GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 22: SCHICKSAL IM SAND: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
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Über dieses E-Book
Dieses Foto hat mich mein ganzes Leben lang wie ein Spuk verfolgt. Jetzt weiß ich, warum, aber es ist zu spät. Und wenn ich es gewusst hätte - was hätte es ausgemacht? Das ist eine dieser unbeantwortbaren und bedeutungslosen Fragen, die mein Kopf endlos herumwälzt, so wie etwa die Zunge ununterbrochen an einem schadhaften Zahn herumspielt.
Ich habe es seit Jahren nicht mehr gesehen, aber ich brauche nur meine Augen zu schließen, dann befinde ich mich wieder in einer Landschaft, die fast ebenso feindselig - und so schön - ist wie diese hier. Achtzig Millionen Kilometer sonnenwärts und zweiundsiebzig Jahre in der Vergangenheit: fünf Männer stehen mitten im antarktischen Schnee vor der Kamera. Nicht einmal die unförmigen Pelze können die Erschöpfung verdecken, die die Haltung ihrer Körper kennzeichnet, und ihre Gesichter hat schon der Tod berührt.
(aus: Schicksal im Sand von Arthur C. Clarke)
Die von Christian Dörge zusammengestellte Anthologie Schicksal im Sand enthält fünf Erzählungen von Robert Bloch, Robert W. Chambers, Isaac Asimov, Clifford D. Simak und Arthur C. Clarke.
Schicksal im Sand erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.
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Rezensionen für GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 22
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Buchvorschau
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 22 - Christian Dörge
Das Buch
Dieses Foto hat mich mein ganzes Leben lang wie ein Spuk verfolgt. Jetzt weiß ich, warum, aber es ist zu spät. Und wenn ich es gewusst hätte - was hätte es ausgemacht? Das ist eine dieser unbeantwortbaren und bedeutungslosen Fragen, die mein Kopf endlos herumwälzt, so wie etwa die Zunge ununterbrochen an einem schadhaften Zahn herumspielt.
Ich habe es seit Jahren nicht mehr gesehen, aber ich brauche nur meine Augen zu schließen, dann befinde ich mich wieder in einer Landschaft, die fast ebenso feindselig - und so schön - ist wie diese hier. Achtzig Millionen Kilometer sonnenwärts und zweiundsiebzig Jahre in der Vergangenheit: fünf Männer stehen mitten im antarktischen Schnee vor der Kamera. Nicht einmal die unförmigen Pelze können die Erschöpfung verdecken, die die Haltung ihrer Körper kennzeichnet, und ihre Gesichter hat schon der Tod berührt.
(aus: Schicksal im Sand von Arthur C. Clarke)
Die von Christian Dörge zusammengestellte Anthologie Schicksal im Sand enthält fünf Erzählungen von Robert Bloch, Robert W. Chambers, Isaac Asimov, Clifford D. Simak und Arthur C. Clarke.
Schicksal im Sand erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.
Robert Bloch: DER BÜCHERWURM (Constant Reader)
Früher einmal hatte man sie Zwangsjacken genannt. Ich weiß das, weil ich in den Büchern alles darüber gelesen habe. Ja, in richtigen Büchern, diesen altmodischen Schriften, die man auf Papier druckte und zwischen Leder oder Kartondeckeln band. In ein paar Bibliotheken auf der Erde gibt es sie noch, und ich habe eine Menge davon gelesen. Genauer gesagt: ich besitze selbst eine ganze Sammlung. Das ist ein eigentümliches Hobby, aber es macht mir viel mehr Spaß als das Telekolleg oder Besudle in den Sensies.
Demzufolge gebe ich auch zu, dass ich so etwas wie ein Sonderling bin, zumindest wenn man jenen psychiatrischen Fachbüchern glauben will, die ich erwähnte. Das ist die einzig denkbare Erklärung dafür, dass mir das Lesen Spaß macht und dass ich mir so viele nutzlose Dinge merke.
Zum Beispiel diese Geschichte mit den Zwangsjacken. Das einzige, was ich davon hatte, war ein seltsames Gefühl, jedes Mal, wenn wir bei Aufklärungsflügen wieder Planetenanziehung bekamen.
So ging es mir jetzt auch wieder, als Penner schrie: »Pass doch auf, Dale! Leg dein Spielzeug weg und schnall dich an!«
Ich legte mein Buch weg und ging an die Luke. Ich spürte bereits das erste Ziehen, obwohl die Neutralisatoren eingeschaltet waren. Ich schnallte mich an, und da hing ich jetzt in meinem Kokon, in meiner Zwangsjacke.
Da hing ich also in unserer eigenen kleinen privaten Irrenanstalt: Scout Nummer 3890-R, Heimathafen 19/1, seit zwei Monaten unterwegs, im Anflug auf Planet 68/5, um Aufklärung zu betreiben.
Ehe ich hinausblickte, sah ich mir noch einmal meine Anstaltskollegen an. Penner, kommissarischer Kommandant, war am Steuer angeschnallt; ich konnte nur seinen breiten Rücken und seinen kugelförmigen Kopf sehen, der in starrer Konzentration nach vorne blickte. Swanson, der Co-Astrogator, hing neben ihm, sein Adlerprofil über die Instrumente gebeugt. Little Morse, Techniker, hing zu meiner Linken, und der alte Levy, Schiffsingenieur, zu meiner Rechten. Alle anwesend: Penner, Swanson, Morse, Levy - und ich, George Dale, Dauerleser und Beobachtungsoffizier, nach zwei Monaten in einem fliegenden Irrenhaus in seine Zwangsjacke geschnallt.
Zwei Monate sind eine lange Zeit, wenn man immer dasselbe tut. Zwei Monate Aufklärungsflug sind wie eine Ewigkeit. Mit vier anderen Männern in einen einzigen Raum für zwei Monate eingesperrt zu sein, ist alles andere als ein Vergnügen, und unsere Zwangsjacken schienen daher äußerst passend.
Nicht dass irgendeiner von uns wirklich verrückt gewesen wäre; wir alle hatten schon eine ganze Anzahl ähnlicher Missionen geflogen und bis jetzt überlebt. Aber die schiere Monotonie hatte uns aufgerieben.
Ich nehme an, aus diesem Grund hat man uns auch die zusätzlichen sieben Pfund pro Mann gestattet - Luxuszulage hieß das. Aber die sogenannten Luxusgegenstände erweisen sich am Ende als bitter nötig. Swanson nahm sich gewöhnlich Genussmittel mit: Schokolade und dergleichen. Schokoladekapseln hielten ihn bei Verstand. Morse und Levy verlegten sich auf Spiele - Karten, Würfel, Superschach und die nötigen Bretter dazu. Penner bestand erstaunlicherweise darauf, auf altmodisches Papier Skizzen zu malen. Und ich hatte meine eigene Angewohnheit; ich schaffte es jedes Mal, drei oder vier Bücher mitzunehmen.
Ich glaube immer noch, dass meine Wahl die beste war. Schokolade, Freihandskizzen und die Freuden der Karten und Würfel verloren schnell die Anziehungskraft auf meine vier Begleiter. Aber die Bücher bewahrten mein Interesse. Vielleicht kam es daher, dass ich als Kind und nicht als Erwachsener Lesen gelernt hatte - vielleicht lag es auch daran, dass mir mein Hobby eine perverse Befriedigung bereitete.
Natürlich lachten mich die anderen aus. Natürlich gingen wir einander auf die Nerven, stritten, brausten auf. Aber jetzt, als wir ruhig in unseren Zwangsjacken hingen und spürten, wie der Einfluss der Schwerkraft zunahm, kehrte so etwas wie Vernunft zurück. Und damit auch die Vorfreude und die Erwartung.
Wir näherten uns dem Planeten 68/5.
Neue Welten besiegen? Nicht gerade. Es war zwar eine neue Welt, und darin lag die Erwartung. Aber unsere Aufgabe war es nicht, zu erobern; wir vom Aufklärungsdienst beobachteten nur und registrierten. Oder, besser gesagt, unsere Instrumente registrierten.
Im Augenblick flogen wir mit Autopilot, etwa achthundert Kilometer über der Oberfläche des Planeten. 68/5 war klein und von Wolken eingehüllt; der Planet besaß offenbar ebenso wie die anderen' Planeten dieses Sonnensystems eine Atmosphäre. Wir rückten näher und spähten durch unsere Bildschirme auf eine stumpfe, ebene Oberfläche, die mit immer größer werdender Geschwindigkeit auf uns zuzurasen schien.
»Ziemlich alt«, knurrte Morse. »Keine Berge und auch kein Wasser - ausgetrocknet, vermute ich.«
»Kein Leben.« Das kam vom alten Levy. »Beruhigt mich.« Levy war das, was die Bücher einen Misanthropen genannt hätten. Obwohl das Mis sich bei ihm nicht auf die Anthropen beschränkte. Er schien eine angeborene Aversion gegenüber allem, das nicht rein mechanischer Natur war, zu haben - ich weiß auch nicht, warum er sich nicht ganz auf die Robotik verlegte.
Unser Flug wurde schneller. Achtzig Kilometer, sechzig, vierzig. Ich sah Swanson Vorbereitungen treffen, den Robotscout abzuschießen. Penner gab das Signal, als er das Schiff zur Planetenoberfläche senkrecht stellte. Der Robotscout glitt davon, von Swanson über den Bildschirm gesteuert. Er trieb hinab, immer weiter in die Tiefe. Wir folgten ihm langsam, sanken durch die Wolkenschicht und blieben dicht hinter der Sonde.
»Treffer!«, rief Swanson. »Mitten ins Schwarze.« Wir warteten, während der Robotscout seine Arbeit tat. Er war unser Star-Reporter, unser Fotograf, unser offizieller Meteorologe, unser Geologe, unser Experte für Anthropologie und Mineralogie, unser Fremdenführer und, was häufig das Wichtigste war, unser Lockvogel.
Wenn es auf einem Planeten Leben gab, so lockte die Landung des Robotscouts es normalerweise hervor. Wenn es auf einem Planeten den Tod gab, fand ihn der Robotscout für uns. Und die ganze Zeit registrierte er. In gewisser Weise war er eine vollständige Expedition in einer Kapsel, ein nichtmenschlicher Abgesandter, ohne die menschliche Fähigkeit, sich zu irren oder Angst zu empfinden.
Jetzt trat er in Aktion, kreuzte über der Oberfläche des Planeten, von Swansons geschickter Hand gesteuert. Wir warteten geduldig, dann ungeduldig. Eine Stunde verstrich, zwei Stunden.
»Hol ihn zurück!«, befahl Penner. Swansons Finger bewegten sich, und der Robotscout tauchte wieder auf.
Penner schaltete die Aggregate auf Schwebeflug. »Alles losschnallen«, sagte er. »Sehen wir nach!«
Wir gingen über die Rampe ins untere Deck, und Swanson öffnete den Scout. Die Fotos waren fertig, die Magnetbänder aufgespult. Die nächste Stunde waren wir voll beschäftigt. Anschließend hatten wir alle vorläufigen Daten über Planet 68/5.
Sauerstoffgehalt hoch. Schwerkraft erdähnlich - wie es in diesem speziellen Sektor und diesem Sonnensystem die Regel zu sein schien. Keinerlei Lebewesen zu sehen. Aber einst hatte hier Leben existiert, und zwar Leben hohen Grades. Das bewiesen die Fotos. Eine ganze Menge Stadtruinen.
Und der Planet war alt. Daran bestand kein Zweifel. Morse hatte recht gehabt; die Berge waren zu Staub abgetragen, und der Staub ließ keinerlei pflanzliches Leben zu. Eigenartig, dass der Sauerstoffgehalt noch so hoch war. Ich hätte vermutet, dass mehr Kohlenstoff...
»So, zur Sache bitte«, sagte Penner. »Nach den Schwerkraftanzeigen brauchen wir weder Schwebeflug, noch brauchen wir uns anzuschnallen. Ebenso gut können wir sofort landen. Der Tag hat hier 20,1 Stunden - unser Computer sagt, dass wir mit noch fünf Stunden Tageslicht rechnen können. Also dürfen wir uns alle Umsehen.«
Wir gingen wieder hinauf auf unsere Plätze, und Swanson landete.
Es war nur ein toter Planet, eine Staubwüste ohne Bäume, ohne Gras, ohne Wasser; eine flache, schieferfarbene Fläche, auf der alles dasselbe, dasselbe, dasselbe war. Aber sie war massiv; man konnte die Füße darauf setzen, man konnte kilometerweit über den Sand gehen und spüren, wie einem die Luft ins Gesicht wehte.
Und es gab Ruinen zu erforschen. Das würde interessant sein. Wenigstens war es einmal etwas anderes.
Ich konnte spüren, wie die Spannung, wie die Erregung wuchs; das war etwas ebenso Greifbares wie der kurze Schock und das Vibrieren bei der Landung. Wir drängten uns zur Schleuse, zogen unsere Anzüge aus und die Plastikkombinationen an, schnallten unsere Geräte und unsere Waffen um, wie die Dienstanweisung es verlangte. Morse gab uns unsere Geräte, und wir betätigten Reißverschlüsse und Schnallen und überprüften alles voll ungeduldiger Hast. Selbst Penner war erregt, vergaß aber nicht, seinen Skizzenblock mitzunehmen, ehe sich die Schleuse öffnete.
Normalerweise hätte er vermutlich darauf bestanden, eine Wache an Bord zu lassen, aber da es hier kein Leben gab, war das wirklich nicht erforderlich. Und nach zwei Monaten im Weltraum wollten alle hinaus.
Die Schleuse öffnete sich. Die Leiter fuhr aus. Wir atmeten tief ein und wandten unsere Gesichter der Wärme der fernen orangeroten Sonne zu.
»In einer Reihe - und bleibt beieinander!«, warnte uns Penner.
Es ist wie am letzten Schultag, die Glocke klingelt zum letzten Mal, und die Jungen rennen hinaus auf den Spielplatz. Also warnt sie der Lehrer: »In einer Reihe - bleibt beieinander!« Und was passiert?
Genau das, was jetzt passierte. Im nächsten Augenblick rannten wir über den weichen Sand, grinsten, lachten, warfen das feine Zeug mit den Händen in die saubere, trockene Luft. Wir rannten auf unseren nagelneuen Beinen über die nagelneue Welt.
Wir rannten in die Richtung, die wir unwillkürlich als Westen bezeichneten - weil die orangerote Sonne dort hing und wir uns ebenso natürlich der Sonne zuwandten wie Blumen, die man aus einem Treibhaus ins Freie verpflanzt hat.
Vergnügt und voll Freude rannten wir, denn das waren Ferien, das war ein Picknick, das war die Entlassung aus der Irrenanstalt, alles auf einmal. Das Lächeln auf den Gesichtern meiner Begleiter sprach von Euphorie. Alles war gut: der Sand unter unseren Füßen, das Auf und Ab unserer Beine bei den langen Schritten, die mahlende Bewegung der Hüften, das Schwingen der Arme, das Sichheben und -senken der Brust, das gierige Atmen der Lungen, die Vergeudung beim Ausatmen, die Augen, die in die Ferne blickten, in die weite, weite Ferne. Ja, es war schön, hier zu sein, schön zu leben, schön, frei zu sein.
Einmal mehr maßen wir die Minuten nach unseren Bewegungen und nicht nach abstrakten Zeitbegriffen. Einmal mehr erlebten wir unsere Existenz bewusst, mühten uns darum, eben das zu tun, anstatt unsere Sinne abzustumpfen, um das Leben erträglicher zu machen.
Mir schien, als wäre ich mir noch nie so völlig lebendig vorgekommen, aber ich irrte. Ich irrte, weil ich die Verdunkelung nicht bemerkte:
Keiner von uns bemerkte sie: selbst jetzt kann ich noch nicht einmal anfangen, sie zu begreifen. Ich weiß nicht was geschah. Es passierte einfach - Verdunkelung. Blackout.
Ehe es geschah, eilten wir der Sonne entgegen - Penner, Swanson und Morse etwas voran, Levy und ich ein oder zwei Schritte dahinter, und alle rannten wir eine sanfte Sanddüne hinauf.
Und dann, ohne jeden Übergang, schritten wir im Dunkeln - Penner, Swanson, Morse, Levy und ich in einer dichtgedrängten Gruppe, trotteten in ein Tal hinunter.
»Was ist passiert?«
»Sonnenfinsternis?«
»Wo ist die Sonne?«
»Wo sind wir?«
»Wie lange gehen wir denn schon? Mir ist, als