Where Good Intentions Go To Die
Von Mia Kingsley
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Über dieses E-Book
Niemand glaubt, dass mein Algorithmus funktionieren kann und wirklich dazu in der Lage ist, die nächsten Taten von Serienkillern vorherzusagen – nicht mein Professor, nicht mein Freund, nicht meine Familie. Nur die Weirdos aus den Internetforen, die mich mit Daten versorgen, vertrauen in meine Fähigkeiten.
Dann passiert es endlich. Mein Programm sagt einen Mord voraus. Selbstverständlich muss ich überprüfen, ob die Vorhersage stimmt, allerdings kann ich wohl kaum guten Gewissens einen Mord beobachten. Also muss ich ihn verhindern. Und ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich das bitte machen soll, ohne das nächste Opfer des Killers zu werden …
Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.
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Buchvorschau
Where Good Intentions Go To Die - Mia Kingsley
KAPITEL 1
Mit einem Lächeln berührte Jude meinen Nasenrücken. »Ich liebe die kleinen Sommersprossen, die du hier hast.«
Er beugte sich näher zu mir und ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen. Es war eindeutig, was er wollte. Dazu musste er eigentlich nicht noch seine Hand um meinen Nacken schlingen und mich in seine Richtung ziehen. Er presste seine Lippen auf meine, ließ mich probehalber seine Zunge spüren und verharrte dann, um abzuwarten, ob er meine Erlaubnis hatte oder nicht.
Ich öffnete den Mund für ihn, berührte seine Zunge mit meiner und hörte, wie er leise seufzte. Es dauerte wie immer nicht lang, bis sich Jude in einen achtarmigen Kraken verwandelte. Er knetete meinen Nacken, küsste mich atemlos, zog mich auf seinen Schoß und schaffte es wie durch ein Wunder im gleichen Moment, seine Hand auf meinen Rücken zu legen, direkt auf meine nackte Haut unter meinem Shirt.
Ich erwiderte den Kuss, schob die Finger in sein Haar und fuhr hindurch, weil ich wusste, dass er das mochte.
Jude biss sanft in meine Unterlippe und ich spürte, wie meine Gedanken abschweiften. Es lag nicht an Jude. Oder zumindest nicht nur. Es war eher … die Routine zwischen uns.
Ich wusste genau, was jetzt kam. Jude würde seine Hand zu meinen Brüsten bewegen, die harten Nippel als Zeichen meiner ultimativen Erregung sehen und anfangen, mich aus meiner Kleidung zu schälen, bevor er nach meiner Klit tastete, sie so gerade eben verfehlte, aber nah genug daran herumrieb, um mich wenigstens ein bisschen feucht werden zu lassen, ehe er mich fickte. Immer und ausnahmslos in der Missionarsstellung. Für ihn war der Sex bereits kinky, wenn ich oben war – was in unserer zweijährigen Beziehung exakt einmal vorgekommen war. Wir waren beide nach einer Party ein wenig angetrunken gewesen und ich hatte seine Hose geöffnet, ehe Jude überhaupt daran gedacht hatte, mich wie eine kostbare Porzellanpuppe auf den Rücken zu legen.
Ich war bereits in der Nähe der Zielgeraden gewesen, als Jude sein vermeintlicher Fehler aufgefallen war. Ich hatte protestiert, als er mich unter sich befördert hatte, doch sein absolut ungläubiger Blick hatte dazu geführt, dass ich prompt den Mund gehalten und es gar nicht wieder versucht hatte.
Danach hatte ich im Grunde aufgegeben und auch jetzt ließ ich ihn mehr oder weniger machen, was er wollte. Manchmal, wenn die Voraussetzungen stimmten, konnte ich auch so kommen, weshalb es mir im Grunde egal war, was wir machten, solange Jude zufrieden war.
Er küsste meinen Hals und ich drehte den Kopf, damit er besseren Zugang hatte. Dabei fiel mein Blick auf meine Beweismittelwand – oder die Serienmörderwand, wie Jude sie immer nannte.
Hier sammelte ich Infos und Hinweise, hatte alles wie in Polizeiserien mit roten Fäden verbunden. Vor dem Einschlafen starrte ich gern dorthin und arbeitete an den unzähligen Rätseln.
Obwohl Jude Kriminalistik studiert hatte – genau wie ich aktuell noch an meinem Abschluss im gleichen Fach arbeitete –, störte er sich an der Wand, besonders an den Tatortfotos. Dabei hatte er selbst einen True-Crime-Podcast mit gar nicht mal wenigen Hörern.
Doch aus irgendeinem Grund konnte er die Rätsel nicht sehen, die mir die ungelösten Fälle boten.
Ich bewegte den Mund und streifte seine Lippen, während ich darüber nachdachte, ob ich nicht letztens noch etwas über den Würger von Delaware gelesen hatte. Oder war es eine E-Mail gewesen, die ich bekommen hatte? Wann war das gewesen? Letzte Woche? Hatte ich die Daten eingetragen?
Das Bild von Lucas Kelly, der eine Zeit lang der Hauptverdächtige gewesen war, hing mitten in den Zeitungsausschnitten.
Wenn mir bloß einfallen würde, ob ich die Daten bereits verwendet hatte oder nicht.
Es dauerte lange, beschämend lange, bis mir klar wurde, dass Jude mich nicht länger küsste.
Stattdessen starrte er mich mit Abscheu auf dem Gesicht an, seine warmen Hände lagen auf meinen Hüften, doch ich spürte nicht wie sonst seine harte Erektion zwischen uns.
»Du hast es schon wieder gemacht, Macy.« Er seufzte und hob mich von seinem Schoß, als würde ich nichts wiegen.
»Nein, habe ich nicht«, beteuerte ich.
Jude warf mir einen ungläubigen Blick zu, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und stand auf. Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das nicht mehr.«
Ich runzelte die Stirn. Ein unangenehmes Kribbeln lief über meinen Rücken, doch ich ignorierte es. »Du kannst was nicht mehr?«
»Das hier.« Er deutete mit der Hand zwischen uns hin und her. »Du hast ganz eindeutig einen …«
»Einen was?«
»Einen Fetisch.« Mit einer abgehackten Bewegung nickte er in Richtung der Wand. »Einen Serienmörderfetisch.«
»Das ist absoluter Unsinn!« Ich verschränkte die Arme. »Nichts davon erregt mich sexuell.«
Jude hob bloß eine Augenbraue. Es war offensichtlich, dass er mir nicht ein Wort glaubte. »Und warum schielst du dann immer dahin? Du hast fast zwei Minuten gebraucht, um überhaupt zu merken, dass ich mich zurückgezogen habe.«
Ich presste die Lippen aufeinander, weil mir klar war, dass ich schlecht mit der Wahrheit herausrücken konnte. Jude wäre für immer am Boden zerstört, wenn ich ihm sagte, dass ich mich halt langweilte.
»Ich war … abgelenkt«, sagte ich. »Sorry.«
»Du bist immer abgelenkt. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, dass es gar keine Rolle spielt, ob ich hier bin oder nicht.« Er seufzte und massierte seinen Nasenrücken. »Und du willst immer nur über Mord und Totschlag reden.«
»Ist das verwunderlich? Wir haben uns in der Uni kennengelernt. Du unterrichtest inzwischen und arbeitest an deinem Doktor, ich mache gerade meinen Abschluss – da sollte es nicht überraschend sein, dass Kriminalistik ein großes Thema für uns ist.«
Jude stand auf. »Ich möchte aber auch über andere Dinge reden. Nette Dinge, hübsche Dinge, lustige Dinge. Doch du interessierst dich nur für makabre und morbide und abgefuckte Dinge.«
»Das stimmt nicht! Ich interessiere mich für jede Menge andere Sachen.«
»Ach ja?« Er ließ den Blick schweifen – von meiner Mörderwand zu meinem Nachttisch, auf dem sich die Bücher über Serienmörder stapelten, zu meinem aufgeklappten Laptop, da ich vorhin erst einen meiner unzähligen abonnierten True-Crime-Podcasts pausiert hatte. Von den ganzen offenen Youtube-Videos ganz zu schweigen.
Und als hätte Jude nicht bereits genug Beweise angeführt, ertönte genau in diesem Moment ein helles Läuten.
Mein Freund presste die Zähne aufeinander, auf seiner Wange zuckte ein Muskel. »War das eine Benachrichtigung aus dem Forum?«
Ich kaute auf der Innenseite meiner Unterlippe herum, obwohl ich das bereits in ein paar Stunden bereuen würde. Ich spielte mit dem Gedanken, Jude schlicht anzulügen, aber er war kein Idiot. »Ja.«
»Ich dachte, du wolltest nicht mehr jeden Tag online sein. Da hängen nur Freaks ab«, stieß er hervor. »Ich kann das nicht mehr. Wir sollten eine Pause machen.«
»Eine Pause? Mit unserer Beziehung?«
»Wenn man es überhaupt so nennen kann.« Er wandte das Gesicht ab. »Vielleicht solltest du mal überlegen, ob das hier wirklich ist, was du vom Leben willst.«
Jude verließ mein winziges Appartement mit einem theatralischen Seufzen und ich fragte mich kurz, ob das nur eine Masche war, damit ich ihn aufhielt, Besserung gelobte und seinen Penis in den Mund nahm, um es wiedergutzumachen.
Dafür sprach auch, dass er einen Moment in der geöffneten Tür verharrte und einen Blick über seine Schulter warf.
Allerdings piepte mein Laptop erneut und ich schaute dorthin, weil mir die Neugier unter den Nägeln brannte und meine Finger praktisch bereits zuckten. Ich wollte wissen, was es Neues gab.
Jude zog die Tür unnötig laut hinter sich zu – eindeutig sauer, dass er wieder einmal den Kürzeren gezogen hatte. Ein paar Sekunden überlegte ich, ob ich ihm hinterhergehen wollte. Ich spielte das Szenario in Gedanken durch und kam zu dem Schluss, dass ich gerade eh keine Lust hatte, auf dem Rücken zu liegen und die Deckenlamellen zu zählen.
Mit einem Achselzucken setzte ich mich an den Schreibtisch und vergrößerte das Browserfenster. Ich tippte eine schnelle Begrüßung. Ein Lächeln breitete sich – gefühlt zum ersten Mal heute – auf meinen Lippen aus.
Es waren alle da, unsere übliche Crew war vollzählig.
[lilahassbär] Hey, glatter_kaktus, wie sieht’s hiermit aus?
Ich nahm an, dass lilahassbär eine Frau aus Utah war, weil sie im Laufe der Zeit ein paar kleine Hinweise darauf hatte fallen lassen. Interessiert bewegte ich die Maus zu dem Link, den sie mir geschickt hatte, und klickte darauf.
[lilahassbär] Ist noch ziemlich frisch. Erst vor ein paar Stunden lokal passiert.
[glatter_kaktus] Danke. Wird direkt als Futter verwendet.
Sie antwortete bloß mit einem Smiley und wie auf Befehl überschütteten mich auch die anderen Forenmitglieder mit neuen Häppchen aus der Welt der Serienmörder, damit ich meinen Algorithmus füttern konnte.
[carl123] Wie läuft es mit deinem Professor?
Ich seufzte und griff nach der Flasche Wasser auf meinem Schreibtisch, um einen Schluck zu trinken. Bescheiden lief es mit Professor Morrison. Extrem bescheiden.
[glatter_kaktus] Nicht gut. Er versucht immer noch, mir einen Strick daraus zu drehen, dass es extrem viel Zeit kostet und enorm schwierig ist, meinem Baby den Unterschied zwischen Spekulation und Fakten beizubringen.
Meine Finger verharrten, weil ich nicht wusste, ob ich weiter ins Detail gehen sollte. Ich wollte meine Freunde nicht langweilen, bevor sie die Lust daran verloren, mich mit Infos und Gerüchten zu versorgen.
Die Basis meines Algorithmus war solide, das wusste ich, aber mir fehlte schlicht die Zeit und die Kapazität, um sämtliche Kinderkrankheiten auszumerzen. Ich arbeitete an einem Programm, das hoffentlich in wenigen Monaten dazu geeignet war vorherzusagen, wann ein Serienkiller das nächste Mal zuschlug – damit die Polizei ihn vorher stoppen konnte. Oder wenigstens auf frischer Tat ertappen konnte.
Doch natürlich musste ich ihn dazu mit riesigen Datensätzen und bestätigten Fakten füttern. Und es war nicht gerade leicht, an handfeste Fakten über Serienmörder zu kommen, die aktiv waren und nicht längst im Gefängnis saßen.
Mein Algorithmus konnte bereits alte Fälle lösen. Ich hatte ihn beispielsweise mit jedem noch so kleinen Hinweis über den geschätzt zweihundertfünfzigfachen Serienmörder Harold Shipman aus England versorgt und er hatte die letzten Taten präzise vorhergesagt. Nur leider hatte ich davon nicht viel, denn er sollte immerhin zukünftige Taten verhindern.
[lilahassbär] Das wird schon.
[pink1e] Ja, lass dich nicht unterkriegen! Wir glauben an dich!
[hoellenhund] Und wie wir an dich glauben.
Mir lief ein Schauer über den Rücken, denn hoellenhund war das einzige Forenmitglied, das dazu neigte, mir ein bisschen zu sehr helfen zu wollen. Jeden Tag schrieb er mir Privatnachrichten und schickte mir Links, die alle anderen einfach posteten, aber ich ahnte, dass hoellenhund mit mir flirtete.
Ich studierte die Mitgliederliste, um zu sehen, ob welcheseele7 online war. Mit ihm redete ich am liebsten, nur leider beteiligte er sich relativ selten. Aber wenn er mir Links oder Artikel schickte, dann waren es solide Informationen, die mir massiv weiterhalfen.
Hinter seinem Usernamen leuchtete der grüne Punkt, er war also online.
Nur die_einzig_wahre_4nna und lebensmuede waren nicht da. Aber heute war Mittwoch, da hatte 4nna Tanzunterricht, weil sie bald heiratete und sich auf der Feier nicht blamieren wollte, und lebensmuede war ohnehin bloß ab und zu online.
Ich überlegte, ob ich welcheseele7 eine Nachricht mit einem Link zu einem Mord in Albuquerque schicken sollte, weil er bestimmt eine interessante Perspektive zu bieten hatte. Jude hatte sich leider geweigert, den Fall mit mir zu diskutieren.
Doch bevor ich eine Entscheidung getroffen hatte, tauchte das Privatnachrichtenfenster sowieso auf, weil hoellenhund mir geschrieben hatte. Gleich drei Links und zwei Youtube-Videos hatte er mir weitergeleitet und ich seufzte, weil ich bereits ahnte, dass er heute wieder besonders viel Aufmerksamkeit brauchte.
Ich sah nach rechts zu dem großen Display, das zu dem Rechner mit meinem Algorithmus gehörte. Für simples Surfen und Onlineshopping reichte mein uralter Laptop locker aus, doch der Algorithmus brauchte etwas mehr Leistung. Ich tippte auf der Tastatur herum, sah mir die letzten Ergebnisse an und entschied dann, dass mein Baby es mir wert war, hoellenhund unnötig Honig um den Bart zu schmieren.
Ich hasste mich ein wenig, während ich tippte.
[glatter_kaktus] Danke! Du bist wirklich der Beste!
[hoellenhund] Ich weiß. ;)
KAPITEL 2
Ich wippte mit dem Fuß und riss mich zusammen, um nicht auch noch an meinem Daumennagel zu knibbeln. Professor Morrison hatte augenscheinlich schlechte Laune und würde vermutlich nicht gut reagieren, wenn ich nach dem Unterricht um eine Verlängerung der Abgabefrist bat. Schon wieder.
Ich konnte praktisch bereits jetzt seinen wertenden Blick über den Rahmen seiner Brille sehen. Dann würde er schwer seufzen, seine Brille abnehmen, ein Tuch aus der Hosentasche holen und sie putzen, ehe er mich tadelte.
Er glaubte ebenso wenig an mein Baby wie Jude.
Ich tippte das Display meines Handys an, da ich gerade beim Thema war. Hm, komisch. Es waren bereits zwei Tage vergangen, aber bisher hatte sich Jude nicht wieder gemeldet. Normalerweise reichte es, wenn ich ihm ein bisschen Zeit gab, um sich abzuregen, ehe er ein weiteres Mal vor meiner Tür stand und so tat, als wäre nichts passiert.
Ich überlegte, ob ich ihm schreiben sollte. Aber wenn ich ehrlich war, hatte ich ihm nichts zu sagen. Oder zumindest nicht die Wahrheit. Wenn ich behauptete, ihn zu vermissen, würde ich schlicht lügen.
Es war eine bittere Erkenntnis, doch ich hatte in den letzten zwei Tagen wesentlich ungestörter arbeiten können, weil ich nicht ständig durch Textnachrichten unterbrochen worden war. Jude war sehr kommunikativ. Unglaublich kommunikativ.
Und dann war da noch der Sex. Das zog sich auch jedes Mal hin.
Vielleicht hatte ich Glück und er würde eine Weile schmollen – möglicherweise lang genug, um meinen Algorithmus so richtig voranzutreiben.
Ich zwang mich, das Handy wegzulegen und nicht einmal schnell im Forum vorbeizusehen, ob es etwas Neues gab.
Jude hielt mich für besessen, doch ich hatte einfach bloß den Eindruck, dass sich dort nun einmal meine Gleichgesinnten herumtrieben. Meine Freunde und Verbündeten, die sich für die gleichen Themen wie ich interessierten. Die mich nicht schräg