Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17: VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17: VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17: VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.
eBook348 Seiten4 Stunden

GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17: VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Craigie sagte: »Und hier ist noch eine.« Es war ein dunkelhaariges Mädchen, jünger als das erste. Es mochte einmal hübsch gewesen sein, aber die Gesichtszüge waren eingefallen. Es war das Gesicht einer Toten.

Jedes Gebäude stand für sich. Carlsen kamen sie wie eine Ansammlung ägyptischer Grabstätten vor. Insgesamt waren es dreißig. In jedem lag ein Schläfer: acht ältere Männer, sechs ältere Frauen, sechs jüngere Männer und zehn Frauen, deren Alter sich zwischen achtzehn und fünfundzwanzig bewegt haben mochte.

»Aber wie sind sie in diese verdammten Dinger hineingekommen?«

Murchison hatte Recht; es gab keine Türen. Sie gingen um die Gebäude herum und untersuchten jeden Zoll der Glasoberfläche. Sie war nahtlos. Auch die Dächer, die aus halb transparentem Kristallglas bestanden, schienen fest mit dem Glas verbunden oder verschmolzen zu sein.

Vampire aus dem Weltraum von Colin Wilson (* 26. Juni 1931 in Leicester; † 5. Dezember 2013 in St. Austell) erschien erstmals im Jahr 1976 und wurde 1985 von Tobe Hooper unter dem Titel Lifeforce – Die Tödliche Bedrohung verfilmt – in den Hauptrollen: Steve Railsback, Peter Firth, Frank Finlay, Mathilda May und Patrick Stewart.

Vampire aus dem Weltraum erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum9. Apr. 2019
ISBN9783748701491
GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17: VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorgestellt hat.

Ähnlich wie GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17

Titel in dieser Serie (25)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Science-Fiction für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 17 - Colin Wilson

    Das Buch

    Craigie sagte: »Und hier ist noch eine.« Es war ein dunkelhaariges Mädchen, jünger als das erste. Es mochte einmal hübsch gewesen sein, aber die Gesichtszüge waren eingefallen. Es war das Gesicht einer Toten.

    Jedes Gebäude stand für sich. Carlsen kamen sie wie eine Ansammlung ägyptischer Grabstätten vor. Insgesamt waren es dreißig. In jedem lag ein Schläfer: acht ältere Männer, sechs ältere Frauen, sechs jüngere Männer und zehn Frauen, deren Alter sich zwischen achtzehn und fünfundzwanzig bewegt haben mochte.

    »Aber wie sind sie in diese verdammten Dinger hineingekommen?«

    Murchison hatte Recht; es gab keine Türen. Sie gingen um die Gebäude herum und untersuchten jeden Zoll der Glasoberfläche. Sie war nahtlos. Auch die Dächer, die aus halb transparentem Kristallglas bestanden, schienen fest mit dem Glas verbunden oder verschmolzen zu sein.

    Vampire aus dem Weltraum von Colin Wilson (* 26. Juni 1931 in Leicester; † 5. Dezember 2013 in St.  Austell) erschien erstmals im Jahr 1976 und wurde 1985 von Tobe Hooper unter dem Titel Lifeforce – Die Tödliche Bedrohung verfilmt – in den Hauptrollen: Steve Railsback, Peter Firth, Frank Finlay, Mathilda May und Patrick Stewart.

    Vampire aus dem Weltraum erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden.

    Für June O’Shea,

    meine kriminologische Beraterin

      Vorbemerkung

    Dieses Buch verdankt seine Entstehung einer vor vielen Jahren geführten Diskussion mit meinem alten Freund A. E. van Vogt, dessen Erzählung Asylum zu den Klassikern der utopischen Vampir-Literatur zählt. (Kennern des Genres werden beim Lesen gewisse Parallelen nicht entgehen.) August Derleth, der meine erste Science Fiction-Arbeit veröffentlichte, ermutigte mich aufs herzlichste zu diesem Projekt. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, seine Vollendung mitzuerleben. Der Dank für die Idee der Parallelität zwischen Vampirismus und Verbrechen gebührt June O’Shea aus Los Angeles, die mich reichhaltig mit Büchern und Zeitungsausschnitten über amerikanische Verbrechen der jüngsten Vergangenheit versorgt hat. Zahlreiche Anregungen zu diesem Buch gingen auch aus Diskussionen mit Dan Farson hervor - sowohl was Vampirismus im Allgemeinen als auch seinen Großonkel, Bram Stoker, im Besonderen betrifft. Gleichfalls möchte ich an dieser Stelle Graf Olof de la Gardie für seine Gastfreundschaft in Rabäck und für die Erlaubnis, mir Einblick in die Familiendokumente bezüglich seines Vorfahren Graf Magnus zu gewähren, meinen herzlichsten Dank aussprechen. Schließlich noch muss ich Mrs. Sheila Clarkson für das sorgfältige Korrigieren und Abtippen des eselsohrigen Manuskripts danken.

    - Colin Wilson

      Erstes Kapitel

    Lange bevor sie sie sahen, erfassten ihre Instrumente die gewaltige Silhouette. Das war zu erwarten gewesen. Was Carlsen verwunderte, war, dass, als sie nur noch tausend Meilen entfernt waren und die Bremsraketen ihre Geschwindigkeit auf siebenhundert Meilen pro Stunde reduziert hatten, sie noch immer nicht zu erkennen war.

    Dann sah sie Craigie durch das Kristallglas des Beobachtungsfensters als Schattenriss gegen die Sterne. Die anderen verließen ihre Plätze, um sie zu betrachten. Dabrowsky, der Chefingenieur, sagte:

    »Noch ein Asteroid. Wie sollen wir ihn diesmal nennen?«

    Mit zusammengekniffenen Augen - das grelle Sternenlicht blendete ihn - schaute Carlsen aus dem Beobachtungsfenster. Als er den Analysator betätigte, liefen symmetrische, grüne Linien über den Kontrollschirm; durch die Schnelligkeit ihrer Annäherung waren sie nach oben hin verzerrt.

    »Das ist kein Asteroid. Er besteht durch und durch aus Metall.«

    Dabrowsky kam zur Kontrolltafel zurück und starrte auf den Schirm.

    »Was könnte es dann sein?«

    Das Summen der Atommotoren war bei dieser Geschwindigkeit kaum lauter als das einer elektrischen Uhr. Sie gingen zurück an ihre Plätze und beobachteten, wie das größer werdende Objekt immer mehr Sterne verdeckte. Während des vergangenen Monats hatten sie neun neue Asteroiden untersucht und in die Sternkarten eingetragen; nun sagte ihnen der Instinkt des erfahrenen Weltraumfahrers, dass sie es hier mit etwas anderem zu tun hatten.

    Bei zweihundert Meilen Distanz war die Silhouette klar genug erkennbar, um alle Zweifel zu beseitigen. »Es ist ein Raumschiff«, bekannte Craigie.

    »Aber um Himmels willen, wie groß ist es denn?«

    Im leeren All, wo es keine Bezugspunkte gibt, konnten Entfernungen trügerisch sein. Carlsen drückte die Computertasten nieder. Dabrowsky, der ihm über die Schulter sah, meinte ungläubig: »Fünfzig Meilen?«

    »Das ist unmöglich«, erklärte Craigie.

    Dabrowsky schlug heftig auf die Tasten und starrte das Resultat an.

    »Neunundvierzig Komma sechs vier Meilen. Fast achtzig Kilometer.«

    Das schwarze Objekt füllte das Sichtfenster jetzt aus. Dennoch waren selbst auf diese Entfernung keine Einzelheiten zu erkennen. Lieutenant Ives sagte: »Es ist nur ein Vorschlag, Sir - aber wäre es nicht besser zu warten, bis wir Antwort auf unseren Funkspruch zur Basis erhalten?«

    »Das würde noch einmal vierzig Minuten dauern.« Die Basis war der Mond, zweihundert Millionen Meilen entfernt. Ein Funkspruch, der sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegte, würde dreiundzwanzig Minuten brauchen, um dort anzulangen, und eine Antwort noch einmal dreiundzwanzig Minuten. »Ich würde gern näher herangehen.«

    Die Motoren schwiegen nun. Sie trieben mit fünfzig Meilen pro Stunde auf das Raumfahrzeug zu. Carlsen schaltete die gesamte Innenbeleuchtung aus. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, und sie sahen die grauschwarzen Metallwände, die das Sonnenlicht aufzusaugen schienen. Als sie noch ein paar hundert Meter entfernt waren, stoppte Carlsen die Hermes. Die sieben Männer drängten sich um das Sichtfenster. Durch das dicke Kristallglas, das so durchscheinend wie klares Wasser war, konnten sie die Seitenwand des Schiffes sehen. So weit das Auge reichte, ragte sie wie ein eiserner Felshang über ihnen auf. Nach unten zu schien sich die Wand bis in den gähnenden Abgrund des Alls fortzusetzen. Sie waren alle an Schwerelosigkeit gewöhnt, doch diesmal brachte sie der Blick nach unten aus dem Gleichgewicht. Ein paar traten unwillkürlich vom Fenster zurück.

    Auf diese Entfernung war eindeutig zu erkennen, dass das Schiff ein Wrack war. Hundert Meter weiter rechts war ein drei Meter großes Loch in die Schiffsplatten geschlagen worden. Der Suchscheinwerfer zeigte, dass das Metall sechs Zoll stark war. Als der Lichtstrahl langsam über die Schiffswände wanderte, konnten sie weitere tiefe Beulen und kleinere Meteoreinschlagslöcher sehen.

    Steinberg, der Navigator, meinte: »Es sieht aus, als hätte es einen Krieg mitgemacht.«

    »Möglich. Aber ich glaube, die Schäden rühren größtenteils von Meteoren her.«

    »Dann muss es aber ein regelrechter Sturm gewesen sein.«

    Sie betrachteten das Schiff schweigend. Carlsen sagte: »Entweder das, oder es befindet sich schon sehr lange Zeit hier.«

    Niemand musste fragen, was er meinte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raumschiff von einem Meteor getroffen wird, ist etwa ebenso groß wie die Gefahr, dass ein Schiff im Atlantik ein treibendes Wrack rammt. Um diesen Schiffsrumpf so übel zuzurichten, wären Tausende von Jahren erforderlich gewesen.

    Craigie, der schottische Funker, bemerkte: »Mir gefällt das Ding nicht. Es hat etwas Verruchtes an sich.«

    Den anderen erging es offenbar ebenso. Carlsen sagte fast gleichgültig: »Es könnte die größte wissenschaftliche Entdeckung des einundzwanzigsten Jahrhunderts sein.«

    In der Aufregung und Anspannung der letzten Stunde war keinem dieser Gedanke gekommen. Mit dem telepathischen Gespür, das sich zwischen Menschen im All zu entwickeln scheint, erfassten nun alle, was in Carlsens Kopf vor sich ging. Dieses Ereignis konnte sie berühmter machen als die ersten Menschen, die auf dem Mond gelandet waren. Sie hatten ein Raumschiff entdeckt, das eindeutig nicht von der Erde stammte. Damit stand außer Frage, dass es intelligentes Leben in anderen Sternsystemen gab.

    Das Geräusch vom Funkgerät ließ sie auffahren. Es war die Antwort von der Mondbasis. Die Stimme gehörte Dan Zelensky, dem Kommandanten. Offenbar hatte ihre Nachricht schon Furore gemacht. Zelensky sagte: »Okay. Umsichtig Vorgehen und Radioaktivitäts- und Weltraumvirentests machen. Sobald wie möglich Bericht erstatten.« In der herrschenden Stille konnten alle die Worte hören. Ebenso hörten sie Craigies Antwort, die Carlsen diktierte. Craigies Stimme klang brüchig vor Erregung.

    »Hier ist ein eindeutig fremdes Raumfahrzeug, fast fünfzig Meilen lang und fünfundzwanzig hoch. Es sieht aus wie ein riesiges, am Himmel schwebendes Schloss. Es ist unwahrscheinlich, dass Leben an Bord ist. Vermutlich befindet es sich mindestens schon ein paar hundert Jahre hier. Wir bitten um Erlaubnis, es untersuchen zu dürfen.« Die Botschaft wurde in einminütigen Intervallen ein halbes dutzendmal wiederholt; selbst wenn die meisten von statischen Störgeräuschen des Weltalls unverständlich gemacht wurden, würde eine wahrscheinlich durchkommen.

    Während der Stunde, in der sie auf Antwort warteten, stieß die Hermes sanft gegen das unbekannte Schiff. Sie aßen Büchsenrindfleisch, das sie mit schottischem Whisky hinunterspülten; die Aufregung hatte sie hungrig gemacht. Wieder meldete sich Zelensky persönlich, und auch seiner Stimme war die Erregung anzumerken.

    »Bitte ergreift alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen. Und für den Fall, dass eine Gefahr droht, bereitet euch auf sofortige Rückkehr zur Mondbasis vor. Wir empfehlen euch, keinen Versuch zu machen, an Bord zu gehen, bevor ihr euch nicht ausgeschlafen habt. Ich habe mich mit John Skeat von Mount Palomar unterhalten, und er gesteht, dass ihn die Sache verblüfft. Wenn dieses Ding fünfzig Meilen misst, hätte man es schon vor zweihundert Jahren entdecken müssen. Langzeitbelichtungsaufnahmen zeigen in diesem Teil des Himmels nichts von so einem Körper. Bevor ihr also an Bord geht, bitte alle möglichen Tests durchführen.«

    Obwohl die Botschaft ihnen nichts sagte, was sie sich nicht selbst schon wussten, lauschten sie ihr aufmerksam und spielten sie noch mehrmals ab. Das Leben im Weltall ist einsam und langweilig; nun plötzlich, so spürten sie, standen sie im Mittelpunkt des Universums. Auf der Erde würden ihre Nachrichten jetzt auf allen Fernsehkanälen übertragen werden. Vor zwei Stunden hatten sie begonnen, Geschichte zu machen.

    In London war es jetzt sieben Uhr abends. Die Männer der Hermes lebten nach Greenwicher Zeit; auf diese Weise hielten sie eine Art Kontakt aufrecht. Es war bereits abzusehen, dass die allgemeine Erregung ihren Höhepunkt überschritten hatte und die Spannung im Verlauf des Abends weiter abflauen würde. Carlsen gab Whisky aus, jedoch nicht so viel, um die Männer betrunken zu machen; er wollte das Wrack nicht mit einer verkaterten Mannschaft betreten.

    Zusammen mit Giles Farmer, dem Schiffsarzt, manövrierte Carlsen die Hermes so, dass ihr Notausstieg gegenüber dem drei Meter großen Meteoreinschlagsloch zu liegen kam. Ferngesteuerte Roboter entnahmen Proben kosmischen Staubs aus dem Innern des Wracks. Die Weltraumvirentests verliefen negativ. (Seit dem Desaster der Ganymede 2113 waren sich Raumfahrer der Gefahren, die sie vielleicht mit auf die Erde einschleppten, nur zu bewusst.) Leichte Radioaktivität wurde gemessen, keine größere jedoch, als von kosmischem Staub, der den periodischen Ausbrüchen tödlicher Strahlung solarer Stürme ausgesetzt war, zu erwarten gewesen wäre. Von Robots aufgenommene Blitzlichtaufnahmen zeigten einen riesengroßen Raum, dessen Abmessungen schwer abzuschätzen waren. In  seinem letzten Tagesbericht, bevor er sich schlafen legte, erwähnte Carlsen, er glaube, das Schiff müsse von Riesen gebaut worden sein. Es war eine Bemerkung, die er später einmal bedauern sollte.

    Allen fiel das Einschlafen schwer. Carlsen lag noch wach und fragte sich, wie sein restliches Leben wohl aussehen würde. Er war fünfundvierzig, norwegischer Abstammung und mit einer hübschen Blondine aus Älesund verheiratet. Verständlicherweise hatte sie nichts für diese sechsmonatigen Forschungsexpeditionen übrig. Nun sah es so aus, als könnte aus seiner Rückkehr zur Erde vielleicht ein Daueraufenthalt werden. Als Kapitän der Expedition stand ihm das Recht zu, das erste Buch und die ersten Zeitschriftenartikel darüber zu verfassen. Dies allein konnte einen reichen Mann aus ihm machen. Er würde gern eine Farm in den Äußeren Hebriden kaufen und mindestens zwei Jahre lang die Vulkane auf Island erforschen - Diese rosigen Zukunftsträume riefen, anstatt ihn schläfrig zu machen, eine krankhafte Erregung hervor. Um drei Uhr morgens schließlich nahm er ein Schlafmittel; dennoch träumte er die Nacht über von Riesen und verwunschenen Schlössern.

    Um zehn Uhr hatten sie gefrühstückt, und Carlsen hatte sich die Männer ausgesucht, die ihn in das Wrack begleiten sollten. Er nahm Craigie, Ives und Murchison, den Zweiten Ingenieur, mit. Murchison war ein Mann von immenser Gestalt; irgendwie gab es Carlsen ein beruhigendes Gefühl, ihn dabei zu wissen.

    Dabrowsky legte einen Zweistundenfilm in die kleine Kamera ein. Er filmte die Männer beim Anlegen der Raumanzüge und forderte jeden auf, seine Gefühle zu beschreiben; er dachte bereits im Sinne von Fernseh-Wochenschauen.

    Steinberg, ein hochgewachsener, junger Jude aus Brooklyn, sah krank und niedergeschlagen aus. Carlsen fragte sich, ob er verärgert war, dass er nicht zur Gruppe jener gehörte, die an Bord des Wracks gehen durften. »Wie fühlen Sie sich, Dave?«, fragte er. »Gut«, antwortete Steinberg. Als Carlsen die Augenbrauen hochzog, sagte er: »Ich habe ein ungutes Gefühl. Die Sache gefällt mir nicht. An dem Wrack ist etwas Unheimliches.«

    Carlsens Mut sank; er erinnerte sich, dass Steinberg eine ähnliche Vorahnung gehabt hatte, kurz bevor die Hermes auf dem Asteroid Hidalgo beinahe verunglückt wäre; eine allem Anschein nach solide Oberfläche war damals eingebrochen, das Landetriebwerk des Schiffes war beschädigt und Dixon, der Geologe, schwer verletzt worden. Zwei Tage später war Dixon gestorben. Carlsen unterdrückte den aufkommenden Zweifel.

    »So geht es uns allen. Seht auch das verdammte Ding doch an. Frankensteins Schloss...«

    Dabrowsky fragte: »Olof, wollen Sie ein paar Worte sage?«

    Carlsen zuckte die Achseln. Der Public-Relations-Teil seiner Arbeit missfiel ihm zwar, aber er wusste, dass es nun einmal dazu gehörte. Er setzte sich auf den Stuhl vor der Kamera. Sofort kamen ihm alle möglichen Gemeinplätze in den Sinn; er wusste, es waren abgedroschene Phrasen, aber etwas anderes fiel ihm nicht ein. Um ihn zu ermuntern, fragte Dabrowsky: »Was für ein Gefühl ist es, wenn man...«

    »Nun - äh - wir wissen nicht, was wir dort drinnen vorfinden werden. Wir haben nicht die leiseste Ahnung. Offensichtlich - äh - Professor Skeat in Mount Palomar hat darauf hingewiesen, dass niemand dieses Ding bisher gesehen hat. Immerhin ist es ziemlich groß, fünfzig Meilen lang. Astronomen können durch Vergleiche von Fotografien Asteroidenfragmente von zwei Meilen Länge ausfindig machen. Die Erklärung liegt vielleicht in seiner Färbung. Es handelt sich um ein außergewöhnlich mattes Grau, das offenbar nur sehr wenig Licht reflektiert. Also - äh...« Er verlor den Faden. Dabrowsky fragte: »Sind Sie aufgeregt?«

    »Nun ja, natürlich bin ich aufgeregt...« Das war nicht wahr; er war stets ruhig und bei der Sache, wenn ein Einsatz bevorstand. »Dies könnte unser erster wirklicher Kontakt zu Lebewesen aus einer anderen Galaxis werden. Andererseits könnte dieses Schiff sehr, sehr alt sein, und es...«

    »Wie alt?«

    »Wie soll ich das wissen? Aber nach dem Zustand der Schiffshülle zu urteilen, könnte sein Alter irgendwo zwischen zehntausend und vielleicht zehn Millionen Jahren liegen.«

    »Zehn Millionen?«

    Carlsen rief ärgerlich: »Um Himmels willen, stellen Sie dieses verdammte Ding ab. Wir sind hier nicht in einem Filmstudio.«

    »Tut mir leid, Skip.«

    Carlsen klopfte ihm auf die Schulter. »Ist nicht Ihre Schuld, Joe. Ich hasse einfach dieses ganze Getue.« Er wandte sich an die anderen. »Kommt, Leute. Fangen wir an.«

    Er betrat die Luftschleuse als erster; aus Sicherheitsgründen pflegten sie sich einzeln durchzuschleusen. Die kräftigen Magnete in seinen Schuhsohlen erzeugten eine Illusion von Schwerkraft. Als er in den Abgrund unter sich blickte, wurde ihm schwindlig. Sehr sachte schob er sich an der Luke vorbei und schlug sie hinter sich zu. Im Vakuum gab sie keinen Laut von sich. Er stieß sich mit der Hand ab, überbrückte die ein Meter fünfzig breite Kluft zu dem gezackten Loch und schwebte hindurch. Die Filmkamera hatte er sich quer über die Schulter gehängt. Der Suchscheinwerfer, den er bei sich trug, hatte nur die Abmessungen einer größeren Taschenlampe, aber seine Atombatterien konnten einen Lichtstrahl liefern, der mehrere Meilen weit reichte.

    Der Boden befand sich etwa fünf Meter unter ihm. Er war aus Metall. Aber als er auf ihm landete, prallte er wieder ab und stieg zwei Meter in die Höhe. Das Metall war offensichtlich antimagnetisch. Mit dem Kopf voran schwebte er langsam hinunter und setzte so sanft wie ein Luftballon auf. Er setzte sich auf den Fußboden und leuchtete, als Zeichen, dass alles in Ordnung war, mit der Lampe auf die Öffnung. Dann schaute er sich um.

    Für einen Augenblick hatte er die Illusion, sich in London oder New York zu befinden. Dann sah er, dass die gewaltigen, hochauf- ragenden Gebilde, die ihn an Wolkenkratzer erinnert hatten, in Wirklichkeit riesige Säulen waren, die vom Boden bis zur Decke reichten. Die Dimensionen war atemberaubend. Die nächste Säule, etwa hundert Meter entfernt, mochte die Größe des Empire State Buildings haben; er schätzte ihre Größe auf über dreihundert Meter. Sie war kreisrund und mit Rillen versehen. An der Spitze wuchs sie wie die Äste eines Baumes auseinander. Er ließ den Lichtstrahl durch die Halle wandern. Es war, als blicke man in eine gigantische Kathedrale oder einen verzauberten Wald. Der Fußboden und die Säulen waren von der Farbe reifbedeckten Silbers mit einer Spur Grün darin. Die Wand neben ihm erstreckte sich ohne sichtbare Wölbung eine Viertelmeile in die Höhe. Sie war mit fremdartigen farbigen Figuren und Mustern bedeckt. Er bewegte sich vorsichtig ein Stück auf die nächste Säule zu - trotz seines geringen Gewichts konnte ein heftiger Zusammenprall den Raumanzug beschädigen - und stieß sich ab. Er verbreiterte den Lichtstrahl, so dass er eine Fläche von zwanzig bis dreißig Metern ausleuchtete. Sein Verstand war abgestumpft gegen jegliches Erstaunen, sonst wäre ihm vielleicht ein Ausruf entschlüpft.

    Craigies Stimme ertönte: »Alles in Ordnung, Skip?«

    »Ja. Dies ist ein phantastischer Ort. Wie eine gewaltige Kathedrale mit riesigen Säulen. Und an der Wand sind Bilder.«

    »Was für Bilder?«

    Ja, was für Bilder? Wie konnte er sie beschreiben? Sie waren nicht abstrakt; etwas stellten sie dar; soviel stand fest. Aber was? Es erinnerte ihn an ein Ereignis in seiner Kindheit; er lag in einem Wald, umgeben von Glockenblumen, und die weißlich-grünen Stengel dieser Blumen verschwanden in der braunen Erde. Diese Bilder hätten einen tropischen Urwald oder vielleicht einen Unterwasserwald aus Unkraut und Ranken darstellen können. Die Farben waren Blau, Grün, Weiß und Silber. An den Bildern war etwas faszinierend Kompliziertes. Carlsen hatte keinen Zweifel, dass er ein großartiges Kunstwerk betrachtete.

    Weitere Lampen stachen in das Dunkel. Die drei anderen schwebten langsam nach unten, vollführten dabei Schwimmbewegungen, als befänden sie sich unter Wasser. Murchison schwebte zu ihm hinauf und versetzte ihm mit seinem Gewicht einen Stoß, der ihn fünfzehn Meter weit treiben ließ.

    »Was halten Sie davon, Skip? Glauben Sie, dass das wirklich Riesen waren?«

    Er schüttelte den Kopf und entsann sich dann, dass Murchison sein Gesicht ja nicht sehen konnte. »In diesem Stadium würde ich nicht einmal raten.« Er wandte sich an die anderen. »Wir bleiben am besten zusammen. Ich möchte das andere Ende untersuchen.« Mit eingeschalteter Kamera schwebte er langsam durch die Halle. Rechts zwischen den Säulen konnte er etwas erkennen, das wie eine riesige Treppe aussah. Für die Männer, die auf der Hermes zurückgeblieben waren, kommentierte er die Szenerie fortlaufend; er war sich jedoch bewusst, dass seine Worte ihnen keinen Begriff von den schwindelerregenden Ausmaßen dieser Bauwerke geben konnten.

    Vierhundert Meter weiter kamen sie an einem riesigen Korridor vorbei, der auf die Mitte des Schiffes zuführte; seine Decke war geschwungen wie die eines mittelalterlichen Gewölbes. Alles an dieser Umgebung wirkte fremdartig und zugleich seltsam vertraut. Er hörte sich zu Craigie sagen: »Wenn dieses Schiff von Erdenmenschen gebaut worden wäre, hätten sie ihm ein totes, funktionelles Aussehen verliehen - viereckige Säulen mit Nieten. Was für Wesen es auch immer gebaut haben, sie hatten einen Sinn für Schönheit...« Weit oben an der Wand zur Linken war ein kreisförmiges Gitter, das ihn an ein Kirchenfenster erinnerte. Er schwebte darauf zu. Aus der Nähe konnte er erkennen, dass es einem Zweck diente. Es war etwa dreißig Meter hoch und einsfünfzig stark; die Löcher darin waren mehrere Meter breit. Carlsen ließ sich in einem davon nieder und leuchtete mit dem Scheinwerfer hindurch. Die Filmkamera, nun an seiner Brust festgeschnallt, lief automatisch und filmte alles, was er sah.

    »Christus«, murmelte er.

    »Was ist?«

    Der Raum dahinter wirkte wie eine Traumlandschaft. Monströse Treppen erstreckten sich hinauf in die Finsternis und hinab in die Tiefen des Schiffs. Zwischen ihnen verliefen schmale Stege und geschwungene Laufgänge, deren Bauweise ihn an Schwalbenflügel erinnerte. Dahinter befanden sich weitere Treppen, Laufgänge und Stege, die sich weiter nach oben und tiefer in das Dunkel fortsetzten. Als Craigie fragte: »Alles in Ordnung bei Ihnen?«, wurde er sich gewahr, dass er mehrere Minuten nichts gesagt hatte. Er fühlte sich benommen und überwältigt und irgendwie zutiefst bei etwas gestört. Der Ort hatte etwas Alptraumhaftes.

    »Alles in Ordnung, aber ich kann es nicht beschreiben. Sie müssen es sich selbst ansehen.« Er stieß sich durch die Öffnung nach außen, aber die ungeheuren Ausmaße des Raumes, in den er schwebte, gaben ihm ein bedrückendes Gefühl.

    »Was für einem Zweck könnte es bloß dienen?«, fragte Ives.

    »Ich bin mir nicht sicher, dass es einem Zweck dient.«

    »Was?«

    »Einem praktischen Zweck, meine ich. Vielleicht kann man es mit einem Gemälde oder einer Sinfonie vergleichen - etwas, das das Gemüt ansprechen soll. Oder ist es vielleicht eine Art Karte?«

    »Eine was?«, fragte Dabrowsky ungläubig.

    »Eine Karte - vom Innern des Verstandes. Sie müssten es sehen, um es zu begreifen...«

    »Irgendwelche Anzeichen vom Kontrollraum? Oder von Maschinen?«

    »Nein, aber vielleicht befinden sie sich im hinteren Teil, bei den Antriebsdüsen - falls der Antrieb auf diese Weise arbeitet.«

    Er schwebte nun über eine der Treppen. Aus der Ferne wirkte sie wie eine Feuerleiter, aber aus der Nähe sah er, dass das Metall mindestens einen Meter stark war. Es besaß dieselbe matte Silberfärbung wie der Fußboden. Jede Stufe war ungefähr einszwanzig hoch und ebenso tief. Ein Geländer gab es nicht. Er folgte der Treppe aufwärts bis zu einem von Pfeilern gestützten Laufgang. Ein Laufsteg, ebenfalls ohne Geländer, lief über einen Abgrund von mindestens einer halben Meile Breite.

    »Können Sie das Licht sehen?«, fragte Craigie.

    Er zeigte darauf. »Schaltet eure Lampen aus«, sagte Carlsen. Sie befanden sich in einer Finsternis, die sie wie ein Grab umschloss. Dann, als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte Carlsen, dass Craigie Recht hatte. Irgendwo vom Mittelpunkt des Schiffes her kam ein grünlicher Lichtschein. Er blickte zur Kontrolle auf den Geigerzähler. Die Strahlung war etwas höher als sonst, konnte aber noch nicht als gefährlich gelten. Er teilte Dabrowsky mit: »Da scheint eine Art schwaches Leuchten zu sein. Ich sehe es mir mal näher an.«

    Er war versucht, sich kräftig von den Stufen abzustoßen und über den Abgrund zu schnellen, aber zehn Jahre im Weltraum hatten Vorsicht zu einem Reflex werden lassen. Langsam, den Laufsteg als Führung benutzend, schwebte er auf den Lichtschein zu. Den Geigerzähler behielt er ständig im Auge. Als sie näherkamen, erhöhte sich seine Aktivität merklich, blieb aber noch unterhalb der Gefahrenmarke.

    Der Weg war weiter, als es den Anschein hatte. Die vier Männer schwebten an Laufgängen vorüber, die aussahen, als wären sie von einem verrückten Architekten der Renaissance ersonnen worden, und an Treppen, die den Eindruck erweckten, als mochten sie zur Erde zurück oder bis hinaus zu den Sternen reichen. Sie begegneten weiteren riesigen Säulen, aber hier hörten sie plötzlich mitten im Raum auf, als wäre das Dach, das sie einst getragen hatten, nun eingestürzt. Als Carlsen eine von ihnen streifte, bemerkte er, dass sie mit einem feinen, weißen Puder bedeckt zu sein schien, ähnlich wie Schwefelstaub oder Lycopodium. Er kratzte etwas davon in einen Probenbeutel.

    Eine halbe Stunde später war der Lichtschein heller geworden. Als er auf die Uhr schaute, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass es fast ein Uhr war. Er merkte plötzlich, dass er Hunger hatte. Sie hatten die Scheinwerfer abgeschaltet; der grüne Schein war hell genug, um ausreichend sehen zu können. Das Licht kam von unten.

    Dabrowsky sagte: »Das war die Mondbasis, Olof. Sie meinten, Ihre Frau und die Kinder wären gerade im Fernsehen zu sehen gewesen.«

    Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ihn die Nachricht entzückt. Nun schien sie seltsam entrückt, als bezöge sie sich auf ein anderes, weit zurückliegendes Leben. Dabrowsky fuhr fort: »Zelensky sagt, dass vier Milliarden Menschen vor den Fernsehschirmen sitzen und auf Neuigkeiten warten. Kann ich einen Zwischenbericht senden?«

    »Warten Sie noch zehn Minuten. Wir nähern uns diesem Licht. Ich möchte herausfinden, was es

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1