Durch Gewitter und Sturm: Leni Behrendt Bestseller 30 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Es schien, als halte die Natur den Atem an. Eine unheimliche Stille brütete über der Landschaft. Unheimlich war auch die Beleuchtung, die alles ringsum in schwefelgelbes Licht tauchte. Schwefelgelbe Wolken jagten am Himmel. Darüber wälzten sich schwarzgraue. Am Horizont standen sie reglos wie eine tintenblaue Wand. Einen Maler hätte dieses einzigartige Farbenspiel wahrscheinlich entzückt, dem jungen Mädchen, das über den Wiesenpfad hetzte, jagte es jedoch Furcht ein. Was sollte werden, wenn es keinen schützenden Unterschlupf erreichte, bevor das Gewitter mit entfesselter Kraft losbrach? Daß es bis auf die Haut naß werden würde, war noch das wenigste, aber die Angst, auf freiem Feld schutzlos den tobenden Elementen ausgesetzt zu sein, hätte auch robustere Menschen gepackt als dieses junge zarte Geschöpf. Es lief voller Verzweiflung. Nun grollte auch schon der Donner auf, ein Blitz durchschnitt die düsteren Wolken, die jetzt den ganzen Himmel bedeckten. Und dann tobte der Sturm los, der ja zur Begleiterscheinung eines heraufziehenden Gewitters gehört. Da war es aus mit dem leichtfüßigen Lauf einer Gazelle, das junge Mädchen hatte Mühe, von der Stelle zu kommen. Keuchend kämpfte es gegen den Sturm an und mußte sich außerdem noch darüber ärgern, daß ihm eine Melodie im Kopf herumspukte. Ausgerechnet jetzt, wo ihm alles andere als nach Singsang zumute war. Doch dann weiteten sich ihre Augen. Denn plötzlich sah sie vor sich eine Männergestalt, die unvermutet auftauchte. Allein, der Mann erschien nicht, um sie an seine Heldenbrust zu nehmen, sondern lief vor ihr mit so langen Schritten, daß der Zwischenraum zwischen ihm und ihr immer größer wurde. Und sie folgte seinen Spuren, wenn auch nicht errötend, so doch mit keuchendem Atem. Alle Teufel schienen losgelassen zu sein, so tobte es um sie her.
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Leni Behrendt Bestseller
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Durch Gewitter und Sturm - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 30 –
Durch Gewitter und Sturm
Leni Behrendt
Es schien, als halte die Natur den Atem an. Eine unheimliche Stille brütete über der Landschaft. Unheimlich war auch die Beleuchtung, die alles ringsum in schwefelgelbes Licht tauchte. Schwefelgelbe Wolken jagten am Himmel. Darüber wälzten sich schwarzgraue. Am Horizont standen sie reglos wie eine tintenblaue Wand.
Einen Maler hätte dieses einzigartige Farbenspiel wahrscheinlich entzückt, dem jungen Mädchen, das über den Wiesenpfad hetzte, jagte es jedoch Furcht ein. Was sollte werden, wenn es keinen schützenden Unterschlupf erreichte, bevor das Gewitter mit entfesselter Kraft losbrach? Daß es bis auf die Haut naß werden würde, war noch das wenigste, aber die Angst, auf freiem Feld schutzlos den tobenden Elementen ausgesetzt zu sein, hätte auch robustere Menschen gepackt als dieses junge zarte Geschöpf. Es lief voller Verzweiflung. Seine Kräfte waren fast erschöpft…
Nun grollte auch schon der Donner auf, ein Blitz durchschnitt die düsteren Wolken, die jetzt den ganzen Himmel bedeckten. Und dann tobte der Sturm los, der ja zur Begleiterscheinung eines heraufziehenden Gewitters gehört. Da war es aus mit dem leichtfüßigen Lauf einer Gazelle, das junge Mädchen hatte Mühe, von der Stelle zu kommen. Keuchend kämpfte es gegen den Sturm an und mußte sich außerdem noch darüber ärgern, daß ihm eine Melodie im Kopf herumspukte. Ausgerechnet jetzt, wo ihm alles andere als nach Singsang zumute war. Doch hartnäckig tönte es im Hirn:
Durch Gewitter und Sturm,
durchs weite Meer,
mein Mädel, ich bin dir nah…
Wenn es nur so wäre und sie jetzt Schutz suchen könnte an einer starken Männerbrust – egal an welch einer – aber leider –
Doch dann weiteten sich ihre Augen. Denn plötzlich sah sie vor sich eine Männergestalt, die unvermutet auftauchte. Allein, der Mann erschien nicht, um sie an seine Heldenbrust zu nehmen, sondern lief vor ihr mit so langen Schritten, daß der Zwischenraum zwischen ihm und ihr immer größer wurde. Und sie folgte seinen Spuren, wenn auch nicht errötend, so doch mit keuchendem Atem.
Alle Teufel schienen losgelassen zu sein, so tobte es um sie her. Der Donner krachte, die Blitze zuckten, und nun fielen auch schon die ersten Tropfen.
Aber auch die Rettung war nah. Denn vielleicht hundert Meter von ihr befand sich ein Gehöft, auf das der Mann vor ihr losraste und im ersten Stallgebäude verschwand. Sie lief ihm nach – und das war höchste Zeit. Denn kaum, daß sie den Unterschlupf erreicht hatte, prasselte es auch schon in unwahrscheinlich großen Tropfen vom Himmel. Während sie ihr »Gott sei Dank« ausseufzte, stolperte sie in dem dunklen Raum über ein Etwas, fiel – und spürte es naß über ihre Beine rinnen. Doch schon umschlang sie ein starker Arm, hob sie hoch, stellte sie auf die Erde, und eine lachende Männerstimme sprach: »Hallo, nicht so stürmisch, mein Fräulein! Haben Sie sich weh getan?«
»Nein –«, konnte sie fröhlich mitlachen, da sie sich nun in Sicherheit befand. Wo, das konnte sie zwar in dem Dämmerlicht nicht sehen, aber da es um sie herum grunzte und quiekte, muß ihr Obdach wohl ein Schweinestall sein.
Schade, daß sie das Gesicht des Mannes, der neben ihr stand, nicht erkennen konnte. Aber groß war er, fast einen Kopf größer als sie, die sie mit ihren 1,68 gewiß nicht zu den kleinsten Mädchen zählte. Gern hätte sie gewußt, wer er war, aber im Schweinestall pflegt man sich ja nicht vorzustellen. Aber auf welchem Gehöft sie sich befand, das mußte sie unbedingt feststellen.
»Ragaltshöfen –«, erfolgte die Antwort auf ihre Frage, und da lehnte sie sich gegen ein Schweinekoben und lachte so hellklingend und übermütig, daß darob die Schweine erschrocken grunzten.
»Dann sind Sie wohl der Verwalter hier, mein Herr?« Sie wollte sich ausschütten vor Lachen, was den Mann äußerst befremdete.
»Gewiß. Ich weiß nur nicht, was daran so lächerlich sein könnte.«
»Nicht böse sein, Herr Baron.« Sie streckte ihm nun leidlich ernst die Hand hin. »Ich lache Sie ganz bestimmt nicht aus, sondern amüsiere mich köstlich darüber, daß unsere Bekanntschaft ausgerechnet im Schweinestall stattfinden mußte. Ich bin nämlich Birgit Holmsen, die Tochter des Gutsbesitzers.«
»Das war dann allerdings ein unwürdiger Empfang.« Er fiel nun amüsiert in ihr erneutes Lachen ein, nachdem er seiner maßlosen Überraschung rasch Herr geworden war. »Warum haben Sie sich denn nicht angemeldet, gnädiges Fräulein? Dann wären Sie gewiß mit allen Ihnen gebührenden Ehren empfangen worden.«
»Weiß ich, aber so ist es entschieden amüsanter. Mal was anderes, so durch Gewitter und Sturm im Schweinestall zu landen und außerdem mit dem Naß bedacht zu werden, vor dem ich draußen so ängstlich Reißaus nahm. Aller Segen soll ja zwar von oben kommen, aber daß es auch von unten sein kann, hat die Erfahrung schlagend bewiesen. Hoffentlich war Wasser in dem Eimer drin – kein Drank.«
»Und was wird der Herr Vater sagen, wenn er von dem sonderbaren Empfang des Töchterleins hört?«
»Er wird schmunzeln: ›Geschieht dir recht, Marjellchen.‹ Übrigens erscheint er morgen, ich bin nur sein Vorläufer, im wahrsten Sinne des Wortes. Doch wie ist es, können wir diese penetrant parfümierte Stätte nicht bald verlassen? Ich bin gewiß nicht zimperlich, aber jetzt habe ich ein unbezwingbares Verlangen nach frischer Luft.«
Er öffnete die Tür und schaute prüfend in das Gewitter hinaus, das sich langsam zu verziehen begann. Es regnete auch nicht mehr ganz so arg, genügte jedoch, um naß zu werden.
»Wollen wir es wagen?« fragte Birgit.
»Da Sie sowieso bis zu den Knien völlig durchnäßt sind, kommt es auf eine Dusche von oben auch nicht mehr an. Nur den Kopf müssen Sie schützen, gnädiges Fräulein. Es wäre schade um die Lockenpracht. Darf ich Ihnen dazu ein Taschentuch anbieten?«
Ohne Ziererei nahm sie das sauber gefaltete Tuch, band es um den Kopf und lachte ihn an: »So – zu neuen Taten gerüstet.«
Ehe sie nach dem Köfferchen greifen konnte, das sie abgestellt hatte, hielt er es bereits in der Hand. – »Steckt wenigstens Reservekleidung darin, gnädiges Fräulein, damit Sie sich umziehen können?«
»Das tut’s, und ich segne meinen Einfall, der mich vorsorgen ließ, obwohl es das schönste Maiwetter war, als ich mich zu Hause auf den Weg machte.«
»Mußte das auf so primitive Art geschehen?«
»Mußte nicht, aber ich geh nun mal gern auf Abenteuer aus. Und siehe da, ich kam auf meine Kosten.«
»Kann man wohl sagen. Kommen Sie rasch, damit wir ins Haus kommen, bevor der Regen wieder ärger wird. Denn den Wolken nach zu urteilen, zieht ein zweites Gewitter auf.«
Hastig ging es nun über den großen Hof, auf dem das Wasser in breiten Pfützen stand. Birgit schritt wacker aus, und so lag das Herrenhaus bald vor ihnen. Ein langgestreckter Bau mit einem wuchtigen Portal, Obergeschoß und breiten Mansarden.
In der weiten, hohen und vornehm anmutenden Diele verneigte sich der Mann vor dem Mädchen.
»Darf ich Sie in Ihrem Hause willkommen heißen, gnädiges Fräulein?«
»Danke, Herr Baron. Kann ich mich hier irgendwo umziehen?«
»Es ist Ihr Haus, gnädiges Fräulein.«
»Nicht meines – sondern das meines Vaters. Das wollen wir von vorneherein richtigstellen, nicht wahr, Herr Baron?«
»Danke. Gestatten Sie, daß ich vorgehe –«
Sie folgte ihm die teppichbelegte Treppe hinauf, betrat einen langen, bequemen Gang, der durch ein festes Glasdach genügend Licht bekam. Rechts und links befanden sich hohe, breite Flügeltüren, von denen der Mann eine öffnete.
»Bitte, gnädiges Fräulein, dieses Zimmer ist hier oben das schönste von allen. Gefällt es Ihnen nicht, können Sie ja später nach Geschmack wählen. Ich hoffe, Sie beim Abendessen wiederzusehen.«
Eine tadellose Verbeugung, dann ging er rasch davon, während Birgit das Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloß. Vor ihr lag ein weites, elegant ausgestattetes Gemach mit einem Stutzflügel in der Mitte. Während sie noch an der Tür stand, durch die sie gekommen war, hörte sie die Tür links sich leise schließen, und gleich darauf schob sich ein dunkles Lockenköpfchen durch den Spalt. Zwei große hellgraue Augen starrten sie an.
»Was haben Sie denn hier zu suchen?« kam es angstvoll.
»Keine Bange!« lachte Birgit. »Treten Sie ruhig näher.«
Zögernd schob sich nun eine zierliche Gestalt durch die Tür – und dann standen sich zwei junge Menschenkinder gegenüber, welche die Natur gar reizvoll ausgestattet hatte. Eines mit einem entzückenden schwarzbraunen Wuschelköpfchen, lichtgrauen Augen, sehr feinem, süßem Gesichtchen und mittelgroßer, feingliedriger Gestalt. Das andere mit lichtgoldenen Locken, Augen strahlend blau und kristallklar wie ein kühler Bergsee, einem schönen, ein wenig herben Antlitz und einem gertenschlanken, grazilen Körper. Beide Mädchen zu verschieden, doch beide von natürlicher, taufrischer Schönheit.
Und zu gleicher Zeit fingen beide an zu lachen.
»Na also«, sagte Birgit zuerst. »Nachdem wir uns so forschend betrachtet haben, als müßten wir unsere Seelen ergründen, können wir auch unsere Namen nennen. Ich heiße Birgit Holmsen. Ja, warum starren Sie mich denn so angstvoll an?«
»Um Gottes willen, Sie sind doch nicht etwa –?«
»Ich bin’s, jawohl«, kam es mutwillig zurück.
»Und warum sind Sie denn so naß – und so – so –«
»Dreckig, meinen Sie doch wohl?« half die andere freundlich aus. »Weil ich aus dem Schweinestall komme, wo sich das Wasser aus einem Stalleimer segnend über mich ergoß.«
»Aber – aber – Schweinestall – da gehören Sie doch wirklich nicht hin. Sie sind doch die Tochter des Besitzers von Ragaltshöfen – und dann Schweinestall – mein Gott, das geht doch nicht –«
»Nun, ich will Erbarmen haben, und Sie nicht noch konsternierter werden lassen«, lachte Birgit hellauf. »Das war nämlich so –«
Mutwillig schilderte sie ihren Einzug auf ihres Vaters Besitz und nachdem sie geendet, lachten die beiden Mädchen um die Wette.
»Wenn das nicht Glück bringt.« Die kleine Dunkle wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Doch dann wurde sie jäh ruhig und sah ihr Gegenüber zaghaft an.
»Entschuldigen Sie, Fräulein Holmsen. Ich tu hier so wie mit meinesgleichen –«
»Na und –?« unterbrach die andere sie erstaunt.
»Ich bin doch nur Angestellte hier – und Sie die Herrin –«
»Na, nun mal hoppla! Der Herr hier ist mein Vater, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Welchen Posten bekleiden Sie hier?«
»Ich bin die Lehrerin der Baroneß Vörsweide – und heiße Erla Tessau.«
»Wunderbar, da habe ich gleich eine Gefährtin. Ich glaube, wir werden uns gut vertragen.«
»An mir soll es gewiß nicht liegen«, bekannte die andere eifrig. »Jetzt werde ich mich nicht mehr so einsam fühlen und so schrecklich graulen.«
»Wovor denn?«
»Oh, ich hause hier oben ganz allein. Die Herrschaften schlafen unten und die Dienerschaft in den Mansarden. Ich konnte manche Nacht vor Angst nicht schlafen. Es war gräßlich.«
»Kann ich sogar verstehen. Ist dieses etwa ein Fremdenzimmer?«
»Jetzt ja. Es wurde aber nie benutzt, weil es hier keine Gäste gibt. Jedenfalls ist in dem einen Jahr, da ich in Ragaltshöfen weile, noch nie ein Gast dagewesen. Die Herrschaften leben vollkommen zurückgezogen. Soviel ich hörte, haben die Töchter des Vorbesitzers dlese beiden Räume bewohnt, bevor sie heirateten und ihren Männern ins Ausland folgten. Und da Ihr Herr Vater Ragaltshöfen in Bausch und Bogen erstanden hat, so ging die ganze Einrichtung des Hauses auch in seinen Besitz über.«
»Herzlichen Dank für gütige Belehrung«, lachte Birgit das eifrige Fräulein freundlich an.
»Sie haben recht, Fräulein Holmsen, ich bin ein Schaf«, kam die Antwort kleinlaut. »Gebe der Tochter des Besitzers von Ragaltshöfen eine Erklärung ab wie einer Uneingeweihten.«
»Nun, so eingeweiht bin ich nun auch wieder nicht«, beruhigte Birgit. »Zwar weiß ich, daß mein Vater den Besitz, so wie er stand, erwarb, aber daß dieses Zimmer hier früher ein Fräulein Ragalt bewohnte, ist mir dennoch unbekannt, obwohl ich den Plan des Gutes sowie des Herrenhauses genau studierte. Jedenfalls werde ich mich hier häuslich einrichten. Schon deshalb, damit Sie Hasenherz sich nicht mehr zu graulen brauchen. Das heißt, so ganz allein hier oben täte ich es auch. Außerdem besitzt der Flügel eine große Anziehungskraft. Und jetzt möchte ich baden.«
Lachend verschwand sie hinter der Tür.
Als sie das Zimmer wieder