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Denk dir nix: Meine bayerische Philosophie
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eBook261 Seiten2 Stunden

Denk dir nix: Meine bayerische Philosophie

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Über dieses E-Book

Der bekannte Autor blickt mit Witz und Tiefsinn auf die heutige Zeit und greift naturwissenschaftliche, pädagogische und philosophische Themen auf. Was ist eigentlich genau ein Loch? Was hat die Entstehung der Erde mit der Buchstaben-Suppe zu tun? Was ist ein Derwisch? Und welche philosophische Bedeutung hat das Lied "Mei Hut, der hat drei Löcher"?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum24. Feb. 2023
ISBN9783475549670
Denk dir nix: Meine bayerische Philosophie

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    Buchvorschau

    Denk dir nix - Helmut Zöpfl

    NATURWISSENSCHAFT UND NATURGESETZE

    Frühling

    Ich bin immer wieder erstaunt

    und freue mich,

    dass aus dem Urknall,

    den Naturgesetzen

    und vielen Zufällen

    ein blühend, duftender Fliederstrauch

    werden konnte.

    Die Buchstabensuppe

    Gleich nach dem Urknall

    Gleich nach dem Urknall

    hat ein jedes Proton

    sein Neutron gefunden.

    Und los ging es weiter:

    Ein erfolgreiches Date

    von Atomen und Molekülen

    nach dem andern.

    Bis endlich so was Schönes

    wie du aus den unzähligen Rendezvous

    zustande gekommen ist.

    Und ich dich getroffen hab.

    Und das alles ohne Parship.

    Evolution und Evolutionismus

    Einer der Begriffe, der in der heutigen Wissenschaftswelt geradezu dogmatischen Charakter hat, ist »Evolution«. Wer den geringsten Einwand wagt, läuft Gefahr, die Bedeutung Darwins zu leugnen und rückt eventuell sogar in die Nähe der Kreationisten, die ja den Stammbaum der Menschheit aus dem Tierreich strikt leugnen.

    Auf der anderen Seite steht ein »Evolutionismus«, der glaubt, alles evolutiv erklären zu können. Wird dann noch die Astrophysik eingeschaltet, dann wird behauptet, dass durch den Urknall jene Singularität, das Uratom von unglaublich geringem Volumen, entstanden ist, aus dem sich dann im Verlauf von 13,8 Milliarden Jahren die gegenwärtige Welt »herausentwickelt« hat. Dabei liegt das lateinische Verbum »evolvere« zugrunde, das eigentlich »ausrollen« bedeutet. Gehen wir diesem Bild nach, dann bedeutet das, dass man aus einem kleinen Teigklumpen etwas von unermesslicher Ausdehnung und Vielfalt auswalken kann.

    Um bei dem Bild zu bleiben, wird aber im Evolutionismus nicht von einer Außeneinwirkung auf dieses Uratom ausgegangen, sondern von einer »Selbstwirkung«, einer innewohnenden Kraft, die aber nicht nur eine bloße Ausdehnungskraft ist, sondern der auch die Fähigkeit der Ordnung und Strukturierung zugemessen wird. In etwa taucht hier der schon von Aristoteles begründete Entelechie-Gedanke auf, der die Wirkung, aber auch Vollendung (griech. »Telos«) in den Dingen enthalten sieht. Diese Vorstellung ist eine durchaus bedenkenswerte, wenn die Frage gestattet ist, wie diese Entelechie in die Dinge, die Fähigkeit zur Selbstorganisation in die Teilchen und vor allem in das »Urteilchen« gelangt. Im Evolutionismus wird aber diese Frage in der Regel überhaupt nicht gestellt, sondern einfach als der Anfang deklariert. Somit kommt dieser in Form der Singularität die geradezu göttliche Fähigkeit sowohl der »Creatio ex nihilo«, der Schöpfung aus dem Nichts, die hier eine Selbstschöpfung ist, zu, aber auch die der Strukturierung und Ordnung. Dagegen scheinen die Bilder, die in den Mythen der Völker für die Schöpfung auftauchen, geradezu wissenschaftlich, weil sie immerhin noch dieselben zu Überdenken freigeben, gleich, ob es sich um das Gilgamesch-Epos oder die griechische Mythologie handelt.

    Leider hat in jüngster Zeit der gerade verstorbene Stephen Hawking in seinem Spätwerk denselben Weg eingeschlagen, indem er dem Gravitationsgesetz und einer Selbstschöpfung mehr oder weniger göttliche Fähigkeit zugewiesen hat und darauf sein Dogma begründet, dass damit bewiesen sei, dass die Welterklärung keinen Gott brauche. Bei allem Zugeständnis, dass das naturwissenschaftliche Denken darauf verzichtet, Gott ins Spiel zu bringen, so ist es ebenso wenig wissenschaftlich, sich apodiktisch auf Begriffe zu berufen, die selbst a) vom Standard der Naturwissenschaft aus nicht definiert werden können – auch der Begriff »Natur« lässt sich naturwissenschaftlich nicht definieren – und b) nicht einmal philosophisch klar definierbar sind. Im Gegensatz zur Philosophie, die über ihre Grundbegriffe nachdenkt und sie selbst infrage stellt, lassen viele Naturwissenschaftler gewisse Fragen als »unwissenschaftlich« gar nicht zu.

    Dies gilt auch bei einer weiteren Beobachtung der Evolution, wo Begriffe wie »Auslese«, »struggle for life«, vor allem aber »Zufall« die Grundlagen und Antriebskräfte einer Entwicklung bedingen, die in der Regel auch fraglos als eine Höherentwicklung verstanden wird.

    Beginnen wir mit diesem Begriff, dann ist zu fragen, wieso die Entwicklung automatisch ein »Höher« oder ein »Mehr« bedenken muss. Dies lässt sich auch von dem in der Psychologie weitgehend unreflektiert gebrauchten Terminus »Entwicklungspsychologie« sagen. Kann man wirklich behaupten, dass die Ontogenese des Menschen nur auf ein bestimmtes Ziel hin verläuft? Welcher Lebensabschnitt soll denn dieses Ziel sein? Ist es das wie auch immer zeitlich bestimmte Erwachsensein? Ist dann die Kindheit und Jugend allenfalls eine Durchgangsstufe und das Alter bereits eine Art Rückentwicklung oder gar ein Verfall? Die Wertschätzung dieses »Höher« bzw. »Mehr« wird also als letzte Instanz dem Menschen bzw. seiner »Ratio« überlassen.

    Ein weiterer gesetzter Begriff ist der »struggle for life«, der als das Hauptkriterium allen Lebens gesehen wird. Es geht in der Evolution dem Lebewesen nur ums Überleben. Lässt sich daraus aber die zunehmende Vielfalt und Komplexität des Lebens erklären? Wir wissen, dass das, was das Überleben ausmacht, wohl am besten für ein langes Leben gerade als niedere Lebewesen eingestufte Einzeller gilt. Geht es nur um die Quantität der Jahre, dann wäre eine zunehmende Vielfalt und Komplexität eigentlich unsinnig. Was aber ist dann die Antriebskraft in der Evolution, die diese veranlasst? Kommt da in das Quantitative nicht etwas Qualitatives ins Spiel, das möglicherweise sogar einen geistigen Charakter hat?

    Das gilt sogar für die Gesamtnatur, denn man könnte die Frage stellen, ob der Natur diese Entwicklung des Menschen überhaupt gutgetan hat. Zweifelsohne nämlich ist der Mensch, die sogenannte »Krone der Schöpfung«, der größte Natur-Schädling. Warum hat es die Natur bzw. die natürliche Evolution eigentlich gewollt, dieses Wesen hervorzubringen, das zu allem fähig ist (fähig ist wohl die beste Übersetzung des bei Sophokles für den Menschen als spezifisch auftauchenden Begriffes »deinos«)?

    Im weiteren Verlauf der Evolution spielt der Begriff »Zufall« eine ganz entscheidende Rolle. Es ist geradezu symptomatisch, dass in der modernen Naturwissenschaft sowohl in der Biologie als auch in der Physik dem Zufall eine ganz wesentliche Rolle zugemessen wird. Auf der einen Seite nun fördert Zufall irgendwie die Evolution als »Weiterentwicklung«, auf der anderen Seite stört er doch irgendwie eine »Stetigkeit« des Sich-Entwickelns, bringt also, sofern es einen Entwicklungsplan gegeben hat, diesen durcheinander.

    Ich denke dabei an jenen Meteoriteneinschlag, der bekanntlich zur Ausrottung der Saurier geführt hat. Und so ein Meteoriten-Einfall ist doch irgendwie ein Zufall, etwas, was sich plötzlich »aus heiterem Himmel« ereignete. Nun gilt aber als feststehend, dass ohne diesen Ein- und Zufall, ohne die Ausrottung der Saurier, wohl kein menschliches Leben entstanden wäre. Der Mensch wäre demnach nicht nur ein Produkt der fortschreitenden Evolution, sondern vor allem des Zufalls. Bei aller Wertschätzung der Selbstorganisation der Natur hätte deren Kraft wohl nicht genügt, wenn nicht der Zufall zur Hilfe gekommen und damit irgendwie sogar kreativ geworden wäre. Evolution ist also genau betrachtet keineswegs ein ungebrochener »Aufstiegsprozess«, sie geht auch einher mit dem besagten »Überlebenskampf«, der auch nicht geradlinig verläuft, unvorhergesehenen Ereignissen, Eingriffen von außen usw.

    Insofern scheint mir natürlich auch die These des von mir sehr geschätzten Teilhard de Chardin nicht ganz überzeugend, der bekanntlich von einem »Fortschritt« hin zum Punkt Omega spricht, das Ziel von allem dann also auch eine gewisse Vereinheitlichung ist. Mir scheint dabei das Individuelle zu sehr auf der Strecke zu bleiben, alles Einzelne nur als Durchgangsstation zu dienen. Ist nicht jeder Buchstabe, um im Bild Teilhard de Chardins zu bleiben, für sich wichtig und hat seinen Eigenwert?

    Der Gedanke von Ranke, dass alles »unmittelbar zum Absoluten steht«, verdient Beachtung. Beispielsweise ist eine Kunstepoche nicht lediglich die Vorbereitung der folgenden, also Gotik nicht minderwertiger als der Barock. Geschichte lässt sich grundsätzlich nicht als bloße Vorwärtsentwicklung oder gar Fortschritt verstehen. Wir stellen also eine weitgehend angenommene innewohnende Eigendynamik, die ohnehin nicht, wie wir gesehen haben, näher bestimmt wird, grundsätzlich infrage und bringen den allerdings auch naturwissenschaftlich nicht zu bestimmenden Begriff »Geist« ins Spiel. Das mag im wahrsten Sinne des Wortes als eine Art »Deus ex machina«-Lösung erscheinen, scheint mir aber doch für eine Erklärung dieser Welt geeigneter als ein blindes Vertrauen in Begriffe wie »Nichts« und »Zufall«.

    Natürlich bleibt jedem die freie Wahl, ob er glaubt »am Anfang war das Nichts« oder »am Anfang war der Logos«. Und selbstverständlich ist zu respektieren, wenn jemand alles, was war, ist und sein wird, in jener punktuellen Singularität enthalten glaubt und meint, dass sich mit der immensen Kraft der Evolution alles Kleine und Große »entwickelt«, »entfaltet« hat. Dabei muss aber festgehalten werden, dass dies ebenso eine Form des Glaubens darstellt, der mindestens ebenso groß ist wie der Glaube an eine geistige Ursache und Wirkung und Waltung. Ich stelle hier auch die provokante Frage, ob wohl schon mit dem Urknall beginnend die zentrale Frage nach dem »Woher« und »Warum«

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