Es geht um ein Menschenleben!: Dr. Norden 75 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Du bist schwanger?«, fragte Noah, Rettungsassistent in Ausbildung. Der junge Mann stand im hellen Sonnenlicht neben dem Rettungswagen, in dem er vor einer halben Stunde ausgerechnet eine schwangere Frau in die Klinik gebracht hatte, und starrte seine Freundin Anneka Norden fassungslos an. »Aber wie kann das sein?« Er konnte und wollte nicht glauben, was sie ihm da eben erzählt hatte. »Ich weiß es doch auch nicht«, erwiderte Anneka kläglich. Wie ein Häuflein Elend stand sie vor ihrem Freund und wagte es kaum, ihn anzusehen. »Fakt ist, dass mir seit ein paar Tagen morgens immer schlecht ist. Ich habe Rückenschmerzen und bin ständig müde«, zählte sie die Symptome auf, die ihr das Leben schwer machten. »Hast du schon einen Test gemacht?« In seinen Taschen hatte Noah nach einem Kaugummi gesucht und war fündig geworden. Er bot Anneka einen an. Als sie den Kopf schüttelte, wickelte er den Streifen aus dem silbern glänzenden Papier, rollte ihn auf und steckte ihn in den Mund. »Nein, ist noch zu früh, um aussagekräftig zu sein«, seufzte sie. In diesem Augenblick leuchtete Noahs Gesicht auf. »Von wegen. Im Blut kann man das Schwangerschaftshormon schon kurz nach der Empfängnis nachweisen«
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Buchvorschau
Es geht um ein Menschenleben! - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 75 –
Es geht um ein Menschenleben!
Patricia Vandenberg
»Du bist schwanger?«, fragte Noah, Rettungsassistent in Ausbildung.
Der junge Mann stand im hellen Sonnenlicht neben dem Rettungswagen, in dem er vor einer halben Stunde ausgerechnet eine schwangere Frau in die Klinik gebracht hatte, und starrte seine Freundin Anneka Norden fassungslos an.
»Aber wie kann das sein?« Er konnte und wollte nicht glauben, was sie ihm da eben erzählt hatte.
»Ich weiß es doch auch nicht«, erwiderte Anneka kläglich. Wie ein Häuflein Elend stand sie vor ihrem Freund und wagte es kaum, ihn anzusehen. »Fakt ist, dass mir seit ein paar Tagen morgens immer schlecht ist. Ich habe Rückenschmerzen und bin ständig müde«, zählte sie die Symptome auf, die ihr das Leben schwer machten.
»Hast du schon einen Test gemacht?« In seinen Taschen hatte Noah nach einem Kaugummi gesucht und war fündig geworden. Er bot Anneka einen an. Als sie den Kopf schüttelte, wickelte er den Streifen aus dem silbern glänzenden Papier, rollte ihn auf und steckte ihn in den Mund.
»Nein, ist noch zu früh, um aussagekräftig zu sein«, seufzte sie.
In diesem Augenblick leuchtete Noahs Gesicht auf.
»Von wegen. Im Blut kann man das Schwangerschaftshormon schon kurz nach der Empfängnis nachweisen«, trumpfte er mit seinem kürzlich erworbenen Ausbildungswissen auf und nahm Anneka an der Hand. »Komm, wir gehen in den Wagen. Da nehm ich dir Blut ab und bring es gleich ins Labor. In einer halben Stunde sind wir schlauer.« Ohne auf eine Antwort zu warten, zog er Anneka mit sich und half ihr ins Innere des Krankenwagens, der im Hof der Behnisch-Klinik geparkt war. Beiden stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Trotzdem lächelte Noah seiner Freundin aufmunternd zu, als sie auf der Liege Platz genommen und er die Manschette um ihren Arm gelegt hatte. »Hast du schon jemandem von deinem Verdacht erzählt?«, fragte er, während er prüfend auf die Vene klopfte, in der sich das Blut staute. Behutsam versenkte er die Nadel unter der Haut und entnahm Anneka ein Röhrchen des kostbaren Lebenssaftes, ohne dass sie überhaupt etwas davon bemerkte.
»Nur Tatjana. Aber keine Angst, sie schweigt wie ein Grab«, antwortete sie und war erstaunt, als Noah sie bat, einen Tupfer auf die Einstichstelle zu drücken. »Schon fertig? Ich hab gar nichts gemerkt.«
Trotz seiner Sorge lächelte der junge Mann geschmeichelt.
»Dann hab ich meine Arbeit gut gemacht.«
»Wenn jetzt auch noch das richtige Ergebnis rauskommt, bin ich zufrieden«, tat Anneka ihre Hoffnung kund und knibbelte nervös an ihrem Daumennagel.
»Dabei gibt es wirklich Schlimmeres, als ein Kind von einer schönen Frau wie dir zu bekommen«, entfuhr es Noah, und er zauberte mit dieser ehrlichen Bemerkung ein überraschtes Lächeln auf die Lippen seiner Freundin.
»Wirklich?«, fragte sie verblüfft. »Ist das dein Ernst?«
»Na ja." Er räusperte sich ein bisschen verlegen. »Natürlich sind wir beide noch ziemlich jung, und die Umstände könnten besser sein. Außerdem müssten sich deine Eltern wahrscheinlich ziemlich viele dumme Sprüche anhören, von wegen, ob eine Arzttochter noch nichts von Verhütung gehört hat und so«, grinste er schief. »Aber wenn es so sein soll, dann lass ich dich nicht im Stich.« Noahs Stimme war feierlich, als er dieses Versprechen gab, und um ein Haar wäre Anneka in Tränen ausgebrochen.
»Ich reiß mich zwar nicht drum, Mutter zu werden. Aber jetzt geht’s mir schon viel besser als vorhin«, seufzte sie.
Sie ließ sich an beiden Händen von Noah hochziehen und küsste ihn innig auf den Mund, ehe es Zeit wurde, die Blutprobe ins Labor der Behnisch-Klinik zu bringen.
Obwohl die Arzttochter Gefahr lief, einem Elternteil über den Weg zu laufen, machte sie sich darüber keine Sorgen. Schließlich war ihre Beziehung zu Noah Erklärung genug für einen Besuch in der Klinik. Wie verwundert war Anneka aber, als sie nicht etwa Daniel oder Fee, sondern ihrer Schulfreundin Elena begegnete.
Seit Monaten machte der zweitälteste Sohn der Familie, Felix Norden, der Mitschülerin den Hof. Bisher ohne nennenswerten Erfolg, wie Anneka einfiel, als sie Elena in sich zusammengesunken auf dem Klinikflur sitzen sah. In diesem Moment fiel ihr auf, dass sie die Mitschülerin aus der Parallelklasse eine Weile nicht gesehen hatte.
»Elena, was machst du denn hier?«
Elena hob den Kopf und sah Anneka und Noah fragend an. Es dauerte einen Moment, bis sie erkannte, wen sie vor sich hatte.
»Ach, Anneka, du bist es«, erwiderte sie matt und zwang sich ein Lächeln auf die blassen Lippen. »Dein Vater hat mich zur Untersuchung hergeschickt.«
»Du bist bei meinem Dad in Behandlung?«, fragte Anneka überrascht und gab Noah ein Zeichen, dass er allein weitergehen sollte.
Er verstand und machte sich auf den Weg ins Labor, während sich seine Freundin auf den freien Stuhl neben Elena setzte und sie besorgt musterte.
»Das wusste ich ja gar nicht. Was fehlt dir denn?«
Elena antwortete nicht sofort, und mit wachsender Sorge sah Anneka, dass auf einmal Tränen in den Augen der Freundin glitzerten.
»Ach, Anneka«, schluchzte Elena plötzlich auf und lehnte ihren Kopf an die Schulter der Mitschülerin. »Ich hab solche Angst.«
Mitfühlend, wie sie war, hatte die Arzttochter den Arm um Elenas Schultern gelegt und drückte sie tröstend an sich.
»Aber was ist denn los mit dir?«, fragte sie mit bangem Herzen.
Einen Moment lang kämpfte Elena noch mit sich. Doch dann siegte die Angst über ihre Selbstbeherrschung.
»Meine Leukämie ist wahrscheinlich zurückgekommen.«
Anneka schnappte nach Luft.
»Was hast du da gesagt?« Ihre Stimme war nicht mehr als ein tonloses Flüstern. »Du hast Leukämie?«
Eine stille Träne rann über Elenas Wange, als sie nickte. »Vor ein paar Jahren ist sie zum ersten Mal ausgebrochen. Damals hat man dieses Biest mit einer Chemotherapie verjagt.« Dankbar nahm sie das saubere, wenn auch zerknitterte Taschentuch, das Anneka aus ihrer Jackentasche gekramt hatte. »Aber in letzter Zeit ist es mir wieder schlechter gegangen. Zuerst wollte ich es nicht wahrhaben und hab es ignoriert. Deshalb wollte ich übrigens auch nichts mit deinem Bruder zu tun haben. Nicht, dass mir Felix nicht gefallen würde. Ganz im Gegenteil. Noch nie hat sich so ein toller Typ so nett um mich bemüht.« Elena lächelte unter Tränen, aber dieses Lächeln war alles andere als glücklich. »Aber diesen Wahnsinn kann ich ihm einfach nicht zumuten.«
»O Mann, Elena. Das ist ja furchtbar!« Anneka wusste nicht, wie sie ihrer Erschütterung Ausdruck verleihen sollte.
Angesichts dieser schrecklichen Krankheit verlor selbst ihr Problem jeden Schrecken. Immerhin war eine Schwangerschaft keine lebensbedrohliche Krankheit. Ganz im Gegenteil.
»Na ja, irgendwann konnte ich die Anzeichen nicht mehr ignorieren. Meine Eltern haben es gemerkt und mich zum Arzt geschickt«, fuhr die unglückliche junge Frau inzwischen fort.
»Und mein Dad hat dich hierher verfrachtet«, schloss Anneka den Bericht, als sie von Weitem Noah sah,