Im Schatten der schönen Schwester: Der neue Landdoktor 46 – Arztroman
Von Tessa Hofreiter
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Über dieses E-Book
Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt.
Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt...
»Weißt du schon, was du auf dem Reiterball anziehen willst, Anna?«, fragte Emilia Seefeld. Die Tochter des verwitweten Landdoktors schaute ihre Freundin erwartungsvoll an.
Anna Bergmann lächelte leicht. »Nein, ich habe mich noch nicht entschieden. Vielleicht kaufe ich mir etwas Neues, vielleicht ziehe ich das lange Abendkleid an, das ich getragen habe, als Sebastian und ich in der Oper gewesen sind.«
»Das aus der zartgrünen Seide?« Emilia lächelte. »Papa wird begeistert sein. Du hättest mal hören sollen, wie er uns am Frühstückstisch von dir in diesem Kleid vorgeschwärmt hat. Natürlich musste Opa ihn ein bisschen aufziehen und hat ihn gefragt, ob er von der Bühne überhaupt etwas mitbekommen oder nur dich angeschaut hat.«
Anna, die diesen schönen Abend nur zu gut in Erinnerung hatte, konnte sich nicht verkneifen zu fragen: »Und was hat Sebastian geantwortet?«
Emilia ahmte sehr gekonnt die Stimme ihres Vaters nach und antwortete würdevoll: »Eine Oper sollte man hören, die Augen können sich derweil an etwas anderem Schönen erfreuen.«
Beide lachten, und die Hebamme nahm kurz eine Hand vom Steuer, um dem jungen Mädchen spielerisch gegen das Knie zu boxen. »Ach, Emilia, so etwas hat er nie im Leben gesagt.«
Die Tochter des Landdoktors grinste verschmitzt. »Stimmt. Er hat schlicht gesagt, dass er den ganzen Abend nur Augen für dich gehabt hat.«
Anna wurde unwillkürlich rot. Die unausgesprochene zarte Liebesgeschichte, die sie mit Sebastian Seefeld verband, ließ ihr Herz schneller schlagen. Es gab so viel, was sie zusammenführte, und einiges, was sie noch trennte. Manchmal war es bitter-süß, manchmal aufregend und immer wunderschön.
»Bis zum
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Im Schatten der schönen Schwester - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 46–
Im Schatten der schönen Schwester
Gibst du kampflos auf, Luise?
Tessa Hofreiter
»Weißt du schon, was du auf dem Reiterball anziehen willst, Anna?«, fragte Emilia Seefeld. Die Tochter des verwitweten Landdoktors schaute ihre Freundin erwartungsvoll an.
Anna Bergmann lächelte leicht. »Nein, ich habe mich noch nicht entschieden. Vielleicht kaufe ich mir etwas Neues, vielleicht ziehe ich das lange Abendkleid an, das ich getragen habe, als Sebastian und ich in der Oper gewesen sind.«
»Das aus der zartgrünen Seide?« Emilia lächelte. »Papa wird begeistert sein. Du hättest mal hören sollen, wie er uns am Frühstückstisch von dir in diesem Kleid vorgeschwärmt hat. Natürlich musste Opa ihn ein bisschen aufziehen und hat ihn gefragt, ob er von der Bühne überhaupt etwas mitbekommen oder nur dich angeschaut hat.«
Anna, die diesen schönen Abend nur zu gut in Erinnerung hatte, konnte sich nicht verkneifen zu fragen: »Und was hat Sebastian geantwortet?«
Emilia ahmte sehr gekonnt die Stimme ihres Vaters nach und antwortete würdevoll: »Eine Oper sollte man hören, die Augen können sich derweil an etwas anderem Schönen erfreuen.«
Beide lachten, und die Hebamme nahm kurz eine Hand vom Steuer, um dem jungen Mädchen spielerisch gegen das Knie zu boxen. »Ach, Emilia, so etwas hat er nie im Leben gesagt.«
Die Tochter des Landdoktors grinste verschmitzt. »Stimmt. Er hat schlicht gesagt, dass er den ganzen Abend nur Augen für dich gehabt hat.«
Anna wurde unwillkürlich rot. Die unausgesprochene zarte Liebesgeschichte, die sie mit Sebastian Seefeld verband, ließ ihr Herz schneller schlagen. Es gab so viel, was sie zusammenführte, und einiges, was sie noch trennte. Manchmal war es bitter-süß, manchmal aufregend und immer wunderschön.
»Bis zum Ball dauert es noch einige Zeit. Wer weiß, welches Kleid mir noch über den Weg läuft«, antwortete Anna leichthin. Sie wechselte das Thema. »Ich finde es sehr nett von dir, dass du mitkommst, um im Haushalt der Bäuerin auszuhelfen, während ich mich um die Mutter und die Babys kümmere.«
»Der Hof liegt sehr weit abgelegen vom Dorf, und Frau Melchior hat neben den neugeborenen Zwillingen noch den kleinen Florian. Wenn du sowieso zu ihr hinausfährst, kann ich doch gut die Lebensmittel aus Fannys Geschäft mitnehmen, Traudels vorgekochtes Essen einfrieren und eine Runde mit dem kleinen Flo spielen.«
Anna schaute das Mädchen, mit dem sie eine tiefe Freundschaft verband, voller Stolz an. Emilia war ein Teenager, der mit Schule, Freundinnen, Hobbys und Freund Markus viel Zeit verbrachte, aber darüber nie die Nachbarschaftshilfe vergaß.
Unter angeregtem Plaudern fuhr die junge Hebamme weiter die gewundene Straße hinauf, neben der sich rechts und links Wiesen und Weiden mit Milchvieh erstreckte.
Unten im Tal glitzerte der Sternwolkensee, der sich am Dorf Bergmoosbach entlang erstreckte, und im Hintergrund grüßte das beeindruckende Alpenpanorama. Von der Straße bog ein breiter Seitenweg ab, der durch lichten Mischwald führte, in den Sonnenstrahlen ein funkelndes Streifenmuster zauberte.
Plötzlich bremste Anna. An der Weggabelung, die zum Hof der Familie Melchior hinaufführte, stand ein großes Auto, an das ein Pferdeanhänger gekoppelt war. Zwei junge Frauen hatten sich über die Motorhaube des Wagens gebeugt, über der eine altmodische Straßenkarte ausgebreitet war. Die eine der beiden Frauen schien verärgert zu sein und schimpfte halblaut vor sich hin. Die andere wirkte geduldig und so, als erlebe sie derartigen Ärger nicht zum ersten Mal.
Anna öffnete ihr Fenster und sagte freundlich. »Grüß Gott, können wir Ihnen vielleicht weiterhelfen?«
Die Frau schaute von ihrer Karte auf. Sie war groß, sehr schlank und hatte lange, glänzende blonde Haare. Bekleidet war sie mit hautengen Designerjeans und einer modischen weißen Bluse aus schimmernder Baumwolle. Der schmale Ledergürtel ihrer Jeans passte perfekt zu den Stiefeletten mit den hohen Absätzen. Sie trug eine teure Armbanduhr und Ohrringe aus Weißgold, denen man ansah, dass sie Einzelstücke aus einer exklusiven Goldschmiede waren. Die Frau wirkte sportlich-elegant, stilsicher und sehr verärgert.
»Die Beschilderung an der Landstraße ist irreführend. Wir hätten schon längst auf dem Gestüt Brunnenhof angekommen sein müssen, stattdessen führt dieser Weg immer weiter den Berg hinauf«, antwortete sie gereizt und ohne zu grüßen.
Anna und Emilia wechselten einen vielsagenden Blick, stiegen aus und gingen zu der ausgebreiteten Karte hinüber.
»Grüß Gott«, sagte jetzt die andere Frau freundlich. »Es ist sehr nett, dass Sie uns helfen. Meine Schwester und ich haben uns leider verfahren.«
»Was ja wohl offensichtlich ist«, fiel ihr die Blondine ins Wort. Ungeduldig trommelte sie mit den Fingerspitzen auf der Karte herum. »Was nützt einem das Smartphone, wenn man keinen Empfang hat.«
»Das kann hier draußen halt vorkommen«, antwortete Emilia leicht amüsiert. »Deshalb ist es immer gut, auch eine Straßenkarte dabeizuhaben.«
»Ich habe meiner Schwester gesagt, dass wir an dieser Stelle falsch abgebogen sind«, sagte die Frau mit den lockigen, dunklen Haaren und deutete auf einen bestimmten Punkt auf der Karte. »Kennen Sie sich in dieser Gegend aus? Können Sie uns sagen, ob die andere Abzweigung der richtige Weg zum Brunnenhof ist?«
Anna lächelte sie freundlich an. Im Gegensatz zu ihrer modischen, eleganten Schwester wirkte die jüngere Frau unscheinbar. Sie war klein und mollig und trug unvorteilhafte Jeans und ein weites Sweatshirt, das sie unförmig aussehen ließ. Ihre wunderschönen, kastanienbraunen Haare waren wie ein Vorhang, hinter dem sie ihr rundes Gesicht versteckte. Anna bemerkte, dass diese Frau leuchtende blaue Augen und ein warmherziges Lächeln hatte. »Ja, wir kennen uns gut hier in der Gegend aus«, antwortete sie freundlich. »Und Sie haben recht: Sie hätten an dieser Stelle nach links abbiegen müssen. Wenn Sie der Straße folgen, kommen Sie automatisch zum Brunnenhof.«
»Na, endlich. Brego muss aus dem Transporter heraus, und ich habe nach der langen Fahrt das dringende Bedürfnis, mich in ein pflegendes Schaumbad zu legen«, erwiderte die andere Frau. »Danke für den Hinweis, wir werden den Weg jetzt finden.«
»Der Weg hier ist zu schmal zum Wenden für Sie und den Pferdetransporter«, stellte Anna fest. »Wollen Sie uns auf dieser Abzweigung zum Melchior Hof folgen? Dort können Sie ungehindert wenden und wieder zurückfahren.«
Die Blondine seufzte genervt. »Dadurch verlieren wir noch mehr Zeit, aber das lässt sich jetzt nicht ändern. Wir werden Ihnen über diesen Waldweg folgen müssen.« Sie faltete achtlos die Straßenkarte zusammen und stieg ins Auto. »Luisa, kommst du endlich?«
Die Frau mit der üppigen Haarpracht lächelte entschuldigend und streckte Anna die Hand entgegen. »Nochmals danke für Ihre Hilfe. Ich heiße übrigens Luisa Bittner, und das ist meine Schwester Nathalie, wir machen Urlaub in Bergmoosbach. Vielleicht laufen wir uns dort noch einmal über den Weg?«
»Das ist sehr wahrscheinlich und würde mich freuen«, antwortete Anna und schüttelte herzlich die Hand der jungen Frau. »Wir beide heißen Emilia Seefeld und Anna Bergmann, und wir leben in Bergmoosbach.«
»Wie nett«, erwiderte Luisa erfreut. »Vielleicht können wir uns dann mit einem Kaffee für Ihre Hilfe bedanken.«
»Lu-iiisa!«, klang ein langgezogener, ungeduldiger Ruf aus dem Wagen. »Wird das heute noch etwas mit dir oder müssen wir hier übernachten?«
Anna blinzelte der Frau mitfühlend zu, und alle stiegen in ihre Autos. Langsam folgte der Wagen mit dem Anhänger dem Auto der Hebamme zum Hof hinauf.
»Puh, das sind aber sehr unterschiedliche Schwestern«, stellte Emilia fest. »Ob diese Nathalie mit ihrem Pferd auch so ungeduldig ist wie mit Luisa?«
Anna schmunzelte. »Ich glaube, das lassen sich auf Dauer weder Brego noch Luisa gefallen«, sagte sie. »Ich finde die jüngere Schwester sehr sympathisch. Obwohl sie im Schatten ihrer energischen Schwester steht, scheint sie sich davon nicht unterkriegen zu lassen.«
Auf dem Hofplatz der Melchiors wendete Nathalie geschickt Wagen und Anhänger, und die beiden Schwestern fuhren mit einem kurzen Winken zurück. Anna und Emilia luden ihre mitgebrachten Sachen aus dem Auto und gingen zum Haus hinüber, auf dessen Dachfirst ein hölzerner Storch verkündete, dass hier neues Leben geboren worden war.
Während Anna die Nachsorge bei der jungen Mutter übernahm und Emilia mit dem zweijährigen Flo den Kühlschrank einräumte, waren die beiden Schwestern auf dem richtigen Weg zum Gestüt. Der Brunnenhof lag eingebettet in hügelige Weiden und war von einer niedrigen Backsteinmauer umgeben, die von zwei Pfeilern und einem zweiflügeligen Tor aus kunstvoll geschmiedetem Eisen unterbrochen wurde. Der eine Torflügel war einladend geöffnet, aber der andere versperrte die Hälfte der Zufahrt.
Nathalie bremste und hupte. »Haben sie denn hier kein Interesse daran, dass ihre Gäste ungehindert auf das Gelände kommen können?«, sagte sie ungeduldig.
»Das ist doch kein Problem, ich steige aus und öffne den anderen Torflügel«, erwiderte ihre Schwester vernünftig und griff nach dem Sicherheitsgurt, um ihn zu lösen.
»Nichts da, du bleibst sitzen. Siehst du den Mann bei dem linken Pfeiler? Soll er doch das Tor aufmachen«, sagte sie und senkte das Seitenfenster. »Hallo? Sie! Könnten Sie auch den anderen Flügel öffnen?