Lasst mir meinen Kater Smarty: Sophienlust Bestseller 43 – Familienroman
Von Susanne Svanberg
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Über dieses E-Book
Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
Zwei dünne Kinderärmchen verschränkten sich vor der schmalen Brust. Krampfhaft hielten die Händchen eine verwaschene Jacke zusammen, die sich merkwürdig ausbeulte. »Komm, sei lieb und gib mir das Kätzchen«, bat Eva Essbach, eine Angestellte des Jugendamtes, freundlich. Das Kind reagierte nicht, sah stur zu Boden. »Du kannst das Kätzchen nicht ins Heim mitbringen. Hier sind Tiere aus hygienischen Gründen verboten«, mischte sich jetzt Schwester Gaby ein, die seit vielen Jahren im Städtischen Kinderheim arbeitete. »Schau mal, wenn jedes Kind ein Tier mitbringen würde, hätten wir einen regelrechten Zoo.« Schwester Gaby ging in die Hocke, um dem »Neuzugang« ins Gesicht sehen zu können. Es war ein schmales blasses Gesichtchen, schon lange nicht mehr gewaschen, vor allen Dingen aber traurig, unendlich traurig. Der Blick der hellen Augen war finster, fast feindselig. Noch enger drückte das Mädchen die Katze, von der nur ein Stückchen zu sehen war, an sich. »Frau Essbach bringt dein Kätzchen ins Tierheim. Dort wird es gut gefüttert und gepflegt. Du darfst es auch besuchen, so oft du magst.« Die freundlichen Worte fanden keinen Widerhall. Das Kind rührte sich nicht. Als Schwester Gaby die Hände ausstreckte, um unter die Jacke zu fassen, wich es blitzschnell zurück.
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Buchvorschau
Lasst mir meinen Kater Smarty - Susanne Svanberg
Sophienlust Bestseller
– 43 –
Lasst mir meinen Kater Smarty
Meike kämpft um ihren kleinen Freund
Susanne Svanberg
Zwei dünne Kinderärmchen verschränkten sich vor der schmalen Brust. Krampfhaft hielten die Händchen eine verwaschene Jacke zusammen, die sich merkwürdig ausbeulte.
»Komm, sei lieb und gib mir das Kätzchen«, bat Eva Essbach, eine Angestellte des Jugendamtes, freundlich.
Das Kind reagierte nicht, sah stur zu Boden.
»Du kannst das Kätzchen nicht ins Heim mitbringen. Hier sind Tiere aus hygienischen Gründen verboten«, mischte sich jetzt Schwester Gaby ein, die seit vielen Jahren im Städtischen Kinderheim arbeitete.
»Schau mal, wenn jedes Kind ein Tier mitbringen würde, hätten wir einen regelrechten Zoo.« Schwester Gaby ging in die Hocke, um dem »Neuzugang« ins Gesicht sehen zu können.
Es war ein schmales blasses Gesichtchen, schon lange nicht mehr gewaschen, vor allen Dingen aber traurig, unendlich traurig. Der Blick der hellen Augen war finster, fast feindselig.
Noch enger drückte das Mädchen die Katze, von der nur ein Stückchen zu sehen war, an sich.
»Frau Essbach bringt dein Kätzchen ins Tierheim. Dort wird es gut gefüttert und gepflegt. Du darfst es auch besuchen, so oft du magst.«
Die freundlichen Worte fanden keinen Widerhall. Das Kind rührte sich nicht. Als Schwester Gaby die Hände ausstreckte, um unter die Jacke zu fassen, wich es blitzschnell zurück.
Seufzend richtete sich die Kinderschwester wieder auf, dabei wechselte sie mit der Frau vom Jugendamt einen vielsagenden Blick. »Sieht aus, als ob wir eine Menge Ärger bekommen würden«, murmelte sie. »Dabei haben wir ohnehin zu wenig Personal. Woher kommt die Kleine eigentlich?«
Frau Essbach zuckte die Achseln.
Keine Ahnung.
Es war nichts aus ihr herauszubringen. Ich habe sie in der Stuttgarter Bahnhofsmission abgeholt. Sie wurde im D-Zug Amsterdam-Basel-Mailand ohne Begleitung aufgegriffen. Kein Gepäck, natürlich auch keine Papiere.« Mitleidig sah die Mitarbeiterin des Jugendamtes auf das bedauernswerte kleine Geschöpf.
»Wie alt mag sie sein?«
»Sechs oder sieben Jahre. Die Ermittlungen laufen. Bis jetzt hat man allerdings keinerlei Anhaltspunkte.«
»Wenn sie Angehörige hat, wird man sie suchen.«
Eva Essbach schüttelte den Kopf.
»Sieht mir nicht danach aus. Ich habe schon manches Kind aus miesen Verhältnissen geholt, aber so verwahrlost war noch keines.« Die kleine Fremde war tatsächlich nicht nur ungepflegt, sondern regelrecht verdreckt. Sie trug zerrissene, längst verwachsene Kleidung und Schuhe, die einige Nummern zu groß sein mußten.
»Vielleicht versteht sie überhaupt kein Deutsch«, überlegte Schwester Gaby laut.
»O doch. Sie hat die Beamten der Bahnpolizei ganz schön beschimpft.«
Schwester Gaby atmete hörbar durch. »Auweia, uns bleibt auch nichts erspart.«
»Sie kann ja nichts dafür«, gab Frau Essbach zu bedenken und wandte sich wieder an das kleine Mädchen. »Warum bist du weggelaufen?«
Keine Antwort.
»Möchtest du uns nicht wenigstens deinen Namen sagen? Wir wollen dir doch helfen. Ich verspreche dir auch daß du nicht zurück mußt wenn du nicht willst. Dieses Heim hier ist sehr schön. Es gibt viele Kinder in deinem Alter, viele Spielsachen und nette Schwestern, die sich um euch kümmern. Es wird dir gefallen. Aber das Kätzchen kann nicht mitkommen. Gib es mir. Ich tu ihm nichts.« Schwester Gaby sah das Kind eindringlich an. Das verstockte Mädchen brachte den ganzen Zeitplan durcheinander.
Die Kinderschwester faßte nach der kleinen Katze, die so verzweifelt festgehalten wurde.
»Pfoten weg!« zischte das Kind böse und wich noch weiter zurück.
Die Frau richtete sich achselzuckend auf.
Jetzt versuchte es Eva Essbach wieder. »Wie heißt denn dein Kätzchen?« erkundigte sie sich im Plauderton. »Darf ich es mal streicheln?«
»Geh weg und laß mich in Ruhe«, kreischte das Kind.
Eva Essbach ließ sich nicht davon beeindrucken. »Dein Kätzchen hat doch sicher Hunger, denn ihr beide seid bestimmt seit heute morgen unterwegs. Sollen wir ihm Milch holen?«
»Sie wollen es mir wegnehmen, aber ich gebe es nicht her«, zischte das blonde Mädchen.
»Nein«, versicherte die Jugendpsychologin so überzeugend, wie es nur möglich war. »Ich mache dir einen Vorschlag. Wir fahren miteinander zum Tierheim und bringen dein Kätzchen hin. Dann siehst du, wie es untergebracht ist. Und morgen hole ich dich ab, und wir besuchen deinen kleinen Freund.«
»Ich will nicht, ich will nicht«, schluchzte das Kind.
Schwester Gaby glaubte, lange genug Geduld geübt zu haben. Sie hatte an diesem Nachmittag noch eine ganze Menge zu tun. In einem Heim, in dem 180 Kinder versorgt wurden, konnte man auf die Marotten eines kleinen Mädchens keine Rücksicht nehmen.
»Sei endlich vernünftig«, mahnte die Pflegerin. »Wenn du mir dein Kätzchen nicht freiwillig gibst, muß ich es dir wegnehmen. Ich tu das nicht gern, aber…«
Schwester Gaby griff erneut unter die dünne, verwaschene Jacke und fühlte den mageren Tierkörper.
»Nein!« schrie das Kind gellend.
Plötzlich spürte die Kinderschwester einen heftigen Schmerz am Handgelenk. Im ersten Moment glaubte sie, die Katze hätte zugebissen und zog rasch ihre Hand zurück. Dann aber sah sie zwei Reihen kleiner Zähne auf ihrer Haut. Ohne Zweifel war das der Biß des Kindes.
»Schäm dich«, schimpfte die Frau ärgerlich. »Glaube ja nicht, daß du dich gegen uns durchsetzen kannst. Hier gibt es Vorschriften, die eingehalten werden müssen, und auch du machst darin keine Ausnahme. Wir sind schon mit ganz anderen fertig geworden. Wenn du auf Freundlichkeit nicht reagierst, muß es eben mit Strenge gehen. Gib jetzt endlich die Katze her.«
Wie ein Befehl klangen diese Worte. Und doch machten sie auf das Kind keinerlei Eindruck.
Schwester Gaby zog mit hartem Griff die verschränkten Ärmchen auseinander.
Das blonde Mädchen schrie und strampelte, versuchte zu beißen und zu kratzen.
Doch die Frau in der blütenweißen Kittelschürze war natürlich stärker. Sie hielt die Kinderhände auf dem Rücken fest und griff jetzt nach der halbwüchsigen Katze, die sich an die Kleidung ihrer kleinen Freundin klammerte.
Jetzt ließ sich das Kind zu Boden fallen und trat mit den viel zu großen, derben Schuhen gegen die Beine seines Widersachers.
Das getigerte Katzentier sprang mit einem weiten Satz unter den Tisch des Besuchszimmers.
Frau Essbach konnte es ohne Schwierigkeiten an sich nehmen. Eigentlich war ihr Auftrag damit erfüllt. Sie hatte das Kind abgegeben, mußte nun nur noch die Katze ins Tierheim bringen und konnte dann in ihr Büro zurückkehren.
Doch was sich jetzt zwischen Schwester Gaby und dem blonden Mädchen abspielte, würde sie noch lange beschäftigen. Das Kind kämpfte mit erstaunlicher Kraft und Ausdauer. Dabei kam klar zum Ausdruck, daß sie sich nicht dagegen wehrte, ins Kinderheim gebracht, sondern nur von ihrem Kater getrennt zu werden.
*
Am nächsten Morgen kam Eva Essbach wieder. Sie wartete im Besuchszimmer auf Schwester Gaby.
»Nanu, seit wann arbeiten Sie samstags?« erkundigte sich die Kinderschwester lachend.
»Die Sache mit der Klelnen aus dem D-Zug hat mir keine Ruhe gelassen«, antwortete die Frau vom Jugendamt ernst.
»Mir auch nicht«, bekannte Schwester Gaby ironisch. »Die halbe Nacht war ich auf den Beinen, weil unser Neuling getobt hat. Schließlich mußte ich, mit Rücksicht auf die anderen Kinder, den Arzt rufen damit er der Kleinen eine Beruhigungsspritze gab. Noch schläft der Schreihals, aber mir ist richtig Angst vor dem Moment, in dem er aufwacht. Ich bin nun schon so viele Jahre im Beruf, aber ein so widerspenstiges, widerwärtiges Kind habe ich noch nicht betreut. Allein die Ausdrücke, die dieses Mädchen benutzt sind haarsträubend.«
»Ich glaube, die Kleine wäre friedlich, wenn man ihr nur die Katze lassen würde.«
»Das ist bei uns völlig unmöglich.«
»Ich weiß. Deshalb habe ich Frau von Schoenecker angerufen. Sie leitet das private Kinderheim Sophienlust.«
»Die Chefin hat mir davon erzählt. Sie wollen unseren Neuling also dort unterbringen. Mir kann’s nur recht sein. Andererseits glaube ich nicht, daß sich dieses Kind zur Aufnahme in Sophienlust eignet.« Schwester Gaby schüttelte den Kopf.
»Man will es versuchen.«
»Ein Kind, das in so einem Milieu aufgewachsen ist, stellt eine unzumutbare Belastung für ein Heim wie Sophienlust dar. Das Haus hat einen ausgezeichneten Ruf. Was glauben Sie, wie rasch der Findling aus dem D-Zug ihn ruinieren wird. Ganz abgesehen davon, daß die Angestellten in Sophienlust mit so schwierigen Kindern bestimmt nicht umgehen können. Ich wette, daß Sie das Mädchen in den nächsten Tagen wieder zurückbringen.«
»Nach Sophienlust darf die Kleine ihre Katze mitnehmen. Ich hoffe, daß dies die Voraussetzung dafür schafft, daß sie sich ohne Probleme einlebt.« Eva Essbach kannte Denise von Schoenecker persönlich und hatte ein schlechtes Gewissen, wenn sie daran dachte, was sie der charmanten Verwalterin von Sophienlust, die sich ehrenamtlich und selbstlos für ihre Schützlinge einsetzte, mit diesem Kind aufbürdete.
»Ich beneide die Kolleginnen in Sophienlust um diese Aufgabe nicht. Dort ist man in der glücklichen Lage sich die Kinder die man aufnimmt aussuchen zu können, was