Neues Glück für Hanna: Der Bergpfarrer 312 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Grüß Gott, Frau Burgthaler«, sagte der Postbote und überreichte der jungen Frau einen Stapel Briefe. »Vielen Dank, Herr Obermüller«, nickte sie und nahm die Post entgegen. Hoffentlich nicht nur wieder Rechnungen! Hanna Burgthaler schloss die Tür und ging in die Küche zurück. In der Kaffeekanne war noch ein kleiner Rest. Hanna schenkte ihn ein und setzte sich. Dabei schaute sie automatisch auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Schon fast zwölf, nicht mehr lange, dann kam schon wieder Frieda aus der Schule. Na ja, immerhin war sie mit dem Putzen der Wohnung fast fertig geworden. So konnte man seinen freien Tag natürlich auch verbringen – putzen, Essen kochen und die Post sichten. Von den zehn Briefen waren sieben Reklamesendungen von Versandfirmen und Möbelhäusern, ein Autohaus offerierte schon auf dem Umschlage, eine Probefahrt ›in Ihrem Traumauto! ‹. Hanna öffnete sie gar nicht erst, sondern legte sie gleich beiseite, um die Umschläge später im Altpapier zu entsorgen. Von den drei Briefen, die übrig geblieben waren, stammte einer von den Stadtwerken, die den ausstehenden monatlichen Abschlag anmahnten, ein Brief enthielt die Telefonrechnung, die auch schon wieder fällig war, der letzte Umschlag war mit blauer Tinte beschrieben, in einer Handschrift, die Hanna kaum lesen konnte. Nur mit Mühe gelang es ihr, den Absender zu entziffern. Als sie es geschafft hatte, glaubte sie, ihr Herzschlag setze aus. Walburga und Richard Burgthaler, St. Der Brief war von ihren Schwiegereltern!
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Buchvorschau
Neues Glück für Hanna - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 312 –
Neues Glück für Hanna
Erst die Versöhung – und dann?
Toni Waidacher
»Grüß Gott, Frau Burgthaler«, sagte der Postbote und überreichte der jungen Frau einen Stapel Briefe.
»Vielen Dank, Herr Obermüller«, nickte sie und nahm die Post entgegen.
Hoffentlich nicht nur wieder Rechnungen!
Hanna Burgthaler schloss die Tür und ging in die Küche zurück. In der Kaffeekanne war noch ein kleiner Rest. Hanna schenkte ihn ein und setzte sich. Dabei schaute sie automatisch auf die Uhr an ihrem Handgelenk.
Schon fast zwölf, nicht mehr lange, dann kam schon wieder Frieda aus der Schule. Na ja, immerhin war sie mit dem Putzen der Wohnung fast fertig geworden.
So konnte man seinen freien Tag natürlich auch verbringen – putzen, Essen kochen und die Post sichten.
Von den zehn Briefen waren sieben Reklamesendungen von Versandfirmen und Möbelhäusern, ein Autohaus offerierte schon auf dem Umschlage, eine Probefahrt ›in Ihrem Traumauto!‹. Hanna öffnete sie gar nicht erst, sondern legte sie gleich beiseite, um die Umschläge später im Altpapier zu entsorgen. Von den drei Briefen, die übrig geblieben waren, stammte einer von den Stadtwerken, die den ausstehenden monatlichen Abschlag anmahnten, ein Brief enthielt die Telefonrechnung, die auch schon wieder fällig war, der letzte Umschlag war mit blauer Tinte beschrieben, in einer Handschrift, die Hanna kaum lesen konnte. Nur mit Mühe gelang es ihr, den Absender zu entziffern. Als sie es geschafft hatte, glaubte sie, ihr Herzschlag setze aus.
Walburga und Richard Burgthaler, St. Johann …
Der Brief war von ihren Schwiegereltern!
Hanna trank von dem längst kalt gewordenen Kaffee. Ihr Mund war vor Aufregung ganz trocken geworden, die Zunge fühlte sich an wie ein Reibeisen.
Zögernd betrachtete sie den Umschlag, drehte ihn immer wieder in den Händen, legte ihn beiseite, nahm ihn doch wieder.
Und dann füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Endlich, nach all den Jahren! Wie sehr hatte Rolf auf einen Brief seiner Eltern gehofft!
Gleichzeitig spürte sie Misstrauen aufsteigen.
Was wollten sie von ihr? Jahrelang hatten sie sich nicht um ihre Schwiegertochter und das Enkelkind gekümmert, waren nicht einmal zur Beerdigung des Sohnes gekommen. Und jetzt ein Lebenszeichen, nach neun Jahren!
Neun Jahre war es her, dass Rolf mit seinen Eltern gebrochen hatte. Im Nachhinein glaubte Hanna, ihre Liebe hatte von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden. Dabei hatte es doch so wunderschön und romantisch begonnen, damals, als sie Urlaub im Wachnertal machte – drei Wochen unbeschwertes Leben, wie das in dem Alter eben war. Keinen Tanzabend hatte sie ausgelassen, gleich am ersten Samstag hatte sie die Bekanntschaft des feschen Bauernsohnes gemacht und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Rolf Burgthaler machte ihr schon beim zweiten Treffen einen Heiratsantrag, und sie nahm an.
Freilich hatte sie es für einen Scherz gehalten. Ein Urlaubsflirt, mehr nicht, war es zwischen ihnen beiden, glaubte sie.
Dass er es ernst meinte, merkte sie am dritten Tanzabend, als Rolf ihr einen Verlobungsring ansteckte und sie seinen Eltern vorstellen wollte.
Der Besuch auf dem Burgthalerhof wurde zu einem Desaster!
Eisig war der Empfang durch Burgl und Richard Burgthaler. In ihren Augen war Hanna nichts weiter, als eine ›Dahergelaufene‹, die es nicht wert war, den Sohn zu heiraten und als Bäuerin auf den Hof zu ziehen.
Rolf indes stand zu seiner Liebe. Der bitterböse Streit, den seine Eltern vom Zaun brachen, konnte daran nichts ändern. Noch bevor ihr Urlaub ganz zu Ende war, kehrte Hanna nach München zurück, und Rolf ging mit ihr.
Es war kein leichter Start, den sie hatten. Die Fähigkeiten eines Bauern waren nicht unbedingt gefragt in der bayrischen Landeshauptstadt, und selbst im Umland suchte er vergeblich nach einer Arbeit auf einem Bauernhof. Doch trotz allem ließ er sich nicht unterkriegen.
»Wenn net beim Bauern, dann eben in der Fabrik«, sagte Rolf Burgthaler und fand schneller eine Stelle, als er gefürchtet hatte.
Dann bestand er darauf, so rasch wie möglich zu heiraten. Hanna arbeitete als Hauswirtschafterin in einem großen Altenheim, und ihr beider Verdienst reichte für ein sorgenfreies Leben. Ihr Glück wurde gekrönt, als sich ein Jahr nach der Hochzeit Nachwuchs ankündigte, und für das junge Paar wurde es die schönste Zeit seines Lebens.
Seine Eltern erwähnte Rolf nie wieder. Hanna wusste nicht, wie sehr es ihn geschmerzt hatte, dass sie nicht zur Trauung gekommen waren – heimlich und ohne Rolfs Wissen hatte sie Burgl und Richard eingeladen –, und dass sie ihre Enkeltochter wohl nie kennenlernen würden.
Einmal, gleich nach Friedas Geburt, hatte Hanna ihnen noch einmal geschrieben, wieder heimlich, und ihnen mitgeteilt, dass sie Großeltern geworden waren. Als die alten Burgthaler auch darauf nicht reagierten, gab Hanna es schließlich auf. Sie hatte sich alle Mühe gegeben, den Kontakt wieder herzustellen, doch offenbar legten ihre Schwiegereltern keinen Wert darauf.
Nur einmal noch musste Hanna an sie schreiben, damals, vor knapp sechs Jahren, als Rolf gestorben war, und sie von einem Tag auf den anderen zur Witwe geworden war …
Von unsagbarem Schmerz erfüllt stand sie am Grab ihres Mannes, die zweijährige Tochter an der Hand. Alle waren gekommen, die Nachbarn, Freunde und die Arbeitskollegen. Sogar der Besitzer der Fabrik, in der sich der schreckliche Unfall ereignet hatte, erwies ihm die letzte Ehre.
Nur Rolfs Eltern fehlten! Kein Anruf, kein Brief, schon gar keine persönliche Anwesenheit, um den einzigen Sohn auf seinem letzten Weg zu begleiten! Nichts!
Das war der Moment, in dem Hanna sich schwor, nie wieder in ihrem Leben etwas mit Burgl und Richard Burgthaler zu tun haben zu wollen. Was auch immer geschehen würde!
Das stürmische Klingeln an der Wohnungstür riss die junge Witwe aus ihren Erinnerungen.
Mein Gott, war das schon Frieda?
Sie sah auf die Uhr und sprang hoch. Zehn Minuten vor eins, und sie hatte das Essen noch nicht fertig!
Frieda strahlte sie an.
Hanna sah sie fragend an. »Was ist los?«
»Wir haben unsere Mathearbeit wiederbekommen.«
»Und?«
Stolz wie Oskar warf sich das Madel in die Brust. »Rate.«
»Eine Sechs …?«, fragte die Mama schmunzelnd.
»Genau«, nickte Frieda fröhlich. »Aber davon musst noch fünf abziehen.«
*
Eine Viertelstunde später saßen sie am Tisch und aßen. Die vorgesehenen Fleischpflanzerl waren kurzerhand auf den nächsten Tag verschoben worden, Hanna hätte erst noch einkaufen müssen. Stattdessen gab es Spaghetti. Ein Vorrat lag immer im Küchenschrank, genauso wie Parmesankäse und Dosentomaten, und wie fast alle Kinder aß Frieda Nudeln für ihr Leben gern.
»Gibts Nachtisch?« Das Madel reckte den Hals in Richtung Kühlschrank.
Hanna schüttelte bedauernd den Kopf.
»Ich weiß auch net, was los ist«, sagte sie entschuldigend, »aber heut steckt irgendwie der Wurm drin. Ich bin zu nix gekommen.«
»Dann ess ich halt einen Apfel«, erklärte die Tochter.
»Gute Idee, und hinterher machst gleich die Hausaufgaben, dann ist das auch erledigt.«
Frieda stand auf und ging zum Küchenschrank, auf dem die Schale mit Obst stand.
Sie schaut Rolf immer ähnlicher, dachte Hanna und spürte den schmerzhaften Stich in ihrem Herzen, den sie immer bekam, wenn sie an ihren verstorbenen Mann dachte. Vor zwei Monaten war das Kind acht Jahre geworden. Frieda ging in die dritte Klasse, noch ein Jahr in der Grundschule, dann stand auch schon das Gymnasium an. Keine Frage, dass die Schulempfehlung dahingehend lauten würde. Frieda