Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille
Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille
Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille
eBook227 Seiten3 Stunden

Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der Weg führt Graf Nocturno und Coco in ein seltsames Dorf. Die Bewohner dort scheinen allesamt in einem vergangenen Jahrhundert zu leben. Seit jeher sind sie von der Umgebung hermetisch abgeriegelt und fürchten die Bewohner des Nachbardorfes wie die Pest ... Angeblich sind diese allesamt dem Wahnsinn verfallen ... Coco stellt Nachforschungen an - und schwebt schon bald darauf in Lebensgefahr ...

Der 25. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
67: "Der magische Kompass"
68: "Das Dorf der Stille"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Nov. 2013
ISBN9783955722258
Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille

Mehr von Logan Dee lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille

Titel in dieser Serie (68)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Horrorfiktion für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Das Haus Zamis 25 - Das Dorf der Stille - Logan Dee

    Das Dorf der Stille

    Band 25

    Das Dorf der Stille

    von Catalina Corvo und Logan Dee

    nach einer Story von Uwe Voehl

    © Zaubermond Verlag 2013

    © Das Haus Zamis – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Lektorat: Dario Vandis

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Auch von anderer Seite droht Asmodi Ungemach. Unzufrieden mit seiner Herrschaft, hat sich ein Geheimbund oppositioneller Dämonen gebildet, dessen Mitglieder maskiert in der Öffentlichkeit auftreten und Asmodi zum Rückzug auffordern. Da der Fürst dies strikt ablehnt, scheint ein offener Krieg unter den Dämonen unausweichlich.

    In dieser Situation tötet Cocos Mutter Thekla Zamis unter dem Einfluss Asmodis die Dämonin Traudel Medusa – die nicht nur Michael Zamis' Geliebte war, sondern auch ein hohes Mitglied der Oppositionsdämonen. Die Oppositionellen rufen zum Rachefeldzug … aber mit Cocos Hilfe gelingt es Michael Zamis, seine Unschuld zu beweisen. Dennoch sind die Oppositionellen nicht länger an seiner Unterstützung interessiert. Stattdessen ist es plötzlich Coco, die von ihnen hofiert wird. Als sie dem maskierten Anführer der Oppositionsdämonen bei einem Treffen in Rumänien klarmacht, dass sie kein Interesse an den politischen Intrigen der Dämonen hat, verpasst er ihr ungefragt ein »Permit« – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Einst, wenn die Oppositionellen die Macht in der Schwarzen Familie übernommen hätten, werde ihr dieses Permit Schutz gewähren …

    Nach zahlreichen Auseinandersetzungen schließen Asmodi und sein Herausforderer Graf Nocturno, der sich inzwischen als Anführer der Oppositionsdämonen offenbart hat, einen Pakt: die Charta Daemonica. Damit ist Asmodi einmal mehr der unumstrittene Herrscher über die Schwarze Familie. Der geheimnisumwitterte Nocturno bedingt sich allein drei Gebiete aus – und Coco Zamis als seine Begleiterin.

    Um sich ihrer Loyalität auch weiterhin sicher zu sein, verwandelt er ihren Vater in einen krötenartigen Freak.

    Nocturno entführt Coco zunächst nach Schweden. Dort, inmitten der Steinsetzung Ales Stenar befindet sich der Zugang zu einer anderen Dimension. Es ist eine Welt, in der selbst die Schwarze Eminenz, wie sich der Graf auch gerne nennen lässt, einen Teil der Macht eingebüßt hat und nicht mehr allein über Tod oder Leben entscheidet.

    Ihre Odyssee gleicht einer Flucht, denn von Anfang an setzt sich ein geheimnisvoller Verfolger auf ihre Fersen. Es hat den Anschein, als hätte er noch eine alte Rechnung mit Nocturno offen …

    Erstes Buch: Der magische Kompass

    Der magische Kompass

    von Catalina Corvo

    nach einer Story von Uwe Voehl

    1.

    Sandkörner, die unter den Kragen geglitten waren, pieksten in meinen Nacken, Kiesel bohrten sich in meinen Rücken. Ich schlug die Augen auf. Über mir streckten sich graue Wolken träge am Himmel wie eine Reisegruppe fetter, vollgefressener Touristen im Ausflugslokal. Ich roch eine leichte Note von Salz und Mineralien. In der Ferne rauschte das Meer. Ich drehte den Kopf. Sah Dünengras, zäh, grau und hässlich, zu Boden gequetscht unter einem Paar schwarzer, glänzender Schuhe, die nicht so aussahen, als hätten sie jemals den Sand wirklich berührt, auf dem sie standen.

    In den Schuhen steckten Füße, mein Blick wanderte weiter hinauf, Beine, schlanke Beine in schwarzen Hosenbeinen. Mit Bügelfalte. Eine dunkle Weste aus Seide, eine ebenso vornehme Anzugjacke, helle Haut, ein Blick wie Traum und Glut.

    Nocturno.

    »Gut, du bist wach.« Seine Stimme – wohlklingend wie immer, sein Tonfall beiläufig. Jovial. »Steh auf, wir müssen gehen. Der Weg beginnt gerade erst.«

    »Wo sind wir?«, fragte ich und richtete mich auf. Alles war grau, keine Sonne zu sehen, nur die dunkle Wolkenwatte, die den Himmel überzog. In der Ferne verschwamm sie mit einem ebenso grauen Streifen Meer.

    Erstaunlicherweise wehte kein Lüftchen. Es herrschte Flaute. Und bis auf das entfernte, gleichmäßige Rauschen eine endlose, unheimliche Stille. Der Sand unter meinem Hintern und meinen Füßen knirschte überlaut in meinen Ohren, als ich mich mühsam erhob. Jeder Muskel meines Körpers schmerzte, wie nach einem anhaltenden schweren Krampf. Ich verzog das Gesicht und ächzte leise.

    »Das ist eine Nebenwirkung des Übergangs.« Nocturno nickte mir zu. »Es vergeht bald, und du gewinnst deine Kraft zurück.«

    Auf einmal spürte ich einen seltsamen Druck auf meinen Ohren. Wie bei einer schnellen Autofahrt oder im Flugzeug. Ich schluckte ein paarmal. Erfolglos. Ich wurde das nervtötende Gefühl nicht los, dass mir etwas die Ohren verkleisterte. Zur Sicherheit schnipste ich nahe an meiner Ohrmuschel mit den Fingern. Ich hörte das Geräusch deutlich, und zugleich sagte ein Teil von mir, dass ich es eigentlich undeutlich, wie durch Watte wahrnehmen sollte.

    Ähnliche Schwierigkeiten hatte ich mit den Augen, sobald ich länger in die Ferne spähte. Ich sah die Konturen klar, und zugleich verschwamm das Bild.

    Die nicht-wehende Luft war kalt und ließ mich frieren. Zugleich überkam mich das Gefühl, schwitzen zu müssen. Aber Fieber hatte ich keins, meine Stirn war kühl.

    Nocturnos Mundwinkel wanderten ein paar Millimeter nach oben. »Du hast noch nicht gelernt, dich an die Schwingung dieses Ortes anzupassen«, erklärte er mit einem Hauch Amüsement. »Aber es wird besser mit der Zeit.«

    »Wo genau sind wir hier?«, fragte ich.

    Aber er ignorierte mich und wandte sich um. »Da lang.« Nocturno zeigte scheinbar wahllos in eine Richtung und marschierte seinem Fingerzeig hinterher.

    Während ich ihm folgte, wurde mir die Stille der Umgebung, ihre Eintönigkeit unheimlich. Ich glaubte, einen fremden Blick zu spüren, eine Bewegung hinter meinem Rücken. Aber als ich mich umdrehte, war nichts zu sehen. Auch keine fremden Spuren im Sand.

    Nur meine eigenen und Nocturnos. Aber sie endeten nach wenigen Metern, als hätten sie nie existiert. Aber kein Wind war zu spüren gewesen, der sie mit Sand hatte überdecken können. Lautlos waren sie einfach verschwunden.

    »Komm, Coco, halte dich nicht unnötig auf«, rief Nocturno mir zu. Er ging unbeirrt weiter. Ein kalter Schauer glitt über meinen Rücken. Ich schüttelte mich. Und schwitzte. Hastig beschleunigte ich meine Schritte und schloss zu Nocturno auf.

    »Unsere Spuren …«

    »Vergiss das.«

    »Dir ist klar, dass sie verschwinden.«

    »Kümmere dich nicht darum.«

    »Du weißt schon, dass das nicht normal ist«, hakte ich skeptisch nach.

    »Hier ist nichts normal. Und alles«, erwiderte er kryptisch und blickte weiter stur geradeaus.

    Ich pustete missbilligend Luft durch die Lippen. »Danke für das Gespräch.« Er schien nicht bereit, mir eine sinnvolle Erklärung zu liefern. Und auf unverständliche Pseudo-Weisheiten konnte ich verzichten.

    Eine warme Hand griff nach meiner. Fragend sah ich Nocturno an.

    »Du fragst zu viel und könntest verloren gehen«, sagte er und verschränkte unsere Finger. »Ich würde dich nur ungern verlieren.«

    »Jetzt bin ich beruhigt«, gab ich zurück und mied nun meinerseits seinen Blick. Aber, auch wenn ich es nicht gern zugab, die lebendige Berührung gab mir ein wenig Halt und Ruhe. Auch wenn es mich zermürbte, nicht zu wissen, wo wir uns befanden.

    Plötzlich stand mitten zwischen den Dünen ein Auto. Schneidiges Rot, sportlicher Schnitt, offenes Verdeck – da stand ein waschechter Ferrari.

    »Eure Kutsche ist da, Mylady«.

    Man musste es Nocturno lassen, er gab sich nicht mit zweitklassigen Dingen zufrieden. Nicht, dass er mich damit auch nur im Geringsten beeindrucken konnte.

    Als wir näher kamen, bemerkte ich viel zu spät die graue Asphaltstraße, in deren Mitte das Auto auf uns wartete. Sitze aus weißem Leder und eine Armatur aus poliertem Mahagoni. Nicht schlecht. Irrte ich mich, oder strahlte der Wagen eine gewisse Ungeduld aus?

    Und warum hatte ich die Straße nicht früher bemerkt?

    »Darf ich bitten?« Nocturno öffnete die Tür.

    Ich runzelte die Stirn. Wollte er mich verspotten? Erst hatte er mich, ohne sich zu erklären, an diesen Ort verfrachtet, weigerte sich auch weiterhin konsequent, mich in seine Absichten einzuweihen, und jetzt spielte er den Galan?

    »Bisher gehörte ›Bitten‹ nicht ins Repertoire deiner Handlungen.« Ich verschränkte die Arme. Ich wollte da nicht einsteigen. Ich wollte überhaupt nirgendwo mit ihm hin. Nicht ohne Erklärung. Und außerdem war mir das Auto unheimlich. Wie es schon so allein mitten im Nichts auf dieser mysteriösen Straße stand. Da faulten ganze Komposthaufen im Staate Dänemark.

    Ich wollte wirklich nicht in den Sportwagen einsteigen und doch tat ich es. Als zöge mich eine übermächtige Kraft unaufhaltsam auf die weißen Nobelpolster. Plötzlich saß ich im Wagen und fragte mich, wie ich hineingekommen war. Nocturno schlug die Tür neben mir zu. Er lächelte unbeeindruckt und unverändert charmant. »Du weißt, doch, ich bin undurchschaubar, schöne Coco.«

    »Und ich hab nicht viel übrig für allzu mysteriöse Männer«, konterte ich. »Davon kenne ich mittlerweile so viele, dass es mir langweilig wird.«

    »Keine Sorge.« Nocturno drehte den Zündschlüssel. Der Motor dröhnte tief und voll. »Langweilig wird unsere kleine Reise sicher nicht werden.«

    Georg (Gegenwart)

    Die misstrauischen Blicke der drei Chinesen ignorierend, starrte ich vor mich hin und widmete mich ganz dem dampfenden Getränk in der irdenen Schüssel. ›Ranzig‹ war das treffendste Wort, mit dem sich das widerliche Zeug beschreiben ließ. Der Buttertee stank schon wie ein vergorenes Teelicht. Und dann erst die Konsistenz. Ich kämpfte darum, nicht unhöflicherweise das Gesicht zu verziehen. Schicksalsergeben setzte ich die Schüssel an die Lippen und schlürfte die fettige Brühe herunter. Hastig spülte ich dann den Geschmack mit ein paar Löffeln Hirsebrei und erstaunlich wohlschmeckenden Fleischbällchen herunter.

    Der Gastwirt nickte zufrieden. Immerhin verköstigte er mich, das Rundauge, den Touristen mit der tibetischen Nationalspeise. Buttertee, den man gut und gerne auch als Lampenöl verwenden konnte, und Tsampa, die erste Instantsuppe der Welt, die schon seit grauer Vorzeit hier oben in den Bergen die Menschen geschmacksfrei aber nahrhaft und billig verpflegte.

    Erst nachdem ich einige Bissen der fremden Speise heruntergeschlungen hatte, merkte ich, welch starken Hunger mir die dünne Höhenluft trotz meiner dämonisch-leidensfähigen Konstitution bescherte, und verleibte mir auch den Rest ein. Nun ohne Rücksicht auf den gewöhnungsbedürftigen Geschmack. In den nächsten Tagen und womöglich Wochen musste ich mich wohl mit derlei Nahrung herumschlagen, also gewöhnte ich mich besser schnell daran. So wie ich mich mittlerweile auch an Peters unvermeidliches Gequatsche gewöhnt hatte.

    »Also ich finde diese drei Kerle da drüben äußerst verdächtig.«

    Niemand außer mir sah den grauen Mönch, der mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze neben mir hockte wie der Tod in Grau. Nur ohne Sense und Stundenglas.

    »Ach, auch schon gemerkt?«, raunte ich leise. Mittlerweile hatte ich gelernt, wie ein Bauchredner zu sprechen, ohne die Lippen zu bewegen. So konnte ich mich unauffällig mit Peter unterhalten, ohne überall als völlig verrückt zu gelten.

    Manchmal fragte ich mich, ob Peter sich einen Spaß daraus machte, sich über mich lustig zu machen, oder ob er wirklich so neben der Spur war, dass er das Offensichtliche so spät bemerkte. Wahrscheinlich bereitete es ihm großen Spaß, mich genau über diesen Punkt stets im Ungewissen zu lassen. Auch hatte ich das Gefühl, dass er mittlerweile meine Gedanken lesen konnte.

    »Die drei sind magisch beeinflusst«, stellte er prompt fest.

    »Ach.« Das hatte ich schon beim Einbiegen in die enge Gasse gespürt. Nur deswegen war ich in die kleine Garküche eingekehrt.

    Auf Englisch, und bemüht um einen überzeugenden britischen Akzent, fragte ich den Wirt nach den Öffnungszeiten des Potala-Palastes und diverser großer ehemaliger Klöster, die heute als Museen dienten und in jedem Reiseführer ganz vorn standen. Dazu noch ein paar dumme Fragen, über den Tee und Yaks, ein bisschen beiläufiges Gewedel mit einem kleinen Traumfänger, den ich um den Hals trug, und ich qualifizierte mich als ignoranter Tourist, der auf einem Selbstfindungstrip ein wenig buddhistische Erleuchtung gepaart mit einem Schuss Esoterik und ein paar einfachen Wandertouren suchte.

    Die Chinesen entspannten sich wieder. Nur noch selten flog ein vereinzelter misstrauischer Blick zu mir hinüber. Ich vertiefte mich in einen Stapel Reiseführer und einen zerfledderten Stadtplan. Aber aus den Augenwinkeln behielt ich den Tisch der drei Männer im Blick. Geschäftsleute. Sie trugen keine Anzüge, aber Krawatten und teure Markenpullover, die es nur im Westen gab.

    Eine Visitenkarte wechselte den Besitzer.

    »Sieh sie dir an«, zischte ich.

    »Ja doch, Sahib. Gerne, Sahib.«

    Peter schlenderte zu dem Dreiergrüppchen hinüber, betrachtete den Aufdruck des kleinen Kärtchens, das der Jüngste der drei zwischen seinen Fingern drehte. Ein Mittzwanziger mit einem goldenen Ohrring, in den ein Saphir und ein runder Jadestein eingelassen waren. Sein Nebenmann, ein untersetzter Kerl mit einem gezwirbelten Oberlippenbart, legte sich sorgfältig einen weißen Frotteeschal um den Hals, dann stand er auf und griff zu seiner Jacke.

    Ich beobachtete, wie sie sich durch ein kurzes Nicken verabschiedeten, dann verließ der weiße Schal die Garstube. Die anderen zahlten und machten sich auch auf den Weg. Goldohrring redete hektisch aber leise auf den Dritten im Bunde ein, einen irgendwie schmutzig wirkenden, dürren Kerl, dessen Alter ich nicht bestimmen konnte. Er wirkte wie ein Trinker. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, und gelbe Flecken bedeckten die ausgemergelten Wangen, die Stirn und seine Hände. Er runzelte die Stirn und hob die Schultern. Dann sah er sich suchend um. Sein Blick verharrte dort, wo Peter stand. Die Falte auf der gelbfleckigen Stirn wuchs, ihr Besitzer schüttelte sich wie von einem jähen Kälteschauer.

    Goldohrring ließ das Kärtchen in seine Brusttasche gleiten. Dann bimmelte ein kleines Glöckchen über der Eingangstür, und ein kalter Windhauch fegte in die Stube und huschte mit den Männern wieder nach draußen.

    Die Butterlampen, deren Flämmchen sich bisher zaghaft und mickrig an die Dochte gedrückt hatten, lebten auf, sobald die Tür ins Schloss fiel.

    Das konnte natürlich an der neuen Sauerstoffzufuhr liegen, oder aber …

    »Was hast du herausbekommen?«, fragte ich Peter, sobald er sich wieder zu mir hinübersetzte.

    »Wenn mich meine Chinesischkenntnisse nicht ganz trügen, dann ging's um einen Mann namens Sung Li, der mit Kunsthandwerk und Geistermasken handelt. Hat einen kleinen Laden nicht weit von hier. Aber aus den Andeutungen des Dicken schließe ich, dass Mr. Li unter der Hand noch ein paar Profite einheimst. Und zwar mit heißer Ware aus Klöstern und Gräbern. Und der Auftraggeber der drei, ein gewisser Feng Lao, gehört zu Lis Quellen. Irgendwie ging es dabei um eine alte Münze.«

    »Eine Münze?«, fragte ich alarmiert.

    »Ich nehme schon an, dass es eine von unseren beiden ist.« Peter grinste.

    »Die Ausstrahlung war ja auch mehr als deutlich«, gab ich zurück. »Also wer hat sie jetzt?«

    Ich brauchte die Münze. Im Grunde brauchte ich beide. Ohne die Zwillingsmünzen würde mir der Zugang in die Unterwelt verschlossen bleiben. Sie versiegelten den Ort. Bevor ich zu meinem eigentlichen Ziel, dem Tor, aufbrach, musste ich erst die Passierscheine sammeln. Einen hatte ich gerade lokalisiert, wie es schien. Nun musste ich der Spur nur unauffällig folgen.

    Die Orientierung innerhalb der Stadt fiel mir nicht leicht. Der Wind scheuchte mich durch die engen, kalten Gassen, zwischen zwei-, höchstens dreistöckigen Häusern hindurch, die ebenso braun waren wie die Berge. Lediglich Kleidungsstücke, die an quer über die Straßen gespannten Wäscheleinen flatterten, bunte, dreieckige Wimpel mit verschnörkelten Segenszeichen und Ornamenten an Giebeln und Türen, sorgten für Farbtupfer.

    In dem Viertel, durch das ich mich bewegte, herrschte noch das alte Lhasa. Abgesehen davon,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1