Acro, der Freund aller Kinder: Sophienlust 282 – Familienroman
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Was Sie da von mir verlangen, Frau Kukla, geht mir zutiefst gegen den Strich«, erklärte Dr. Hans-Joachim von Lehn mit finsterer Miene. Normalerweise kennzeichnete den Tierarzt ein heiteres und entgegenkommendes Wesen, doch im Moment machte er aus seiner Verstimmung keinen Hehl. »Aber Frau Pelikan hat es doch so bestimmt«, rechtfertigte sich die einfach wirkende, zirka fünfzigjährige Frau etwas weinerlich. »Sie hat mir zu diesem Zweck sogar Geld ausgehändigt. Sie hat gewusst, dass es schlecht um sie steht und dass sie wahrscheinlich sterben wird.« »Um den Hund steht es aber nicht schlecht. Der ist kerngesund«, brummte der Tierarzt und kraulte den rotbraun gelockten irischen Setter zwischen den Ohren. Frau Kukla zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Ich handle bloß in Frau Pelikans Auftrag«, sagte sie. »Die alte Dame hat verlangt, dass Arco nach ihrem Tod eingeschläfert wird. Gestern ist sie im Maibacher Krankenhaus gestorben, und nun bin ich mit dem Hund da. Wenn Sie es nicht machen wollen, muss ich mich eben an einen Kollegen wenden.« »Tut Ihnen das arme Tier denn nicht leid?«, fragte Hans-Joachim empört. »Natürlich tut mir der Hund leid«
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Sophienlust (ab 351)
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Buchvorschau
Acro, der Freund aller Kinder - Elisabeth Swoboda
Sophienlust
– 282–
Acro, der Freund aller Kinder
Wer gibt dem Wirbelwind ein neues Zuhause?
Elisabeth Swoboda
»Was Sie da von mir verlangen, Frau Kukla, geht mir zutiefst gegen den Strich«, erklärte Dr. Hans-Joachim von Lehn mit finsterer Miene. Normalerweise kennzeichnete den Tierarzt ein heiteres und entgegenkommendes Wesen, doch im Moment machte er aus seiner Verstimmung keinen Hehl.
»Aber Frau Pelikan hat es doch so bestimmt«, rechtfertigte sich die einfach wirkende, zirka fünfzigjährige Frau etwas weinerlich. »Sie hat mir zu diesem Zweck sogar Geld ausgehändigt. Sie hat gewusst, dass es schlecht um sie steht und dass sie wahrscheinlich sterben wird.«
»Um den Hund steht es aber nicht schlecht. Der ist kerngesund«, brummte der Tierarzt und kraulte den rotbraun gelockten irischen Setter zwischen den Ohren.
Frau Kukla zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Ich handle bloß in Frau Pelikans Auftrag«, sagte sie. »Die alte Dame hat verlangt, dass Arco nach ihrem Tod eingeschläfert wird. Gestern ist sie im Maibacher Krankenhaus gestorben, und nun bin ich mit dem Hund da. Wenn Sie es nicht machen wollen, muss ich mich eben an einen Kollegen wenden.«
»Tut Ihnen das arme Tier denn nicht leid?«, fragte Hans-Joachim empört.
»Natürlich tut mir der Hund leid«, gab Frau Kukla zurück, »aber was soll ich machen? Ich selbst kann mir keinen Hund leisten, noch dazu einen so großen. Solange Aussicht auf Frau Pelikans Genesung bestand, habe ich mich um Arco gekümmert, aber behalten kann ich den Hund nicht. Die Fleischportionen, die er jeden Tag verschlingt! Und meine Zimmer-Küche-Wohnung ist viel zu klein für ihn. Er würde sich dort nicht wohlfühlen. Außerdem wäre er oft allein. Oder glauben Sie, dass meine diversen Arbeitgeber einverstanden wären, wenn ich mit so einem Riesenvieh zur Arbeit erscheinen würde?«
Frau Kuklas Ausdrucksweise war drastisch, doch Hans-Joachim musste ihr im Stillen recht geben. Er wusste, dass sie allein lebte und stundenweise als Putzfrau in verschiedenen Haushalten arbeitet, um die kinderreiche Familie ihres Sohnes ein wenig unterstützen zu können. Nein, von Frau Kukla konnte man nicht verlangen, dass sie für den Hund ihrer verstorbenen Dienstgeberin sorgte. Umgekehrt jedoch war Frau Pelikan wohlhabend gewesen. Sie hatte eine hübsche Villa in Wildmoos besessen und über ein reichliches Einkommen verfügt.
»Was ist mit den Erben?«, fragte der Tierarzt. »Derjenige, der die Villa erbt, könnte doch auch den Hund behalten. Das wäre nur recht und billig. Ich verstehe nicht, warum Frau Pelikan diese Dinge nicht testamentarisch geregelt hat.«
»Die Arme hat zwar gespürt, dass sie todkrank war, aber ich glaube, sie wollte es nicht wahrhaben. Und außerdem war Arco eben ihr besonderer Liebling.«
»Sie meinen, sie hatte ihn so gern, dass sie sich auch im Tod nicht von ihm trennen wollte«, äußerte Hans-Joachim sarkastisch. »Eine solche Bestimmung finde ich unerhört grausam und weigere mich, dementsprechend zu handeln.«
In diesem Augenblick ließ Arco ein Bellen hören, das wie eine Zustimmung klang. Obgleich Hans-Joachim bezweifelte, dass das Tier fühlte, was ihm drohte, bestärkte ihn dieses Bellen in seinem Entschluss. »Ruhig, Arco, dir geschieht nichts«, beschwichtigte er den Hund. »Einstweilen bleibst du bei mir.«
»Sie wollen ihn behalten?«, erkundigte sich Frau Kukla überrascht.
»Ja. Was bleibt mir denn anderes übrig? Mein Beruf ist es, kranke Tiere zu heilen, nicht jedoch, gesunde zu töten. Arco ist ein völlig gesundes Tier. Ich kenne ihn von klein auf, seit ich ihm die ersten Impfungen verabreichte. Ich weiß, dass sein Frauchen vernarrt in ihn war, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass … Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Einstweilen kommt Arco in unser Tierheim. Später werden wir weitersehen.«
Frau Kukla erhob sich zögernd aus dem Stuhl, der Hans-Joachims Schreibtisch gegenüberstand. Einerseits war sie erleichtert, denn auch ihr hatte der letzte Auftrag von Frau Pelikan nicht gefallen, andererseits glaubte sie jedoch, den Tierarzt warnen zu müssen. »Auf Frau Pelikans Erben würde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen«, sagte sie. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Herr Ingenieur in Wildmoos sesshaft wird und sich einen Hund zulegt. Wahrscheinlich wird er die Villa mit allem Drum und Dran verkaufen und weiterhin durch die Welt gondeln.«
»Sie kennen Frau Pelikans Erben?«, warf der Tierarzt ein.
»Ja. Es handelt sich um Frau Pelikans Großneffen, Herrn Dipl.-Ing. Resak. Er war ihr einziger Verwandter. Natürlich kenne ich ihn nur flüchtig. Genaugenommen habe ich ihn nur ein einziges Mal gesehen, als er seine Tante besuchte. Sonst lebt er nämlich im Ausland – in den wildesten Gegenden. Er baut dort Brücken, Straßen und Flugplätze. Ich bin gespannt, ob er wenigstens zum Begräbnis seiner Tante kommen wird. Sie könnten ihn dann ja wegen Arco fragen. Vielleicht nimmt er ihn doch. Hm – ich kann mich nicht länger aufhalten. Frau Berger hat mich für zehn Uhr bestellt. Na ja, jedenfalls bin ich froh, dass der Hund am Leben bleiben darf«, verabschiedete sich Frau Kukla etwas umständlich.
Hans-Joachim blieb mit seinem neuen Schützling allein zurück. Arco hatte sich angeschickt, seiner bisherigen Betreuerin zu folgen, aber auf einen Zuruf des Tierarztes hin war er stehen geblieben, verbellte nun die sich schließende Tür und trottete dann zum Medikamentenschrank, vor dem er sich behaglich niederließ. Er legte den Kopf auf die Vorderpfoten und musterte seinen Lebensretter mit nachdenklichen Blicken aus seinen klugen braunen Hundeaugen.
Hans-Joachim sah ins Wartezimmer, das leer war. Er konnte also seine morgendliche Praxisstunde für diesen Tag als beendet betrachten. »Komm, Arco«, forderte er den Setter auf, »wir wollen sehen, was Andrea treibt.«
Andrea von Lehn, seine junge Frau, hatte dem Tierarzt noch vor einer halben Stunde bei der Behandlung eines Kätzchens assistiert, dann jedoch war sie von dem Hausmädchen zu ihrem kleinen Sohn gerufen worden und seither nicht wieder aufgetaucht.
Der Tierarzt durchquerte die Diele. Arco kam zwar mit, aber nur zögernd. Für seine empfindliche Hundenase gab es in diesem Haus so viele interessante Gerüche, die unbedingt erkundet werden mussten. Plötzlich hob er den Kopf und spitzte die Ohren. Vom Hof her erklang ein wütendes Kläffen, dann eine energische Männerstimme, die das Kläffen zum Verstummen brachte.
»Das waren Waldi und Janosch«, erklärte Hans-Joachim. »Du wirst die beiden bald kennenlernen. Hoffentlich verträgst du dich mit Waldi. Zuvor aber muss ich dich Andrea vorführen.«
Der Tierarzt brauchte nicht lange nach seiner Frau zu suchen. Sie hielt sich in der Küche auf, umgeben von einem Chaos. Kochtöpfe in den verschiedensten Größen standen auf dem Boden, zwei Bratpfannen, ein Satz Plastikschüsseln und eine Kuchenform vervollständigten die Auswahl an Haushaltsgeräten. Dazwischen verstreut waren Kartoffeln, Zwiebeln und dunkle Knollen, die Hans-Joachim erst bei näherem Hinsehen als rote Rüben identifizierte. Das Schlimmste aber waren die Glasscherben, die überall herumlagen, und die undefinierbare Flüssigkeit, die das Ganze umspülte.
»Hans-Joachim, pass auf, wohin du steigst!«, rief Andrea, seine hübsche, noch sehr junge Frau mit dunklen Haaren und strahlenden blauen Augen. »Nein, bleib lieber draußen«, setzte sie hinzu.
»Und du, Peter, bleib gefälligst auf deinem Stuhl sitzen!«, befahl sie ihrem kleinen Sohn im gleichen Atemzug.
»Papi! Weh-tan!«, verkündete Peterle voll Stolz und streckte seinem Vater einen dick verbundenen Daumen entgegen.
Hans-Joachim war in der Tür stehen geblieben und hatte Arco beim Halsband gefasst, um den Hund zurückzuhalten, denn Arco war sichtlich gewillt, sich freudig in das Getümmel zu stürzen.
»Einen Augenblick noch, wir sind gleich fertig«, sagte Andrea und half der dritten in der Küche anwesenden Person, dem Hausmädchen Marianne, die Scherben aufzuklauben und in den Mülleimer zu befördern.
»Nach dem Urheber dieser – hm – dieser Unordnung brauchte ich wohl nicht zu fragen«, meinte Hans-Joachim. »Könnt ihr dem Jungen denn nicht abgewöhnen, alle Schränke auszuräumen? Still, Arco! Sitz!« Der Hund befolgte diesen Befehl nur widerstrebend. Er hätte gar zu gern an den Vorgängen in der Küche teilgenommen.
Andrea fand es überflüssig, die Frage ihres Mannes zu beantworten. Er musste doch wissen, dass man dem gesunden Wissensdurst eines Kleinkindes keine Schranken setzen durfte. Peter liebte es eben, die Küchenschränke zu durchstöbern. Es war ein harmloses Vergnügen, denn das Hausmädchen hatte längst alles zerbrechliche Geschirr in höhere und für Peterle unerreichbare Regale umgeräumt. Dass er an diesem Tag eine volle Limonadenflasche erwischt und vom Tisch gezerrt hatte, war besonderes Pech. Zum Glück hatte er keine ärgere Verletzung davongetragen. Andrea hatte ihn verarztet und dann gemeinsam mit Marianne mit den Aufräumungsarbeiten begonnen.
»Eigentlich wollte ich dir einen neuen Bewohner unseres Tierheims vorstellen«, sagte Hans-Joachim, »aber ich glaube, das verschiebe ich lieber. Komm, Arco, wir sind hier unerwünscht.« Er wandte sich zum Gehen.
Doch da rutschte Peter von seinem Stuhl und schrie begeistert: »Wau-Wau – großer Hund!« Schon tappte er auf seinen Vater zu, ohne Rücksicht auf die Gegenstände, die ihm im Weg waren.
»O nein! Jetzt hast du die Töpfe umgeworfen, die wir bereits abgewischt hatten, Peter«, seufzte Andrea. »Auf diese Art schaffen wir nie wieder Ordnung.«
»Überlassen Sie alles Weitere mir, Frau von Lehn«, schlug Marianne vor. »Ich komme ganz gut allein