Geraubte Küsse unterm Mistelzweig
Von Gail Ranstrom
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Über dieses E-Book
Schöne Bescherung! Charity ist überzeugt, dass während der Festtage ihre Verlobung mit Julius Lindgate bekannt gegeben wird. Doch als der verwegene Schotte Sir Andrew das Herrenhaus betritt, erfährt sie, was Liebe auf den ersten Blick bedeutet …
Gail Ranstrom
Geboren und aufgewachsen ist Gail Ranstrom im Nordwesten der USA, in den Weiten von Montana. Schon damals hörte sie gerne Geschichten über vergangene Epochen und weit entfernte Länder, und dabei durfte natürlich auch Abenteuer, Spannung und Romantik nicht zu kurz kommen! Bevor sie jedoch selbst mit dem Schreiben anfing, machte sie alle möglichen und unmöglichen Jobs, einmal nähte sie sogar die Kellneruniformen für einen deutschen Biergarten. Erst als ihr jüngstes Kind zur Schule ging und sie etwas Zeit für sich fand, erfüllte sie sich ihren Traum, spannende Liebesromane zu schreiben, die zur Zeit des englischen Regency spielen. Zum Glück wohnt einer ihrer Brüder in London, sodass sie immer wieder zu Recherchezwecken nach England fahren kann. Und die langen Winter in Montana sind geradezu geschaffen, um ihre preisgekrönten Romane zu verfassen. Gail Ranstrom hört immer gerne von ihren Lesern und Leserinnen, sie freut sich über jede E-Mail an gail@gailranstrom.com.
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Buchvorschau
Geraubte Küsse unterm Mistelzweig - Gail Ranstrom
IMPRESSUM
Geraubte Küsse unterm Mistelzweig erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2004 by Gail Ranstrom
Originaltitel: „A Christmas Secret"
erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON
Band 32 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Renate Körting
Umschlagsmotive: GettyImages_darkbird77
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751504959
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Oxfordshire, England
Dezember 1819
Andrew „Drew" MacGregor klopfte in der Diele von Wyecliffe Manor den Schnee von seinen Stiefeln und übergab dem Butler seinen Mantel. Schon früher am Tag war er in Great Tew in Oxfordshire angekommen, und es war ihm gelungen, das letzte freie Zimmer im Gasthof zu ergattern. Danach hatte er sich zu seinem Gastgeber begeben, um dort vor den bevorstehenden Festtagen seine Aufwartung zu machen. Das Haus war voller Gäste, die zu zweit oder zu dritt in den Gästezimmern untergebracht waren. Er wollte sein Zimmer jedoch mit niemandem teilen. Darum hatte er dem Gastwirt lieber den doppelten Preis bezahlt, damit ihm das im Gasthof nicht passieren konnte.
Die große Eingangshalle von Wyecliffe Manor war mit immergrünen Zweigen geschmückt, und der Duft nach Kiefern lag in der Luft. Mistel- und Stechpalmenzweige waren mit Zedern zu Girlanden verflochten und hingen an den Geländern, ein Feuer knisterte fröhlich im Kamin am anderen Ende der Halle. Man hörte Gelächter aus allen Räumen, was zu der glücklichen, erwartungsvollen Atmosphäre beitrug. Fünf Tage noch, dann würde die langerwartete weihnachtliche Hochzeit von Olivia Fletcher und Edward Mackay stattfinden.
Drew war eingeladen worden, auf Wyecliffe Manor zu wohnen, aber er hatte abgelehnt. Obwohl er sehr gern an dieser besonderen Feier teilnahm, brauchte er einen ruhigen Rückzugsort. Engländer waren so schrecklich gesellig und neugierig und mischten sich ständig in die Angelegenheiten anderer ein. Er hielt sich am liebsten in der Abgeschiedenheit seiner Jagdhütte in den schottischen Highlands auf, darum würde er sich gleich dorthin in die wundervolle Einsamkeit zurückziehen, sobald die Hochzeit ein Fait Accompli war.
Er strich den Aufschlag seines dunklen Rocks glatt und ging weiter in die Eingangshalle hinein. Da er keine Anweisungen erhalten hatte und sein Gastgeber noch nicht zur Begrüßung erschienen war, wusste er nicht recht, wohin er sich wenden sollte. Nach rechts zu dem Raum, aus dem ausgelassenes Stimmengewirr zu hören war, oder nach links zu dem Zimmer, aus dem Klavier- und Geigenmusik ertönte? Wenn es eine Bibliothek gab, in der man eine Flasche guten Malt Whiskey finden konnte, würde er Edward Mackay sicherlich dort antreffen. Aber zuerst wollte er sich mit der neuen Umgebung vertraut machen.
Er lenkte seine Schritte nach links zu dem Musikraum, wo die Gesellschaft vielleicht nicht ganz so formell war. Gleich nach dem Eintreten stellte er sich an die Seite und hoffte, dort an der Wand nicht weiter aufzufallen. Er schaute sich um und bemerkte, dass die Anwesenden offenbar sehr locker miteinander umgingen. Ein Geiger stand an der Ecke ihm gegenüber und stimmte gerade sein Instrument, eine auffallend schöne, blonde Frau saß auf der Klavierbank. Sie hatte graziös die Hände auf die Tasten gelegt, während ein aufmerksamer junger Mann die Seiten eines Notenbuches für sie umblätterte. Sie schienen sich gut zu kennen und vertraut miteinander zu sein. Drew musste einen Anflug von Neid unterdrücken.
Der Mann schaute zur Tür, doch er schien Drew gar nicht wahrzunehmen und wandte sich sofort wieder dem Mädchen zu. Sie errötete liebreizend, woraus Drew schloss, dass ihr Begleiter ihr wohl ein Kompliment gemacht hatte. Warum auch nicht – die Frau sah atemberaubend gut aus. Ihr goldblondes Haar war an den Seiten nach oben frisiert und dort mit einer blauen Samtschleife zusammengefasst, die gut zu ihrem Kleid passte, und von da aus wallte die Lockenpracht bis auf den Rücken hinunter. Ihr schlanker Hals war elegant geschwungen, aber ihre Kehle wirkte besonders verführerisch auf ihn. Eine Kehle, die geküsst werden sollte. Von ihm.
Herrje! Wie lange war es her, dass er sich so vom Aussehen einer Frau hatte beeindrucken lassen? Von ihrem züchtigen Erröten? Jahre? Jahrzehnte? Jemals? Er konnte seinen Blick nicht abwenden, nicht einmal, als der Mann eine ihrer Hände von den Tasten hob, um einen galanten Kuss auf den zarten Handrücken zu hauchen.
Aha, er sah also einer Brautwerbung zu. Ein seltsam und ungewohnt besitzergreifendes Gefühl brannte plötzlich in ihm. Welch ein Jammer.
Die Frau warf einen Blick auf die goldbronzene Uhr auf dem Sims neben dem Klavier und schien ein wenig zu erschrecken. Sie zog etwas zögerlich ihre Hand zurück und erhob sich. Mit weicher, musikalisch klingender Stimme sagte sie: „Ich muss schnell in Olivias Salon gehen zur Anprobe meines Brautjungfernkleides. Sehe ich Sie später noch, Mr Lingate?"
„Verlassen Sie sich darauf, Miss Wardlow", erwiderte der junge Mann.
Die entzückende Miss Wardlow ging rasch zur Tür. Sie begegnete kurz Drews Blick, und lächelte ihn mit ihren verführerischen Lippen bezaubernd an. Als sie an ihm vorbeieilte, wehte ein dezenter, blumiger Duft hinter ihr her, und Drew fühlte sich, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen – für einen Moment stockte ihm der Atem.
Charity Wardlow brachte die Anprobe so schnell wie möglich hinter sich, lief dann auf der Hintertreppe hinunter und durch den Korridor, der zur Vorderseite des Gebäudes führte. Sie wollte unbedingt wieder schnell an den Festlichkeiten teilnehmen, denn sie hatte gehört, dass heute Abend auf der Wiese am Teich Schlittschuh gelaufen werden sollte. Zwar war sie keine besonders gute Läuferin, aber es würde sich sicher eine Gelegenheit ergeben, ein paar Minuten mit Mr Lingate allein zu verbringen. Vielleicht konnte er sie auffangen, wenn sie sich absichtlich fallen ließ?
Am besten aber war, dass sie wusste, er würde ihr einen Antrag machen, noch bevor sich alle nach Olivias Trauung auf den Rückweg nach London machten. Sie hatte die sicheren Anzeichen erkannt – feuchte Handflächen, wenn er ihre Hand hielt oder sie zum Tanzen aufforderte, er war spürbar aufgeregt, wenn er sich mit ihr unterhielt – und er konnte ihr nicht direkt in die Augen sehen.
Ja, er würde ihr sehr bald seinen Heiratsantrag machen. Und wenn es so weit war, hatte sie ihre Antwort parat. Ja! Seit drei Jahren wartete sie darauf, dieses Wort endlich aussprechen zu können. Ihr Vater wäre so stolz gewesen, und ihre Mutter würde einfach auf ihre unbestimmte Art lächeln, weil sie nicht begriff, worum es ging.
Als sie an der Bibliothek vorbeikam, rutschte ihr das blauseidene Tuch von den Schultern. Sie drehte sich um und bückte sich, um es aufzuheben. In diesem Augenblick hörte sie eine Stimme aus der Bibliothek. Lord Edward Mackay, Olivias Verlobter, sprach mit sehr aufgebrachter Stimme. Gerade wollte sie aufstehen und weitergehen, als ein einziges Wort sie zurückhielt.
„… Baby! Was für eine Frechheit", sagte Edward.
„Fraglos, stimmte Edwards Bruder Lawrence ihm zu. „Doch das Problem bleibt bestehen. Du wirst es Olivia sagen müssen.
„Niemals!", schwor Edward.
„Aber die Mutter des Kindes ist hier in Great Tew wegen der Hochzeit und …"
„Nichts darf diese Hochzeit stören oder …"
„… und stellt eine Bedrohung dar für …"
„… oder sie verzögern, endete Edward. „Ich warte schon zu lange darauf. Ich dulde nicht, dass etwas dazwischenkommt.
„Dazwischenkommt? Hast du mich eigentlich verstanden, Edward? Sie ist hier und droht mit einem Skandal. Sie hat mir das hier als Beweis gegeben, um ihren Anspruch zu untermauern. Ich würde sagen, es ist mehr als nur ein ‚Dazwischenkommen‘."
Charity hielt sich die Hand vor den Mund, um keinen Laut von sich zu geben. Ein Baby! Edward Mackay hatte ein illegitimes Kind! Und Olivia wusste nichts davon. Der Mann war ein Schuft. Sie spähte durch den Türspalt und sah, wie Edward ein Spitzentaschentuch von seinem Bruder entgegennahm. Er blickte angewidert darauf, öffnete dann die oberste Schreibtischschublade und warf es achtlos hinein. Dann wandte er sich wieder seinem Bruder zu.
„Biete ihr Geld an, sagte Edward. „Gib ihr, was sie haben will.
„Du weißt, dass es nie ein Ende haben wird, wenn wir uns auf eine Erpressung einlassen, meinte Lawrence. „Sage es Olivia. Sie wird es verstehen, Edward. Sicher kannst du auf ihr Verständnis bauen.
„Das kann ich nicht riskieren."
„Es ist der einzige Weg. Auch wenn es illegitim ist, ist das Kind im Moment der einzige Erbe der Mackays. Olivia wird es sowieso herausfinden."
„Aber erst später. Nach der Hochzeit", beharrte Edward.
„Würde sie es sich noch einmal anders überlegen, wenn sie es wüsste?"
„Sie ist ziemlich erschöpft wegen der Planungen und Vorbereitungen, und jetzt noch der Trubel und die vielen Gäste. Wer weiß, wie sie reagieren würde."
„Wenn so etwas ihre Meinung ändert,