Dornröschen soll nicht weinen: Sophienlust 202 – Familienroman
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Wir wollen aber hierbleiben!« Herausfordernd standen die fünfjährigen Zwillinge Katja und Karin vor ihrem Vater. Professor Albert Fischer beugte sich zu den Kindern herab. »Ihr seid doch nun schon große Mädchen. Ihr müßt doch einsehen, daß das nicht geht. Es ist doch nun einmal mein Beruf, daß ich für eine ganze Zeit verreisen muß.« »Warum mußt du das denn?« unterbrach Katja, die eine halbe Stunde vor ihrer Schwester geboren war und darum auch die Wortführerin der beiden blieb, während Karin stets wie ein kleines Echo die Meinung der »großen« Schwester unterstrich. »Ihr wißt doch, daß ich ein Altertumsforscher bin. Weit weg von hier liegen tief in der Erde viele Dinge, die Menschen vor vielen tausend Jahren benutzt haben. Die muß ich ausgraben.« »Warum mußt du die ausgraben?« forschte Katja weiter. »Laß die doch da liegen!« »Aber Katja, das ist sehr wichtig, diese Sachen zu finden, damit wir wissen, wie die Menschen damals gelebt haben!« Katja schien diese Sache immer noch nicht so notwendig zu finden, daß der Vater deshalb verreisen und sie allein lassen mußte. »Früher bist du doch auch verreist, und wir konnten hierbleiben!« wandte sie ein und zog eine Schnute. »Da war auch Babette bei uns, die gut für euch gesorgt hat, seit eure Mami im Himmel ist.
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Buchvorschau
Dornröschen soll nicht weinen - Lotte Brügmann-Eberhardt
Sophienlust
– 202–
Dornröschen soll nicht weinen
Zwei kleine Mädchen entdecken eine Wunderwelt in Sophienlust
Lotte Brügmann-Eberhardt
»Wir wollen aber hierbleiben!«
Herausfordernd standen die fünfjährigen Zwillinge Katja und Karin vor ihrem Vater.
Professor Albert Fischer beugte sich zu den Kindern herab. »Ihr seid doch nun schon große Mädchen. Ihr müßt doch einsehen, daß das nicht geht. Es ist doch nun einmal mein Beruf, daß ich für eine ganze Zeit verreisen muß.«
»Warum mußt du das denn?« unterbrach Katja, die eine halbe Stunde vor ihrer Schwester geboren war und darum auch die Wortführerin der beiden blieb, während Karin stets wie ein kleines Echo die Meinung der »großen« Schwester unterstrich.
»Ihr wißt doch, daß ich ein Altertumsforscher bin. Weit weg von hier liegen tief in der Erde viele Dinge, die Menschen vor vielen tausend Jahren benutzt haben. Die muß ich ausgraben.«
»Warum mußt du die ausgraben?« forschte Katja weiter. »Laß die doch da liegen!«
»Aber Katja, das ist sehr wichtig, diese Sachen zu finden, damit wir wissen, wie die Menschen damals gelebt haben!«
Katja schien diese Sache immer noch nicht so notwendig zu finden, daß der Vater deshalb verreisen und sie allein lassen mußte.
»Früher bist du doch auch verreist, und wir konnten hierbleiben!« wandte sie ein und zog eine Schnute.
»Da war auch Babette bei uns, die gut für euch gesorgt hat, seit eure Mami im Himmel ist. Aber nun hat sie geheiratet und ist mit ihrem Mann in eine andere Stadt gezogen. Oder möchtet ihr, daß ich Frau Hapke wieder holen soll?«
Frau Hapke war nach Babettes Weggang kurze Zeit bei ihnen gewesen, aber weder er noch die Kinder hatten die Frau gemocht; alle waren froh gewesen, als sie von sich aus erklärte, nicht bleiben zu wollen.
»Nein, nein, bloß nicht!« schrien die Kinder abwehrend. »Aber vielleicht finden wir ja eine Frau, die genauso nett ist wie Babette?«
»Das ist schon möglich, aber das geht nicht so schnell! Seht mal, ich muß schon in wenigen Tagen weg. Wenn ich jetzt eine Frau einstelle und ihr mögt sie nachher nicht leiden, dann bin ich nicht da, und ihr müßt die ganze Zeit mit ihr leben. Wollt ihr das?«
Hilflos sahen die beiden Mädchen sich an.
»Dann könnte euch niemand helfen, wenn diese Frau häßlich zu euch ist! Und darum ist es besser, ich bringe euch in dieses schöne Kinderheim, wo viele nette Tanten sind. Da geht es euch bestimmt besser.«
Katja kaute auf ihrer Unterlippe herum.
Albert seufzte tief auf. »Nun seid mal vernünftig, und macht es mir und euch nicht so schwer.«
»Und du holst uns auch ganz bestimmt wieder ab, wenn du zurückkommst?« vergewisserte Katja sich.
»Wenn ich zurück bin, werde ich mich sofort nach einer netten Frau umsehen, die für euch sorgt, und dann kommt ihr selbstverständlich wieder nach Haus!«
Mit gesenktem Kopf trippelten die beiden Hand in Hand hinaus. Albert spürte einen feinen Stich im Herzen. Er konnte seine beiden Lieblinge ja verstehen, sie fühlten sich hier im Haus so wohl, aber was sollte er machen? Diese Expedition war ungeheuer wichtig und ließ sich auch nicht verschieben.
Er war froh gewesen, daß ihn ein Kollege auf dieses besondere Kinderheim in der Nähe von Maibach aufmerksam gemacht hatte. Dort verwaltete man die Kinder nicht nur, dort tat man alles, um auch denen, die nicht das Glück hatten, in einem intakten Elternhaus groß werden zu können, Geborgenheit und Lebensfreude zu geben.
Wie eine glückliche Fügung war es ihm erschienen, daß Frau von Schoenecker, die Sophienlust verwaltete, bei seiner vorsichtigen Anfrage sofort erklärte, zwei Plätze seien noch frei.
Die Koffer der Kinder waren bereits gepackt.
»Wenn ihr noch etwas von eurem Spielzeug einpacken wollt, dann sucht es euch heraus«, forderte er die Mädchen auf, nachdem er die Koffer in den Wagen geladen hatte.
Die beiden trotteten noch einmal in ihr gemeinsames Zimmer und kamen gleich darauf wieder heraus; Katja hatte ihren geliebten Erni im Arm und Karin den Bert.
Als die Kinder im Fond des Wagens angeschnallt waren, preßten sie die Stoffpuppen innig an sich, als müßten sie fortan dieses Stückchen Heimat ständig spüren.
»Schaut mal, wie schön es hier ist!« versuchte Albert die Kinder aufzumuntern, als er in die Allee einbog, die nach Sophienlust führte, aber die beiden schwiegen beharrlich. Im Inneren verziehen sie dem Vater nicht, daß er sie fortbrachte.
Frau Rennert, die Heimleiterin, kam ihnen auf der Treppe entgegen, als Albert den Wagen vor dem Herrenhaus anhielt.
»Sind das unsere beiden Neuankömmlinge?« wandte sie sich lächelnd an die Kinder, die die Hände fest auf dem Rücken verschränkt hielten.
»Das ist Katja«, stellte Albert vor und wies auf das kleine Mädchen mit den lustigen Rattenschwänzen. »Und dies ist Karin, ihre Zwillingsschwester.«
Frau Rennert betrachtete die beiden aufmerksam und kam sofort zu der Erkenntnis, daß Katja die Wortführerin der beiden war. Sie schaute mit wachen, skeptischen Blicken umher, während Karin den Blick gesenkt hielt.
»Willkommen, ihr beiden! Ich bin sicher, es wird euch hier gut gefallen. Ihr findet hier viele nette Spielgefährten«, versuchte Frau Rennert mit den Kindern ins Gespräch zu kommen.
Katja warf den Kopf in den Nacken. »Wir brauchen niemanden, wir haben ja uns!«
»Nun, manchmal macht es auch Spaß, mit mehreren Kindern zu spielen«, ergänzte Frau Rennert, merkte aber sofort, daß die Kinder nur mit innerem Widerstand hier waren.
»Darf ich Sie erst einmal in den Speisesaal bitten«, wandte sie sich darum jetzt an Albert. »Es ist gerade Mittagszeit bei uns, und ich lade Sie ein, mit uns zu essen.«
»Das ist sehr nett von Ihnen, vielen Dank!« Albert ließ sich nicht lange bitten, und die Zwillinge folgten ohne Zögern, weil der Vater ja mitging.
Vor dem Essen stellte Frau Rennert die Gäste vor.
»Das sind Katja und Karin Fischer, sie sind fünf Jahre alt und werden eine Zeitlang bei uns bleiben!«
»Kim auch fünf Jahre, Kim mit euch spielen!« Ein kleiner Junge sprang auf. Katja starrte ihn erstaunt an.
»Wie sieht der denn aus?« wandte sie sich leise an den Vater. Frau Rennert hatte es aber doch gehört und meinte ruhig:
»Kim kommt aus einem weit entfernten Land, aus Vietnam. Dort sehen alle Menschen so aus wie er. Kim braucht unsere besondere Zuwendung, er hat keine Eltern mehr und steht ganz allein.«
Zu Albert gewandt fuhr sie fort:
»Kim wurde auf besondere Weise gerettet, als seine Eltern auf der Flucht umkamen. Ein deutscher Arzt fischte ihn aus dem Meer und brachte ihn zu uns, damit wir uns seiner annehmen.«
Katja schüttelte den Kopf. »Wir wollen aber nicht mit ihm spielen, ich spiele mit Karin, und Karin spielt mit mir!«
Es klang so entschieden, daß Albert sie etwas hilflos