig. Was hatte er getan, um diese Veränderung zu bewirken?

    „Es ist ein gut erhaltenes Stück, bemerkte Emma und strich mit dem Daumen über den Uschebti in ihrer Hand. „Bringt sicher eine Menge Geld ein.

    Ein paar hundert Pfund. Genug, um ihn mehrere Monate über Wasser zu halten.

    „Und historisch bedeutsam. Es ist wirklich schade", überlegte sie.

    „Schade?"

    „Dass er gleich auf dem Grund des Nils liegen wird."

    Mit einer raschen Bewegung beugte sie sich über den Rand der Feluke und hielt den Uschebti über das Wasser.

    Er stürzte auf sie zu und packte ihr Handgelenk. Immer noch hielt sie die Statuette, aber sie brauchte nur den Griff ihrer Finger zu lösen, um sie auf Nimmerwiedersehen im Nil zu versenken.

    „Ich mag es nicht, wenn man mich belügt", sagte sie.

    Sebastian hätte fast gelacht. Sie tat das, weil er sie angelogen hatte?

    „Wie sind Sie in den Besitz eines solchen Stücks gekommen?"

    Er bewegte sich ein wenig, fühlte dabei ihren Körper auf köstliche Weise an seinem. Wenn er nicht vorsichtig war, würde gleich ihr betagter Leibwächter ihm wegen solch schlechten Benehmens einen Dolch an die Kehle halten.

    „Ich hatte eine Schriftrolle, sagte er. „Darin wurde eine Kammer unter dem Tempel des Horus beschrieben.

    Interesse flackerte in ihrem Blick auf, und er entspannte sich. Diese Frau liebte Ägypten. Sie würde kein historisch bedeutsames Stück in den Nil werfen.

    „Eine Woche lang habe ich danach gesucht, und heute hatte ich Glück."

    „Und was ist mit den Männern, die hinter Ihnen her waren?"

    Er zuckte mit den Schultern. „Sie hatten mein Interesse an dem Tempel beobachtet und wollten den Uschebti für sich selbst. Auf dem Markt für echte, alte ägyptische Artefakte ist grundsätzlich die Nachfrage größer als das Angebot. Zweifellos arbeiten diese Männer für einen der Antiquitätenhändler in Kairo, die so etwas unter der Hand verkaufen."

    „War noch mehr in der Kammer?"

    Er hörte die Aufregung in ihrer Stimme und war begeistert. Er ließ ihr Handgelenk los und lehnte sich entspannt zurück.

    „Der Eingang lag unter einer großen Steinplatte verborgen. Nachdem ich es endlich geschafft hatte, den Stein zu verrücken, entdeckte ich dahinter eine schmale Treppe."

    Er sah, dass Emma unwillkürlich die Hand ins Boot zurückzog und die Statuette an sich drückte. In ihren Augen brannte offensichtlich die gleiche Leidenschaft, die er fühlte, wenn er über Archäologie sprach.

    „Ich nahm eine brennende Fackel mit hinunter, um die Kammer zu beleuchten. Im flackernden Licht sah ich die herrlichsten Malereien an den Wänden."

    „Waren sie farbig?"

    Er nickte.

    Sehnsüchtig schaute sie zurück zum Tempel des Horus.

    „Alle Bilder, die ich bisher in Ägypten gesehen habe, waren den Elementen ausgesetzt, sagte sie erklärend. „Die Farben sind verblasst. Für mein Leben gern würde ich etwas so gut Erhaltenes sehen.

    Beinahe hätte er ihr versprochen, sie zu der Kammer unter dem Tempel zu bringen, aber zum Glück hielt er sich

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