Heiße Leidenschaft - kalte Lüge?
Von Janice Maynard
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Über dieses E-Book
Ist sein ganzes Leben eine Lüge? Als der Unternehmer Pierce Avery zufällig entdeckt, dass er nicht der leibliche Sohn seines Vaters ist, steht seine Welt plötzlich Kopf. Um Licht ins Dunkel seiner Herkunft zu bringen, engagiert er die Anwältin Nicola Parrish. Eine ebenso kluge wie aufregend schöne Frau, die brennendes Verlangen in ihm weckt. Doch schon bald muss er feststellen, dass Nicola ein rätselhaftes Eigeninteresse an seinem Fall entwickelt. Zwar gibt sie sich ihm in heißen Nächten leidenschaftlich hin, aber kann er ihr wirklich von ganzem Herzen vertrauen?
Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der schönen Great Smoky Mountains. Im Herbst 2002 verließ sie die Schule um in Vollzeit zu schreiben.
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Buchvorschau
Heiße Leidenschaft - kalte Lüge? - Janice Maynard
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2013 by Janice Maynard
Originaltitel: „A Wolff at Heart"
erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA
Band 1864 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Susanna Mewe
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733721046
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Pierce Averys Tag war dermaßen schlecht, dass alle anderen schlechten Tage seines bisherigen Lebens daneben verblassten. Sein Magen drückte vor Anspannung, und sein Kopf fühlte sich an, als würde er in einem Schraubstock stecken. Wahrscheinlich sollte er in seiner gegenwärtigen Verfassung noch nicht mal am Steuer sitzen.
Wenn er sonst schlecht drauf war, fuhr er mit seinem Kajak gern einen Fluss hinunter. An einem heißen Augustnachmittag gab es nichts Schöneres, als sich die Gischt ins Gesicht spritzen zu lassen, während einen gleichzeitig Freude durchströmte und innerer Friede überkam. Schon als Teenager hatte Pierce gewusst, dass er nicht dazu geschaffen war, seine Tage am Schreibtisch zu verbringen. Er vernahm den Lockruf der Natur und wusste, wo sein Platz war.
Als junger Mann hatte ihn das vor die Herausforderung gestellt, einen Beruf zu finden, bei dem er sich weiterhin wie ein verspieltes Kind aufführen durfte und auch noch dafür bezahlt wurde. Da derartige Beschäftigungsverhältnisse eher rar gesät waren, hatte er selbst kurzerhand eine Firma gegründet. Nun verbrachte er seine Tage damit, Studenten, ihrem natürlichen Lebensraum entrissene Manager und abenteuerlustige Senioren durch die Wildnis zu führen.
Er unternahm mit ihnen Abenteuertouren, ließ sich von Felsen abseilen, kletterte in Höhlen und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach – dem Kajakfahren. Er liebte seinen Job von ganzem Herzen. Genau wie sein Leben. Doch heute bröckelte das Fundament seiner Existenz wie die Erde bei einem heftigen Regensturm.
Er stellte den Wagen in einer ruhigen Seitenstraße von Charlottesville ab. Das Semester an der Universität von Virginia hatte noch nicht begonnen, und die Straßencafés waren nur spärlich bevölkert. Trotz seiner rebellischen Natur hatte die Zeit auf der Universität Pierce’ Charakter geformt. Mit Auszeichnung hatte er hier seinen Magisterabschluss in Betriebswirtschaft erworben, weil sein Vater ihn dazu gedrängt hatte, sein volles Potenzial auszuschöpfen.
Pierce hatte seinem Vater alles zu verdanken. Und nun, Jahre später, wo sein Vater ihn brauchte, konnte Pierce ihm nicht helfen.
Mit zitternden Fingern schloss er den Wagen ab und starrte dann auf den unauffälligen Büroeingang. Vor dem Backsteingebäude standen Tontöpfe mit Geranien in der warmen Sonne. Über der Türklingel befand sich ein eingraviertes Messingschild. Alles Mögliche hätte sich hinter dieser Fassade befinden können: ein Arzt, ein Steuerberater, ein Akupunkteur. Nur ein Zu-Vermieten-Schild im Fenster störte das Bild.
Das städtische Leben in Charlottesville blühte, es gab viele Kunstgewerbeläden, aber auch ganz normale Geschäfte. Eine Exfreundin von Pierce betrieb wenige Straßen entfernt eine Töpferei. Doch heute war er zu abgelenkt, um daran zu denken. Selbst den Duft von frischem Brot, der von der Bäckerei nebenan herüberwehte, nahm er kaum wahr.
Pierce hatte einen Termin bei einer Nicola Parrish. Er läutete an der Tür und wurde sofort eingelassen. Im Vergleich zum blendenden Sonnenschein draußen wirkte der Empfangsbereich düster. Es war kühl und duftete nach Kräutern, die in Töpfen eines Erkerfensters wuchsen. Eine Frau mittleren Alters blickte von ihrem Computerbildschirm auf und lächelte ihn an. „Mr Avery?"
Pierce nickte hastig. Er wusste, dass er zu früh war, hatte es aber einfach keine Sekunde länger zu Hause ausgehalten.
Die Empfangsdame lächelte ihn an. „Gehen Sie ruhig direkt rein. Miss Parrish ist bereit für Sie."
Pierce wusste nicht, was ihn erwartete. Seine Mutter hatte den Termin vereinbart. Tatsächlich hätte er einiges darum gegeben, wenn er einfach hätte verschwinden und die ganze Sache vergessen können.
Miss Parrish erhob sich, als er eintrat, und streckte ihm die Hand entgegen. „Guten Tag, Mr Avery. Mein Name ist Nicola Parrish. Ich freue mich, Sie kennenzulernen."
Er schüttelte ihre Hand und bemerkte ihren festen Händedruck, die schlanken Finger und ihre weiche Haut. „Danke, dass Sie mich dazwischenschieben konnten."
„Ihre Mutter sagte, es sei dringend."
Plötzlich schnürte ihm eine große Traurigkeit die Brust ein. „Das ist es. Und auch wieder nicht. Tatsächlich weiß ich eigentlich gar nicht, wie Sie mir helfen können."
Sie forderte ihn mit einer Handbewegung auf näherzutreten. „Nehmen Sie Platz. Das werden wir bald klären."
Ihr aschblondes Haar war zu einem kinnlangen Bob geschnitten und perfekt frisiert. Sie war schlank, aber nicht dünn, und trotz ihrer Größe ein paar Zentimeter kleiner als er.
Pierce blickte auf die Wand hinter ihrem Kopf. Harvard Law School. Ein weiterer Abschluss in Naturwissenschaftlicher Forensik. Verschiedene Auszeichnungen und Urkunden. In Kombination mit dem modischen schwarzen Hosenanzug, den sie trug, war die Botschaft klar. Diese Frau war klug, engagiert und professionell. Ob sie ebenso gut darin war, Informationen aufzutreiben und Antworten zu finden, blieb abzuwarten.
Plötzlich erhob sie sich. „Vielleicht haben wir es dort drüben bequemer." Mit diesen Worten trat sie hinter ihrem Schreibtisch hervor und ging auf einen kleinen Sitzbereich am anderen Ende des Zimmers zu. Jetzt bemerkte er ihre auffällig schönen Beine.
Pierce folgte ihr und ließ sich in einen Lehnstuhl sinken. Die Anwältin hob eine silberne Kanne vom Tisch. „Kaffee?"
„Ja, bitte. Schwarz. Kein Zucker."
Sie goss ihm ein, reichte Pierce die Tasse, und ihre Finger berührten sich kurz. An ihrer Hand trug sie keinen einzigen Ring. Pierce trank mit einem Schluck die halbe Tasse leer. Gegen einen Schuss Whisky hätte er auch nichts einzuwenden gehabt.
Der Blick der Anwältin war freundlich, aber distanziert. Sie wartete darauf, dass er das Wort ergriff, als er es nicht tat, seufzte sie. „Die Uhr läuft, Mr Avery. Ich habe heute nur fünfundvierzig Minuten Zeit."
Pierce beugte sich vor, seinen Kopf in die Hände gestützt. „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll." Er fühlte sich erschöpft und hilflos. Diese Gefühle waren ihm sonst fremd, und sie machten ihn wütend. Er war kurz davor, die Fassung zu verlieren.
„Ihre Mutter hat mir nur gesagt, dass es sich um die Untersuchung eines möglichen Krankenhausbetrugs vor dreißig Jahren handelt. Ich nehme an, es hat etwas mit Ihrer Geburt zu tun?"
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und umklammerte fest die Stuhllehnen. Seine Mutter hatte Nicola Parrish kontaktiert, weil eine gute Freundin von ihr Miss Parrish empfohlen und deren Arbeitsmoral und Erfahrung in den höchsten Tönen gelobt hatte. Die Freundin seiner Mutter hatte Miss Parrish einmal mit einer Adoptionsangelegenheit beauftragt. „So ist es."
„Reden wir über einen Fall, bei dem Babys vertauscht und versehentlich mit den falschen Eltern nach Hause geschickt worden sind?"
„Ganz so einfach ist es nicht." Vielleicht hätte er doch zuerst zu einem Seelenklempner gehen sollen, bevor er sie aufsuchte. Um seine chaotischen Gefühle zu ordnen. Anwälte verfügten zwar gewöhnlich über eine gute Beobachtungsgabe, doch sie konnten keine Gedanken lesen. Und im Grunde wollte er auch nicht, dass irgendjemand den dunklen, tosenden Fluss der Verwirrung sah, der in seinem Inneren anschwoll und kurz vor dem Überlaufen stand.
„Mr Avery?"
Er sog scharf den Atem ein und grub seine Fingernägel in die dick gepolsterten Lehnen des teuren Möbelstücks. „Mein Vater leidet an Nierenversagen. Es steht sehr schlecht um ihn."
In ihren blaugrauen Augen stand aufrichtiges Mitgefühl. „Das tut mir sehr leid."
„Er braucht eine Organspende. Während er auf der Warteliste steht, läuft seine Zeit ab. Ich wollte ihm eine Niere spenden. Wir haben alle notwendigen Tests gemacht, aber dann …" Er konnte nicht weitersprechen.
„Was dann?"
Pierce sprang vom Stuhl auf und lief im Raum hin und her. Der Boden war von einem teuren Orientteppich bedeckt, der in rosa und grünen Pastellfarben gehalten war. Zwischendurch blitzten immer wieder Teile des glänzenden Parkettbodens durch. Der Kamin musste irgendwann einmal tatsächlich zum Heizen benutzt worden sein, diente jetzt aber wohl eher dekorativen Zwecken.
„Ich bin nicht sein Sohn." Beinahe hundert Mal hatte er diese Worte in den letzten drei Tagen im Kopf geprobt. Aber sie laut auszusprechen, machte die Wahrheit nur unerträglicher.
„Sie sind adoptiert worden? Und haben nichts davon gewusst?"
„Meine Mutter sagt, das sei nicht der Fall."
„Eine Affäre?"
Pierce krümmte sich innerlich. „Das glaube ich nicht. Im Leben meiner Mutter hat es nur einen Mann gegeben, und das ist mein Vater. Außerdem habe ich ihr Gesicht gesehen, als der Arzt es uns gesagt hat. Sie ist aus allen Wolken gefallen. Genauso wie ich."
„Also ist die einzige andere Erklärung, dass Sie auf der Säuglingsstation des Krankenhauses vertauscht worden sind, richtig?"
„Die Tante meiner Mutter, meine Großtante, war die diensthabende Ärztin in jener Nacht. Ich zweifele sehr daran, dass sie so einen Fehler zugelassen hätte."
„Was also kann ich für Sie tun?"
Er stützte seinen Unterarm auf das Kaminsims und starrte auf das Porträt von Thomas Jefferson, das über der Feuerstelle an der Wand hing. Der frühere Präsident hatte eine noch immer ungeklärte Anzahl von unehelichen Kindern gezeugt. Sogar heute noch diskutierten die Leute über mögliche Verwandtschaftsverhältnisse.
Pierce hatte nicht ein einziges Mal daran gezweifelt, zu welcher Familie er gehörte. Er stand seinen Eltern sehr nahe. Das Wissen, dass er nicht der leibliche Sohn seines Vaters war, erschütterte ihn im Kern. Wenn er nicht Pierce Avery war, wer war er dann?
„Meine Mutter verbringt jede wache Minute im Krankenhaus bei meinem Vater. Sie hofft, dass die Ärzte ihn hinreichend stabilisieren können, damit er nach Hause gehen kann. Aber selbst dann wird sie sich rund um die Uhr um ihn kümmern müssen."
„Und Sie?"
„Ich habe meinen stellvertretenden Geschäftsführer informiert, dass ich aus persönlichen Gründen eine Auszeit brauche. Er ist sehr kompetent. Also muss ich mir in dieser Beziehung keine Sorgen machen. Ich werde Ihnen so oft wie möglich zur Verfügung stehen, aber Sie müssen die Untersuchung für uns durchführen. Ich brauche Ihre Hilfe."
Nikki war noch nie einem Mann begegnet, bei dem es weniger plausibel erschien, dass er auf die Hilfe einer Frau angewiesen sein könnte. Pierce Avery war breitschultrig, über eins achtzig groß und muskulös. Er sah aus, als könnte er einen Berg mit seinen bloßen Händen auseinanderreißen – oder ihn zumindest während eines Schneesturms erklimmen.
Er schien eher dafür geboren, Frauen zu beschützen. Seine männliche Ausstrahlung löste ein Kribbeln in Nikkis Bauch aus. Sie war gebildet, selbstständig und finanziell unabhängig. Warum also bekam sie bei dem Gedanken, sich von einem großen, starken Mann beschützen zu lassen, weiche Knie?
„Unser erster Schritt sollte darin bestehen, Einsicht in die Archivaufzeichnungen des Krankenhauses zu beantragen", sagte sie betont sachlich. Pierce Avery wollte, dass umgehend Maßnahmen ergriffen wurden. So viel war klar.
Ihr zukünftiger Klient verzog das Gesicht. „Leider war es eine Privatklinik. Sie wurde Mitte der Neunzigerjahre aufgekauft und schließlich geschlossen."
„Trotzdem müssen die Aufzeichnungen immer noch irgendwo vorhanden sein."
„Das hoffen wir. Wie lange wird es dauern, bis Sie an sie herankommen?"
Nikki runzelte die Stirn. „Sie scheinen unter dem falschen Eindruck zu stehen, dass Sie mein einziger Fall sind."
„Geld spielt keine Rolle."
Nikki fühlte, wie Zorn in ihr aufstieg. „Es gefällt mir nicht, wenn Wohlhabende mit ihrem Geld um sich schmeißen und erwarten, dass jeder sofort springt."
Er blickte auf die edlen gerahmten Urkunden an der Wand. „Harvard gilt auch nicht gerade als billig, Miss Parrish. Ich bezweifle, dass Sie je von Essensmarken gelebt haben."
Sie kämpfte ihren Ärger nieder und atmete tief durch, bis sie sicher war, ruhig sprechen zu können. „Sie wären überrascht."
Er starrte sie an. „Ich habe mir nie viel aus Anwälten gemacht."
Er brachte sie wirklich auf die Palme. Nikki biss die Zähne zusammen und funkelte ihn an. „Sind Sie immer so unausstehlich?" Sie stand auf und strich ihren