Die Kinder vom Märchenschloss: Sophienlust - Die nächste Generation 76 – Familienroman
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Und? Hast du inzwischen einen Ferienjob gefunden?« Emma Hartwig pickte die Waffel von ihrem Eisbecher, tauchte sie in die Sahne und schob sie sich genüsslich in den Mund. Dabei schaute sie ihre Freundin und Studienkollegin Lisa erwartungsvoll an. »Ja, habe ich. Ich werde als Aushilfskellnerin arbeiten. Hier in München im Café Hofgarten.« Lisa verzog das Gesicht, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen. »Besser als nichts ist es allemal«, seufzte sie. »Obwohl ich, ehrlich gesagt, eher an Führungen für Touristen durch die Pinakothek oder durchs Lenbach-Museum gedacht hatte. Aber da war leider nichts zu machen. Alles schon vergeben.« »Nimm's nicht so tragisch«, meinte Emma. »Vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass du in den Semesterferien ein Kontrastprogramm zu deinem Kunststudium hast und zur Abwechslung einmal etwas anderes siehst als Gemälde und Skulpturen. Neue Eindrücke regen zu neuer Kreativität an. Abgesehen davon, dass Kellnern bestimmt sehr lukrativ ist, weil du zusätzlich zu deinem normalen Verdienst noch satte Trinkgelder einsacken kannst.« »Wer's glaubt?« Lisa verdrehte die Augen.
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Buchvorschau
Die Kinder vom Märchenschloss - Carolin Weißbacher
Sophienlust - Die nächste Generation
– 76 –
Die Kinder vom Märchenschloss
Ein Abenteuer endet mit Hochzeitsglocken …
Carolin Weißbacher
»Und? Hast du inzwischen einen Ferienjob gefunden?« Emma Hartwig pickte die Waffel von ihrem Eisbecher, tauchte sie in die Sahne und schob sie sich genüsslich in den Mund. Dabei schaute sie ihre Freundin und Studienkollegin Lisa erwartungsvoll an.
»Ja, habe ich. Ich werde als Aushilfskellnerin arbeiten. Hier in München im Café Hofgarten.« Lisa verzog das Gesicht, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen. »Besser als nichts ist es allemal«, seufzte sie. »Obwohl ich, ehrlich gesagt, eher an Führungen für Touristen durch die Pinakothek oder durchs Lenbach-Museum gedacht hatte. Aber da war leider nichts zu machen. Alles schon vergeben.«
»Nimm’s nicht so tragisch«, meinte Emma. »Vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass du in den Semesterferien ein Kontrastprogramm zu deinem Kunststudium hast und zur Abwechslung einmal etwas anderes siehst als Gemälde und Skulpturen. Neue Eindrücke regen zu neuer Kreativität an. Abgesehen davon, dass Kellnern bestimmt sehr lukrativ ist, weil du zusätzlich zu deinem normalen Verdienst noch satte Trinkgelder einsacken kannst.«
»Wer’s glaubt?« Lisa verdrehte die Augen. »Oder denkst du wirklich, dass die Latte macchiato-Ladies, die sich im Café Hofgarten nachmittags ihre Langeweile vertreiben, besonders spendabel sind? Also, ich bin mir da längst nicht so sicher. Dein Ferienjob wäre mir jedenfalls entschieden lieber. Von Professor Haberland ins Allgäu mitgenommen zu werden zur Restaurierung der Gemäldegalerie auf Schloss Wolfsburg-Zell, war, glaube ich, der Traum aller Teilnehmer unseres Seminars. Natürlich gönne ich dir, dass du es warst, die das Rennen gemacht hat, aber ein kleines bisschen Neid kann ich mir trotzdem nicht verkneifen.«
»Kann ich verstehen«, gab Emma zurück. »Ich freue mich in der Tat riesig auf die Zeit im Schloss und auf meine erste praktische Erfahrung mit der Restaurierung alter Gemälde. Allerdings ist die Bezahlung nicht berauschend. Um nicht zu sagen ausgesprochen mies.«
Lisa zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Und ich dachte, dieser Fürst von Wolfsburg-Zell hätte Geld wie Sand am Meer.«
»Das hat er wahrscheinlich auch. Aber für mich und meine Arbeit wird davon leider nicht viel abfallen«, bedauerte Emma. »Ich bin schon froh, wenn das Geld, das ich verdiene, reicht, um den Sommer über meine Mietkosten zu decken. Von den notwendigen Rücklagen fürs Wintersemester ganz zu schweigen.«
»Puuh!« Lisa stieß mit aufgeblasenen Backen die Luft aus. »Das hätte ich nie und nimmer gedacht. Vielleicht solltest du unter diesen Umständen nach einem zweiten Ferienjob Ausschau halten.«
Emma nahm ein paar große Löffel Eis und wischte sich dann mit der Papierserviette über den Mund. »Das habe ich drei Wochen lang vergeblich versucht. Nichts, null, niente. Aber vor ein paar Tagen ist mir der Zufall zu Hilfe gekommen.«
»Echt jetzt? Und was hast du gefunden? Wo arbeitest du, ehe du auf der Wolfsburg loslegst?«
»Ich jobbe in einem Kinderheim«, grinste Emma.
Lisa ließ vor Überraschung den Eislöffel fallen, sodass er klirrend auf dem Tisch aufschlug. »In einem Kinderheim? Du?«
»Natürlich ich. Wer denn sonst.«
»Das …, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.« Ungläubig schüttelte Lisa den Kopf. »Mit Kindern hattest du doch noch nie besonders viel am Hut. Sollst du die Kleinen bespaßen? Oder gibst du ihnen am Ende Zeichenunterricht?«
»Mit den Kindern habe ich nichts zu tun. Ich werde in der Küche eingesetzt«, antwortete Emma.
»In der Küche? Ohne Witz?« Lisa lachte hellauf, verschluckte sich, musste husten und lachte weiter. »Das ist ja noch schlimmer. Du am Kochherd – ich fasse es nicht«, prustete sie.
»Hahaha«, äffte Emma die Freundin nach. »Lach dich nicht am Ende noch tot. Ich will nicht auf deine Beerdigung müssen. Außerdem verstehe ich nicht, was du an der Sache so lustig findest. Kannst du mir das bitte mal erklären?«
»Du …, du … und kochen«, japste Lisa. »Du kochst morgens die Frühstückseier eine halbe Stunde lang oder noch länger, damit sie endlich weich werden. Und mittags lässt du die Tiefkühlpizza anbrennen.«
»Jetzt übertreibst du aber gewaltig«, verteidigte sich Emma.
Lisa konnte sich nur langsam wieder beruhigen. »Na ja, ein ganz kleines bisschen vielleicht«, räumte sie, immer noch kichernd, ein. »Aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen. Wie bist du eigentlich an diesen für dich gänzlich unpassenden Job gekommen? Und was für ein Kinderheim ist das überhaupt, das jemanden wie dich als Köchin einstellt?«
»Erstens: Das Kinderheim heißt ›Sophienlust‹ und befindet sich in Wildmoos. Das ist ein kleiner Ort im Württembergischen. Zweitens: Ich bin nicht als Köchin engagiert, sondern als Küchenhilfe. Und drittens: Den Job hat mir meine Tante Dora verschafft.«
»Aha. Das erklärt natürlich einiges. Trotzdem kann ich immer noch nicht verstehen, wie ein halbwegs vernünftiger Mensch ausgerechnet dich …« Lisa schüttelte sich, stützte dann ihren Kopf in ihre Hände und schaute Emma unverwandt an. »Deine Tante Dora – ist das nicht diese typisch schwäbische Hausfrau mit der weißen, spitzengesäumten Schürze, der moppeligen Figur und den Dauerwellen-Löckchen, von der du mir einmal ein Foto gezeigt hast? Die Frau, die jeden Tag das ganze Haus vom Keller bis zum Speicher putzt und wienert, Fenster inklusive? Die Frau, die fünf rotznasige Kinder hat und jeden Samstag vor ihrem Reihenhaus in Märzbach oder wie der Ort heißt stundenlang die Straße fegt?«
»Maibach«, verbesserte Emma. »Der Ort heißt Maibach. Und ich bin Tante Dora sehr dankbar, dass sie mir, als ich ihr von meiner Suche nach einem Job für die erste Hälfte der Semesterferien erzählt habe, so spontan zu Hilfe gekommen ist und die günstige Gelegenheit beim Schopf gefasst hat. Tante Dora hat nämlich eine gute Freundin, Magda, und Magda ist Köchin in diesem Kinderheim namens Sophienlust. Leider hat Magda sich vor Kurzem beim Hantieren mit der Küchenmaschine die Sehne des kleinen Fingers ihrer rechten Hand durchgeschnitten. Die Sehne musste im Maibacher Krankenhaus wieder zusammengenäht werden, und jetzt trägt Magda einen dicken Verband um ihre rechte Hand, der sie bei der Arbeit natürlich kräftig ausbremst.«
»Aha. Und just an diesem Punkt kommst du ins Spiel.«
»So ist es. Als Magdas Gehilfin. Magda wird mir sagen, was zu tun ist. Und ich führe es an ihrer Stelle aus. Als ihre rechte Hand sozusagen.«
»Super. Du schnippelst also Karotten, Bohnen, Zucchinis, Kartoffeln, Tomaten … Weißt du eigentlich, dass man dafür auch ein bisschen Übung braucht? Die Kinder werden deiner Langsamkeit wegen ihr Mittagessen frühestens zum Nachmittagskaffee bekommen, wenn nicht gar erst anstelle des Abendbrots.«
»Ich schnipple gar nichts. Das erledigt die Küchenmaschine für mich. Die Küchenmaschine, mit der Magda sich verletzt hat. Schon vergessen?«
»Ach so, klar. Das ändert natürlich alles. Abgesehen davon, dass man das Gemüse auch putzen muss, was die Küchenmaschine definitiv nicht übernimmt.«
Emmas Miene verfinsterte sich. »Willst du mir Bange machen? Ich werde übrigens hervorragend bezahlt.«
»Klar. Deine zu erwartenden grandiosen Leistungen müssen selbstverständlich entsprechend honoriert werden.«
»Genau.« Emma drehte ihrer Freundin keck eine lange Nase, stieß dann aber einen tiefen Seufzer aus. »Denkst du, ich weiß nicht selbst, dass ich in Haushaltsdingen, und vor allem im Kochen, eine komplette Niete bin? Gestern Nacht konnte ich eine Ewigkeit nicht einschlafen, weil ich andauernd über diesen unseligen Job nachgedacht habe. Ich hoffe nur, dass Tante Dora dieser Magda die Wahrheit über mich gesagt hat. Und mich nicht, nur um mir zu helfen, zu einer Hobby-Sterneköchin hochstilisiert hat. Zwar hat Tante Dora mir versichert, sie hätte aus meiner Unerfahrenheit keinen Hehl gemacht, aber so recht glauben kann ich ihr nicht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man mich als totales Greenhorn eingestellt hätte. Schließlich ist dieses Sophienlust ja nicht irgendein Kinderheim.«
»Sondern?«
»Sophienlust ist das ›Haus der glücklichen Kinder‹.«
»Das was?«
»Das Haus der glücklichen Kinder.«
»So ein Quatsch. Als ob Kinder, die keine Familie haben und in einem Kinderheim leben müssen, glücklich wären.« Lisa tippte sich mit dem Finger gegen die Stirn.
»Tante Dora behauptet, dass die Kinder sich in Sophienlust sehr wohlfühlen. Johannes, einer ihrer fünf Rangen, nimmt in Sophienlust Reitstunden und ist hellauf begeistert. Nicht nur von den Reitstunden, sondern einfach von allem. Am liebsten würde er in Sophienlust einziehen, sagt Tante Dora. Sophienlust scheint, wenn man