Fritzchen stiftet Verwirrung: Mami Bestseller 50 – Familienroman
Von Gisela Heimburg
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Über dieses E-Book
Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
Seit drei Jahrzehnten arbeitete Erna Abromeit nun schon als Hebamme, aber so schwer wie heute war es ihr dabei noch nie ums Herz gewesen. Sie nahm den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer des Hausanschlusses. »Herr Oberarzt, bitte kommen Sie!« Ihre Stimme klang brüchig. Sie wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu. Zwei Mütter lagen im Kreißsaal, nur durch einen Wandschirm voneinander getrennt. Antje Sanders, die junge Witwe eines Seemannes, hatte gesunde Zwillinge zur Welt gebracht. Sie lag noch in leichter Narkose, würde aber bald ohne Komplikationen erwachen und sicher ziemlich entgeistert darüber sein, daß ihre vierköpfige Kinderschar nun gleich um doppelten Zuwachs bereichert worden war. Erna Abromeit mußte sich Mühe geben, ein Aufstöhnen zu unterdrücken. Sie hatte mit der Patientin, einer Frau Astrid Lauenstein, die als Feriengast auf der Insel weilte, gesprochen und war erschüttert von der verzweifelten Hoffnung dieser zarten, schönen Frau, nun endlich, nach einigen Fehlgeburten, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen. Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllt hatte. Noch wußte Frau Lauenstein es nicht. Die Hebamme trat hinter den Wandschirm. Es gelang ihr, das berufsmäßige optimistische Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. Astrid Lauenstein blickte ihr aus großen schwarzen Augen entgegen, und noch nie zuvor hatte Erna Abromeit so viel Flehen, so viel angstvolle Erwartung im Blick eines Menschen gesehen. Die Hebamme spürte, wie sich ihr Herz vor Mitleid verkrampfte. Wie ungerecht das Schicksal war! Diese Frau, die sich so sehnlichst ein Kind wünschte – ein einziges nur! – würde wohl alle Hoffnung begraben müssen. »Frau Abromeit…«
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Buchvorschau
Fritzchen stiftet Verwirrung - Gisela Heimburg
Mami Bestseller
– 50 –
Fritzchen stiftet Verwirrung
Wer gehört zu wem?
Gisela Heimburg
Seit drei Jahrzehnten arbeitete Erna Abromeit nun schon als Hebamme, aber so schwer wie heute war es ihr dabei noch nie ums Herz gewesen. Sie nahm den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer des Hausanschlusses.
»Herr Oberarzt, bitte kommen Sie!« Ihre Stimme klang brüchig.
Sie wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu. Zwei Mütter lagen im Kreißsaal, nur durch einen Wandschirm voneinander getrennt.
Antje Sanders, die junge Witwe eines Seemannes, hatte gesunde Zwillinge zur Welt gebracht. Sie lag noch in leichter Narkose, würde aber bald ohne Komplikationen erwachen und sicher ziemlich entgeistert darüber sein, daß ihre vierköpfige Kinderschar nun gleich um doppelten Zuwachs bereichert worden war.
Die zweite junge Frau aber…
Erna Abromeit mußte sich Mühe geben, ein Aufstöhnen zu unterdrücken. Sie hatte mit der Patientin, einer Frau Astrid Lauenstein, die als Feriengast auf der Insel weilte, gesprochen und war erschüttert von der verzweifelten Hoffnung dieser zarten, schönen Frau, nun endlich, nach einigen Fehlgeburten, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen.
Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllt hatte.
Noch wußte Frau Lauenstein es nicht.
Die Hebamme trat hinter den Wandschirm. Es gelang ihr, das berufsmäßige optimistische Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern.
Astrid Lauenstein blickte ihr aus großen schwarzen Augen entgegen, und noch nie zuvor hatte Erna Abromeit so viel Flehen, so viel angstvolle Erwartung im Blick eines Menschen gesehen.
Die Hebamme spürte, wie sich ihr Herz vor Mitleid verkrampfte. Wie ungerecht das Schicksal war! Diese Frau, die sich so sehnlichst ein Kind wünschte – ein einziges nur! – würde wohl alle Hoffnung begraben müssen.
»Frau Abromeit…« Es war nur ein Flüstern, das über die blutleeren Lippen der Patientin kam. »Bitte, sagen Sie mir…, es ist doch… mein Kind… Es ist…, bitte!«
In diesem Moment begann eines der neugeborenen Zwillingsmädchen zu schreien.
Und wie ein Echo ertönte ein zweites, recht kraftvolles Krähen, die Schreie des anderen kleinen Zwillings.
Da ging ein unbeschreibliches Leuchten über das Gesicht der jungen Mutter, die vor der Hebamme lag. Astrid Lauenstein streckte sehnsüchtig beide Arme aus und stieß in unfaßbarem Glück hervor: »Es lebt! Mein Kind, es lebt! Bitte, bitte, zeigen Sie es mir! Bringen Sie mir mein Kindchen!«
Erna Abromeit mußte sich abwenden, denn was sie sich sonst nie gestattete, jetzt geschah es: Tränen stürzten ihr in die Augen.
Sie trat vor den Wandschirm und sah mit einem Blick, daß die junge Seemannswitwe die ersten Anzeichen des Erwachens von sich gab.
In dieser Sekunde durchzuckte es die Hebamme wie ein Blitzstrahl der Erkenntnis.
Sie wußte, daß sie ein einziges Mal in ihrem Leben Schicksal spielen mußte, ein einziges Mal nur!
Erna Abromeit blickte zur Tür. Noch war der Doktor nicht eingetreten.
Sie hastete zu den beiden Zwillingsmädchen.
Sie handelte wie in Trance.
Ihre Hand zitterte nicht, als sie mit einer Schere das Bändchen zerschnitt, das sie am winzigen Ärmchen des Neugeborenen befestigt hatte. Ein paar sichere Griffe, und schon war ein neues Bändchen befestigt!
Weiter! Dasselbe noch einmal. Wenige Augenblicke später hatte Erna Abromeit auch am Handgelenk des totgeborenen Kindes, das in einem Nebenraum lag, ein anderes Bändchen befestigt.
Die beiden zerschnittenen Kennzeichen steckte die Hebamme in ihre Schürzentasche. Dann kehrte sie in den Kreißsaal zurück. Sie nahm das falsch gekennzeichnete Zwillingsmädchen und trug es hinter den Wandschirm.
Die Augen der jungen Frau glichen zwei großen schwarzen Edelsteinen.
»Gott hat meine Gebete erhört«, sagte sie mit seltsam schwingender Stimme. »Wenn ich wieder ein totes Kind zur Welt gebracht hätte, ich… ich hätte nicht mehr leben wollen.«
Die Hebamme legte das Kind in die Arme der schwarzhaarigen jungen Mutter.
»Es ist ein kleines Mädchen«, sagte sie mit trockener Kehle.
»Meine kleine Sylvia!« flüsterte Astrid Lauenstein.
In diesem Moment hörte die Hebamme, daß die Tür ging. »Der Doktor«, sagte sie und huschte hinter dem Wandschirm hervor.
Dr. Hornburg, ein junger, gutaussehender Arzt, blickte die Hebamme fragend an.
Sie bedeutete ihm, ihr in den Nebenraum zu folgen, schloß die Tür und deutete auf das leblose Kind. »Es ging so schnell, Herr Doktor. Ich kam nicht mehr dazu, Sie rechtzeitig zu rufen.«
Der Arzt untersuchte den leblosen kleinen Körper. »Kein Zweifel, tot. Es war ja vorauszusehen. Die arme Frau.«
»Nun ja, sie wird es verschmerzen«, erwiderte Erna Abromeit, und sie wunderte sich, wie ruhig und normal ihre Stimme klang.
»Hoffen wir es! Sie hat ja kein Geheimnis daraus gemacht, daß ein Kind das Ziel und der Sinn ihres Lebens ist.«
»Aber sie hat ja schon vier und nun ein fünftes!« lächelte die Hebamme.
Dr. Hornburg sah sie verblüfft an. »Wollen Sie damit sagen, daß es nicht Frau Lauensteins Kind ist?«
»Aber nein, Herr Doktor! Frau Sanders hat Zwillinge geboren, und eines der Kinder war tot.«
»Ach so!« Der Oberarzt eilte mit elastischen Schritten in den Kreißsaal hinüber, beglückwünschte strahlend Frau Lauenstein, griff nach dem Puls der gerade erwachenden Frau Sanders, veranlaßte, daß Frau Lauenstein in ihr Zimmer gebracht wurde, und als er bemerkte, daß die zweite Mutter die Augen aufschlug, warf er der Hebamme einen bedeutungsvollen Blick zu und eilte hinaus.
Erna Abromeit seufzte leise. Das war typisch für den Oberarzt! Vor schlechten Nachrichten drückte er sich gern.
Erna Abromeit näherte sich der Patientin, die ihr aus braunen Augen lächelnd entgegenblickte. Schwarzbraunes Haar wellte sich weich um ihr rührend jung wirkendes Gesicht.
»Nun, Frau Abromeit, was ist es diesmal denn geworden?« erkundigte sich Antje Sanders leichthin.
»Nach vier Jungen nun endlich ein kleines Mädchen«, erwiderte die Hebamme.
»Ein Mädchen! Klaus hatte sich so sehr ein Mädchen gewünscht. Daß er es nicht mehr erleben konnte…« Antja Sanders schloß die Augen. Ihre langen dunklen Wimpern zitterten.
Erna Abromeit musterte die junge Frau. Obwohl Antje nun schon fünfmal geboren hatte, war sie erst vierundzwanzig Jahre alt. Vor etwa einem halben Jahr war ihr Mann von See nicht zurückgekehrt. Ein Schiffszusammenstoß hatte ihn und mehrere seiner Kameraden das Leben gekostet. Es war erstaunlich, wie Antje Sanders nach dem Tod ihres Mannes mit allem fertiggeworden war. Da sie von nun an mit viel bescheideneren finanziellen Mitteln auskommen mußte, hatte sie kurz entschlossen die große teure Neubauwohnung aufgegeben und hatte für sich und ihre Kinder ein abseits gelegenes Haus in den Dünen gemietet. Dort konnten die lebenssprühenden Jungen nach Herzenslust toben, niemand beschwerte sich. Wenn es Antje hin und wieder zuviel wurde, lief sie an den Strand, blickte hinaus auf die weite See, und ihr langes dunkles Haar flatterte im Wind. Dann schien Melancholie ihre schlanke Gestalt einzuhüllen, Melancholie und die Sehnsucht nach dem verlorenen geliebten Mann. Doch nach solchen Augenblicken war sie bald wieder die tatkräftige, unbekümmerte junge Frau, die für ihre Kinder durch dick und dünn ging.
Das wußte die Hebamme. Deshalb fürchtete sie sich auch nicht vor dem, was sie Antje Sanders nun sagen mußte.
»Antje«, begann sie vorsichtig, denn sie kannte ihre Patientin von Kindheit an, »beinahe hätte sich dein Kindergarten auf sechs erweitert.«
Antje Sanders schlug die Augen auf. »Wie meinen Sie das, Frau Abromeit?«
»Du hast Zwillinge geboren. Das eine war tot.«
Antje senkte die Lider, und um ihre Mundwinkel zuckte es. Doch dann ging das unterdrückte Schluchzen in ein schmerzliches Lächeln über, und sie sagte: »Fünf sind auch genug.«
»Du bist eine tapfere Frau, Antje.« Die Hebamme drückte die schmale, kräftige Hand der Jüngeren. »Ich hole dir jetzt dein kleines Mädchen. Das andere, das schaust du dir lieber gar nicht erst an.«
Antje Sanders nickte. Als die Hebamme der jungen Mutter das Kind in den Arm legte, erkundigte sie sich: »Wie willst du es denn nennen?«
»Friderike!« antwortete Antje spontan.
»Friderike? Ist das nicht ein bißchen zu altmodisch?«
»Meine Großmutter hieß so. Ich habe sie sehr, sehr gern gehabt. Und ich habe ihr schon als Kind versprochen, daß ich mein erstes Mädchen Friderike nennen werde. Ein Versprechen muß man doch halten, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Frau Abromeit.
Als sie wenig später durch die Korridore des kleinen Krankenhauses ging, trat ihr ein großer, gutaussehender Mann in den Weg. »Sie sind Frau Abromeit, die Hebamme, nicht wahr?«
Sie nickte und sah ihn fragend an.
»Mein Name ist Lauenstein«, stellte er sich vor.
Er ergriff die Hand der Hebamme. »Frau Abromeit, ich möchte Ihnen danken. Dafür, daß Sie meiner Frau in ihrer schweren Stunde so geholfen haben. Eigentlich hatte ich ja für meine Frau einen Platz in einer berühmten Privatklinik vorbestellt. Sie verstehen, weil