Der geheimnisvolle Nachbar: Der neue Dr. Laurin 96 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
Nele Ellermann sah die beiden stämmigen Männer in Uniform, die vor ihrer Haustür, dem sogenannten ›Schlossportal‹, standen, fragend an. »Ja, bitte?« »Äh …« Der ältere der beiden, der einen ziemlich dicken Bauch und einen knallroten Kopf hatte, kratzte sich hinter dem Ohr. »Frau Ellermann?« »Ja«, antwortete Nele ungeduldig. Sie ahnte, worum es ging, aber sie dachte nicht daran, den beiden Typen auf die Sprünge zu helfen. Die letzten waren ihr ganz sympathisch gewesen, aber diese hier gefielen ihr nicht. Der Dicke ebenso wenig wie sein dünnerer und jüngerer Kollege, der sie so ungeniert anglotzte, als hätte er in seinem Leben noch keine Frau mit kurzen hellblonden Haaren gesehen, die so früh am Morgen – es war noch keine sieben – gerade erst aufgestanden war. Wahrscheinlich standen ihre Haare in alle Richtungen ab, und ›ordentlich‹ angezogen war sie natürlich auch nicht: Sie hatte sich in aller Eile lediglich ihren einstmals schönen, mittlerweile aber leider ziemlich zerschlissenen Seidenkimono über ihr flauschiges, warmes Nachthemd gezogen und war schnell in ihre Fellpantoffeln geschlüpft. Sie sorgte im Winter immer dafür, warm genug angezogen zu sein, denn Heizen im ›kleinen Schloss‹ – der Vorbesitzer hatte es ›petit château‹ genannt – war teuer, und sie musste ihr Geld zusammenhalten und möglichst sparen, wo sie es irgendwie konnte. Was sie auch tat. Der Ältere kratzte sich wieder hinter den Ohren. »Es geht um Ihren Nachbarn«, sagte er wichtig, während sein jüngerer Kollege eifrig nickte. Offenbar konnte er nicht sprechen, aber das mit dem Nicken bekam er sehr schön hin. »Und wer sind Sie?«, fragte Nele schroff. Meine Güte, das war doch nicht zu fassen!
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Buchvorschau
Der geheimnisvolle Nachbar - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 96 –
Der geheimnisvolle Nachbar
Unveröffentlichter Roman
Viola Maybach
Nele Ellermann sah die beiden stämmigen Männer in Uniform, die vor ihrer Haustür, dem sogenannten ›Schlossportal‹, standen, fragend an. »Ja, bitte?«
»Äh …« Der ältere der beiden, der einen ziemlich dicken Bauch und einen knallroten Kopf hatte, kratzte sich hinter dem Ohr. »Frau Ellermann?«
»Ja«, antwortete Nele ungeduldig. Sie ahnte, worum es ging, aber sie dachte nicht daran, den beiden Typen auf die Sprünge zu helfen. Die letzten waren ihr ganz sympathisch gewesen, aber diese hier gefielen ihr nicht. Der Dicke ebenso wenig wie sein dünnerer und jüngerer Kollege, der sie so ungeniert anglotzte, als hätte er in seinem Leben noch keine Frau mit kurzen hellblonden Haaren gesehen, die so früh am Morgen – es war noch keine sieben – gerade erst aufgestanden war. Wahrscheinlich standen ihre Haare in alle Richtungen ab, und ›ordentlich‹ angezogen war sie natürlich auch nicht: Sie hatte sich in aller Eile lediglich ihren einstmals schönen, mittlerweile aber leider ziemlich zerschlissenen Seidenkimono über ihr flauschiges, warmes Nachthemd gezogen und war schnell in ihre Fellpantoffeln geschlüpft. Sie sorgte im Winter immer dafür, warm genug angezogen zu sein, denn Heizen im ›kleinen Schloss‹ – der Vorbesitzer hatte es ›petit château‹ genannt – war teuer, und sie musste ihr Geld zusammenhalten und möglichst sparen, wo sie es irgendwie konnte. Was sie auch tat.
Der Ältere kratzte sich wieder hinter den Ohren. »Es geht um Ihren Nachbarn«, sagte er wichtig, während sein jüngerer Kollege eifrig nickte. Offenbar konnte er nicht sprechen, aber das mit dem Nicken bekam er sehr schön hin.
»Und wer sind Sie?«, fragte Nele schroff. Meine Güte, das war doch nicht zu fassen! War die Personalnot bei der Polizei mittlerweile so groß, dass sie jeden nehmen mussten, der sich bewarb?
»Oh … äh … Entschuldigung, also wir sind von der Polizei.«
»Ja, das dachte ich mir schon, Sie tragen ja Uniform. Ihre Ausweise?«, fragte Nele kühl.
Das trug ihr zwei fassungslose Blicke ein, aber der Ältere begriff dann doch, dass sie keinen Scherz machte, und so kramte er seinen Ausweis heraus, der Jüngere daraufhin ebenfalls. Natürlich, er würde nie etwas anderes machen als sein Kollege, dachte Nele.
Sie ließ sich Zeit beim Studieren der Ausweise, obwohl sie mittlerweile erbärmlich fror, denn sie hatte die Socken in den Pantoffeln vergessen, und der Kimono war eindeutig zu dünn, warmes Nachthemd hin oder her. Die Temperatur fiel hier oben – das Schlösschen lag natürlich auf einer Erhebung, die freilich den Namen ›Berg‹ nicht verdiente – oft unter die Gefriergrenze, es war schon seit Tagen empfindlich kalt.
Sie reichte den beiden die Ausweise zurück. »Schön, und was kann ich jetzt für Sie tun?«
»Ihr Nachbar, Herr Durandt …« Der Dicke war offenbar auch kurzatmig, denn er musste schon nach diesen vier Worten nach Luft schnappen.
»Hat er sich mal wieder beschwert?«, fragte Nele spöttisch, was den Dicken noch mehr aus dem Konzept brachte. Sie fragte sich, ob er betrunken war. Denn warum sonst hätte er am frühen Morgen einen so roten Kopf haben sollen? Richtig ungesund sah das aus. Aber sie roch nichts. Vielleicht war er krank. Der Gedanke stimmte sie etwas milder.
»Ich … äh … ja, aber mehr kann ich dazu nicht sagen. Mein Kollege und ich helfen hier nur aus, der Krankenstand bei uns ist sehr hoch, deshalb … äh … also, deshalb sind wir hier.«
Immerhin, er konnte in ganzen Sätzen sprechen. »Worüber?«, fragte sie sachlich.
»Wie bitte?«
»Worüber hat er sich dieses Mal beschwert?«
»Ich … äh …« Der Dicke suchte in seiner Tasche, wo er jedoch nichts fand, bis sein Kollege auf die Idee kam, dass er das gesuchte Papier ja in der Hand hielt. Hilfsbereit reichte er es weiter, und der Dicke las vor: »Nächtliche Ruhestörung durch Hühner, Versetzung der Grundstücksgrenze zu seinen Ungunsten …«
»Wie bitte?«, fragte Nele verblüfft. »Wollen Sie mit mir scherzen?« Die Sache mit den Hühnern nahm sie gar nicht ernst, der alte Knacker nebenan hatte ständig etwas anderes zu meckern, aber auf die Hühner kam er regelmäßig zurück. Nein eigentlich nicht auf die Hühner, nur auf den Hahn, um den ging es. Aber so genau nahm Herr Durandt es offenbar nicht. Der Vorwurf mit der Grundstücksgrenze jedoch war neu und dazu noch ziemlich originell, fand sie. Hatte er sich also endlich einmal etwas einfallen lassen.
Der Dicke drückte ihr nun hastig einen verschlossenen Briefumschlag in die Hand. »Da steht alles drin«, sagte er. »Wegen der Hühner sprechen wir hiermit eine Verwarnung aus, die andere Sache ist natürlich ernster. Er hat Anzeige gegen Sie erstattet. Einen schönen Tag noch.«
Auf einmal sprach er direkt flüssig, Nele fragte sich, woran das lag, während sie den beiden nachsah, wie sie eilig davonliefen, als hätten sie gerade einen Einsatz hinter sich gebracht, bei dem sie in Lebensgefahr geraten waren.
Sie warf den Brief auf ein kleines Tischchen und eilte in die geräumige Küche, wo es bereits schön warm war, denn dort gab es einen Kachelofen, den sie ständig befeuerte. Zum Glück hatte sie genug Holz, und ein paar Briketts lagen auch noch im Keller.
Nachdem sie sich warme Socken und einen dicken alten Bademantel angezogen hatte, kochte sie Tee, machte Frühstück und ließ sich dann viel Zeit. Auf sie wartete ein arbeitsreicher Tag, wie immer, aber morgens beim Frühstück ließ sie sich nicht drängen. Es waren die einzigen beiden Stunden des Tages, die nur ihr gehörten. Und die würde sie sich heute bestimmt nicht von einem amtlichen Schreiben vermiesen lassen. Das konnte warten.
Aber als sich ihr Frühstück dem Ende zuneigte, siegte ihre Neugier, und sie holte den Brief, den sie auf dem Tischchen hatte liegen lassen, um sich anzusehen, worum es sich handelte.
Ein amtliches Schreiben mit einer Vorladung: P.D. Durandt hatte sie verklagt. Sie habe ihr Grundstück unrechtmäßig um mehr als dreißig Zentimeter verbreitert, auf einer Länge von insgesamt hundert Metern …
»Der ist ja völlig durchgeknallt«, murmelte Nele.
P.D. Durandt war ihr Nachbar, den sie noch nie gesehen hatte, der dennoch vom ersten Moment an, da sie hier eingezogen war, jede Gelegenheit ergriffen hatte, ihr das Leben schwer zu machen. Angeblich feierte sie dauernd Partys und beschallte damit die sonst so stillen Nächte dieses Dorfs in der Nähe der Großstadt München – oder ihre Tiere übernahmen das. Klar, ihr Hahn krähte frühmorgens so laut, dass es weithin hörbar war, und einmal war ein Fuchs in den Hühnerstall eingebrochen, das hatte auch ein lautes Spektakel gegeben, aber sonst? Sie hatte noch zwei Ziegen und eine Handvoll Schafe, die jedoch nachts schliefen.
Sie hatte sogar schon versucht, mit Herrn Durandt ein Gespräch zu führen, doch er hatte sich verleugnen lassen, dabei war er garantiert zu Hause gewesen, sie hatte eine Bewegung an einem der Fenster gesehen, bevor sie wieder gegangen war. Einen zweiten Versuch würde sie jedenfalls nicht starten. Er konnte